● KZ 9 - LAGER DI STERMINIO / WOMEN'S CAMP 119 / SS EXTERMINATION CAMP (I|1977)
mit Ivano Staccioli, Ria De Simone, Nello Riviè, Gabriele Carrara, Giovanni Attanasio, Sonia Viviani und Lorraine De Selle
eine Produktion der Three Stars 76
ein Film von Bruno Mattei
Es dauert nur einen Vorspann lang, bis ein LKW-Konvoi, vollgestopft mit gepeinigten und erniedrigten Frauen, von Ravensbrück bis Rosenhausen gelangt, wo Bruno Mattei sein zweifelhaftes Spektakel in Gang bringen kann. Komischerweise merkt man gleich zu Beginn, dass die Gangart wohl eine deftigere sein wird, ohne eine Ahnung davon zu haben, welche Geschütze eigentlich aufgefahren werden. Liegt es an den widerlichen Parolen des Offiziers, der die Frauen wie Sklavinnen behandelt oder an den verheißungsvollen, aber absolut passenden Klängen von Alessandro Alessandroni? Die Lösung kommt wenige Augenblicke später, als man abgetrennte Extremitäten in einem Labor betrachten muss, über denen die Verantwortlichen über ihre »exzellente Arbeit« schwadronieren. In den meisten dieser Flicks aus dem einschlägig bekannten Naziploitation-Genre waren es genau solche Eigenschaften wie Kaltblütigkeit, Brutalität, Menschenverachtung und überhebliche Selbstverliebtheit, die den Stoff darstellen, aus dem die spekulativen Albträume sind. Bestien in Uniformen prägen den Verlauf also auch hier und es wird schnell klar, wohin die strapaziöse Reise gehen wird. Die Szenerie ist mit Folter, Vernichtung und Tod aufgeheizt und es stellt sich lediglich die Frage, wie hart die Exposition ausfallen wird. "KZ 09" schlägt in diesem Zusammenhang jedenfalls keinen sparsamen Weg ein, sodass schon bald Angst- und Todesschreie zu vernehmen sein werden, sowie zahlreiche bestialische Experimente am lebenden Objekt, während die Obrigkeit in den komfortableren Räumen dekandenterweise frisst, säuft und im Off womöglich auch hurt. Des Weiteren wird eine Art Führung durch die wichtigen Räume des KZ gemacht und einige Charaktere stellen sich bei dieser Gelegenheit selbst vor, kategorisieren sich in Abschaum oder Bodensatz und nur zwei Protagonisten fallen durch eine menschliche Ader auf.
Überraschenderweise kann der Zuschauer eine Storyline wahrnehmen, was durchaus erwähnenswert ist, haben doch zahlreiche dieser Vertreter einen dramaturgischen Handlungsbogen, oder zumindest eine Andeutung davon vermissen lassen, sogar eher als überflüssigen Ballast angesehen. Auch das Thema sexuelle Ausschweifungen oder Orgien wird nicht bis zum Exzess ausgereizt, eher kann man hier von einer Randerscheinung sprechen. Nackte Körper sind dennoch an der Tagesordnung, dienen allerdings eher zu Zwecken der Veranschaulichung. Menschenversuche sind an der Tagesordnung, bestialische Experimente schildern den Verfall und zeigen abartige Gesinnungen. Die erste Stunde des Films ist somit beinahe ausschließlich damit beschäftigt, das Hauptaugenmerk auf die Arbeit der sogenannten Ärzte zu legen, die auf der Suche nach immer neuen Erkenntnissen sind, wie etwa Soldaten an der Front länger durchhalten können und widerstandsfähiger werden, außerdem wie man Trojanische Pferde beim Feind einschleusen kann. Das Gezeigte nimmt daher so gut wie alle 5 Minuten gerne abstoßende Züge und überspitzte Tendenzen an, wobei der Vorteil eindeutig darin liegt, dass diese Inhalte meistens nicht verzerrt, beziehungsweise nicht im Bereich des Möglichen gelegen haben könnten. Die breit angelegten Experimente erinnern zeitweise an jene aus "Ilsa, She Wolf of the SS", der drei Jahre zuvor mit Dyanne Thorne in der Titelrolle entstand, allerdings ging Bruno Mattei bei der Veranschaulichung hier einen merklichen Schritt weiter. Vergasungen sind an der Tagesordnung, wenn die Objekte ihren Dienst getan haben. Ein Experiment schildert beispielsweise, wie ein total unterkühlter Mann wieder zum Leben erweckt werden soll, und zwar über Erregungszustände. Wo zwei niederländische Gefangene scheitern, ist es die fingerfertige französische Prostituierte, die ihn wieder zurückholt.
Ein anderer Versuch will herausfinden, ob zwei Homosexuelle durch drei willige Damen einfach umzustricken sind, dann wird auch noch ausgiebig operiert und es werden verstümmelte Extremitäten und verblutende Körper auf einem Silbertablett serviert. Die Szenerie fällt stets durch Hoffnungslosigkeit auf, die auch mithilfe der wenigen Sympathieträger nicht aufgehoben werden kann. Die Räume sind trostlos, heruntergekommen und erinnern an Tod. Die Operationsstätten deuten eine Gewisse Ausstattung an und verfügen über Sicherheitsfenster, hinter denen die Verantwortlichen unbeschadet zuschauen und sich an ihren Gräueltaten ergötzen können. Verwirrend und besonders abstoßend sind die permanenten medizinischen Rechtfertigungen für die unmenschlichen Vorgehensweisen, und Mattei gibt seinem braunen Treiben schockierende, wenn nicht sogar beinahe glaubhafte Gesichter. Im Bereich der Darsteller findet man wenige Offenbarungen, denn meistens ist Laien-Niveau zu erkennen, was die Eindrücke nur noch extremer werden lässt, da dem Empfinden nach wenig Schauspiel zu entdecken ist. Im Gedächtnis bleiben die Auftritte von Ivano Staccioli, der als brutaler Kommandant des Lagers naturwissenschaftliche Aspekte als Absolution missbraucht. Ria De Simone überzeugt als sadistische Helferin mit lesbischem Appetit und Gabriele Carrara stellt seine fetischistischen Neigungen zur Schau. Eins haben alle jedenfalls gemeinsam, denn es macht sie offensichtlich unendlich an, die Untergebenen zu quälen und bei jeder Gelegenheit zu erniedrigen. Im letzten Drittel der Produktion wird eine aussichtslose Flucht gezeigt, doch man ahnt nichts Gutes weil alle Wege wohl wieder zurück in diesen Vorhof zur Hölle führen werden. "KZ 9 - Lager di sterminio" ist unterm Strich ein abscheulicher Vertreter dieses Genres geworden, der - man traut es sich fast kaum zu sagen - gar nicht mal so schlecht geworden ist, wie angenommen.