DAS MESSER
● UNA FARFALLA CON LE ALI INSANGUINATE / DAS MESSER / BLUTSPUR IM PARK (I|D|1972)
mit Helmut Berger, Giancarlo Sbragia, Ida Galli, Silvano Tranquilli, Dana Ghia, Günther Stoll, Wolfgang Preiss,
Wendy D'Olive, Lorella De Luca, Gabriella Venditti, Stefano Oppedisano, Anna, Zinnemann und Carole André
eine Produktion der Filmes Cinematografica | im Verleih der Warner-Columbia
ein Film von Duccio Tessari
»Hast du was gegen das Wort Nutte?«
Die Studentin Françoise Pigaut (Carole André) wird tot in einem Park aufgefunden. Die Untersuchungen der Polizei ergeben, dass es sich eindeutig um einen brutalen Mord handelt, für den auch schnell ein Tatverdächtiger gefunden ist. Aufgrund der erdrückenden Beweislage wird der Fernsehmoderator Alessandro Marchi (Giancarlo Sbragia) verurteilt und muss ins Gefängnis. Seine Frau Maria (Ida Galli) und der Familienanwalt Cordaro (Günther Stoll) sind schockiert. Wenige Zeit später ereignen sich jedoch zwei weitere Morde nach dem gleichen Muster. Bei Inspektor Berardi (Silvano Tranquilli) und anderen kommen erhebliche Zweifel auf, ob man nicht einen Unschuldigen verurteilt hat. Schließlich zerbricht das Kartenhaus aus Indizien und Marchi kommt wieder auf freien Fuß, doch das Blatt wendet sich erneut, da der soeben Rehabilitierte offenbar von dem unbekannten Mörder erpresst wird …
In der Mehrzahl von Filmen wurde generell ein Opener – oder wenn man so will – ein Aufhänger gewählt, um thematisch auf den bevorstehenden Verlauf hinzuführen. In Duccio Tessaris 1972 entstandenem Beitrag "Das Messer" setzt der Vorspann ein, noch bevor man als Zuschauer erste Szenen geboten bekommt. Eigentlich, denn im Inneren einer einfachen, aber sehr wirksamen Titelgrafik in Form eines negativ ausgeschnittenen Schmetterlings spielen sich Bilder ab, die gleich in mehrere gelungene Einfälle münden werden. Die Hauptattraktion hierbei ist allerdings sicher das weltbekannte 1. Klavierkonzert op. 23 in b-Moll von Peter Tschaikowski, dessen Opulenz und volle Wucht eine immense Durchschlagskraft sowie einen der vielen Schlüssel des Verlaufs bietet, mit denen jedoch zunächst noch nichts anzufangen ist. Nach einer gewissen Zeit ändern sich die Klänge gehörig, denn unter Gianni Ferrios Ideenreichtum entwickelt sich daraus ein typischer Easy-Listening-Track des bestehenden Zeitfensters, sodass die Darsteller bei dieser Gelegenheit mit ihren Realnamen, aber auch ihren imaginären Namen der Story vorgestellt werden. Seinerzeit war das Projekt als 33. Beitrag der ausklingenden Edgar-Wallace-Reihe angedacht, doch sowohl von Rialto Film als auch dem Constantin Filmverleih abgelehnt worden, was für die jeweiligen Interessengemeinschaften der Zuschauer einerseits vielleicht Fluch, andererseits aber auch bestimmt einen Segen darstellen dürfte, denn rückblickend beziehungsweise bei dem vorliegenden Ergebnis in all seiner Perfektion, hätte diese Produktion einfach keinen Wallace-Banner nötig gehabt. Für progressive Fans der Serie ist diese Tatsache jedoch recht schade, denn es bedeutete das faktische Aus für die 1959 gestartete Reihe, die in ihrer kompletten und vielfältigen Entwicklung beispiellos geblieben ist.
