WILDER SOMMER - Valerio Zurlini

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Richie Pistilli
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WILDER SOMMER - Valerio Zurlini

Beitrag von Richie Pistilli »

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Wilder Sommer (D)
Estate violenta (IT)
Été violent (F)
Verano violento (ES)
Violent Summer


IT / F 1959

R: Valerio Zurlini
D: Eleonora Rossi Drago, Jean-Louis Trintignant, Jacqueline Sassard, Enrico Maria Salerno, Cathia Caro, Lilla Brignone, Tina Gloriani, Raf Mattioli, Giampiero Littera, Bruno Carotenuto u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 10.03.1961

Synchronkartei

L'amore in città

Score: Mario Nascimbene

Film in der ARTE-Mediathek

OFDb



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"Jetzt ist die Zeit für uns angebrochen, die faschistische Brut abzuwürgen und uns zu befreien. Der Krieg ist aus! Schluss mit den westlichen Luftangriffen. Schluss mit den faschistischen Henkersmächten. Wir wollen die Schmach der letzten zwanzig Jahre ausradieren und den Faschismus vernichten. Nieder mit Mussolini. Tod den Faschisten!"


Sommer 1943: Die Medienberichte überschlagen sich - die Alliierten haben Sizilien besetzt, und das Kriegsgeschehen breitet sich mit Riesenschritten gen Norden aus. Im kleinen Badeort Raccione in der Nähe von Rimini hingegen ist die Welt noch in Ordnung: Der Bombenhagel erreicht die Bewohner bislang nur über die Nachrichten, und das Einzige, was die sommerliche Postkartenidylle stören kann, sind Tiefflieger über dem Sandstrand. Auch Carlo Caremoli (Jean-Louis Trintignant), der gerade aus der Schweiz zurückgekehrt ist, wo er sich erfolgreich vor dem Kriegsdienst gedrückt hat, genießt mit seinen Freunden die Leichtigkeit des unbeschwerten Seins. Gemeinsam plündern sie den Schwarzmarkt und die Geheimvorräte der Eltern, lassen die Champagnerkorken knallen oder planschen ausgelassen im Mittelmeer.

Als Carlo zufällig Roberta (Eleonora Rossi Drago) begegnet, deren Mann im Krieg gefallen ist, ist es um die beiden geschehen: Ein Sommernachtstraum der Leidenschaften beginnt - der Alltag ein einziger (Liebes-)Rausch. Dass Roberta wesentlich älter ist und eine kleine Tochter hat, scheint die frisch Verliebten dabei kaum zu stören. Einzig Robertas Mutter (Lilla Brignone) nimmt Anstoß an der ungleichen Liebe und appelliert an Robertas Sinn für gesellschaftliche Konventionen. Doch die Liebe hat ihre eigenen Gesetze, und selbst Robertas Muttergefühle scheinen mit einem Mal vergessen. Dann holt der Krieg die beiden ein. Als Carlo eingezogen werden soll, kann und will Roberta das nicht akzeptieren - schon einmal hat sie einen Mann an den Krieg verloren. Roberta will ihre große Liebe retten und mit Carlo fliehen. (Quelle: ARD)





