EIN MÖRDERISCHES PAAR - Claudio Fragasso

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Prisma
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EIN MÖRDERISCHES PAAR - Claudio Fragasso

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EIN MÖRDERISCHES PAAR


● COPPIA OMICIDIA / EIN MÖRDERISCHES PAAR (I|1998)
mit Raz Degan, Raoul Bova, Laura Morante, Francesca Schiavo, Jacques Sernas, Giorgio Antonini, Girolamo Di Stolfo, Mauro Cacioppi,
Cinzia Carrea, Katia Crispino, Helmut Hagen, Fausto Lombardi, Emiliano Novelli, Mario Novelli, Erik Prizzi und Thomas Kretschmann
eine Produktion der Filmauro
ein Film von Claudio Fragasso

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»In dieser Stadt sieht sich beim Sprechen niemand mehr in die Augen!«


Durch Zufall erfährt der Technik-Freak Dario (Raoul Bova), dass es sich bei seinen Nachbarn Carla (Laura Morante) und Domenico Andreoli (Thomas Kretschmann) um Auftragskiller handelt, die hochrangige Politiker ins Jenseits befördern sollen. Während Darios Frau Luciana (Francesca Schiavo) darüber nachdenkt, die erst dreijährige aber fast zerrüttete Ehe zu retten, beschäftigt sich ihr Mann mit dem Auskundschaften der Andreolis. Um weitere Morde zu verhindern, verwanzt er deren Wohnung und stattet sie mit Videokameras aus. Alle Beteiligten müssen sich ab sofort vor dem Mann im Hintergrund namens Vito (Raz Degan) in Acht nehmen, dessen Brutalität keine Grenzen zu kennen scheint. Schon bald geraten Dario und Luciana in eine fingierte Situation, die sie plötzlich wie die Killer aussehen lässt...

Lucianas Schilderungen beim Psychologen sind gekennzeichnet von Verzweiflung und Resignation, vor allem scheint sie aber nicht mehr daran zu glauben, dass die erst junge Ehe noch zu retten ist. Ihr Mann, ein ausgesprochener Technik-Fan mit einem Hang zum Voyeurismus, beobachtet und filmt lieber wildfremde Leute auf der Straße oder nackte Damen durch offene Fenster, als sich mit seiner eigenen Frau zu beschäftigen. Darios ausgiebiges Equipment gibt sporadische seh- und hörbare Einblicke in das Leben anderer her, über sein eigenes Privatleben scheint er jedoch den Überblick verloren zu haben. Vielleicht fehlt ihm auch einfach das Interesse an seiner Partnerin, die von einem geregelten Alltag träumt. Als Dario per Zufall auf eine geheimnisvolle Frau mit schwarzer Sonnenbrille und blonder Perücke aufmerksam wird, die einen einzelnen Schüssel in einem Café verliert, ändert sich der verschlafene Alltag schlagartig, denn wenig später begeht die Fremde brutale Morde an Politikern. Ab sofort ist die Spurensuche eröffnet, und trotz erheblicher Zweifel lässt sich Luciana auf das angehende Mörderspiel ein, in der Hoffnung, ihrem Mann wieder näherzukommen. Derartige Geschichten lassen keinen Zweifel daran entstehen, dass es ab sofort gefährlich werden wird, bestenfalls lässt sich wie hier eine merkliche Spannung wahrnehmen, die das Geschehen immer wieder forciert. Dank seines Knowhows kann Dario rekonstruieren, um wen es sich bei der Killerin handelt, sodass die Spur ohne Umwege zu den eigenen Nachbarn führt, zu denen ab sofort der Kontakt gesucht wird. In Windeseile stellt sich heraus, dass es sich bei den Andreolis nicht nur um überaus skrupellose, sondern auch schamlose Zeitgenossen handelt, die nicht nur mit Waffen hantieren zu wissen. Aber zunächst konzentriert sich die zielstrebige Regie auf überaus blutige und actionreiche Mord-Sequenzen, die ein Tempo transportieren, welches sich durchaus sehen lassen kann. Verschiedene Handlungsstränge werden ab sofort gut miteinander verstrickt, die Präsentation der Personen gewinnt an Profil und Schärfe, bis der gefährliche Hintermann auftaucht, eine Art überzeugendes Klischee aus Spion, Killer und Sexprotz, den es offenbar anmacht, andere Personen leiden und sterben zu sehen.