Daher kann spaßeshalber darüber spekuliert werden, wie "Das Messer" unter Rialto, Constantin und deren Produktionspartnern ausgesehen hätte. Diese hypothetische Einschätzung gestaltet sich als recht schwierig, doch unterm Strich ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu sagen, dass das Ergebnis im Sinne von angepasst wohl vollkommen anders abgedreht worden wäre. Großer Pluspunkt ist und bleibt die außergewöhnliche Erzählstruktur dieses Beitrags, der die typische Handschrift des routinierten Regisseurs Duccio Tessari trägt. Eine Geschichte, die quasi als Blick zurück nach vorn angelegt ist, verlangt dem Zuseher naturgemäß mehr ab als Filme, die narrativ beispielsweise eine Berieselungsstrategie verfolgen. In diesem Zusammenhang wird man hier glücklicherweise nicht fündig werden und der Verlauf ebnet sich seinen Weg unaufdringlich, aber dennoch resolut; vom Abwechslungsreichtum, der hohen Twistdichte und den raffinierten, gezielten Pointen ganz zu schweigen. Der anfängliche Mord ist dramaturgisch exzellent kalkuliert worden, da er Teil einer Assoziationskette ist, die den Verlauf vollkommen dominieren wird. Schnelle Indizien geben der akribisch arbeitenden Polizei Aufschluss darüber, wer als Täter infrage kommen könnte, doch der Zuschauer traut dieser Verdichtung der vermeintlichen Schuld nicht, da alles viel zu sehr konstruiert wirkt und nach einem waschechten Komplott riecht. Hervorragend, da absolut real wirkend, ist die Polizeiarbeit dargestellt und prominent in den Fokus gerückt worden, die ihre Vollstreckung am Gericht erfahren soll, wenn es zum aggressiven Tauziehen zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft kommt, bei dem der Angeklagte selbst wie das Tau wirkt. Stakkatoartige Rückblenden tragen zu einer beeindruckenden Transparenz bei, was die laufende Geschichte jedoch nicht unterbricht, da ein ungewöhnlich guter Aufbau zu bemerken ist.
Somit wirkt die Handlung gleichermaßen flüssig erzählt und variantenreich dargestellt, aber auch bestens strukturiert und darüber hinaus blendend assoziiert. Eine weitere Stärke baut sich über das interessante Wechselspiel zwischen Charakteren, Polizei sowie Presse und Medien auf, die zur Lösung des Falls mit einbezogen werden. Dadurch steht nicht nur ein zeitgemäßer, wenn nicht sogar moderner Eindruck, sondern auch ein Gleichgewicht im Sinne von Interessenverteilung, die den Zuschauer nicht außer Acht lässt und ihm mehrere Eindrücke liefert, die sich zu einem verwirrenden Element gestalten. Parallel laufende Handlungsstränge irritieren zeitweise gleichermaßen, aber es sei vorausgeschickt, dass man angesichts des lückenlosen Zusammenfügens seiner Geschichten mit einem Routinier wie Duccio Tessari auf der sicheren Seite ist. Große Beachtung muss auch der über die Grenzen Italiens vermarktbaren Besetzung zukommen, die nicht nur im Sinne des Produktionslandes, sondern auch vieler anderer auf internationale Präferenzen abgestimmt wurde. Helmut Berger konnte bereits unter Vittorio De Sica, Massimo Dallamano oder Luchino Visconti Erfahrungen sammeln und ein breites Publikum erreichen. Seine Besetzung für die männliche Hauptrolle wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas unorthodox, doch überzeugend wird es vor allem, wenn seine besondere Ausstrahlung zur Geltung kommt und er seinen festen Platz im Szenario findet, beziehungsweise preisgeben darf. Umweht von einer empfundenen Rastlosigkeit, die eine seltsame Allianz mit Zuständen der mentalen Abwesenheit eingeht, bietet Berger ein interessantes Wechselspiel an, das die Komplexität seines dargestellten Charakters unterstreichen kann. Familiäre Hintergründe und die Gewissheit des Zuschauers, dass so gut wie jeder im Szenario verdächtig sein muss, kommt eine besonders adäquate Atmosphäre auf und der Eindruck einer leistungsstarken Darbietung.
