DAS SIEBENTE OPFER - Franz Josef Gottlieb

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Maulwurf
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DAS SIEBENTE OPFER - Franz Josef Gottlieb

Beitrag von Maulwurf »

Das 7. Opfer
Das siebente Opfer
Deutschland 1964
Regie: Franz Josef Gottlieb
Hansjörg Felmy, Ann Smyrner, Hans Nielsen, Wolfgang Lukschy, Heinz Engelmann, Helmuth Lohner, Walter Rilla, Harry Riebauer, Trude Herr, Alice Treff, Anneli Sauli, Friedrich G. Beckhaus


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Das große Derby steht bevor, und auf Schloss Mant geht es drunter und drüber, soll doch der haushohe Favorit Satan das Rennen gewinnen. Doch da wird ein Jockey getötet, anschließend ein Trompeter der offensichtlich etwas über den Vorfall weiß, und danach geht es Schlag auf Schlag: Die Angehörigen der Familie Mant segnen nacheinander durch Gewalteinwirkung das Zeitliche. Nur der hochverschuldete und versnobte Gerald Mant und seine Schwester Avril Mant sind noch am Leben. Für ersteren interessiert sich auffallend der Gangster Ranova, der viel Energie daran setzt, dass Satan nicht als erster durch das Ziel geht. Und für Avril interessiert sich der mysteriöse Hausgast Mr. Brooks, seines Zeichens Tiermaler. Der mitsamt Diätassistentin angereist ist…

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Ich habe mehrfach gelesen, dass DAS 7. OPFER furchtbar langweilig sein soll, und habe mich auf öde anderthalb Stunden vorbereitet (also Handy und Lesebrille griffbereit gehalten). Aber Pustekuchen, der Film war gar nicht schlecht. Zwar ist die Inszenierung holprig, die Kulissen und damit die Ausstrahlung erinnern oft an Fernsehspiele der späten 60er Jahre, und die Story ist so einfach gehalten, dass allerspätestens nach der Hälfte der Laufzeit der Mörder bekannt ist (von der Rolle Hansjörg Felmys mal ganz zu schweigen, die von vornherein ausgesprochen durchsichtig angelegt ist). Aber dafür hat es auf der Habenseite einiges an gern gesehenen Schauspielern (die leider gelegentlich etwas blass bleiben), und ein ordentliches Tempo, das die müde und hakenschlagende Story geschickt in den Hintergrund drängt. Die Musik von Raimund Rosenberger (u.a. DER HENKER VON LONDON und DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE) ist zeittypisch und hübsch anzuhören, die Kamera schlägt einige wilde Kapriolen, und sollte doch mal irgendwann ein kurzer Hänger auftauchen, steht Peter Vogel bereit und haut einen Gassenhauer raus. Überhaupt musste ich einige Male heftig lachen, was zwar für einen ernsten Krimi eigentlich gar nicht geht, aber hier ist die Grundstimmung doch eher mit einem starken Augenzwinkern angelegt, was dem Gesamteindruck tatsächlich ausgesprochen gut tut.
DAS 7. OPFER ist halt eine Brauner-Produktion, und damit prinzipiell der Versuch, der starken Konkurrenz von der Rialto mit Einsatz von wenig Geld viel Kontra zu bieten. Was 1964 sicher nicht einfach war, wurden in dem Jahr in der “originalen“ Wallace-Reihe mit DER HEXER und DAS WIRTSHAUS VON DARTMOOR zwei der stärksten Beiträge der gesamten Reihe in die Kinos gebracht. Was entsprechend zur Folge hatte, dass der biedere DAS 7. OPFER nicht übermäßig erfolgreich war, und die Bryan Edgar Wallace-Reihe der CCC-Filmkunst danach eingestellt wurde. Klar, mit den genannten Produktionen kann er sich in keinster Weise messen, aber schlecht oder gar langweilig ist er deswegen noch lange nicht. Nur halt ein wenig braver …