Mit dem Auftauchen des israelischen Schauspielers und Models Raz Degan erreicht die Geschichte neue Sphären der Hochspannung, denn bei Vito handelt es sich um eine gewissen- und gnadenlose Killermaschine, die durch nichts aufzuhalten zu sein scheint. Durch ihn ahnt man, dass am Ende immer der Tod anderer zu stehen hat. Degan zeichnet seine Figur überraschend gut, da er es schafft, eine Aura zwischen Abscheu und Faszination zu kreieren. Überhaupt sind die Hauptfiguren sehr brauchbar ausgewählt, denn innerhalb der Konstellationen ergeben sich Kontraste, die für Zündstoff stehen. Doch zunächst scheinen alle Beteiligten von der Gunst Vitos zu leben; es fragt sich allerdings, wie lange noch. Durch die unfreiwillige Beteiligung von Dario und Luciana entsteht ein klassisches Tauziehen zwischen Gut und Böse, naiv und kalkulierend, wobei dies gewisse Abstufungen erfährt, vor allem, wenn es zu genügend Hintergrundinformationen gekommen ist. Doch zunächst wird die Melodie schallgedämpfter Waffen gespielt, der Bodycount der Geschichte ist ziemlich hoch, was für eine gewisse Unübersichtlichkeit sorgt. Hinzu kommt eine Findung innerhalb der Findung, denn immerhin müssen Dario und seine Frau wieder enger zusammenrücken. Die Regie begnügt sich hierbei allerdings nicht mit Schablonen der landläufigen Schmonzette, sondern die Protagonisten müssen erst einmal leiden. Hinzu kommt eine ansprechende Würze zwischen Sex & Crime, die in jeder Hinsicht für pikante Momente sorgen wird. "Ein mörderisches Paar" wurde seinerzeit im Nachtprogramm des ZDF platziert und verfügt über eine recht gute deutsche Synchronisation, stellt dabei ein typisches Kind der End-90er dar. Versehen mit Typen und einigen (temporär) bekannten und angesagten Gesichtern, kann die Story vor allem im Dunstkreis der Hauptrollen überzeugen. Raz Degan, seinerzeit bekannt geworden durch den hochfrequentierten Märchen-Mehrteiler "Prinzessin Alisea", legt die Messlatte für Angst, Mord, und Verbrechen ziemlich hoch an, sodass seine Helfershelfer sich ordentlich ins Zeug legen müssen. Mit Laura Morante und Thomas Kretschmann sind zwei willige Killer gefunden, die sich in ihren Rollen ordentlich profilieren werden.

Dies gilt vor allem für die heißblütige und verführerische Italienerin Morante, die über eine Attraktivität verfügt, die über die Maßen gefährlich wirkt. Sie sorgt nicht nur für Blutfontänen, sondern auch für eine permanent sexuell aufgeladene Spannung, was sich allerdings weniger auf ihren eigenen Mann bezieht, sondern möglicherweise auf jeden anderen. Ihre Affärenbereitschaft liegt somit quasi in der Luft und hier lässt es sich die Regie nicht nehmen, sie als bereitwilliges Zugpferd für heiße Flirt- und Sex-Einlagen einzuspannen. Ihre weniger bekannte Kollegin Francesca Schiavo ist hier quasi in doppelter Opposition zu finden, die sich in diesem Alptraum sichtlich ohnmächtig fühlt, da es keinen leichten Weg mehr herauszufinden gibt. Auf ihren an ihr uninteressierten Mann braucht sie nicht zu hoffen, nicht zu bauen, da er wie versessen wirkt, die Zufalls-Verbrechen aufklären beziehungsweise vereiteln zu wollen. Raoul Bova und Francesca Schiavo bilden ein überzeugendes - und trotz einiger Macken - sympathisches Paar, vor allem weil sie gemeinsam alles andere als perfekt funktionieren, zumindest zunächst. Über den vor ihnen liegenden Fall finden sie wieder mehr zueinander, bis sie den Verbrechern als perfekt abgestimmtes Duo einheizen können, doch ihr Hauptgegner Vito weiß schließlich noch ganz andere Register zu ziehen. Unterlegt mit eingängiger und spannungsfördernder Musik sowie intensiven visuellen Eindrücken, lässt sich im Rahmen einer typischen End-90er-Optik viel Positives ausmachen, und alles läuft auf einen packenden Showdown in Paris hinaus, der kleinere Überraschungen zu bieten hat. "Ein mörderisches Paar" ist vor allem spannend und temporeich ausgefallen, was die nicht immer schlüssigen Zusammenhänge gut wettmachen kann. Mord und Verbrechen kann hier ganz unverblümt abenteuerliche Blüten treiben, bis sich herausstellt, dass wieder einmal höchste Kreise in den Sumpf aus Korruption und Liquidierung involviert sind, und es die ganz normalen Bürger richten müssen. Ausstaffiert mit einem überraschend gut agierenden und daher überzeugenden Ensemble, kann die mit teils brutalen Bildern und charmanten Übertreibungen ausgestattete Geschichte beliebig forciert werden, wirkt daher unterm Strich überzeugend aber vor allem unterhaltsam.



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