Giancarlo Sbragia interpretiert einen Charakter, der offensichtlich früh in der Geschichte die Kontrolle über Sachverhalte und über sich selbst verliert, schließlich erdrücken ihn die Indizien wenig später so sehr, dass er sich im Gerichtssaal wiederfindet; und zwar auf der Anklagebank. Wortkarg und förmlich teilnahmslos, lässt er die überaus demütigenden und aggressiv vorgetragenen verbalen Torpedos über sich ergehen und er erweckt eine Art Mitleid, da der Zuschauer ihn ohnehin zeitweise als unschuldiges Opfer eines doppelten Spiels identifiziert. Oder doch nicht? Die Architektur der Geschichte behält sich solche Zweifel vor, was der Spannung immens zugutekommt, sodass sich ein klassisches Verwirrspiel entwickeln darf, das noch mehrere Beteiligte aufs Tableau bringt. Die Daumenschrauben legt übrigens kein Geringerer als Wolfgang Preiss als Staatsanwalt an, der einmal mehr zeigt, welch brillanter Darsteller in ihm steckt, obwohl viele Produktionen sich seine Schablonenhaftigkeit dienstbar machten. Tessari tut es ebenso unverblümt wie effektiv, mir einem ausgezeichneten Ergebnis. Wolfgang Preiss' beruflicher Kontrahent vertritt die Verteidigung vehement in persona von Günther Stoll, der hier ganz neue Seiten offerieren wird und einen absolut sicheren Eindruck im Haifischbecken namens Gerichtssaal macht. Selten genug war der Deutsche, der unlängst durch seine Wallace-Karriere des letzten Drittels der Reihe präsent war, in derart offensiv angelegten Rollen zu sehen und es handelt sich um einen aalglatten Hardliner, sowohl bei Gericht, als auch im Privatleben. In die Riege der eindrucksvollen Leistungen reiht sich auch Silvano Tranquilli ein, der das Aushängeschild der Polizei repräsentieren darf. Dies geschieht allerdings nicht so reibungslos, wie man sich es vorstellt, denn der Beamte, der sich so fühlt, als sei er bereits an die 100 Jahre im Dienst, hat Erfahrung und eine gute Auffassungsgabe, aber auch Macken und Unzulänglichkeiten.
Die Liste der Damen bringt ebenfalls prominente Namen zutage, wie beispielsweise Dana Ghia, die stets gerne gesehen ist, Wendy D'Olive in einer ihrer vielleicht leidenschaftlichsten Rollen und die schöne Carole André, die durch sehr eindringlich inszenierte Momente im Gedächtnis bleiben wird. Der Clou auf der weiblichen Seite ist und bleibt allerdings die wie so oft traurig erscheinende Ida Galli. Die Italienerin bleibt auch hier ihrem Stil treu, nur so viel von sich preiszugeben, dass sie noch genügend Geheimnis umgeben kann. Transparent in der Darstellung ihrer Emotionen wird sie zur unfreiwilligen Zeugin der Anklage und obendrein von dieser vorgeführt. Galli transportiert in "Das Messer" eine nahezu bizarre Attraktivität, da sie es schafft, ihre teils abweisende Aura umkehren zu lassen; und zwar vom Zuschauer selbst, vorausgesetzt man hat auch ein gewisses Faible für sie. Sicherlich handelt es sich hier um eine ihrer intensivsten Rollen dieses Zeitfensters und es bleibt eine kultiviert und elegant wirkende Frau in Erinnerung, deren Maske nur fällt, sobald die Schlafzimmertür zufällt. Darstellerisch gesehen ist Duccio Tessaris Film also ein besonderes Vergnügen. Hinzu kommt eine exzellente Schauspieler-Führung und innerhalb dieser zeigt jeder einzelne Interpret die volle Bereitschaft, das Beste zu bieten, sodass sehr ausgefeilte charakterlichen Darstellungen transportiert werden. Insgesamt handelt es sich bei "Das Messer" um einen besonders intensiven Giallo, der nicht nur narrativ Besonderes zu bieten hat, sondern in so gut wie allen Bereichen höchste Qualitätsansprüche geltend macht. Die herrliche Bildkomposition in Allianz mit der herausragenden Musik sorgt für formvollendete Momente und am Ende wird eine Geschichte so minutiös aufgerollt, dass das Potenzial vollends ausgeschöpft wird, den Zuschauer zu begeistern und das tragische Thema nachhallen zu lassen. Filmkunst vom Feinsten!
