DANA GHIA

Leinwandsternchen und verkannte Stars im Blickpunkt
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Prisma
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DANA GHIA

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DANA GHIA

[* 13. Juli 1932 | † 15. Januar 2024]

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Prisma hat geschrieben:
Die Italienerin Dana Ghia wurde im Jahr 1932 in Mailand geboren und verfolgte in jungen Jahren eine Karriere als Fotomodell, wurde später jedoch schnell zum Begriff als Sängerin, die wegen ihres modernen Darbietungsstils auf internationalen Tourneen gefeiert und geachtet wurde. Der Film entdeckte Ghia erst Mitte der 60er-Jahre und obwohl ihre Filmografie lediglich 28 Credits aufweist und ihre Rollen oftmals geringeren Umfangs waren, konnte sich durch das Platzieren in etlichen Publikumserfolgen auch hier einen Namen machen. Dana Ghia verfügt über eine besondere Präsenz, konnte ihre Rollen dementsprechend auch innerhalb marginaler Szenen nachhaltig und glaubwürdig ausfüllen und strukturieren. Mit bürgerlichem Namen als Felicita Ghia geboren, trat die Interpretin gelegentlich unter den weiteren Pseudonymen Ghia Arlen, Ghia Felicita oder Diana Madigan auf. Dana Ghia, über deren Privatleben nicht allzu viel bekannt ist, starb im hohen Alter von 91 Jahren im Jahr 2024.


Der Name Dana Ghia steht gleichbedeutend für eine besondere Art der Staffage in italienischen beziehungsweise europäischen Genre-Produktionen, in denen die Interpretin überwiegend kleinere Parts übernehmen sollte. Trotz dieser Einsätze mit vorwiegend übersichtlicher Screentime kamen nicht selten erinnerungswürdige Darbietungen dabei heraus, die insbesondere von Ghias größter Stärke, einer bemerkenswerten Präsenz in Verbindung mit einer zurückhaltend erscheinenden Aura, geprägt sind. Sie wirkt jedoch nie bedeutungslos. Die in Mailand geborene Schauspielerin mit dem bürgerlichen Namen Felicita Ghia, die sich zunächst als Sängerin und Fotomodell einen Namen über Achtungserfolge machen konnte, startete relativ spät ins Film-Business und deckte keine besondere oder ausschließliche Typisierung ab. In diesem Zusammenhang scheute sie sich auch nicht, unsympathische oder kalt wirkende Charaktere, aber beispielsweise auch Mordopfer zu interpretieren, quasi alles, was der zeitgenössische Film von seinen patenten Zubringerinnen erwartete. In den meisten ihrer Filme ist sie trotz ihrer oft marginalen Auftritte sehr prominent bis exponiert in Szene gesetzt, sodass es ein Leichtes ist, sie in lebhafter Erinnerung zu behalten. Ghias wandlungsfähiger Stil gibt ihr die Möglichkeiten, quasi von einer Dirne zur Dame werden zu können; ein Spektrum, in dem so gut wie alles von Frauen der gehobenen Gesellschaft über Saloon-Damen oder rätselhaften Einzelgängerinnen abgedeckt werden kann, die genauso hoheitsvoll wie borghese erscheinen können. So verkörpert die Blondine im italienischen Film mehrheitlich eine klassisch-reife Schönheit, sie bietet Vergangenheit und Abgründe aber auch Kalkül an, ebenso wie Dominanz und Schwäche. Sucht man jedoch nach ihrer markantesten oder vielleicht bekanntesten Rolle, kommt es zu Schwierigkeiten, schnell oder eindeutig fündig zu werden, da die tatsächlichen Besetzungen kaum linear wirken. Dana Ghia kann insgesamt als eine Art Allround-Talent bezeichnet werden, da sie jede noch so unterschiedliche Anforderung überraschend eindringlich meistert, was wiederum zu einem hohen Wiedererkennungswert führen kann, auch wenn ihre Filmografie lediglich 28 Produktionen ausweist, dies aber immerhin über einen gestreckten Zeitraum von beinahe 20 Jahren.

