● DER HUND VON BLACKWOOD CASTLE (D|1967)
mit Heinz Drache, Karin Baal, Siegfried Schürenberg, Mady Rahl, Ilse Pagé, Agnes Windeck, Hans Söhnker, Uta Levka,
Alexander Engel, Tilo von Berlepsch, Arthur Binder, Otto Stern, Harry Wüstenhagen, Rainer Brandt und Horst Tappert
ein Rialto Film Preben Philipsen | im Constantin Filmverleih
ein Film von Alfred Vohrer
"Der Hund von Blackwood Castle" markiert den Jubiläumsfilm aus dem Hause Rialto Film und seitens der Verantwortlichen setzte man sicherlich große Hoffnungen auf diese 25. Produktion der Berliner Produktionsfirma. Trotz des zugträchtigen Titels brachte es Vohrer angeblich nur auf enttäuschende 1,2 Millionen Kinobesucher und blieb somit deutlich hinter den Erwartungen zurück, was im Vergleich zur Konkurrenz vielleicht weniger nachvollziehbar erscheint, denn immerhin inszenierte Alfred Vohrer nicht wesentlich anders als seinen anderen Beiträgen, und auch die Story gibt nicht mehr oder weniger her als Artgenossen. So würde "Der Hund von Blackwood Castle" im internen Vergleich der achtunddreißigteiligen Wallace-Reihe schließlich nur auf einem schwachen 31. Platz rangieren, was zumindest unter atmosphärischen Aspekten ein bisschen verwunderlich wirkt. Daher ist es wahrscheinlicher, dass die Zahlen ungenau sind. Das Publikum bekommt einige Modifikationen im obligatorischen Grundgerüst geboten, denn es fehlt beispielsweise ein klassische ermittelnder Inspektor, sodass es zu einer eher unorthodoxen aber nicht minder originellen Erweiterung des Ermittler-Teams kommt, da Sir John alias Siegfried Schürenberg und Ilse Pagé als dessen Sekretärin selbst in die Bresche springen, um diesen nebulösen Fall von hinten aufzurollen und schließlich zu lösen. Ob diese Strategie irgendeiner Wahrscheinlichkeit entsprechen könnte, wird aufgrund des punktgenauen Zusammenspiels erst gar nicht hinterfragt. Für verklärte Wallace-Romantik und erhebliche nostalgische Anflüge erscheint in diesem Zusammenhang kaum Platz zu sein, da kein "L'amour toujours" zwischen ermittelnder Figur und bedrohter Schönheit zustande kommt, was die Besetzung mit Heinz Drache auch erst gar nicht hergeben möchte. Hierbei handelte es sich allerdings um eine Sache der Gewöhnung und nicht der essentiellen Inhalte um eine derartige Geschichte gewinnbringend voranzutreiben.
Woran also mag es gelegen haben, dass der Film nicht eine Million Zuschauer mehr hatte, oder zumindest Hunderttausende mehr als der Vorgänger oder die folgende Produktion? Orientiert man sich an den zugrunde liegenden Zahlen bildet "Der Hund von Blackwood Castle" unter allen von Alfred Vohrer inszenierten Wallace-Produktionen das ökonomische Schlusslicht, stellt aber längst nicht das experimentellste Werk dar oder gar das am wenigsten gelungene. Man findet viele Elemente, die die Reihe groß gemacht haben - Nervenkitzel, das empfindliche Spiel mit Urängsten, temporär platzierter Humor und blutrünstige Titelrollen, sprich: relative Selbstläufer. Am Ende hat Alfred Vohrer hier sozusagen alle Fehler richtig gemacht und man kann diesem Beitrag nichts Negatives oder Unwahrscheinlichkeiten vorwerfen, denn er ist der hauseigenen Konkurrenz ebenbürtig. Die Regie bedient sich zahlreicher Stellschrauben , die vor allem leichten Thrill und Grusel in Gang setzen. Im Endeffekt hat man es nicht zuletzt der Schauplätze und Sets wegen mit einem der vielleicht atmosphärischsten Wallace-Beiträge der Farb-Ära - neben "Die blaue Hand" - zu tun. Dieses typische und meist obligatorische Feeling oder vielmehr Flair hat sich über die Jahre gesehen ganz selbstverständlich etablieren können, was sich lediglich durch unterschiedliche Nuancen verschiedener Regisseure unterscheidet. Das Spiel mit gefährlicher Nähe und relativierender Distanz, aufklärendem Licht und verschleierndem Dunkel, vertrauenswürdigen Charakteren und dubiosen Gestalten; all das trägt zu einer Dichte bei, die der Film alleine schon anhand seines Titels zu versprechen versucht. Ein von der Requisite und den Bauherren nach Vohrers speziellem Gusto hergerichtetes Schloss nebst tödlicher Moorlandschaft und zähnefletschender Bestie sorgt für einen permanenten, beziehungsweise pauschalen Spannungsbogen, sodass ein paar wenige schläfrige Intervalle nicht weiter schwer ins Gewicht fallen.
