Kurz bevor das mit Spannung erwartete Derby stattfinden kann, kommt es zu einer rätselhaften Mordserie auf Schloss Mant, der auch Lord Mant (Walter Rilla) zum Opfer fällt. Außerdem setzt der einschlägig bekannte Gangster Ranova (Wolfgang Lukschy) alles daran, das favorisierte Pferd "Satan" vom Sieg abzuhalten. Inspektor Bradley (Heinz Engelmann) von Scotland Yard soll den Fall vor Ort klären, doch lernt eine Gesellschaft kennen, die vor allem durch unkooperatives Verhalten und ermüdende Allüren auffällt. Wer wird das nächste Opfer sein?
Mit
"Das siebente Opfer" - originellerweise der siebte Beitrag frei nach einer Geschichte von Bryan Edgar Wallace - endete die bewegte Schwarzweiß-Phase, bis es einige Jahre später mit Dario Argentos
"Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" in Farbe weitergehen sollte. Obwohl der Film erneut unter der Regie des Österreichers Franz Josef Gottlieb entstanden ist, der hier seinen sechsten und letzten Kriminalfilm in Folge für Wallace & Co. drehte, zeigen sich noch einmal einige alternative Ansätze innerhalb der ambitionierten Inszenierung, die eine Kriminalgeschichte aus der Vergangenheit beziehungsweise dem Jenseits ins imaginäre Hier und Jetzt bringt. Ein vermeintlich Toter diktiert plötzlich das undurchsichtige Geschehen, welches mit auffällig vielen humorigen Untertönen unterlegt ist. Thematisch angesiedelt im gehobenen Milieu, also der sogenannten besseren Gesellschaft, lässt sich eine Menge an Konfliktpotenzial ausfindig machen, welches für die meisten Beteiligten noch tödlich enden wird. Ein Jockey bricht sich beim Sturz vom Pferd das Genick, die Bewohner von Schloss Mant fühlen sich durch diesen Zwischenfall ebenso belästigt, wie der spätere Mord an einem Trompeter auf einer Party für die Hautevolee. Interessant bei dieser Produktion ist, dass zwei verschiedene Vorspänne existieren: Toppic-Video brachte ein Intro ohne Musik heraus, welches blitzschnell über die laufenden Bilder in blutroten Lettern gelegt wurde, die Kino-Version verfügt über einen animierten Vorspann aus Standbildern mit Raimund Rosenbergers exzellenter Musik, die zwei Jahre später in der deutschen Version von
"Das Rätsel des silbernen Dreieck" zu hören war. Insgesamt gesehen verfügt
"Das siebente Opfer" zweifellos über eine der ausgiebigsten und interessantesten Besetzungslisten der BEW-Reihe, in der selbst weit in den hinteren Rängen tolle Darbietungen zu entdecken sind. Die Tatsache, dass Werner Peters und Dieter Borsche in zwei winzigen Cameo-Auftritten zu entdecken sind, ist dabei nur eine bemerkenswerte Fußnote, sodass insgesamt festgehalten werden kann, dass hier selbst ehemalige Hauptrollen in Nebenrollen zu finden sind.
