● DAS RÄTSEL DES SILBERNEN DREIECK / CIRCUS OF FEAR (D|GB|1965/66)
mit Leo Genn, Christopher Lee, Heinz Drache, Suzy Kendall, Anthony Newlands, Klaus Kinski, Maurice Kaufmann,
Margaret Lee, Lawrence James, Skip Martin, Victor Maddern, Henry Longhurst sowie Cecil Parker und Eddi Arent
eine Produkrion der Constantin Film | Proudweeks Films | im Constantin Filmverleih
ein Film von John Llewellyn Moxey
Die seinerzeit immer noch gut laufende Wallace-Reihe brachte es immer wieder auf Ableger, die mit Großbritannien koproduziert wurden, wenngleich dies nicht für die Rialto Film gilt, die bis zu diesem Film mit "Das Geheimnis der gelben Narzissen" und "Das Verrätertor" erst zwei derartige Kollaborationen vorzuweisen hatte. Diese länderübergreifenden Allianzen kamen in diesen Fällen wahrscheinlich vordergründig zustande, um vereinfacht an nicht kontinentalen Originalschauplätzen drehen zu können, was hier komplett der Fall war. Nimmt man noch die Abenteuer-Beiträge "Todestrommeln am großen Fluss" und "Sanders und das Schiff des Todes" in diese Riege auf, so glänzen diese deutsch-britischen Gemeinschaftsproduktionen, mit Ausnahme von "Das Geheimnis der gelben Narzissen", nicht gerade durch eklatant hohe Zuschauerzahlen. John Llewellyn Moxeys Beitrag fällt in dieser Gruppe ebenfalls ab, lockte er seinerzeit doch nur noch 1 Million Zuschauer in die bundesdeutschen Kinos. Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Produktion nicht von den bislang bekannten Wallace-Adaptionen, denn es geht um Mörderraten und Spannung - wie man es eben gewöhnt war. Erste Abstriche zeigen sich bei der Besetzungsliste und innerhalb des Stabes, was daran liegt, dass der Streifen von dem englischen Produzenten Harry Alan Towers finanziert wurde. Der für die Reihe von Beginn an federführende Großverleih Constantin Film beteiligte sich mit der Summe von 500.000 DM und konnte den Starttermin in der Bundesrepublik koordinieren, und somit mögliche Doppel-Terminierungen mit anderen Wallace-Filmen zu vermeiden. In Deutschland wurde "Das Rätsel des silbernen Dreieck" ohne Genitiv-S und als Schwarzweißfilm verliehen, in Großbritannien unter dem Titel "Circus of Fear", welcher spannender und letztlich auch treffsicherer wirkt. Bei der Wahl des deutschen Titels blieb man der Strategie der handelsüblichen Titelvergaben allerdings treu.
John Llewellyn Moxey inszeniert eine zunächst sehr klassische Kriminalgeschichte, die sich mit einem minutiös durchgeplanten Raub von Banknoten befasst, die zur Vernichtung freigegeben wurden. Die Gangster rechneten offenbar mit allem, doch nicht mit massiven Komplikationen, die die gesamte Operation ins Wanken bringen, den weiteren Verlauf aber auch überaus spannend und originell färben können, da sich das Publikum plötzlich in einem Zirkus wiederfindet, was für einen Wallace-Film zum beispiellosen Ambiente wird, auch wenn einige Artisten- und Publikumsszenen aus Sidney Hayers "Der Rote Schatten" stammen. Bevor man sich allerdings dort einfinden kann, kommt es zum ersten Mord, der sehr atmosphärisch eingefangen ist. So rückt die Thematik rund um die verschwundene Millionen-Beute scheinbar in die zweite Reihe, erfährt durch den Messermörder allerdings eine sehr gute Verbindung, sodass sich der Weg folgerichtig in Barberinis Zirkus bahnt. Kriminalfälle, die sich den Mut und gleichzeitig Luxus erlauben, alles andere als reibungslos zu verlaufen, stahlen einen besonderen Reiz aus, da sie eine nervöse Eigendynamik und zahlreiche Überraschungsmomente versprechen. Es geht um Geld, um viel Geld, welches im Übrigen auch noch behördlich registriert ist und Scotland Yard nervös werden lässt - außerdem hat es sogar schon für einen perfiden Mord gereicht. Die besondere Atmosphäre kommt aufgrund der Serienmord-Thematik und des damit verbundenen Markenzeichens in Form des silbernen Dreiecks auf, in Verbindung mit Moxeys sicherer Inszenierung. Im deutschen Vorspann wird als Regisseur übrigens Werner Jacobs genannt, allerdings fungierte der Berliner lediglich als Regie-Koordinator. "Das Rätsel des silbernen Dreieck" gehört insgesamt eher zu den unterschätzten Beiträgen der Reihe, obwohl er nicht im Wesentlichen aus dieser fällt, sprich, über die typischen Charakteristika verfügt, die in all den Jahren eine beachtliche Fangemeinde rekrutieren konnten.