Wie so oft hat man nicht lange auf Leichen zu warten und ein toter namens Kapitän Wilson macht den Anfang im Off, bis die geldgierigen Ratten aus ihren Löchern kriechen, doch der Tod lauert über all in verlässlicher Art und Weise. Die Geschichte um eine seit geraumer Zeit verschwundenen Juwelensammlung entwickelt sich nach und nach zu einem bizarren Rache-Roulette, die nicht ohne eine gewisse Vorhersehbarkeit auskommt, von der Vohrer jedoch nach Art des Hauses abzulenken versucht. Die roten Fäden nehmen erneut zahlreiche Wallace-Veteranen in die Hand, die vor allem bei den Hauptrollen für eine verlässliche Wiedersehensfreude sorgen. Heinz Drache ist in seinem achten und letzten Auftritt zu sehen, dieses Mal jedoch in einer bemüht dubiosen Fasson. Er wirkt wie der permanent ungebetene Gast, der stets am falschen, also richtigen Ort zu sein scheint. Der Zuschauer identifiziert Humphrey Connery deswegen als Figur neben dem Schachbrett, die den kriminellen und subversiven Elementen - deren Namen und Gesichter von vorne herein bekannt sind - äußerst gefährlich werden könnte. Mit der attraktiven Karin Baal in ihrer dritten innerhalb der Serie entstehen sehr intensive Sequenzen, aber keinerlei Berührungspunkten zur männlichen Hauptrolle, die ein klassischer Einzelgänger bleibt, auch wenn es mal anders scheinen mag. Jane Wilson erbt zu ihrer Überraschung Blackwood Castle, da sie mit ihrem verstorbenen Vater seit Jahren nichts zu tun hatte und mit ihrer verruchten Mutter schon dreimal nicht. In diesem Zusammenhang wird man noch eines von Mady Rahls Kabinettstückchen als Dame von Halbwelt geboten bekommen. So geben sich die Stars die Klinke in die Hand und fallen durch eine besondere Spiellaune auf, da Vohrer ein markantes Augenzwinkern in der Geschichte etabliert, an dem keiner vorbeikommt. Allerdings lassen sich auch wahrhaftige Experten für einen gut ausbalancierten Humor finden, die wie meistens keine Unbekannten darstellen.
Allen voran ist das Duo Siegfried Schürenberg und Ilse Pagé zu nennen, die selbst ermitteln, da kein Inspektor frei sei. Weniger verwundert über diesen wohl unmöglichen Umstand, erfreut man sich einer Dynamik und Spiellaune zwischen den beiden, die den Film nachhaltig prägt. Erstaunlich ist ohnehin, dass so gut wie alle Schauspieler mehrere Sparten abzudecken haben und dies auch gut gelingt. So ist Agnes Windeck erneut in ihrem Element als schrullige Dame zu sehen, die ihren Kollegen Alexander Engel und Tilo von Berlepsch ordentlich einzuheizen weiß. Weitere ansprechende Leistungen bekommt man beispielsweise von der wie immer aparten Uta Levka, einem grundsoliden Horst Tappert, einem überraschend stichhaltigen Arthur Binder oder Hans Söhnker geboten, den man sicherlich gerne häufige in der Reihe gesehen hätte. Überhaupt ist die Szenerie mit sehr guten und überzeugenden Interpreten ausstaffiert worden, die bis in die kleinsten Nebenrollen auszumachen sind. Wo viele Interpreten anwesend sind, fordert die Geschichte meistens auch zahlreiche Opfer, sodass sich die Reihen lichten, genau wie der grassierende Nebel, der sich um die Wahrheit hüllt. Zu finden sind zwar viele hinterfragungswürdige Inhalte, die dieser nicht immer todernst angelegten Marschrichtung am Ende aber zuträglich sind. Unterlegt mit einer Musik von Peter Thomas, die ihre Stärken in der intervallartigen Untermalung und nicht beim Hauptthema entfalten, kommt die erforderliche Atmosphäre und Drive auf. Entstanden in deiner von Regisseur Alfred Vohrer dominierten Phase, entstand mit "Der Hund von Blackwood Castle" vielleicht einer der Farbfilm-Klassiker. Das Gezeigte ist und bleibt sicherlich eine Angelegenheit der Erstansicht, da sich die entscheidenden überraschenden Momente in Alfred Vohrers bereits elftem Wallace-Beitrag dann besonders gut entfalten werden. Ansonsten bleibt ein immer wieder gerne gesehenes Krimi-Vergnügen, versehen mit der unbändigen Lust, nicht ganz ernst genommen zu werden.