ABSCHIED VON DEN WOLKEN - Gottfried Reinhardt

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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ABSCHIED VON DEN WOLKEN - Gottfried Reinhardt

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O. W. Fischer   Sonja Ziemann   Peter van Eyck

ABSCHIED VON DEN WOLKEN


● ABSCHIED VON DEN WOLKEN / ABSCHIED DER GÖTTER (D|1959)
mit Christian Wolff, Paul Dahlke, Chariklia Baxevanos, Cora Roberts, Günther Pfitzmann, Erica Beer, Olga Plüss, Silvia Reinhardt, Paul Esser,
Leon Askin, Friedrich Schoenfelder, Hans W. Hamacher, Werner Buttler, Wolfgang Völz, Werner Stock und Linda Christian sowie Horst Frank
eine Produktion der cCc Filmkunst | im Verleih Deutsche Film Hansa
ein Film von Gottfried Reinhardt

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»Wie hoch müsste man eigentlich fliegen, bis einen die Politik nicht mehr verfolgt?«


Der in irgendeiner "Bananenrepublik" zum Tode verurteilte Abenteurer Peter van Houten (O. W. Fischer) entgeht im letzten Moment seiner Exekution durch ein Erschießungskommando und wird abgeschoben. Zu diesem Zweck wurde eine zivile Passagiermaschine zum dortigen Landen genötigt, obwohl sich der Flugkapitän Pink Roberti (Peter van Eyck) dagegen gewehrt hatte. Die Reise geht weiter nach Bermuda, doch die Turbulenzen sind noch lange nicht überstanden. An Bord befinden sich nämlich Kriminelle, die die Maschine zu einer weiteren Kursänderung zwingen willen. Die Crew versucht derweil alles, um die aufgebrachten und verängstigten Passagiere zu beruhigen …

Filme des österreichisch-amerikanischen Regisseurs und Filmproduzenten Gottfried Reinhardt warten nicht selten mit einer Riege an Top-Stars internationalen Formats auf, was sicherlich an seiner Hollywood-Erfahrung liegen mag. Seine deutschen Produktionen gelten landläufig beziehungsweise in der Regel als an das temporäre Zuschauerinteresse angepasst, was sich jedoch bei gezielten Blicken auf seine Werkschau nicht immer bewahrheiten will. Reinhardts meiste deutsche Beiträge bieten eher eine gut ausbalancierte Melange aus Überraschungen auf sicherem Terrain an, was das Anschauen pauschal sehenswert macht. Der Titel "Abschied von den Wolken" mag zunächst etwas sentimental klingen und auf weichgespülte Inhalte hinweisen, die hier auch ohne jeden Zweifel zu finden sind, allerdings kann das thematische, hier gut miteinander verstrickte Mehrfachangebot überzeugen. Zunächst ist der Abenteurer Peter van Houten bei Zwangsarbeiten zu sehen und offensichtlich konnte man ihm seine augenzwinkernde Einstellung zum Leben auch nicht mit der Peitsche austreiben. Anstatt eines Erschießungskommandos wartet das Vakuum Flugzeug auf ihn, in welchem noch ganz andere Gefahren lauern werden, als er wohl gewöhnt ist. Sein Aufpasser, übrigens dargestellt von dem immer gerne gesehenen Werner Buttler, dessen Karriere sich wenige Jahre später ohne Spur verliert, scheint heilfroh zu sein, dass der aufmüpfige Herr endlich abgeschoben wird. Wohin ist völlig gleich. Im Flugzeug selbst werden unterschiedlichste Personen und Konstellationen vorgestellt, die alles zwischen Humor und Gefahr abdecken werden. Die Fluggäste reagieren misstrauisch auf den Passagier ohne Ticket, vor allem weil sie zu einem unerwarteten Zwischenstopp gezwungen wurden. Der Flugkapitän untersucht ihn daher erst einmal auf Waffen, bis der Flug wie gehabt weitergehen kann. So heißt es zumindest. Die Crew besteht nicht nur aus Top-Leuten der Luftfahrt, sondern dasselbe gilt für die Interpreten, unter denen vor allem Sonja Ziemann und Peter van Eyck herausstechen. Viele bekannte und renommierte Beteiligte werden im insgesamt zugunsten der noch vor dem Titel genannten Schauspieler untergeordnet und kommen in einzelnen Fällen leider zu kurz.

Zunächst gehört das Szenario O. W. Fischer. Er darf sich als ungehobelt, vorlaut und überaus aufdringlich in den engen Raum stellen, jedoch scheint der Österreicher vollkommen in seinem Element zu sein, da ihm das Szenario von der Regie exklusiv überlassen wird. Das Innere der Maschine ist kaum mit weniger Konflikten gefüllt, als das enge Cockpit, denn Zwischenmenschlichkeit inklusive Eifersüchteleien bekommen eine signifikante, um nicht zu sagen, brodelnde Bühne eingeräumt. Im Fokus steht die Flugbegleiterin Carla, die gute Seele eines jeden Fluges, die sowohl vom verheirateten Chef-Piloten, als auch Co-Piloten begehrt wird. Schließlich geht es soweit, dass der eine sich über seine beruflichen Kompetenzen zu profilieren versucht, was für ihn gleichseitig die attraktivere Wahl ausmacht. Gute Interpreten wie Sonja Ziemann, Horst Frank, Linda Christian, Christian Wolff, Paul Dahlke, Erika Beer, Friedrich Schoenfelder oder Cora Roberts tun alles, um Haupthandlung und jegliche Nebenhandlung am Leben und interessant zu halten, sodass es zu Tragik, Konfrontation, Witz, Charme und Resignation kommen kann. Die Geschichte an sich wirkt nicht immer wahrscheinlich und stellenweise wie aus einer naiven bis zynischen Traumfabrik, allerdings kann dieses Konglomerat, bestehend aus allen möglichen thematischen Stellschrauben, überzeugen und vor allem unterhalten. Visuell gesehen bekommt man gute Akzente im Rahmen des Möglichen geboten, wenngleich die Voraussetzungen aufgrund der begrenzten Kulissen sehr übersichtlich bleiben. Regisseur Reinhardt setzt im weiteren Verlauf auf zahlreiche Überraschungen, die im Sinne der Unterhaltung gut ankommen. Extern geschaffene Turbulenzen und übliche Einfälle, die katastrophal enden könnten, sorgen für ein gutes, wenn auch längst da gewesenes Maß an Spannung, auch, dass eine bestimmte Person nicht so heldenhaft reagiert, wie in Tausend Filmen zuvor, lässt zumindest aufhorchen. Dies alles ist vielleicht hauptsächlich der Unberechenbarkeit eines O. W. Fischer zuzuschreiben und weniger dem Einfallsreichtum der Regie, auch wenn "Abschied von den Wolken" aufgrund der breiteren thematischen Aufstellung doch mehr zu bieten hat, als einige vergleichbare Filme, die sehenden Auges auf eine Katastrophe zusteuern.

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