Dies gilt sicherlich auch für die Stars der buchstäblichen Manege, die hier allerdings spärlicher als sonst zu finden sind. Von deutscher Seite sind Heinz Drache, Klaus Kinski und Eddi Arent zu sehen, die sich bislang in jeder Beziehung in der langjährigen Serie verdient gemacht hatten, außerdem noch Christopher Lee in seinem dritten und letzten Auftritt. Ansonsten ist der Rest der Crew sicherlich alles andere als unbekannt, allerdings vermisst man die starken Zugpferde oder verlässlichen Zubringer, die ansonsten in den Geschichten zur Ausstattung gehörten. Lässt man dieses obligatorische Verlangen beiseite und obendrein auf die teils exzellenten Darbietungen des Cast ein, fährt man mit diesem Beitrag ebenso gut wie mit den anderen Filmen, die womöglich rein deutsche Produktionen waren. Andere Länder - andere Sitten: Dies schlägt sich bereits bei den Anordnungen der Interpreten durch, denn in der deutschen Version ist alles wie gehabt geregelt und eigentliche Hauptrollen wurden kurzerhand nach hinten durchgereicht. In der englischen Version sieht das Anordnungs-Roulette etwas anders aus und der Vorspann verweist stolz auf tatsächliche Hauptdarsteller und Star-Gäste. In dieser Produktion teilen sich Leo Genn und Heinz Drache die Hauptrollen und präsentieren ein Muster, dass es bereits in vorigen Filmen gegeben hatte. Der Ermittler und eine Art Hobby-Detektiv, beziehungsweise persönlich Betroffener, bilden eine gut bekömmliche Allianz bezüglich wichtiger Erhebungen, grenzen sich dennoch durch Kontraste in ihren Wesen ab. Während Leo Genn einen Ermittler anbietet, der wie aus dem Bilderbuch wirkt, bringt Heinz Drache Temperament und Impulsivität mit in die Manege, was sich zum größten Teil über die Ruhe und Besonnenheit Inspektor Elliotts definiert. Der englische Schauspieler bietet dabei eine Figur an, die es bislang nicht oft in den Wallace-Filmen zu sehen gab, was jedoch zu einer sehr klassischen Note führt, die man deswegen als beinahe eigenwillig interpretieren will.