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6/10

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Prisma
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Re: DAS SIEBENTE OPFER - Franz Josef Gottlieb

Beitrag von Prisma »



Dieser sechste und letzte in Schwarzweiß gedrehte Teil der Bryan-Edgar-Wallace-Reihe erwies seinerzeit als schlechtes Geschäft, sodass die Serie bis zu dem Überraschungserfolg "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" vorläufig eingestellt wurde. Wer Gründe für das eindeutige Floppen sucht, wird sie vielleicht auch finden, allerdings handelt es sich bei "Das siebente Opfer" bestimmt nicht um eine misslungene Verfilmung, verfügt sie doch über zahlreiche Inhalte, die das Krimi-Herz höher schlagen lassen. Unter der Regie von Franz Josef Gottlieb ist förmlich zu bemerken, dass man die neuste BEW-Angelegenheit noch einmal mit frischem Blut versorgen wollte, was sich nicht nur beim Cast bemerkbar macht. Leider verfügt der Film über eine ungünstige Vorhersehbarkeit die den Whodunit killt, was sich wie ein roter Faden durch das Geschehen zieht. So muss man die persönlichen Spannungsmomente an anderen Stellen suchen. Gottlieb inszeniert dynamisch, die Produktion überrascht mit einer besonderen Bildgestaltung, die Musik wirkt stimmig, und hin und wieder wird es dem Empfinden nach sogar etwas brutaler zugehen als sonst, um am Ende eine nicht ganz neue Geschichte zu präsentieren, dies aber in überaus routinierter Art und Weise. Die Liste der Darsteller ist absolut überwältigend und listet sogar ein paar Namen, die man sonst eher selten in einem Krimi dieser Zeit gesehen hatte. Im Besonderen bleiben beispielsweise Hanns Lothar, Peter Vogel, Ann Savo, Trude Herr, Heinz Engelmann oder Alice Treff in Erinnerung. Am Ende ist "Das siebente Opfer" stets gerne gesehen, verfügt er doch über genügend reizvolle Momente, Inhalte und Personen, die am Ende mehr als überzeugen können.

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Prisma
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Re: DAS SIEBENTE OPFER - Franz Josef Gottlieb

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● DAS SIEBENTE OPFER (D|1964)
mit Hansjörg Felmy, Ann Smyrner, Hans Nielsen, Wolfgang Lukschy, Helmuth Lohner, Harry Riebauer, Heinz Engelmann, Alice Treff, Walter Rilla,
Trude Herr, Ann Savo, Edgar Wenzel, F. G. Beckhaus, Rolf Eden, Rolf Zacher, Matthias Grimm, Dieter Borsche, Werner Peters sowie Peter Vogel
eine Produktion der cCc Filmkunst | im Nora Filmverleih
ein Film von Frannz Josef Gottlieb

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»Ein Mord, wie interessant!«


Kurz bevor das mit Spannung erwartete Derby stattfinden kann, kommt es zu einer rätselhaften Mordserie auf Schloss Mant, der auch Lord Mant (Walter Rilla) zum Opfer fällt. Außerdem setzt der einschlägig bekannte Gangster Ranova (Wolfgang Lukschy) alles daran, das favorisierte Pferd "Satan" vom Sieg abzuhalten. Inspektor Bradley (Heinz Engelmann) von Scotland Yard soll den Fall vor Ort klären, doch lernt eine Gesellschaft kennen, die vor allem durch unkooperatives Verhalten und ermüdende Allüren auffällt. Wer wird das nächste Opfer sein?