Im Rahmen zahlreicher durch sie vermittelter Eindrücke drängt sich allerdings am meisten auf, dass sie sich nicht gerne in die Karten schauen lässt. Wie in jeder Karriere bestätigen gewisse Ausnahmen allerdings die Regel. In ihrer bunten Filmografie von gut choreografierten Auftritten zeigen sich zwar breite Facetten und eine auffällige Anpassungsfähigkeit, aber kaum die Ambition, in der ganz großen Liga spielen zu wollen. Dies bezieht sich in erster Linie auf den Status eines Top-Stars, wenngleich Ghia zweifellos jede weibliche Hauptrolle hätte stemmen können. Interpretinnen wie sie staffieren viele Plots hochinteressant aus, sodass eben diese pointierten Auftritte wie kleine Happenings wirken. Rollen, die vollkommen auf die Bedürfnisse des Publikums abgestimmt wirken und etwas zwischen Ausstrahlung und Spektakel hergeben, können unter Umständen ebenso im Gedächtnis bleiben, wie die Darbietungen der ganz großen oder umfangreichen Parts. Rollentechnisch gesehen hat Dana Ghia im Rückblick den Vorteil, überwiegend wichtig für Plots oder Schlüsselszenen gewesen zu sein. Hier bieten sich manche Auftritte in Italowestern oder Giallo an, die wahrscheinlich auch am meisten mit ihrer Person in Verbindung gebracht werden dürften. Eine Typisierung der blonden Interpretin mag sich nicht gerade als leicht darstellen, immerhin wurden unterschiedlichste Anforderungen an sie gestellt. Nicht selten wirkt sie reserviert, hin und wieder sogar überheblich und nicht minder unnahbar, kann jedoch mit Leichtigkeit auf die Seite der Sympathieträgerin wechseln, falls es die Grundvoraussetzungen erfordern. Wie der anspruchsvollste Film mit ihr aussieht, oder welche Rolle unterm Strich ihre stärkste ist, kann einem somit nur das Fan-Herz beantworten. Bei er Betrachtung ihrer Karriere bleibt jedoch die Bandbreite und vor allem die Dosierung ihrer Screentime im Gedächtnis, die beinahe so wirkt, als warte man auf etwas Spannendes und ebenso Spektakuläres. Das filmische Schaffen der Italienerin durch- beziehungsweise aufzuarbeiten dürfte daher mehr als lohnenswert werden, die entsprechenden Produktionen und Geschichten erfahrungsgemäß auch. Da Wiedersehen dem Sprichwort nach Freude macht, dürfte dies sicherlich auch für die interessante Italienerin gelten, die bereits in den 80er-Jahren den Vorhang fallen ließ.

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Prisma
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● DANA GHIA als DIAMANTE in
DAS MESSER (I|D|1971)



Betrachtet man Dana Ghias Einsätze, ist eine Art Staffage-Karriere wahrzunehmen, die den italienisch geprägten Film ökonomisch, teils Aufsehen erregend aber vor allem diszipliniert und pointiert unterstützen konnte. Bei Duccio Tessaris "Das Messer" ist es zunächst nicht gelungen, der Produktion einen packenden deutschen Titel zu verpassen, sodass der Film nominell gesehen beinahe nichtssagend wirkt, auch ohne ihn überhaupt betrachtet zu haben. Außerdem besitzt der Francis Durbridge Dreiteiler desselben Jahres den gleichen Titel, Tessaris Film kam allerdings erst im Sommer 1972 in die Kinos. Glücklicherweise wird dies die einzige Klage auf hohem Niveau bleiben, denn die Regie bietet wie üblich ein Komplettangebot an, das keine Wünsche offen lässt. Schon der Vorspann ist ein visueller und akustischer Genuss, der seine Schauspieler vollmundig ankündigt, unter denen auch Dana Ghia zu finden ist, die in den Credits weit nach hinten gerückt ist, was tatsächlich dem geringen Umfang ihrer Rolle entspricht. Besonders geistreich erscheint die Tatsache, dass die wichtigen Personen des Verlaufs anschließend in kurzen bewegten Szenen mit ihren Filmnamen vorgestellt werden, in denen auch Diamante zu finden ist. Der aus dem Französisch stammende Name kann 1:1 ins Deutsche übersetzt werden und weist nach kurzen Intervallen auf die Ambivalenz dieser nach außen hin elegant und unnahbar wirkenden Frau hin, die zu Beginn in ihrer feudalen Villa zu sehen ist. Sie sitzt alleine am Kaffeetisch, der mit Tafelsilber so gedeckt ist, als ob sie ein Dutzend Gäste erwarte. Sie zündet sich gelangweilt eine Zigarette an und fängt an zu stricken, die Zeit setzt ihr offenbar schwer zu. Damit ist das knappe Kennenlernen der Mutter der jungen Hauptfigur der Geschichte bereits beendet und das Publikum muss über eine Stunde auf einen zweiten und finalen Auftritt warten. Obwohl diese kurze Szene mit der namentlichen Vorstellung Ghias nonverbal vonstattengeht, sagt er doch einiges über sie aus, die sich offenbar ausschließlich in der besseren Gesellschaft bewegt. Diamante trägt eine Maske, die sie, wie sich zeigen wird, nie abnimmt, höchstwahrscheinlich nicht abnehmen kann. Ihre blasierte und kühle Ausstrahlung macht einsam; ein Preis, den sie bereit ist zu zahlen, da der Luxus über viele Entbehrungen im Rahmen der Zwischenmenschlichkeit hinwegtröstet. Zumindest scheint es so.