In der Mehrzahl von Filmen wurde generell ein Opener – oder wenn man so will – ein Aufhänger gewählt, um thematisch auf den bevorstehenden Verlauf hinzuführen. In Duccio Tessaris 1972 entstandenem Beitrag "Das Messer" setzt der Vorspann ein, noch bevor man als Zuschauer erste Szenen geboten bekommt. Eigentlich, denn im Inneren einer einfachen, aber sehr wirksamen Titelgrafik in Form eines negativ ausgeschnittenen Schmetterlings spielen sich Bilder ab, die gleich in mehrere gelungene Einfälle münden werden. Die Hauptattraktion hierbei ist allerdings sicher das weltbekannte 1. Klavierkonzert op. 23 in b-Moll von Peter Tschaikowski, dessen Opulenz und volle Wucht eine immense Durchschlagskraft sowie einen der vielen Schlüssel des Verlaufs bietet, mit denen jedoch zunächst noch nichts anzufangen ist. Nach einer gewissen Zeit ändern sich die Klänge gehörig, denn unter Gianni Ferrios Ideenreichtum entwickelt sich daraus ein typischer Easy-Listening-Track des bestehenden Zeitfensters, sodass die Darsteller bei dieser Gelegenheit mit ihren Realnamen, aber auch ihren imaginären Namen der Story vorgestellt werden. Seinerzeit war das Projekt als 33. Beitrag der ausklingenden Edgar-Wallace-Reihe angedacht, doch sowohl von Rialto Film als auch dem Constantin Filmverleih abgelehnt worden, was für die jeweiligen Interessengemeinschaften der Zuschauer einerseits vielleicht Fluch, andererseits aber auch bestimmt einen Segen darstellen dürfte, denn rückblickend beziehungsweise bei dem vorliegenden Ergebnis in all seiner Perfektion, hätte diese Produktion einfach keinen Wallace-Banner nötig gehabt. Für progressive Fans der Serie ist diese Tatsache jedoch recht schade, denn es bedeutete das faktische Aus für die 1959 gestartete Reihe, die in ihrer kompletten und vielfältigen Entwicklung beispiellos geblieben ist.