Mit "Das siebente Opfer" - originellerweise der siebte Beitrag frei nach einer Geschichte von Bryan Edgar Wallace - endete die bewegte Schwarzweiß-Phase, bis es einige Jahre später mit Dario Argentos "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" in Farbe weitergehen sollte. Obwohl der Film erneut unter der Regie des Österreichers Franz Josef Gottlieb entstanden ist, der hier seinen sechsten und letzten Kriminalfilm in Folge für Wallace & Co. drehte, zeigen sich noch einmal einige alternative Ansätze innerhalb der ambitionierten Inszenierung, die eine Kriminalgeschichte aus der Vergangenheit beziehungsweise dem Jenseits ins imaginäre Hier und Jetzt bringt. Ein vermeintlich Toter diktiert plötzlich das undurchsichtige Geschehen, welches mit auffällig vielen humorigen Untertönen unterlegt ist. Thematisch angesiedelt im gehobenen Milieu, also der sogenannten besseren Gesellschaft, lässt sich eine Menge an Konfliktpotenzial ausfindig machen, welches für die meisten Beteiligten noch tödlich enden wird. Ein Jockey bricht sich beim Sturz vom Pferd das Genick, die Bewohner von Schloss Mant fühlen sich durch diesen Zwischenfall ebenso belästigt, wie der spätere Mord an einem Trompeter auf einer Party für die Hautevolee. Interessant bei dieser Produktion ist, dass zwei verschiedene Vorspänne existieren: Toppic-Video brachte ein Intro ohne Musik heraus, welches blitzschnell über die laufenden Bilder in blutroten Lettern gelegt wurde, die Kino-Version verfügt über einen animierten Vorspann aus Standbildern mit Raimund Rosenbergers exzellenter Musik, die zwei Jahre später in der deutschen Version von "Das Rätsel des silbernen Dreieck" zu hören war. Insgesamt gesehen verfügt "Das siebente Opfer" zweifellos über eine der ausgiebigsten und interessantesten Besetzungslisten der BEW-Reihe, in der selbst weit in den hinteren Rängen tolle Darbietungen zu entdecken sind. Die Tatsache, dass Werner Peters und Dieter Borsche in zwei winzigen Cameo-Auftritten zu entdecken sind, ist dabei nur eine bemerkenswerte Fußnote, sodass insgesamt festgehalten werden kann, dass hier selbst ehemalige Hauptrollen in Nebenrollen zu finden sind.

Die Geschichte um eine mysteriöse Mordserie in der besseren Gesellschaft wird durch zahlreiche, teils herrlich überzeichnete Charaktere erst richtig sehenswert, zumal Regisseur Franz Josef Gottlieb der eigentlich unverzeihliche Fauxpas passiert, die Luft viel zu früh aus dem Geschehen zu lassen, indem man den Haupttäter in jeder Einstellung an seiner Stimme erkennt. Diese ist zwar verzerrt zu hören, allerdings viel zu markant, als dass man sie nicht unter den anderen Verdächtigen heraushören könnte. Außerdem lassen frühe Dialoge auf die Identität des Mörders schließen, was ziemlich schade ist, denn der Film ist an sich sehr unterhaltsam und in vielen Intervallen spannend. Aus Verdächtigen werden schließlich nach und nach Leichen, die zu Puzzlestücken für eine zusammenhängende Story werden, die in Teilen recht vertraut vorkommt. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen der sehenswertesten Filme der Reihe, da er über viele modifizierte Merkmale verfügt, die überraschend und frisch wirken. Die Kamera-Arbeit bringt Bewegung in das Geschehen, gefällt sich außerdem in ausgefallenen Winkeln, die immer wieder wechselnden Schauplätze sorgen für Dynamik, und die musikalische Begleitung für das richtige Flair, vor allem, wen der nächste Mord ins Haus steht. Hansjörg Felmy ist erneut in der männlichen Hauptrolle zu sehen, präsentiert sich im Gegensatz zu seinen Auftritten in "Der Henker von London" oder "Das Ungeheuer von London-City" jedoch vollkommen unterschiedlich. Zu sehen mit einer augenzwinkernden und gewitzten Attitüde, schiebt er den Ernst und die Schwere des Falls beiseite und kann sich ausgiebig um seine attraktive Partnerin Ann Smyrner kümmern, die eine der besten Interpretationen ihres 60er-Jahre-Schaffens anbietet. Die beiden liefern überwindbare Gegensätze, werden jedoch als designiertes Team integriert, bei dem die Chemie trotz Anlaufschwierigkeiten stimmt. Auffällig sind die geschliffenen, teils scharfen und sarkastisch angehauchten Dialoge, die vor allem von Alice Treff, Helmuth Lohner, Heinz Engelmann, Ann Savo, Trude Herr und Peter Vogel auf die Spitze getrieben werden.