Regisseur und Drehbuchautor Valerio Zurlini schuf mit seinem Erstlingswerk WILDER SOMMER ein sehenswertes Liebesdrama, in dem die beiden Hauptdarsteller, Eleonora Rossi Drago und Jean-Louis Trintignant ein hochklassiges Zusammenspiel ablieferten. Darüber hinaus erhielt Eleonora Rossi Drago 1960 den Nastro d'Argento für ihre schauspielerische Glanzleistung. Die Handlung des Films spielt in den Wirren des zweiten Weltkriegs des Jahres 1943, genauer gesagt zu dem Zeitpunkt, als die allierten Truppen Sizilien einnahmen. Bis dahin herrschte unter den Menschen aus der Gegend um Rimini eine gewisse Sorglosigkeit. Als Carlo, der von Jean-Louis Trintignant gespielte Rollencharakter, nach einer längeren Abwesenheit in seine Heimatstadt zurückkehrt, knallen erst einmal die Sektkorken, bevor er gemeinsam mit seinen Freunden einen unbeschwerten Sommer am Strand von Riccione genießen will. Als aber eines Tages ein Tiefflieger über die Strandpromenade hinwegfegt, kommt er einem kleinem Mädchen zu Hilfe, das durch die verstörende Situation verängstigt wurde. Dabei lernt er auch die reizende Mutter des Mädchens kennen, in die er sich auf Anhieb verliebt. Diese wird von der entzückenden Eleonora Rossi Drago verkörpert und hört auf den Namen Roberta. Kurz darauf bekommt Marco zufällig mit, wie Roberta die traurige Nachricht über den Tod ihres Ehemanns übermittelt bekommt, der in den Wirren des Krieges sein Leben ließ. Was folgt, sind ständige Einladungen zu gemeinsamen Ausflügen, wobei Roberta sich zunächst unsicher ist, ob sie diese annehmen kann, denn sie ist nicht nur die selbstzweifelnde Mutter einer kleinen Tochter, die gerade ihren Ehemann verloren hat, sondern auch einige Jahre älter, als der charmante Carlo. Zudem lebt sie im Haus ihrer Mutter, welche der anbahnenden Freundschaft mit Argwohn begegnet. Letztlich gibt sie ihren unbändigen Gefühlen nach, was wiederum dazu führt, dass sie ihre getroffene Entscheidung andauernd vor ihrer resoluten Mutter (Lilla Brignone) sowie ihrer Schwester Maddalena (Federica Ranchi) rechtfertigen muss. Doch gerade als das Liebesglück perfekt zu sein scheint, erhält Marco eine Einberufung zur Armee, da er vergessen hatte, seine zwischenzeitlich abgelaufene Sondergenehmigung für eine 'Rückstellung aus dem Kriegsdienst' rechtzeitig zu verlängern. Obwohl ihn Roberta daraufhin flehentlich dazu drängt, gemeinsam mit ihr vor dem sicheren Tod zu fliehen, ist es letztendlich Carlos schwachem Charakter geschuldet, dass das frische Liebesglück in einer verhängnisvollen Tragödie endet.


Normalerweise bin ich kein großer Freund von Liebesdramen, aber Valerio Zurlini Filmdebüt WILDER SOMMER hat mich gleich auf Anhieb umgerissen, was in erster Linie an den überragenden Schauspielleistungen von Eleonora Rossi Drago und Jean-Louis Trintignant liegen dürfte. Als Sohn eines überzeugten Faschisten (Enrico Maria Salerno), der nicht nur eng mit Mussolini zusammenarbeitete, sondern seinen Sprössling auch vom Kriegsdienst entpflichtete, spielt Trintignant seine Rolle ebenso mit voller Bravour wie Eleonora Rossi Drago, die für ihre überragende Darbietung prompt mit einem Filmpreis ausgezeichnet wurde. Nachdem sich die Beiden eine gute Zeit lang mit lechzenden Blicken angeschmachtet haben, entschließen sie sich endlich dazu, sich ihren offensichtlich unbändigen Gefühlen nicht mehr zu widersetzen. Doch just in diesem Moment kommt es zu einem Schlüsselmoment des Films, nämlich der Absetzung Benito Mussolinis durch den 'Großen Faschistischen Rat' am 25.07.1943. Dies hat wiederum zur Folge, dass der von Trintignant gespielte Charakter zum Kriegsdienst eingezogen wird. Doch anstatt gemeinsam mit seiner großen Liebe vor dem sicheren Kriegstod zu fliehen, trifft der charakterschwache Marco eine folgenschwere Entscheidung, die in einem äußerst dramatischen Finale endet, dem eine schicksalhafte Zugfahrt nach Bologna vorausgeht.


Was das aufwühlende Ende des Films betrifft, so würde ich jedem davon abraten, sich dieses anzusehen, der persönlich von Kriegstraumata geplagt ist, denn Zurlinis inszenierte einen Angriff durch Kampfbomber auf einen vollbesetzten Zug dermaßen beeindruckend, dass sich in mir, der sicher zuhause auf der gemütlichen Couch saß, das unausweichliche Gefühl von klaustrophober Panik breit machte.

Ansonsten spreche ich für diesen sehenswerten Film eine ganz klare Empfehlung aus, der nicht nur aufgrund der schauspielerischen Glanzleistungen besticht, sondern auch inszenatorisch brilliert. Aktuell steht das Werk noch bis zum 31.10.2023 in der ARTE-Mediathek zur Verfügung.


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