DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR - Harald Reinl

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Maulwurf
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Registriert: Fr., 20.11.2020 05:39

DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR - Harald Reinl

Beitrag von Maulwurf »

Der Würger von Schloss Blackmoor
Der Würger von Schloss Blackmoor
Deutschland 1963
Regie: Harald Reinl
Karin Dor, Harry Riebauer, Rudolf Fernau, Hans Nielsen, Dieter Eppler, Hans Reiser, Richard Häussler, Ingmar Zeisberg, Walter Giller, Peter Nestler, Gerhard Hartig, Albert Bessler


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OFDB

Nach langem Dienst für die Krone in Südafrika steht Lucius Clark nun die Adelung ins Haus: SIR Lucius Clark. Er platzt fast vor Stolz, und weil ein Ritter seiner Majestät der Königin keine schmutzigen Schulden haben darf, ist Sir Lucius bereit, seine Verbindlichkeiten an den schmierigen Nachtclubbesitzer Tavish zurückzuzahlen, und zwar in Form von Rohdiamanten. Rohdiamanten, die er seinem damaligen Partner Mannings gestohlen, und diesen dann ermordet hat. Doch ein Mensch weiß offensichtlich von dieser Tat, und droht Sir Lucius mit dem Tode. Zuerst muss der Aufseher des Schlosses dran glauben, und dann der Bote, der die Diamanten nach London bringen soll. Tavish geht davon aus, dass Sir Lucius ihn bescheißen will, und Sir Lucius selber bekommt es zunehmend mit der Angst zu tun. Jeder in seinem Umfeld könnte der Würger sein. Jeder! JEDER!!

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Wenn man die frühen Edgar Wallace-Filme der Rialto ein paar mal gesehen hat, dann sind auch die anderen Filme aus dieser Zeit, die sich an den Erfolg der Rialto anhängen wollten, ein wenig wie Nachhausekommen: Ein habgieriger Schlossbesitzer, eine hübsche Nichte die sich in den ermittelnden Inspektor verliebt, ausgesprochen zwielichtige Gestalten in der Umgebung des Schlosses, schmierige und lichtscheue Finsterlinge der Londoner Unterwelt die ein Schnäppchen wittern, der Nebel wabert durch das Moor, das Feuer flackert im Kamin, und ein Schrei gellt durch das dunkle Schloss …

Das ist es, was man bei dieser Art Film aus dieser Entstehungszeit erwartet, und das ist es im Wesentlichen auch, was DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR bietet. Oder, wie es das Hamburger Abendblatt 1963 schrieb: „Auch hier Schloßgewölbe, Nebelschwaden und das bis zuletzt gewahrte Geheimnis des Maskierten als bewährte Spannungsträger.“ (1)
Dazu gern gesehene Schauspieler in ihren Standardrollen: Karin Dor als selbstbewusste und doch feminine Reporterin, Harry Riebauer als alleskönnender Inspektor, Rudolf Fernau ist der hinterfotzige Lucius Clark, Dieter Eppler sein halb wahnsinniger Butler und Gehilfe, Hans Nielsen der Nachtclubbesitzer und Richard Häussler der miese Anwalt Dr. Tromby. Walter Giller hat hier die Rolle des kauzigen Schlossbesitzers Sir Blackwood bekommen, und kalauert sich angenehmerweise nicht von Szene zu Szene wie Eddy Arent in den Filmen der Konkurrenz, sondern bleibt britisch-distinguiert und ernst, was vor allem im Showdown zu einigen starken Momenten führt. Und mittendrin das heute eher unbekannte Gesicht Ingmar Zeisberg als Gräfin und Bardame, als Zünglein an der Waage der Begierden. Leidenschaft, Habgier und Ehrgeiz gehen in dieser Frau eine starke Symbiose ein, machen ihre Szenen zu etwas Besonderem und geben dem Film Schliff und Format.

