ED ORA... RACCOMANDA L'ANIMA A DIO! - Demofilo Fidani

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
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nerofranco
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ED ORA... RACCOMANDA L'ANIMA A DIO! - Demofilo Fidani

Beitrag von nerofranco »

Ed ora... raccomanda l'anima a Dio! (ITA, IRA 1968)
R: Demofilo Fidani


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Drei, sich bis dato sich völlig unbekannte Männer, befinden sich mit derselben Postkutsche auf den Weg nach Denwer (nein, es handelt sich um keinen Schreibfehler). Alle drei haben dort eine Rechnung zu begleichen und um den ganzen Zirkus etwas zu vereinfachen, machen sie gemeinsame Sache.

Nachdem Demofilo Fidani 1968 mit Straniero... fatti il segno della croce! (Bekreuzige dich, Fremder) sein Regiedebüt feierte, lieferte er ein Jahr später mit seinem zweiten Streich, Ed ora... raccomanda l'anima a Dio!, wiederum einen recht unterhaltsamen Beitrag zum Genre ab. Der Film stellt auch eine Kuriosität dar, da es sich um eine italienisch-iranische Koproduktion handelt. Ich denke mal, dass das nicht allzu häufig der Fall war.

Die drei Männer, die nach Denwer fahren, um dort einen unerbittlichen Rachefeldzug zu starten, sind Fabio Testi, Jeff Cameron und Mohamad Ali Fardin. Testi spielt einen verbitterten jungen Mann, der den Tod seines Vaters und seines Großvaters rächen will. Für Testi war dies seine erste richtige Hauptrolle, davor war er überwiegend in kleineren Nebenrollen zu sehen. Ihm zur Seite steht der Goldsucher Stanley, der die Leute sucht, die ihm vor einiger Zeit einen ganzen Haufen Gold gestohlen und zudem versucht haben ihn umzubringen. Für den Iraner Mohamed Ali Fardin war dies der einzige Ausflug nach Italien und wie es ausschaut überhaupt der einzige Film außerhalb des Iran. Fardin war wohl ein äußerst populärer Darsteller und Regisseur in seinem Heimatland, der wie so viele Künstler ein Opfer der islamischen Revolution 1979 war. Außerdem war er ein hervorragender Sportler und wurde so 1954 Vizeweltmeister im Ringen. Den dritten großen Rächer mimt Jeff Cameron, der den mysteriösen Fremden Sanders zur Schau gibt. Sanders Grund und Motivation, weswegen er den Steve und Stanley hilft, bleibt komplett im Dunklen und wird auch nie geklärt. Vielleicht hat es aber Fidani auch einfach nur vergessen, ist ja nicht ganz so unwahrscheinlich. Cameron macht hier eine recht gute Figur und kommt auch wesentlich sympathischer rüber als in so manchen späteren Western, in denen er die Hauptrolle verpasst bekommen hat.

Auf der dunklen Seite der Macht tummeln sich so einige bekannte Gesichter. Der Hauptgrund, weswegen die drei oben genannten Rächer diesen Zirkus veranstalten, nennt sich Jonathan Clay. Diesen eiskalten und vollkommen frei von jeglicher Moral handelnden Oberboss markiert Ettore Manni, dessen Auftritte sich aber leider sehr in Grenzen halten. Clays rechte Hand Johnson spielt Calisto Calisti, der in Straniero... fatti il segno della croce! noch den Chefschurken Carson mimen durfte. Der Bulle Amerigo Castrighelle hat hier mal eine etwas größere Rolle ergattert. Er spielt den designierten Bürgermeister von Denwer City, J. H. Corbett, der seine Karriere aber sicher nicht nur mit fairen Mitteln gemacht hat. Corbett scheint außerdem nur ein Laufbursche von Jonathan Clay zu sein, der ihm sagt, was er zu tun und zu lassen hat. Unter Clays Männern befinden sich unter anderem noch Paolo Figlia und Benito Pacifico. Cristina Penz darf als Amüsiermädchen Susanne im Saloon noch ein nettes Liedchen trällern. Recht witzig ist noch die fette und ziemlich hässliche Saloonbesitzerin Betty, die schon mal ihre Kunden vermöbelt, wenn sie sich nicht ordentlich benehmen.

Mit Ed ora... raccomanda l'anima a Dio! ist Demofilo Fidani ein unterhaltsamer, aber auch recht durchschnittlicher, kleiner Film gelungen. So liefert man uns hier zu mindestens genügend Action, um sich den ganzen Film hindurch nicht zu langweilen. Die Actionszenen hat Fidani erneut recht ordentlich hinbekommen, vor allem die wieder einmal recht häufig stattfindenden Schlägereien. In den Filmen von Fidani genügt meist nur ein Hauch, damit alle mal kräftig hinlangen dürfen. Neben der guten Besetzung muss man vor allem die tolle Musik von Vincenzo Tempera herausheben, die es wirklich wert wäre, dass man sie sich anschafft. Insbesondere das Titellied Just a Coward ist äußerst gelungen. Ebenfalls noch zu erwähnen sei der sehr schön gestaltete Vorspann. Dass es einige logische Löcher gibt, brauch ich glaube nicht extra zu erwähnen. Ein Fidani ohne Lücken in der Logik wäre doch kein echter Fidani, oder? Die Geschichte ist aber, wie so oft, das Hauptproblem, denn irgendjemand hätte der Story mal kräftig in den Arsch treten sollen, da das Drehbuch auch hier wieder an starker Ereignisarmut leidet. Es fehlt an einer Struktur und vor allem fehlen irgendwelche interessanten Einzelheiten, Besonderheiten, Wendungen, Tempo oder sonstige interessante Aspekte. Am besten ist ihm das noch bei …e vennero in quattro per uccidere Sartana! gelungen, bei dem eine wirklich ordentliche Geschichte mit einigen guten Ideen herausgekommen ist. Auch die beiden Rückblenden sind dramaturgisch nicht besonders geschickt eingebaut worden. Die Geschichte wirkt wie ein totaler Schnellschuss und das wird sie mit ziemlicher Sicherheit auch gewesen sein. Da hat sich der gute Fido wohl mal einen Abend hingesetzt und das schnell mal hingerotzt, was sehr schade ist, denn der Film sieht an und für sich ganz gut aus.