Dana Ghia sieht hier blendend aus, sie wirkt wie ein Teil der geschmackvoll gewählten Kulissen und Details, wie ein Dekor, sodass man beinahe von einer Art der lebendigen Architektur sprechen könnte, doch die Frau wirkt resigniert. Des Weiteren handelt es sich bei der wandlungsfähigen Interpretin um eine optimale Wahl für die Mutter Giorgios, was sich nicht zuletzt auf ihr Erscheinungsbild und das Helmut Bergers bezieht. Die beiden haben eine gemeinsame Szene, was wortwörtlich zu nehmen ist. Diamante bekommt eine der wohl üblichen Szenen gemacht, ihre Empörung ist erneut groß, zumal zwei völlig unterschiedliche Weltbilder und gesellschaftliche Paralleluniversen aufeinandertreffen. Der Tisch ist reichlich gedeckt, der Raum gleicht einem Salon eines Schlosses. Mutter und Sohn sitzen an der großen Tafel weit auseinander, sie haben sich nichts zu sagen, obendrein wissen sie nichts voneinander und können nicht das Geringste miteinander anfangen. Diamante fragt ihren Sohn, wie die Schule läuft, er erwidert mit gereiztem Unterton, dass er diese bereits vor zwei Jahren beendet habe. Sie reagiert nicht auf seine Provokationen, von denen sich Giorgio eine andere Gefühlsregung als die eines Eisblocks erhofft. Dana Ghia spielt die Karten der Arroganz und Gleichgültigkeit klassisch aus, allerdings fürchtet sie sich dennoch vor Quertreibern, die sich nicht so oft oder täglich sieht wie ihren Coiffeur oder das Dienstmädchen. Ihren Sohn kann sie nicht leugnen aber ebenso wenig fassen, ihrer Ansicht nach könnte er genauso gut aus dem Proletariat stammen, mit dem Diamante nichts zu tun hat, zumal sie sich über andere zu erheben scheint. Dana Ghias Vorstellung gehrt in weniger als zwei Minuten treffsicher und punktgenau vonstatten, für das Publikum reicht diese kurze Zeit, um einen vagen Begriff davon zu bekommen, warum Giorgio ist, wie er ist. Landläufig werden derartig kurze Auftritte wie der von Ghia als unbedeutend und irrelevant abqualifiziert, doch hinter ihm steckt wesentlich mehr, als nur Beiwerk, das sie jedoch im Film darzustellen hat. So hält selbst dieses kurze Intervall nach über einer Stunde einen kleinen Schlüssel für das Szenario bereit, den Dana Ghia ohne Zögern an das Publikum weiterreicht, um sich wie üblich wieder schnell zu verabschieden. Am Ende handelt es sich um einen sehr interessanten Schlagabtausch ohne wirklichen Gegner, da sich Diamante wie üblich verweigert und nicht aus dem goldenen Käfig locken lässt.

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