Wie gesagt, diese Filme sind wie wenn man nach Hause kommt. Man weiß was einen erwartet, und genau deswegen schaut man sich so etwas ja auch an. Eine Mischung aus angenehmen Grusel und wohliger Spannung, psychotischen Adligen, gierigen Gaunern, respektablen Polizisten, und über allem das wohlgesetzte Flair des britischen Empires Made in Berlin. Wobei ein paar echte Straßenaufnahmen aus dem London des Jahres 1963 noch für zusätzliches Flair sorgen, genauso wie rollende Köpfe und der Umstand, dass Inspektor Mitchell in den erstklassigen Actionszenen dem Würger ziemlich unterlegen scheint. Mit einem Wort: Spannend!

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(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Der_W%C3% ... _Blackmoor

7/10

Percy Lister
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Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR - Harald Reinl

Beitrag von Percy Lister »

Einen besonderen Pluspunkt stellt die Musik von Oskar Sala dar, die alle Szenen sehr stimmig untermalt und wie ein akustischer Wegweiser durch die Handlung auftritt. Salas Komposition verbildlicht die jeweilige Situation, die der Zuseher gerade gezeigt bekommt. Man hört das Schmatzen des Moores, das Glitzern und Funkeln der Diamanten und die begehrlichen Gedanken des Butlers, als er seine Hände nach den geschliffenen Steinen ausstreckt. Besonders realistisch gestalten sich die Würgeszenen, in denen der Mörder den Opfern die Luft abdreht und dies musikalisch eindringlich begleitet wird. Schon der Vorspann liefert eine Kostprobe, was durch Musik möglich wird, indem die Namen der Mitwirkenden vor und hinter der Kamera dementsprechend charakteristisch präsentiert werden.

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alan_cunningham
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Re: DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR - Harald Reinl

Beitrag von alan_cunningham »

Einer meiner allerliebsten Wallace! Habe ich sogar als Hörspiel! :) Sehr finster, sehr atmosphärisch, und die "Musik" ist wirklich exzellent :shock:

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Prisma
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Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR - Harald Reinl

Beitrag von Prisma »



Der Regie-Einstieg von Harald Reinl setzte die Messlatte der BEW-Reihe merklich höher, und es ist ein wahrer Klassiker des deutschen Grusel-Krimis entstanden, der sich wirklich in jeder Beziehung sehen lassen kann. Die Regie kreiert eine Atmosphäre des Geheimnisumwobenen, des zunächst Unbestimmten, um langsam aber sicher Bruchstücke der Vergangenheit und Gegenwart preiszugeben, die zu einem Gesamtbild beitragen. Wenige Dreh- und Angelpunkte wie das düstere Schloss, das heruntergekommene Lokal oder die weitläufig wirkenden Parkanlagen und das Moor sorgen für Dynamik, die Kamera zeigt sich beim Näherbringen der Personen und Ereignisse flexibel. Harald Reinl versieht seine eigentlich handelsübliche Geschichte mit einer Reihe von Schockmomenten, die auf die Brutalität der Titelfigur hinweisen. Es könnte dem Empfinden nach jeden Erwischen, oder zumindest fast jeden, sodass man gespannt sein, darf, was sich hier noch alles ergeben wird. Die unorthodoxe, aber exzellente Musik von Oskar Sala schafft es, dass der Zuschauer das Moor atmen, oder Diamanten funkeln hören kann. Darstellerisch bleiben in "Der Würger von Schloss Blackmoor" keine wünsche offen: Karin Dor und Rudolf Fernau spielen auf allerhöchstem Niveau, insbesondere bei Fernau kommen sogar noch die Finessen der exzellenten Dialogarbeit zum Tragen, Richard Häussler, Walter Giller, Hans Nielsen oder Dieter Eppler bringen das Szenario teils zum Kochen oder Wanken. Für eine Prise Erotik und Verwirrung sorgt Ingmar Zeisberg, und Harry Riebauer in der ermittelnden Rolle ist eine willkommene uns pointierte Abwechslung. Ein Film, den man sich immer wieder anschauen kann.

