...E LO CHIAMARONO SPIRITO SANTO - Roberto Mauri

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
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nerofranco
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...E LO CHIAMARONO SPIRITO SANTO - Roberto Mauri

Beitrag von nerofranco »

…e lo chiamarono Spirito Santo (ITA 1971)
R: Roberto Mauri


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Bei einem Gefangenentransport wird der Häftling Spirito Santo von zwei unbekannten Männern befreit. Die Männer gehören zum Großgrundbesitzer Foster, der Spirito Santos Hilfe benötigt, um einen Überfall auf einen Goldtransport durchführen zu können. Nicht nur, dass der Raubüberfall schiefgeht, hat Spirito Santo auch noch einen Sheriff am Hals, der ihn unbedingt vor Gericht bringen will, da er ihn beschuldigt, seine Schwestern umgebracht zu haben.

Roberto Mauri ist einer der ganz speziellen Spezialisten, die das italienische Genrekino hervorgebracht hat. Immer mit der Aura eines Trashregisseures umgeben hat er es doch geschafft ab und an mal einen richtig guten Film auf Zelluloid zu bannen. Im Westernbereich hat Mauri neben einigen durchschnittlichen und schwachen Streifen auch zwei sehr gute und unterhaltsame Werke zustande gebracht. Der erste war der 1968 erschienene La vendetta è il mio perdono (Django – sein letzter Gruß), der eine beinharte Rachegeschichte staubtrocken und ohne Rücksicht auf Verluste erzählt. Der Film liefert ausgezeichneten Stoff und gehört für mich sogar zu den stärksten Vertretern aus der zweiten Reihe. Beim zweiten Film handelt es sich um den drei Jahre später entstandenen …e lo chiamarono Spirito Santo, der gemeinhin als sein bester Western gilt. Auch wenn ich La vendetta è il mio perdono noch etwas unterhaltsamer und besser finde, kann sich der Spirito Santo Film absolut sehen lassen. Ersterer hat mehr Action und ein flotteres Tempo zu bieten, letzterer ein besseres Drehbuch, ausgereiftere Charakter und ein ungewöhnliches Finale.

Robert Mauris …e lo chiamarono Spirito Santo bildet den Auftakt einer Trilogie, der noch die beiden Filme Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie und Bada alla tua pelle, spirito santo! angehören und denen ebenfalls noch keine deutschsprachige Veröffentlichung zuteilwurde. Leider habe ich diese beiden Western noch nicht gesehen, was aber wohl nicht allzu viel ausmacht, denn was man so hört und sieht, bewegen die sich eher am unteren Rand des Genres. Im Gegensatz zum ersten Spirito Santo, der jetzt zwar keinen kleinen Klassiker darstellt, aber auf alle Fälle äußerst interessant ist und exzellente Unterhaltung bietet. Den 1974 erschienene Corte marziale hat Mauri wohl ausschließlich aus den drei Spirito Santo Filmen zusammengeschustert. Aber kommen wir nun zum Film.

Jack Fulton, der von jedem nur Spirito Santo genannt wird, wurde zu einigen Jahren Zuchthaus verurteilt und die muss er nun in einem Arbeiterlager abarbeiten. Von dort wird er aber gleich zu Beginn des Films von einem Sheriff abgeholt, weil er in einem Prozess eine wichtige Aussage machen soll. Spirito Santo wird vorgeworfen eine Indianerin ermordet zu haben, bei der es sich ausgerechnet um die Schwester des Sheriffs handelt, der ihn zu dem Gerichtstermin geleiten soll. Während des Transportes wird er aber von einigen Männern befreit, die für den Großgrundbesitzer Foster arbeiten. Da man von der Landwirtschaft alleine nicht reich und mächtig werden kann, bereitet Foster gerade einen Raubüberfall auf einen Goldtransport vor, der von Soldaten begleitet wird. Gemeinsam mit dem unberechenbaren Priester Steve und einigen Männern von Foster überfällt Spirito Santo den Goldtransport. Bedauerlicherweise geht dabei einiges schief und Spirito Santo hat Foster nun gegen sich. Als ob das nicht reichen würde, ist auch noch der unnachgiebige Sheriff hinter ihm her, der ihn unbedingt für den Mord an seiner Schwester zur Rechenschaft ziehen will.