Daher kann spaßeshalber darüber spekuliert werden, wie "Das Messer" unter Rialto, Constantin und deren Produktionspartnern ausgesehen hätte. Diese hypothetische Einschätzung gestaltet sich als recht schwierig, doch unterm Strich ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu sagen, dass das Ergebnis im Sinne von angepasst wohl vollkommen anders abgedreht worden wäre. Großer Pluspunkt ist und bleibt die außergewöhnliche Erzählstruktur dieses Beitrags, der die typische Handschrift des routinierten Regisseurs Duccio Tessari trägt. Eine Geschichte, die quasi als Blick zurück nach vorn angelegt ist, verlangt dem Zuseher naturgemäß mehr ab als Filme, die narrativ beispielsweise eine Berieselungsstrategie verfolgen. In diesem Zusammenhang wird man hier glücklicherweise nicht fündig werden und der Verlauf ebnet sich seinen Weg unaufdringlich, aber dennoch resolut; vom Abwechslungsreichtum, der hohen Twistdichte und den raffinierten, gezielten Pointen ganz zu schweigen. Der anfängliche Mord ist dramaturgisch exzellent kalkuliert worden, da er Teil einer Assoziationskette ist, die den Verlauf vollkommen dominieren wird. Schnelle Indizien geben der akribisch arbeitenden Polizei Aufschluss darüber, wer als Täter infrage kommen könnte, doch der Zuschauer traut dieser Verdichtung der vermeintlichen Schuld nicht, da alles viel zu sehr konstruiert wirkt und nach einem waschechten Komplott riecht. Hervorragend, da absolut real wirkend, ist die Polizeiarbeit dargestellt und prominent in den Fokus gerückt worden, die ihre Vollstreckung am Gericht erfahren soll, wenn es zum aggressiven Tauziehen zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft kommt, bei dem der Angeklagte selbst wie das Tau wirkt. Stakkatoartige Rückblenden tragen zu einer beeindruckenden Transparenz bei, was die laufende Geschichte jedoch nicht unterbricht, da ein ungewöhnlich guter Aufbau zu bemerken ist.
Somit wirkt die Handlung gleichermaßen flüssig erzählt und variantenreich dargestellt, aber auch bestens strukturiert und darüber hinaus blendend assoziiert. Eine weitere Stärke baut sich über das interessante Wechselspiel zwischen Charakteren, Polizei sowie Presse und Medien auf, die zur Lösung des Falls mit einbezogen werden. Dadurch steht nicht nur ein zeitgemäßer, wenn nicht sogar moderner Eindruck, sondern auch ein Gleichgewicht im Sinne von Interessenverteilung, die den Zuschauer nicht außer Acht lässt und ihm mehrere Eindrücke liefert, die sich zu einem verwirrenden Element gestalten. Parallel laufende Handlungsstränge irritieren zeitweise gleichermaßen, aber es sei vorausgeschickt, dass man angesichts des lückenlosen Zusammenfügens seiner Geschichten mit einem Routinier wie Duccio Tessari auf der sicheren Seite ist. Große Beachtung muss auch der über die Grenzen Italiens vermarktbaren Besetzung zukommen, die nicht nur im Sinne des Produktionslandes, sondern auch vieler anderer auf internationale Präferenzen abgestimmt wurde. Helmut Berger konnte bereits unter Vittorio De Sica, Massimo Dallamano oder Luchino Visconti Erfahrungen sammeln und ein breites Publikum erreichen. Seine Besetzung für die männliche Hauptrolle wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas unorthodox, doch überzeugend wird es vor allem, wenn seine besondere Ausstrahlung zur Geltung kommt und er seinen festen Platz im Szenario findet, beziehungsweise preisgeben darf. Umweht von einer empfundenen Rastlosigkeit, die eine seltsame Allianz mit Zuständen der mentalen Abwesenheit eingeht, bietet Berger ein interessantes Wechselspiel an, das die Komplexität seines dargestellten Charakters unterstreichen kann. Familiäre Hintergründe und die Gewissheit des Zuschauers, dass so gut wie jeder im Szenario verdächtig sein muss, kommt eine besonders adäquate Atmosphäre auf und der Eindruck einer leistungsstarken Darbietung.