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Prisma
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Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR - Harald Reinl

Beitrag von Prisma »




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● DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR (D|1963)
mit Karin Dor, Harry Riebauer, Rudolf Fernau, Hans Nielsen, Dieter Eppler, Richard Häussler, Hans Reiser,
Gerhard Hartig, Stephan Schwartz, Peter Nestler, Werner Schott sowie Ingmar Zeisberg und Walter Giller
eine Produktion der cCc Filmkunst | im Gloria Verleih
ein Film von Harald Reinl

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»Ich kann jeder sein!«


Auf einem Empfang auf Schloss Blackmoor gibt Lucius Clark (Rudolf Fernau) bekannt, dass er in den Adelsstand erhoben werden soll. Noch während der Feierlichkeiten wird ein Mord von einer dunklen Gestalt verübt, die wenig später auch Clark bedroht. Inspektor Mitchell (Harry Riebauer) von Scotland Yard nimmt die Ermittlungen auf, stößt dabei jedoch kaum auf brauchbare Aussagen und hohe Widerstände. Die Spur führt schließlich in ein berüchtigtes Nachtlokal, dessen Besitzer Tavish (Hans Nielsen) noch eine Rechnung mit Clark offen hat. Es geht um wertvolle Rohdiamanten, die von Blackmoor nach London gebracht werden sollen, doch jeder Kurier fällt dem Würger zum Opfer...

Produzent Artur Brauner als ewige Konkurrenz zu bezeichnen trifft sicherlich nicht den Kern der Sache, immerhin konnte er sich innerhalb dieses vermeintlichen Modus zu Höchstleistungen motivieren, was sich spätestens bei diesem zweiten Film unter der Marke Bryan Edgar Wallace zeigt. Brauner einigte sich mit dem englischen Kriminalschriftsteller und Drehbuchautor auf die Verwendung einiger seiner Geschichten, wobei man bei manchen durch und durch erdachten Storys nur noch den Markennamen benutzte. Die Reihe konnte sich als ernsthafte Konkurrenz zur von der Rialto Film vermarkteten Edgar Wallace-Reihe etablieren und brachte über die Jahre richtige Klassiker hervor, zu denen definitiv Harald Reinls "Der Würger von Schloss Blackmoor" gehört. Will man einen Grusel-Krimi der 60er-Jahre nennen, der über eine exzellente Atmosphäre verfügt, dann muss diese Produktion in den Ring geworfen werden, deren düstere Note sich von Anfang bis Ende entfalten kann. Eine maskierte Gestalt rennt durch die weitläufigen Parks von Schloss Blackmoor, begeht den ersten, offenbar wahllosen Mord an einem unschuldigen Mann, der sich trotz stattlicher Konstitution nicht gegen die Mordlust des Angreifers wehren kann. Anschließend wird Lucuis Clark höchstpersönlich aufgesucht, der offenbar eine Verbindung zu dem maskierten Mörder zu haben scheint. Schnell stellt sich heraus, dass es um entwendete Blutdiamanten geht, die wie ein Fluch auf dem weiteren Schicksal des neuen Schlossherrn lasten, der sich dort übrigens nur eingemietet hat, immerhin soll der lange im Dienst der Krone stehende Clark schon bald in den Adelsstand erhoben werden. Ob es noch dazu kommt, wird Harald Reinl in besonders anschaulicher Manier klären, der sich auf die Bildgewalt des Verlaufs und die Spiellaunen der Interpreten verlässt. Im Angebot stehen die unterschiedlichsten Charaktere, Repräsentanten beider Seiten zwischen Gut und Böse und der unscheinbaren Mitte.

