WOODOO BABY - INSEL DER LEIDENSCHAFT - Joe D'Amato

Peitschenhiebe, laute Explosionen, wilde Abenteuer und anderer Filmstoff aus Italien.
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Sid Vicious
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WOODOO BABY - INSEL DER LEIDENSCHAFT - Joe D'Amato

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WOODOO BABY - INSEL DER LEIDENSCHAFT

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Originaltitel: Orgasmo nero
Regisseur: Joe D'Amato
Kamera: Alberto Spagnoli
Musik: Stelvio Cipriani
Drehbuch: Joe D'Amato
Darsteller: Nieves Navarro, Richard Harrison, Lucia Ramirez, Annj Goren, Mark Shannon


Der Kulturenforscher Paul reist mit seiner Frau Helen auf eine exotische Insel. Paul will die Geheimnisse eines Eingeborenenkults ergründen, während Helen gelangweilt in den Tag hinein lebt. Als sie die junge Haini kennen und „lieben“ lernt, wird der Inselaufenthalt jedoch zusehends prickelnder. Helen kann Haini überreden, dem Ehepaar in deren Heimat (die USA) zu folgen. Doch die Flamme der Liebe erlischt, und Haini soll sich wieder vom Acker machen. So geht man allerdings nicht ungestraft mit einer Voodoo-Priesterin um.

„Woodoo Baby - Insel der Leidenschaft“ („Orgasmo Nero 1“) entstammt einer Phase, in der Joe D'Amato die Dominikanische Republik „unsicher machte“. Dabei realisierte Joe (u. a.) „In der Gewalt der Zombies“ sowie dessen grottenschlechte HC-Variante (Abart würde es noch besser definieren) „Porno Holocaust“ aka „Orgasmo Nero 2“. Inhaltlich haben „Orgasmo Nero 1“ und „2“ nichts miteinander zu schaffen. Ein weiterer Unterschied: „Porno Holocaust“ ist langweiliger Dreck, „Woodoo Baby“ ein schmuddeliges Erotikdrama, welches sich u. a. mit der Beziehungskrise eines Ehepaars aus der besseren Gesellschaft auseinandersetzt.

Die unbefriedigte Ehefrau und ihr überarbeiteter Ehemann. Ein bekanntes Thema und zugleich eine gute Basis für einen unterhaltsamen Erotikfilm. Helen langweilt sich beim – ohnehin seltenen – Sex mit ihrem Gatten Paul. Folglich flüchtet sie in spritzige Abenteuer mit asozialen Schnellfickern und in eine lesbische Liebe zu der Exotin Haini. Paul ist sich dieser kritischen Situation (natürlich) nicht bewusst.

Parallel zu diesem hochprozentigen Begierdecocktail bietet D'Amato die Ein- und Ausdrücke eines bisher von der Zivilisation geschonten Inselparadies. Für Haini kann die Divergenz der beiden Welten nur zum Supergau führen. Somit rücken die seelische Entwicklung und die Seinszustände der jungen Frau in den Mittelpunkt. Wer neue Herausforderungen sucht und an seinen eigenen Ambitionen scheitert, der kehrt (lt. D'Amato) zum Ursprünglichen zurück. Das Primitive (die Riten und Traditionen der Naturvölker) wird somit zu einem entscheidenden Handlungsaspekt.

Die Sexploiter der 1970er und 1980er Jahre verbanden die sexuellen Phantasien seiner Hauptfiguren oftmals mit Gewalt- und Angstphantasien. Ein, vom Unterbewusstsein gesteuertes Phänomen welches als eine Art der Bestrafung fungiert. Folglich wird der ersehnte Rausch der Lüste durch warnende Faktoren unterbrochen. Diese Imaginationen werden bei „Woodoo Baby“ nicht zum Trugbild, sondern zur blutigen Realität. Wie wir alle wissen: ist Tanz der Grundstoff aller primitiven Zeremonien. Sollten die Eingeborenen zu rhythmischen Trommelschlägen ekstatisch zappeln, dann bedeutet dieses meist nichts Gutes, und der „Gast“ aus der „zivilisierten Welt“ kann sich auf (s)einen speziell-heißen Tanz gefasst machen. In der Dominikanischen Republik ist der Voodookult übrigens (immer noch) sehr verbreitet. Es gibt sogar Voodoo-Shops in denen man spezielle Puppen und Essenzen erwerben kann.

Nur ein Geschäft mit dem Tourismus?

Der Glaube an Voodoo ist bei den Dominikanern zwar nicht so dominant wie bei den Haitianern, aber die Dominikaner haben großen Respekt vor den (angeblich durch Voodoozauber hervorgerufenen) unerklärlichen Phänomenen. Offiziell bekennt sich die Bevölkerung zwar zum Christentum, aber in manchen dominikanischen Herzen lebt der Glaube an Voodoo trotzdem weiter. Daraus lässt sich folgern, dass man die Kraft von archaischen Riten niemals unterschätzen sollte, denn schon die Bibel klärt darüber auf, dass der Glaube Berge versetzen kann. Unser „Kollege“, der Kulturenforscher Paul, hätte also gewarnt sein müssen. Jetzt ist aber Schluss mit der Klugscheißerei, …

… die allerdings als ein halbwegs akzeptabler Übergang zu Richard Harrison (der wie immer einige Sympathiepunkte einfahren kann) funktioniert. Doch Vorsicht: Brustpelz-Richie agiert bei „Woodoo Baby“ als ein eher zurückhaltender, kleiner Potenzschwächling, dem seine Frau „auf der Nase rumtanzt“. Diese „Nasentänzerin“ wird von Nieves Navarro gespielt. Eine tolle und charismatische Persönlichkeit, deren Filmografie einige Leckerbissen bietet. Den dritten Hauptpart verkörpert Lucia Ramirez. Die (in ihren Gesichtszügen schüchtern und brav wirkende Lucia) kann man übrigens als einen Stammgast innerhalb Joes „Dom Rep-Zyklus“ bezeichnen, da sie in jedem dieser Vehikel am Start ist.

Neben den liebenswerten Protagonisten kann „Woodoo Baby“ mit (s)einer guten Fotografie punkten. Die Bilder des Inselparadieses werden gekonnt um- und eingesetzt. Auch der Sprung in die Zivilisation funktioniert. Die, bereits erwähnte, Divergenz dieser Welten kann problemlos als eben solche begriffen werden. D'Amato liefert uns einen Einblick in zwei Welten, die sich nicht miteinander „arrangieren“ können. Joe zwingt uns zwar nichts auf, aber er appelliert an den Verstand des Rezipienten. Ob der Betrachter den möglichen Sieg des „Primitiven“ fordert oder feiert, bleibt ihm selbst überlassen, denn er muss mit D'Amatos Finale (das volle Kanne reinhaut und etwas an „Malastrana“ erinnert) nicht unbedingt konform sein.

Fazit: Wie ich bereits zu „Sklavin für einen Sommer“ schrieb, nutzt auch „Woodoo Baby“ die Spannungsfelder zwischen Tradition und Moderne. Das ist die große Stärke des Films, die ihn bis zur letzten Sekunde offen und - das sollten wir niemals außer Acht lassen: grundehrlich wirken lässt.
https://italo-cinema.de/item/woodoo-bab ... idenschaft
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