Ed ora... raccomanda l'anima a Dio! ist ein recht ordentlicher, durchaus sauber inszenierter Durchschnittsstreifen, von dem man sich ganz gut unterhalten fühlt, wenn auch irgendwo leider der Trashfaktor verloren geht. Die gut 80 Minuten sind zumindest wie im Flug vergangen. Auf der Habenseite hat der Film eine gute Besetzung, nette Actionszenen und einen tollen Soundtrack. Negativ zu erwähnen ist die unglaublich dünne Story, die auch einige logische Lücken aufzuweisen hat und ohne nennenswerte Versatzstücke auskommt.

Quellen:
(1) http://www.cinefania.com/movie.php/132152/en#pic

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Sid Vicious
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Re: ED ORA... RACCOMANDA L'ANIMA A DIO! - Demofilo Fidani

Beitrag von Sid Vicious »

ich habe den noch nicht geschaut, aber dein Urteil klingt besser als ich es erwartet habe.

Ich kenne Fidanis Vorgängerwerk BEKREUZIGE DICH, FREMDER, und der ist gewaltig neben der Spur.
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nerofranco
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Re: ED ORA... RACCOMANDA L'ANIMA A DIO! - Demofilo Fidani

Beitrag von nerofranco »

Ich habe Ed ora... jetzt schon lange nicht mehr gesehen, aber ich habe ihn ein wenig flotter in Erinnerung als Bekreuzige dich, Fremder. Der Film ist einfach kein typischer Fidani, soweit ich das richtig in Erinnerung habe, sondern ein solider Durchschnittswestern mit einem guten Soundtrack und einer ordentlichen Besetzung. Es gibt aber sicherlich wesentlich schlechtere Filme von ihm, die aufgrund des Trashfaktors dafür aber auch mehr Spaß machen. Der Trashfaktor, mit wenigen Ausnahmen, geht Bekreuzige dich, Fremder finde ich auch ab, der ist einfach nur langweilig.
Zuletzt geändert von nerofranco am Do., 28.09.2023 12:28, insgesamt 1-mal geändert.

nerofranco
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Re: ED ORA... RACCOMANDA L'ANIMA A DIO! - Demofilo Fidani

Beitrag von nerofranco »

Ein Trailer zu dem Film:


nerofranco
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Re: ED ORA... RACCOMANDA L'ANIMA A DIO! - Demofilo Fidani

Beitrag von nerofranco »

Ich habe die Gelegenheit genützt und mir den Film gestern nochmal angesehen. Ed ora… ist, wie bereits gesagt eine recht durchschnittliche Angelegenheit, dem eine stringente und packende Geschichte, sowie Tempo fehlen. Action gibt es eigentlich genug, die Prügeleien sind wie bei Fidani üblich sehr effektvoll in Szene gesetzt. Die Besetzung ist recht ordentlich, wird schauspielerisch aber nicht gerade gefordert. Fardin könnte der iranische Bruder von John Cassavetes sein, was aber sicherlich kein Nachteil wäre. Die Musik ist sehr gefällig, vor allem der Titeltrack, wird meiner Ansicht nach aber nicht immer passend eingesetzt, manchmal stört sie das Geschehen und manchmal vermisst man sie als Untermalung. Die Drehorte sind ziemlich ident zu Straniero… fatti il segno della croce!, wenn ich mich recht erinnere wurden die beiden Filme auch fast gleichzeitig oder zumindest hintereinander gedreht.

Der Film bietet auch einige Unzulänglichkeiten, von denen einige ganz witzig sind. So gibt es eine Postkutschengesellschaft mit dem klingenden Namen Thomy’s Western Express und das Plakat Welcome to Denwer City hängt doch tatsächlich am Ortsausgang. Manche Stuntmänner fallen auch tot um bevor überhaupt geschossen wurde. Dann gibt’s da noch eine fette Saloonbesitzerin, die gerne lauthals durch ihr Megafon lacht. Fidani hat auch einen Cameoauftritt und spielt mit Testi Schach, wird aber von Ettore Manni recht schnell ins Jenseits gepustet. Bekannt ist noch die Barprügelei von zwei Damen, wobei kurzzeitig eindeutig zu erkennen ist, dass es sich bei einer Dame um einen Mann handelt.

Tja, wie gesagt, kann man sich mal anschauen, gibt aber unterhaltsameres, auch von Fidani. Im Vergleich zu Straniero... fatti il segno della croce! macht Ed ora... sicherlich mehr Spaß.

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