Dargestellt wird Spirito Santo von Vassili Karis, der hier eine weitaus bessere Figur macht als in so manch anderem Western. Karis hat häufiger in Filmen von Roberto Mauri mitgespielt. In Seminò la morte… lo chiamavano Castigo di Dio spielt er beispielsweise den schmierigen Oberfiesling Scott, der Sheriff Durango, alias Brett Harris, ans Leder möchte. Der Sheriff, der Spirito Santo jagt wie ein wildes Tier, ist tatsächlich ein Indianer. Das dürfte wohl der einzige Indianersheriff der Italowesterngeschichte sein, wenn man mal von Navajo Joe absieht, der sich ja selbst zum Sheriff gemacht hat. Recht am Anfang wird in Rückblenden gezeigt wie Spirito Santo die Schwester des Indianers, da noch in traditioneller Kluft, ermordet. Was, und wie es, genau passiert wird allerdings nur angedeutet. Gespielt wird der Indianersheriff vom großartigen Mimmo Palmara, der eigentlich jedem ein Begriff sein dürfte. Interessant dabei ist, dass der Indianer wohl nur Sheriff geworden ist, um den Mörder seiner Schwester legal jagen zu können. Hunt Powers spielt den Großgrundbesitzer Foster, der Spirito Santo für seine Zwecke missbraucht. Zu seinem Missfallen verliebt sich der Revolvermann auch noch in seine hübsche Tochter Consuela, was in späterer Folge noch für tragische Momente sorgen wird. Powers trägt hier einen unglaublichen Bart, mit dem er aussieht wie Kaiser Franz Joseph I.

Die beste Rolle hat aber diesmal José Torres ergattert, der einen etwas verrückten und absolut unberechenbaren Priester spielt, der beim Raubüberfall ebenso mit von der Partie ist. Allerdings spielt er dabei nicht mit offenen Karten, aber das machen sowieso die wenigsten. Seine Spezialität ist das Maschinengewehr und von Nächstenliebe spricht er wohl nur in seinen Predigten. Als sie während des Überfalls die überwältigten Soldaten in der Poststation festhalten, faselt Steve was von: das 5. Gebot heißt: "Man soll nicht töten… aber andererseits kann ich auch keine Zeugen gebrauchen", und schon ratat das Maschinengewehr. Wenn der irre Steve hinter dem Maschinengewehr sitzt, dreht er vollkommen ab, einfach herrlich dieses Lachen. So einen Priester wünscht man sich, oder nicht? Äußerst witzig ist jene Szene, in der Steve zuerst ehrfurchtsvoll vor dem Kreuz betet und dabei die Füße von Jesus küsst und gleich im Anschluss sein Maschinengewehr aus dem Schrank nebenan holt und ihm dabei fast einer abgeht. Was ein Psychoanalytiker wohl dazu sagen würde. Wahrscheinlich hat ja Papst Benedikt auch sowas im Schrank, mit dessen Hilfe er die ganzen bösen Sünder bestraft, dem würd ich es nämlich zutrauen.

