EXORZIST II - DER KETZER - John Boorman
Verfasst: Sa., 21.11.2020 21:57
Linda Blair Richard Burton Louise Fletcher
EXORZIST II - DER KETZER
● EXORCIST II - THE HERETIC / EXORZIST II - DER KETZER (US|1977)
mit Kitty Winn, Max von Sydow, Paul Henreid, Ned Beatty, Belinda Beatty und James Earl Jones
Produktion und Verleih | Warner Bros.
ein Film von John Boorman
»Das Böse ist ein spirituelles Wesen. Greifbar und lebendig.«
Vier Jahre nach den entsetzlichen Ereignissen in der Stadtvilla der McNeils, als Pater Merrin (Max von Sydow) einen Exorzismus bei der kleinen Regan (Linda Blair) vornehmen musste und durch rätselhafte Umstände ums Leben kam, ist die Kirche angeblich an lückenloser Aufklärung interessiert. Für diesen Fall wird Pater Lamont (Richard Burton) abgesandt und er soll klären, wie es dazu kommen konnte, dass der gefährliche Dämon Pazusu Besitz von dem kleinen Mädchen nehmen konnte. Regan, die seitdem im Institut von Dr. Tuskin (Louise Fletcher) psychologisch betreut wird, um die schrecklichen Ereignisse aufzuarbeiten, möchte Pater Lamont helfen, denn Dämon zu bezwingen. Mit Hilfe eines Synchronisators gelangt Lamont in die seelischen Abgründe der Beteiligten und hat die Ereignisse von damals unmittelbar vor Augen. Nun hat er die erforderlichen Ansätze und seine Spur führt ihn nach Afrika zu einem Mann namens Kokumo (James Earl Jones), der einst ebenfalls vom gleichen Dämon besessen war. Von ihm erfährt er schließlich, dass die Zeit drängt, denn Pazusu streckt erneut seine Flügel aus, um von Regan Besitz zu ergreifen. Doch die Jagd erscheint aussichtslos, da der Dämon die Welt in Form von Heuschrecken bedroht...
Vier Jahre nach William Friedkins Welt-Erfolg "Der Exorzist" schickte Warner Bros. mit "Exorzist II - Der Ketzer" deren bis zu diesem Zeitpunkt teuerste Produktion ins Rennen, mit einem Produktionsbudget von rund $ 14.000.000 , also einem Vielfachen der ursprünglich geplanten Kosten. Aleine aus diesem Grund lässt sich schon von einem Prestige-Projekt sprechen. Der Film präsentiert sich nominell gesehen zwar unmittelbar als Fortsetzung des ersten Teils, doch Regisseur John Boorman inszenierte dem Empfinden nach einen sehr eigenständigen, emanzipierten und vor allem global denkenden Film. Das Ergebnis ging schlagartig in die Filmgeschichte ein und gilt angesichts des End-Ergebnisses und des nicht erzielten wirtschaftlichen Erfolges als weitgehend misslungen. Sucht man nach Informationen zu diesem Film, ist ein Fließband an harten und eindeutigen Verrissen aufzuspüren, sodass es sich als beinahe unmöglich heraus stellt, wohlwollende Worte zu finden. Aus persönlicher Sicht und großer Wertschätzung für diesen vielschichtigen und zugegebenermaßen komplizierten Spielfilm sollte daher gesagt werden, dass er seine Stärken vielleicht nicht auf dem Präsentierteller servieren möchte, aber dennoch als Gedankenspiel ernst genommen werden sollte, denn auf rein hypothetischer Basis liefert der Plot durchaus Inhalte, über die es wert ist nachzudenken. Als überragende Assoziationskette offeriert Boormans Arbeit also eine Reihe alternativer Berührungspunkte, die sich eindeutig sowohl von einschlägigem Trivial-Horror, als auch von edleren Varianten abzuheben wissen. Das Ergebnis ist durch und durch faszinierend ausgefallen, aber auch eigenartig zurückweisend zugleich. In den Bereichen Anspruch und Ausstattung ist ein weit unterschätztes Meisterwerk entstanden, doch betrachtet man die Thematik und deren Plot-Fragmente genau, so mutet Boorman dem Zuschauer eine nur langsam transparent werdende Komplexität zu, die Freunde des passiven Berieselungs-Horrors vermutlich abschrecken, und die ein mehrmaliges Anschauen von "Exorzist II" möglicherweise verhindern wird. Im positiven Sinn werden in offensiver Weise allerhand Gedankensprünge platziert, sodass die Aufmerksamkeit daher unweigerlich nicht immer auf dem gleich hohen Niveau aufrecht erhalten werden kann, welches der Verlauf allerdings auch unerbittlich zu diktieren versucht. Dieser streckt sich unterm Strich nur selbst, um in den richtigen Momenten eindrucksvoll zuzupacken. Im Grunde genommen wirkt "Exorzist II" in vielerlei Hinsicht überambitioniert, vielleicht kann man sogar überqualifiziert sagen, allerdings sieht man der Produktion sehr deutlich an, dass mit allen verfügbaren Mitteln versucht wurde, an bestehende Erfolge anzuknüpfen, oder diese eventuell zu übertrumpfen.