Die Geschichte um eine mysteriöse Mordserie in der besseren Gesellschaft wird durch zahlreiche, teils herrlich überzeichnete Charaktere erst richtig sehenswert, zumal Regisseur Franz Josef Gottlieb der eigentlich unverzeihliche Fauxpas passiert, die Luft viel zu früh aus dem Geschehen zu lassen, indem man den Haupttäter in jeder Einstellung an seiner Stimme erkennt. Diese ist zwar verzerrt zu hören, allerdings viel zu markant, als dass man sie nicht unter den anderen Verdächtigen heraushören könnte. Außerdem lassen frühe Dialoge auf die Identität des Mörders schließen, was ziemlich schade ist, denn der Film ist an sich sehr unterhaltsam und in vielen Intervallen spannend. Aus Verdächtigen werden schließlich nach und nach Leichen, die zu Puzzlestücken für eine zusammenhängende Story werden, die in Teilen recht vertraut vorkommt. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen der sehenswertesten Filme der Reihe, da er über viele modifizierte Merkmale verfügt, die überraschend und frisch wirken. Die Kamera-Arbeit bringt Bewegung in das Geschehen, gefällt sich außerdem in ausgefallenen Winkeln, die immer wieder wechselnden Schauplätze sorgen für Dynamik, und die musikalische Begleitung für das richtige Flair, vor allem, wen der nächste Mord ins Haus steht. Hansjörg Felmy ist erneut in der männlichen Hauptrolle zu sehen, präsentiert sich im Gegensatz zu seinen Auftritten in
"Der Henker von London" oder
"Das Ungeheuer von London-City" jedoch vollkommen unterschiedlich. Zu sehen mit einer augenzwinkernden und gewitzten Attitüde, schiebt er den Ernst und die Schwere des Falls beiseite und kann sich ausgiebig um seine attraktive Partnerin Ann Smyrner kümmern, die eine der besten Interpretationen ihres 60er-Jahre-Schaffens anbietet. Die beiden liefern überwindbare Gegensätze, werden jedoch als designiertes Team integriert, bei dem die Chemie trotz Anlaufschwierigkeiten stimmt. Auffällig sind die geschliffenen, teils scharfen und sarkastisch angehauchten Dialoge, die vor allem von Alice Treff, Helmuth Lohner, Heinz Engelmann, Ann Savo, Trude Herr und Peter Vogel auf die Spitze getrieben werden.
Vor allem Helmuth Lohner und Alice Treff repräsentieren eine aristokratische Arroganz und fallen durch hoheitsvolles Gehabe, Gebärden und Kommentare auf, die dem Gegenüber zu jeder Zeit zu nahe treten. Hans Nielsen, Walter Rilla, Harry Riebauer und Wolfgang Lukschy präsentieren sich in für deren Verhältnisse klassischen Rollen, sorgen dabei für die ausstaffierenden und teils größeren Momente des Films. Interessant ist die geballte Ladung Humor, vertreten durch Trude Herr und Peter Vogel, der selten in den handelsüblichen Krimi-Humor gleichgesinnter Filme abdriftet, was durchaus erfrischend wirkt, beziehungsweise wirken kann. Heinz Engelmanns passender Entwurf des äußerst fordernden, ungeduldigen und forschen Polizeimanns weiß ebenfalls zu gefallen und erteilt einigen von sich selbst überzeugten Herrschaften eine klare Abfuhr. Gesucht wird der "große Falconetti" - ein Name den man bereits aus Harald Reinls
"Die weiße Spinne" kennt - aber ein Toter kann eben nur schwer gefasst werden. Die Erhebungen gewähren vage Blicke in die Vergangenheit, welche stilbildend für die Zukunft wird, wenngleich der letztlich ungelenk wirkende Titel die Opferzahl bereits ankündigt. Franz Josef Gottlieb kann am Ende bescheinigt werden, dass er wesentlich interessantere, vielleicht sogar agilere Beiträge unter Artur Brauner abliefern konnte, als bei der Rialto, auch wenn der Überraschungseffekt hier leider auf der Rennstrecke bleibt. In diesem Zusammenhang hätte es sicherlich dienlichere Lösungen gegeben, beispielsweise eine Synchronisation durch einen anderen Schauspieler, aber letztlich kann diese Pleite dem insgesamt positiven Gesamteindruck nichts anhaben. Der Film nimmt sich am Ende überhaupt nicht ernst, was durch das unorthodox wirkende Finale unterstrichen wird. Vielmehr ist es sogar ein wenig zu übertrieben gestaltet, aber so sieht eben das Ende der Schwarzweiß-Ära bei Bryan Edgar Wallace aus.
"Das siebente Opfer" weiß mit verspielten Tendenzen und spannenden Intervallen, außerdem einer besonders ausgefallenen Bildgestaltung zu gefallen und landet aus diesem Grund einen halben Volltreffer. Immer gerne gesehen.