Heinz Drache ist vielleicht in einer seiner besten Wallace-Rollen zu sehen, die viel mehr als Routine und Anforderung darstellt, und bei der es sogar gelingt, ihm glaubhaft eine Partnerin auf den Leib zu schneidern, die dieses Mal nicht unpassend wirkt, zumal Suzy Kendalls Modus der Zurückhaltung und ihr unkritisches Wesen eine hohe Anpassungsfähigkeit beweisen. Heinz Drache ist hier vom Duft der Vergangenheit umgeben, der sich dem Zuschauer zunähst wie ein zäher Nebel präsentiert und nur Auskunft darüber erteilt, dass Carl etwas zu verbergen hat. So wirkt er getrieben und rastlos, anscheinend immer auf der Suche nach belastbaren Beweisen oder entscheidenden Puzzlestückchen, die auch die Neugierde des Zuschauers stillen würden. Bis man allerdings zu wichtigen Erkenntnissen kommt, wird nicht nur die komplette Zirkus-Crew vorgestellt, sondern auch allerlei Komplikationen und Spannungen untereinander, sowie die sichere Hand des Mörders, der sich ganz offensichtlich in diesem bunten Umfeld verbirgt und verzweifelt nach der abhanden gekommenen Beute sucht. Nur der Zuschauer wird Komplize des unglücklichen Finders und schaut gespannt auf die Verstrickungen der betont verschiedenen, hin und wieder sogar eindimensional wirkenden und agierenden Charaktere. Zu nennen sind hier etwa Cecil Parker, Klaus Kinski, Eddi Arent, Suzy Kendall, Margaret Lee, Maurice Kaufman, Skip Martin oder Christopher Lee, die jedoch in teils erstaunlicher Art und Weise für erinnerungswürdige Interpretationen sorgen und den unumstößlichen Eindruck vermitteln, dass sie wichtige Bausteine der Story darstellen. Eine besonders stichhaltige Leistung bietet noch Anthony Newlands als Zirkusdirektor Barberini, bei dem man sich lange nicht entscheiden kann, wo er eigentlich steht. "Das Rätsel des silbernen Dreieck" verfügt bis in die kleinsten Rollen über eine Spitzen-Besetzung, die sich der Anforderung entsprechend anpasst, ohne sich dabei unglaubwürdig verbiegen zu müssen.
Die Unübersichtlichkeit des Ambientes Zirkus erschwert diese Suche nach der Wahrheit für alle Beteiligten erheblich und oftmals scheinen sich selbst Personen nicht zu kennen, die sich offenbar bereits jahrelang kennen, was allerdings dafür sorgt, dass sich jedes einzelne angebotene Fragment nach und nach für das Publikum ordnet. Vorteil dieser Geschichte, deren Drehbuch von Peter Welbeck alias Harry Alan Towers erarbeitet wurde, ist der klare Aufbau, der zwar nicht immer aus Wahrscheinlichkeiten konstruiert ist, aber aufgrund der stilsicheren Inszenierung und der authentischen Bilder und Situationen überzeugen kann. Bereits der erste Tote läutet ein, dass man es ausschließlich mit Komplikationen und Problemen zu tun bekommen dürfte und erfährt, dass ein brillanter Messerwerfer zwar kriminelles Potenzial besitzen kann, aber kein Meisterverbrecher sein muss. Zutaten wie Erpressung, Unterdrückung, Rachegefühle und Nötigung tun das Übrige dazu und beschleunigen diesen in wahlweise bunten oder schwarzweißen Bildern eingefangenen Beitrag. Die Tatsache, dass der Haupttäter der Geschichte empfindlichst getroffen wurde, verschärft den Eindruck der latenten Gefahr für beinahe alle Personen, da der Mörder die Strippen längst nicht mehr selbst in Händen hält. Interessant ist, dass dieses Phantom innerhalb der sich anbahnenden Abwärtsspirale immer aggressiver zu werden scheint, was sich in ungewöhnlich brutal ausgeschmückten Tötungsszenen entlädt. Unterstützt durch Johnny Douglas' eingängige Musik, kommt in den richtigen Momenten Gänsehaut-Flair auf. In der deutschen Version ist übrigens Raimund Rosenbergers Track aus "Das siebente Opfer" als Vorspannmusik zu hören, die ebenfalls Vorzüge besitzt. Insgesamt handelt es sich bei "Das Rätsel des silbernen Dreieck" um einen Film der Kontraste, was nicht zuletzt an der möglichen Wahl der jeweiligen Version liegt, aber auch um einen Beitrag, der die Tradition hervorragender Krimi-Unterhaltung selbstbewusst fortführt.