Handlung und tieferer Sinn wirken selbst nach mehrmaligem Ansehen wie ein Phantom, das zwar unzählige Gestalten annimmt, aber nicht unmittelbar auszumachen ist. Es wirkt ohnehin so, als versuche der Verlauf Transparenz zu unterbinden, sodass man ihn beinahe schon unberechenbar nennen kann, wofür in der Regel allerdings andere Umschreibungen, wie beispielsweise langweilig gebraucht werden. "Exorzist II" wird immer wieder als hoffnungslos verworren und mühsam konstruiert beschrieben, was man in einer positiven Umkehrreaktion, im Sinn von fordernd, durchaus als Hauptambition der kompletten Inszenierung ansehen sollte. Dem Vernehmen nach wurde das Drehbuch während der Herstellung immer wieder umgeändert und die augenscheinlich verworrenen Elemente werden von Regie und Drehbuch nur vage geordnet und mit Hilfe von permanent auftauchenden Allegorien aufzuschlüsseln versucht. Die umwerfende Bebilderung fügt sich als essentieller Mosaikstein hinzu und die wichtigste Aufgabe übernimmt letztlich das interessierte Publikum. Boormans Beitrag ist ein Film der Zuschauergewalt. Trotz aller Vorgaben, die teilweise sogar erdrückend und aufdringlich wirken werden, sieht man "Der Ketzer" lediglich in einer Silhouette, einer Fasson innerhalb der bestehenden Regeln oder Konventionen eines etablierten Genres, jedoch steckt das Ganze in keiner Zwangsjacke oder - besser gesagt - in keinem Korsett. Somit handelt es sich um einen der bemerkenswertesten Progressiv-Beiträge im Horrorfilm-Orbit, da Grenzen mutig überschritten werden, ohne jedoch die grundeigenen Wurzeln zu vergessen. Es gehört zum stillen Dasein zahlreicher Hochkaräter der verkannten Art, dass es kaum, beziehungsweise ungern Anerkennung gibt, doch hier lohnt es sich unbedingt, den Film mit einem gezielteren und unvoreingenommenen Blick zu belohnen. Beispiellose Ketten von Schlüsselszenen, verschachtelte Aussagen und Dialoge, die umwerfende Ausstattung und die atemberaubende Kamera-Arbeit, sowie ein Star-Aufgebot der Spitzenklasse - all das wirkt naturgemäß faszinierend, insbesondere in einer derartig charismatischen Einheit. Die satten Bilder fabrizieren Stimmungen, offenbaren Tragik, Spannung und Nerven aufreibenden Horror. Ennio Morricones Musik, die einerseits sanft, andererseits aber auch in aggressiv wirkt und in Eruptionen gipfeln wird, mündet in imposante Ortswechsel, um nur wenige Beispiele zu nennen. All das wirkt seit der Erstansicht über die Maßen faszinierend. So bleibt einer der mutigsten und vor allem intelligentesten Blicke zurück nach vorn, und wenn es aus persönlicher Sicht einmal deutlich gesagt werden darf, bleibt sogar ein verkanntes Meisterwerk zurück, welches den ebenfalls brillanten Vorgänger in mancherlei Hinsicht in die Tasche steckt.