Sehr interessant ist hier, dass Harry Riebauer in der männlichen Hauptrolle zu sehen ist, der sich in dieser Beziehung und für weitere filme allerdings nicht durchsetzen konnte. Als fester Bestandteil in der deutschen Krimi-Landschaft sollte er fortan nur noch (wichtige) Nebenrollen einnehmen. Als Inspektor Mitchell macht der mit stoischer Ruhe ausgestattete Mime eine solide Figur und steht großen Vorbildern eigentlich in nichts nach. Dabei scheint er sich völlig im Klaren darüber zu sein, dass er sich in tödliche Gefahren begibt und beweist eine gute Spürnase bei seinen unprätentiösen Ermittlungen. Die überaus attraktive Karin Dor scheint in seiner Nähe zunächst etwas abweisend beziehungsweise kratzbürstig zu sein, immerhin entstehen Interessenkonflikte zwischen Scotland Yard und Presse, aber im Grunde genommen zieht man doch an einem Strang. Spätestens als sich Claridge sich erstmals an seine Schultern anlehnen kann, ist es um sie geschehen, zumindest sieht es die damalige Krimi-Charta eindeutig so vor. Einerseits wirkt Claridge Dorsett selbstbewusst im Beruf und unerschrocken auf Abwegen und in zweifelhaften Etablissements, andererseits erscheint sie aber auch wie der Prototyp des zu beschützenden Opfers zu sein - eine Hybrid-Funktion, mit der sich im Kriminalfilm sehr viel anfangen lässt. Karin Dors Kaliber deutet jedenfalls der Vorspann an, den sie führt die Titel-Credits noch vor ihrem männlichen Kollegen an, was für die damalige Zeit nicht ausgeschlossen aber ungewöhnlich war. Betrachtet man die weiteren Darsteller, so bleiben keine Wünsche offen. Besonders hervorzuheben ist sicherlich Rudolf Fernau in einer seiner prägnantesten Rollen im Krimi der 60er-Jahre und es ist als Glück zu bezeichnen, dass es bei Artur Brauner immer wieder zu Engagements kam. Der aus München gebürtige Interpret stattet seine Szenen und die Basis dieser Kriminalgeschichte mit einer auffälligen Kälte und im Grunde genommen Skrupellosigkeit aus, die indirekt noch mehrere Opfer fordern wird.

Aber das hochqualifizierte Schauspiel ruft selbst bei den kriminellsten Vertretern dieser Geschichte Sympathien hervor. Die Regie lässt sich bei der Täterfindung ungern in die Karten schauen, sodass es ein unübersichtliches Angebot an Verdächtigen gibt, wer sich hinter der Maske des Würgers verbergen könnten. Ob Hans Nielsen, Richard Häussler, Dieter Eppler, Hans Reiser oder sogar Walter Giller - dem einen traut man mehr zu, de anderen weniger. Gillers Interaktion mit dem jungen Stephan Schwartz ersparen ausgewiesene und berüchtigte Clowns der einschlägigen Krimi-Landschaft, können somit weitgehend überzeugen, was auch für die zweite signifikante Dame dieses Geschehens gilt: Ingmar Zeisberg, die auch eine beachtenswerte Karriere im Genre hinlegen sollte. Als verruchte und gleichzeitig verführerische Bardame kann sie für Aufsehen sorgen und den Rätselfaktor befeuern. Wie erwähnt lebt der Film von einer außergewöhnlichen atmosphärischen Dichte und der bemerkenswert-experimentellen Musik von Oskar Sala, der es schafft, dass der Zuschauer das Moor atmen und Diamanten funkeln hören kann. Harald Reinl spart auch nicht an Action und Tempo, außerdem kommt es zu ungewöhnlichen Veranschaulichungen im Rahmen von Brutalität und Sadismus, aber Rache schmeckt dem Vernehmen nach eben kalt am besten. Des Weiteren ist die exzellente Dialogarbeit hervorzuheben, die sich stets auf gehobenem Niveau bewegt. Ein dunkles Gemäuer, verfallene Katakomben, ein Nachtlokal, in dem mehrere 100 Jahre Zuchthaus zusammenkommen, der weitläufige bis unüberschaubare Park und öffentliche Plätze, die keinerlei Sicherheit vor den unerbittlichen Mörderhänden bieten, stellen das Kaleidoskop des Schreckens dar, das diesen Film so besonders und zeitlos macht. "Der Würger von Schloss Blackmoor" legt die Messlatte nach einem relativ konventionellen und handelsüblichen Vorgängerfilm für die weitere Konkurrenz ziemlich hoch an, und zählt sicherlich zu den absoluten Highlights der Reihe.

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