Dass …e lo chiamarono Spirito Santo einen äußerst billigen Look hat, wird bei einem Roberto Mauri Western wohl kaum jemanden überraschen, was aber den Sehgenuss nicht sonderlich stört. Manche Filme schaffen es dadurch eine dreckige und menschenfeindliche Atmosphäre zu erzeugen. Inszeniert hat Mauri den Film allerdings recht ordentlich und nüchtern und er verzichtet dabei auch auf trashige Einlagen. Die Geschichte ist ebenfalls recht anständig und hat einige nette Ideen zu bieten, wie etwa den Indianersheriff oder den verrückten Priester. Die drei Protagonisten sind überhaupt viel interessanter und besser ausgearbeitet, wie es im ersten Moment scheint. Ebenso entwickeln sich die Beziehungen zwischen Spirito Santo und den anderen beiden Protagonisten in eine spannende Richtung, vor allem jene zwischen Spirito Santo und dem Indianersheriff. Auch wenn der Film immer wieder einmal ein paar Längen aufzuweisen hat, so kann er doch über die gesamte Spielzeit hindurch unterhalten und man wird letztendlich auch noch mit einem Finale der Sonderklasse belohnt. Der Anfang allein kann sich schon mal sehen lassen. Während in der Kirche gerade die Messe gehalten wird und die Glocken bimmeln, bekommt eine junge Frau ihre Wehen. Sie läuft nach Hause und bekommt dort einen kleinen Jungen. Als während der Geburt eine weiße Taube auf das Fensterbrett fliegt, sind das genug der göttlichen Botschaften und der Junge bekommt den heiligen Namen Spirito Santo verpasst.

Nach einem sehr schönem, in rot gehaltenem Vorspann verlagert sich das Geschehen in einen Steinbruch, in dem Gefangene für ihre Schuld büßen müssen, und zwar brutal büßen müssen. Für was Spirito Santo genau verurteilt wurde, kommt nicht zur Sprache, aber wahrscheinlich ist er ein Experte für Goldraub, wie man in späterer Folge noch in Erfahrung bringen kann. Die Gefangenen müssen unter unmenschlichen Bedingungen, bei sengender Hitze bis zur vollkommenen Erschöpfung schuften. Als Spirito Santo seinem Namen alle Ehre machen will und einem Mitgefangenen hilft, der aus Erschöpfung zusammengebrochen ist, bestrafen ihn die sadistischen Wärter gleich mal mit einem kräftigen Sonnenbad. Neben diesem starken Auftakt hat der Film immer wieder ähnlich starke Szenen zu bieten, die den Film ganz klar aus der Masse herausheben. Die ganzen vielen Reitszenen um die Zeit zu füllen sind etwas nervig, die hätte Mauri ruhig weglassen können, dann wäre der Film immer noch lange genug gewesen und wahrscheinlich sogar etwas kompakter.

Den sehr guten und außergewöhnlichen, wenn manchmal auch etwas eintönigen, Score steuerte Carlo Savina bei, der so manchen Western mit seinen Klängen unterlegte, mit E Dio disse a Caino (Satan der Rache) und Joko invoca Dio... e muori (Fünf blutige Stricke) unter anderem zwei Filme von Antonio Margheritti. Der Sound klingt teilweise typisch 70’er Jahre Western typisch, mit einigen Jazz- und Rockeinflüssen, aber auch das Orgelstück weiß zu überzeugen. Bedauerlicherweise gibt es von dem Film keine deutsche Auswertung, dafür ist die italienische Fassung aber leicht verständlich, da sich die Dialoge nicht gerade auf Damiani Niveau bewegen. Das soll aber nicht heißen, dass es hier keine guten Dialoge gibt, aber so richtige Plappermäuler hat Mauri hier ausgespart. Ein weiteres Problem ist, wie so häufig bei schlechteren Fassungen, dass man bei Nachtszenen fast nichts erkennen kann.

Roberto Mauris …e lo chiamarono Spirito Santo ist ein äußerst unterhaltsamer kleiner Western, der mit einigen guten Szenen und einem außergewöhnlichen und gleichzeitig tragischem Finale aufwarten kann. Wer hier weiß, worauf er sich einlässt und keinen Leone oder Corbucci erwartet, wird mit ziemlicher Sicherheit gut unterhalten. Außerdem gewinnt Spirito Santo bei mehrfacher Betrachtung zunehmend an Qualität, was man auch nicht von jedem Film behaupten kann. Ich für meinen Teil hab mich ausgezeichnet amüsiert und werde mich nun auf die schwierige Suche machen nach den beiden Fortsetzungen und damit wohl in die Niederungen des Genres vordringen, allerdings war ich da schon des Öfteren.

Quellen:
(1) https://www.spaghetti-western.net/index ... rito_Santo

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