Vier Jahre nach William Friedkins Welt-Erfolg "Der Exorzist" schickte Warner Bros. mit "Exorzist II - Der Ketzer" deren bis zu diesem Zeitpunkt teuerste Produktion ins Rennen, mit einem Produktionsbudget von rund $ 14.000.000 , also einem Vielfachen der ursprünglich geplanten Kosten. Aleine aus diesem Grund lässt sich schon von einem Prestige-Projekt sprechen. Der Film präsentiert sich nominell gesehen zwar unmittelbar als Fortsetzung des ersten Teils, doch Regisseur John Boorman inszenierte dem Empfinden nach einen sehr eigenständigen, emanzipierten und vor allem global denkenden Film. Das Ergebnis ging schlagartig in die Filmgeschichte ein und gilt angesichts des End-Ergebnisses und des nicht erzielten wirtschaftlichen Erfolges als weitgehend misslungen. Sucht man nach Informationen zu diesem Film, ist ein Fließband an harten und eindeutigen Verrissen aufzuspüren, sodass es sich als beinahe unmöglich heraus stellt, wohlwollende Worte zu finden. Aus persönlicher Sicht und großer Wertschätzung für diesen vielschichtigen und zugegebenermaßen komplizierten Spielfilm sollte daher gesagt werden, dass er seine Stärken vielleicht nicht auf dem Präsentierteller servieren möchte, aber dennoch als Gedankenspiel ernst genommen werden sollte, denn auf rein hypothetischer Basis liefert der Plot durchaus Inhalte, über die es wert ist nachzudenken. Als überragende Assoziationskette offeriert Boormans Arbeit also eine Reihe alternativer Berührungspunkte, die sich eindeutig sowohl von einschlägigem Trivial-Horror, als auch von edleren Varianten abzuheben wissen. Das Ergebnis ist durch und durch faszinierend ausgefallen, aber auch eigenartig zurückweisend zugleich. In den Bereichen Anspruch und Ausstattung ist ein weit unterschätztes Meisterwerk entstanden, doch betrachtet man die Thematik und deren Plot-Fragmente genau, so mutet Boorman dem Zuschauer eine nur langsam transparent werdende Komplexität zu, die Freunde des passiven Berieselungs-Horrors vermutlich abschrecken, und die ein mehrmaliges Anschauen von "Exorzist II" möglicherweise verhindern wird. Im positiven Sinn werden in offensiver Weise allerhand Gedankensprünge platziert, sodass die Aufmerksamkeit daher unweigerlich nicht immer auf dem gleich hohen Niveau aufrecht erhalten werden kann, welches der Verlauf allerdings auch unerbittlich zu diktieren versucht. Dieser streckt sich unterm Strich nur selbst, um in den richtigen Momenten eindrucksvoll zuzupacken. Im Grunde genommen wirkt "Exorzist II" in vielerlei Hinsicht überambitioniert, vielleicht kann man sogar überqualifiziert sagen, allerdings sieht man der Produktion sehr deutlich an, dass mit allen verfügbaren Mitteln versucht wurde, an bestehende Erfolge anzuknüpfen, oder diese eventuell zu übertrumpfen.
Handlung und tieferer Sinn wirken selbst nach mehrmaligem Ansehen wie ein Phantom, das zwar unzählige Gestalten annimmt, aber nicht unmittelbar auszumachen ist. Es wirkt ohnehin so, als versuche der Verlauf Transparenz zu unterbinden, sodass man ihn beinahe schon unberechenbar nennen kann, wofür in der Regel allerdings andere Umschreibungen, wie beispielsweise langweilig gebraucht werden. "Exorzist II" wird immer wieder als hoffnungslos verworren und mühsam konstruiert beschrieben, was man in einer positiven Umkehrreaktion, im Sinn von fordernd, durchaus als Hauptambition der kompletten Inszenierung ansehen sollte. Dem Vernehmen nach wurde das Drehbuch während der Herstellung immer wieder umgeändert und die augenscheinlich verworrenen Elemente werden von Regie und Drehbuch nur vage geordnet und mit Hilfe von permanent auftauchenden Allegorien aufzuschlüsseln versucht. Die umwerfende Bebilderung fügt sich als essentieller Mosaikstein hinzu und die wichtigste Aufgabe übernimmt letztlich das interessierte Publikum. Boormans Beitrag ist ein Film der Zuschauergewalt. Trotz aller Vorgaben, die teilweise sogar erdrückend und aufdringlich wirken werden, sieht man "Der Ketzer" lediglich in einer Silhouette, einer Fasson innerhalb der bestehenden Regeln oder Konventionen eines etablierten Genres, jedoch steckt das Ganze in keiner Zwangsjacke oder - besser gesagt - in keinem Korsett. Somit handelt es sich um einen der bemerkenswertesten Progressiv-Beiträge im Horrorfilm-Orbit, da Grenzen mutig überschritten werden, ohne jedoch die grundeigenen Wurzeln zu vergessen. Es gehört zum stillen Dasein zahlreicher Hochkaräter der verkannten Art, dass es kaum, beziehungsweise ungern Anerkennung gibt, doch hier lohnt es sich unbedingt, den Film mit einem gezielteren und unvoreingenommenen Blick zu belohnen. Beispiellose Ketten von Schlüsselszenen, verschachtelte Aussagen und Dialoge, die umwerfende Ausstattung und die atemberaubende Kamera-Arbeit, sowie ein Star-Aufgebot der Spitzenklasse - all das wirkt naturgemäß faszinierend, insbesondere in einer derartig charismatischen Einheit. Die satten Bilder fabrizieren Stimmungen, offenbaren Tragik, Spannung und Nerven aufreibenden Horror. Ennio Morricones Musik, die einerseits sanft, andererseits aber auch in aggressiv wirkt und in Eruptionen gipfeln wird, mündet in imposante Ortswechsel, um nur wenige Beispiele zu nennen. All das wirkt seit der Erstansicht über die Maßen faszinierend. So bleibt einer der mutigsten und vor allem intelligentesten Blicke zurück nach vorn, und wenn es aus persönlicher Sicht einmal deutlich gesagt werden darf, bleibt sogar ein verkanntes Meisterwerk zurück, welches den ebenfalls brillanten Vorgänger in mancherlei Hinsicht in die Tasche steckt.