Vor allem Helmuth Lohner und Alice Treff repräsentieren eine aristokratische Arroganz und fallen durch hoheitsvolles Gehabe, Gebärden und Kommentare auf, die dem Gegenüber zu jeder Zeit zu nahe treten. Hans Nielsen, Walter Rilla, Harry Riebauer und Wolfgang Lukschy präsentieren sich in für deren Verhältnisse klassischen Rollen, sorgen dabei für die ausstaffierenden und teils größeren Momente des Films. Interessant ist die geballte Ladung Humor, vertreten durch Trude Herr und Peter Vogel, der selten in den handelsüblichen Krimi-Humor gleichgesinnter Filme abdriftet, was durchaus erfrischend wirkt, beziehungsweise wirken kann. Heinz Engelmanns passender Entwurf des äußerst fordernden, ungeduldigen und forschen Polizeimanns weiß ebenfalls zu gefallen und erteilt einigen von sich selbst überzeugten Herrschaften eine klare Abfuhr. Gesucht wird der "große Falconetti" - ein Name den man bereits aus Harald Reinls "Die weiße Spinne" kennt - aber ein Toter kann eben nur schwer gefasst werden. Die Erhebungen gewähren vage Blicke in die Vergangenheit, welche stilbildend für die Zukunft wird, wenngleich der letztlich ungelenk wirkende Titel die Opferzahl bereits ankündigt. Franz Josef Gottlieb kann am Ende bescheinigt werden, dass er wesentlich interessantere, vielleicht sogar agilere Beiträge unter Artur Brauner abliefern konnte, als bei der Rialto, auch wenn der Überraschungseffekt hier leider auf der Rennstrecke bleibt. In diesem Zusammenhang hätte es sicherlich dienlichere Lösungen gegeben, beispielsweise eine Synchronisation durch einen anderen Schauspieler, aber letztlich kann diese Pleite dem insgesamt positiven Gesamteindruck nichts anhaben. Der Film nimmt sich am Ende überhaupt nicht ernst, was durch das unorthodox wirkende Finale unterstrichen wird. Vielmehr ist es sogar ein wenig zu übertrieben gestaltet, aber so sieht eben das Ende der Schwarzweiß-Ära bei Bryan Edgar Wallace aus. "Das siebente Opfer" weiß mit verspielten Tendenzen und spannenden Intervallen, außerdem einer besonders ausgefallenen Bildgestaltung zu gefallen und landet aus diesem Grund einen halben Volltreffer. Immer gerne gesehen.

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Richie Pistilli
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Re: DAS SIEBENTE OPFER - Franz Josef Gottlieb

Beitrag von Richie Pistilli »

DAS SIEBENTE OPFER steht noch bis zum 29.04. in der ZDF-Mediathek abrufbereit: https://www.zdf.de/filme/bryan-edgar-wa ... r-102.html


Weitere Bryan-Edgar-Wallace-Filme In der ZDF-Mediathek:

https://www.zdf.de/filme/bryan-edgar-wallace


- Der Henker von London
- Der Würger von Schloß Blackmoor
- Scotland Yard jagt Dr. Mabuse
- Das Geheimnis der schwarzen Koffer
- Das Ungeheuer von London-City
- Das Phantom von Soho
- Das siebente Opfer

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Prisma
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Re: DAS SIEBENTE OPFER - Franz Josef Gottlieb

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Ganz in der Tradition gängiger deutscher Krimis zusammengestellt und eingesprochen. Der Trailer:


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