Giancarlo Sbragia interpretiert einen Charakter, der offensichtlich früh in der Geschichte die Kontrolle über Sachverhalte und über sich selbst verliert, schließlich erdrücken ihn die Indizien wenig später so sehr, dass er sich im Gerichtssaal wiederfindet; und zwar auf der Anklagebank. Wortkarg und förmlich teilnahmslos, lässt er die überaus demütigenden und aggressiv vorgetragenen verbalen Torpedos über sich ergehen und er erweckt eine Art Mitleid, da der Zuschauer ihn ohnehin zeitweise als unschuldiges Opfer eines doppelten Spiels identifiziert. Oder doch nicht? Die Architektur der Geschichte behält sich solche Zweifel vor, was der Spannung immens zugutekommt, sodass sich ein klassisches Verwirrspiel entwickeln darf, das noch mehrere Beteiligte aufs Tableau bringt. Die Daumenschrauben legt übrigens kein Geringerer als Wolfgang Preiss als Staatsanwalt an, der einmal mehr zeigt, welch brillanter Darsteller in ihm steckt, obwohl viele Produktionen sich seine Schablonenhaftigkeit dienstbar machten. Tessari tut es ebenso unverblümt wie effektiv, mir einem ausgezeichneten Ergebnis. Wolfgang Preiss' beruflicher Kontrahent vertritt die Verteidigung vehement in persona von Günther Stoll, der hier ganz neue Seiten offerieren wird und einen absolut sicheren Eindruck im Haifischbecken namens Gerichtssaal macht. Selten genug war der Deutsche, der unlängst durch seine Wallace-Karriere des letzten Drittels der Reihe präsent war, in derart offensiv angelegten Rollen zu sehen und es handelt sich um einen aalglatten Hardliner, sowohl bei Gericht, als auch im Privatleben. In die Riege der eindrucksvollen Leistungen reiht sich auch Silvano Tranquilli ein, der das Aushängeschild der Polizei repräsentieren darf. Dies geschieht allerdings nicht so reibungslos, wie man sich es vorstellt, denn der Beamte, der sich so fühlt, als sei er bereits an die 100 Jahre im Dienst, hat Erfahrung und eine gute Auffassungsgabe, aber auch Macken und Unzulänglichkeiten.
Die Liste der Damen bringt ebenfalls prominente Namen zutage, wie beispielsweise Dana Ghia, die stets gerne gesehen ist, Wendy D'Olive in einer ihrer vielleicht leidenschaftlichsten Rollen und die schöne Carole André, die durch sehr eindringlich inszenierte Momente im Gedächtnis bleiben wird. Der Clou auf der weiblichen Seite ist und bleibt allerdings die wie so oft traurig erscheinende Ida Galli. Die Italienerin bleibt auch hier ihrem Stil treu, nur so viel von sich preiszugeben, dass sie noch genügend Geheimnis umgeben kann. Transparent in der Darstellung ihrer Emotionen wird sie zur unfreiwilligen Zeugin der Anklage und obendrein von dieser vorgeführt. Galli transportiert in "Das Messer" eine nahezu bizarre Attraktivität, da sie es schafft, ihre teils abweisende Aura umkehren zu lassen; und zwar vom Zuschauer selbst, vorausgesetzt man hat auch ein gewisses Faible für sie. Sicherlich handelt es sich hier um eine ihrer intensivsten Rollen dieses Zeitfensters und es bleibt eine kultiviert und elegant wirkende Frau in Erinnerung, deren Maske nur fällt, sobald die Schlafzimmertür zufällt. Darstellerisch gesehen ist Duccio Tessaris Film also ein besonderes Vergnügen. Hinzu kommt eine exzellente Schauspieler-Führung und innerhalb dieser zeigt jeder einzelne Interpret die volle Bereitschaft, das Beste zu bieten, sodass sehr ausgefeilte charakterlichen Darstellungen transportiert werden. Insgesamt handelt es sich bei "Das Messer" um einen besonders intensiven Giallo, der nicht nur narrativ Besonderes zu bieten hat, sondern in so gut wie allen Bereichen höchste Qualitätsansprüche geltend macht. Die herrliche Bildkomposition in Allianz mit der herausragenden Musik sorgt für formvollendete Momente und am Ende wird eine Geschichte so minutiös aufgerollt, dass das Potenzial vollends ausgeschöpft wird, den Zuschauer zu begeistern und das tragische Thema nachhallen zu lassen. Filmkunst vom Feinsten!