EVA RENZI
[* 03 November 1944 | † 16. August 2005]
Im Jahr 1967 heiratete sie ihren 27 Jahre älteren Schweizer Schauspiel-Kollegen Paul Hubschmid, der Eva Renzis 1964 geborene Tochter Anouschka adoptierte, die ebenfalls Schauspielerin ist. Die Ehe mit Hubschmid wurde im Jahr 1980 wieder geschieden. Von Beginn an erfuhr die Interpretin ein immenses Medieninteresse, welches sie oft suchte und schlussendlich auch bediente. 1973 absolvierte sie beispielsweise eine einjährige Indienreise, und als sie ihre Erfahrungsberichte bei der Bhagwan-Sekte Ende der 70er-Jahre veröffentlichte, dabei schwere Vorwürfe und Anschuldigungen erhob, sich anschließend sogar weitgehend aus dem Beruf zurückzog, sorgte sie für großes Aufsehen. Bei den Bad Hersfelder Festspielen im Jahr 1983 provozierte sie einen Eklat, als sie den Schirmherren und damaligen Bundespräsidenten Carstens öffentlich beleidigt haben soll. In Interviews kristallisierte sich nicht selten heraus, dass sich Renzi selbst als Medienopfer angesehen hat, was vermutlich auch ihre unbändige Gegenwehr und unangepasste Reaktionen provozierte. Dies alles hört sich im Endeffekt nach einer sehr turbulenten Karriere an, die es allem Anschein nach auch gewesen sein muss, doch leider sind ihre Auftritte in Film und Fernsehen vergleichsweise rar gesät, da dem Anschein nach andere Prioritäten gesetzt wurden. Betrachtet man Eva Renzis Wesen, so sollte vielleicht nicht voreilig davon gesprochen werden, dass ziemlich viel in diesem filmischen Werdegang verschenkt wurde. Eher sollte reflektiert werden, dass die Rahmenbedingungen meistens nicht gestimmt haben und sie definitiv ihren eigenen Lebensplan hatte, der oft nicht mit (gesellschaftlichen) Konventionen unter einen Hut zu bringen war. Ein Angebot bei "James Bond" schlug sie dem Vernehmen nach ohne groß zu zögern aus, und auch über tatsächliche Partizipationen gab es von ihr selbst äußerst kritische, teils abwertende Stimmen. Es bleiben glücklicherweise ihre Auftritte in Film- und Fernsehproduktionen, an die man sich gerne erinnert, da Eva Renzis Kompetenzen stets beeindruckend und erfrischend sind.
Das erste bewusste Wahrnehmen von Eva Renzi erfolgte bei mir in Dario Argentos "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe", eine Kreation, die gleich im ersten Moment eine kleine Sensation darstellte. Dies ist nicht nur auf den Aufbau dieser packenden Schlüsselrolle bezogen, sondern vor allem auf das überaus faszinierende Gesamtbild und die damit verbundene, beinahe magischen Aura. Die hochgewachsene, oftmals zaghaft agierende und nahezu traurig wirkende Berlinerin hat sich dem Empfinden nach stets dagegen aufgelehnt, in Rollen-Schubladen zu verschwinden, wenngleich diese Tendenz doch zu Beginn ihres Schaffens geebnet wurde. Gefragt auf internationalem Parkett und manchmal berüchtigt auf nationaler Ebene, scheute sie sich im letzten Drittel ihrer Karriere nicht, zurück zu den Wurzeln zu kehren. Starke, moderne, unkonventionelle und selbstbewusste Frauen sollten ihre Domäne werden und es lassen sich häufig etwas oppositionelle Tendenzen in ihrer Art herausfiltern. Die Sprache ihrer tiefen Augen kann als inoffizielles Markenzeichen empfunden werden, genau wie die Färbung ihrer unverwechselbaren, sanften und immer reifer werdenden Stimme. Es sollten noch einige Filme und TV-Auftritte mit ihr folgen, und grundsätzlich lässt sich sagen, dass Eva Renzi immer auf gleich hohem Niveau interpretieren konnte, egal ob die jeweilige Produktion hochwertig oder belanglos war. So blickt man auf eine Frau mit Verve, die sich nie nur auf ihrer Schönheit ausruhen wollte, sondern das Publikum auf anderen, vielleicht sogar höheren Ebenen erreichen wollte. Eva Renzi wirkt als Schauspielerin und als Frau unberechenbar, manchmal vielleicht sogar bestimmend. Ihr Temperament fand oft einen ambivalenten Einsatz, um in vermeintlich sicheren oder unscheinbaren Momenten hochzukochen. Eva Renzi ist und bleibt eine der Ausnahmeerscheinungen und Lichtgestalten des internationalen und nationalen Kinos und behauptet ihren festen Platz im persönlichen Olymp der aufregendsten Schauspielerinnen, die mit spontanem Darbietungsstil und Intuition stets eine perfekte Mischung offeriert hat.