SUSPIRIA - Dario Argento

Nebelige Schlösser, mystisches Gewirre und blutiges Gekröse.
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Mater_Videorum
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SUSPIRIA - Dario Argento

Beitrag von Mater_Videorum »

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Suspiria

D / IT, 1977



Regie: Dario Argento
Musik: Dario Argento & Goblin (Marangolo / Morante / Pignatelli / Simonetti)
Darsteller: Jessica Harper, Stefania Casini, Flavio Bucci, Barbara Magnolfi, Udo Kier, Alida Valli, Joan Bennett, Miguel Bosé, Susanna Javicoli, Rudolf Schündler, u.v.m.


Inhalt: Die junge Ballett-Elevin Suzy kommt aus den USA nach Freiburg, um dort an einer angesehenen Schule, Tanz zu studieren. Als sie dort ankommt, beobachtet sie noch ein junges Mädchen, das aus der Schule flieht, um dann aber später in der eigenen Wohnung auf mysteriöse Art und Weise ermordet zu werden. Doch auch Suzy kommt die Schule zunehmend merkwürdig vor. Die Lehrerinnen führen ein hartes Regiment, nachts hört man seltsame Geräusche und etwas schleicht nachts durch den provisorischen Schlafsaal. Langsam aber sicher forscht Suzy den merkwürdigen Vorgängen nach und findet heraus, daß das Haus an sich eine unheimliche Geschichte hat und eine dunkle Macht beherbergt... [Quelle: OFDb]


Kurzkritik: Als ich Suspiria nach der Jahrtausendwende das erste Mal sah, war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewußt, wie immens dieser Film von vielen Leuten bisher verehrt wurde, bzw. später noch wird. Ich habe ungefähr erst zu diesem Zeitpunkt angefangen, mich für den italian way of horror zu interessieren, logischerweise mit Fulci, D'amato und den ganzen anderen Kanonenschlägen, die per Amtsbeschluß einer bundesweiten Beschlagnahme unterlagen, damit sie Jugendliche nicht mehr so einfach moralisch und sozialethisch desorientieren konnten.

In unserer Videothek gab es allerdings auch eine kleine Argento-Nische im Horrorregal, wo zugleich die ganzen Soavis mit hingestellt wurden, immerhin prangte der Name seines Mentors ja auf fast jedem seiner Filme in großen Lettern auf der Front. Überall natürlich hübsche Motive auf den Videohüllen, einzig Suspiria zierte nur quer die Titelschrift in blutroter Farbe über pechschwarzen Hintergrund*, aber das Backcover ließ anhand vier kleiner Szenenbildchen dennoch reichlich Action & Grauen erahnen. Unser damaliger Stammvideothekar meinte, dass am Anfang in einer Einstellung, eine radikale Gewaltspitze weichen mußte, damit der Film wiederveröffentlicht werden konnte, denn der VHS-Erstauflage eines vorherigen Anbieters, drohte angeblich dadurch ebenfalls Verbot**. Wir glaubten es ihm natürlich, denn filmspezifische Datenbanken waren zu dieser Zeit noch recht mau bestückt, wenn überhaupt schon existent, und von Fanzines mit Schnittberichten wußten wir natürlich ebenfalls noch nix. Es wurde aber beteuert, dass zig mal auf das arme Opfer eingestochen wird, da sollte es auf 1-2 Messerhiebe nicht drauf ankommen, also ab die Post und gleich noch Phenomena und Dämonen 1 (also der 2te wegen deutschen Titelwirrwarr) mit eingesackt, denn dieser Dario Argento mußte wohl so eine Art Geheimtipp sein, wenn in der Magnetbandausleihe schon 'ne komplette Ecke mit 6-7 seiner Produktionen ziert.

Suspiria war auch gleich der Opener an diesem Videoabend gewesen. Schon das Getrommel zu Beginn, ließ bei den simplen Stabangaben aufhorchen und die bekannte Melodie, fast einer aufziehbaren Spieluhr ähnelnd, wußte genauso zu begeistern. Danach geriet unsere kleine Gruppe in einen angenehmen Strudel aus Faszination und Verzückung, schließlich hatte keiner der Anwesenden bisher einen ähnlichen Film gesehen. Sicher mag es zwischendurch auch den ein oder anderen Hänger gegeben haben, denn für mich war und ist Suspiria bis heute nicht frei von Mängel, auch wenn diese den Sehgenuß kaum schmälern. Als dann die prog-durchrockten Credits vor dem fackelnden Gebäude abliefen, war dennoch großes Erstaunen und nachhaltiger Diskussionsbedarf angesagt.

Fakt ist, ich mochte Argentos Schlüsselwerk schon immer, auch wenn ich mich dank gewisser Defizite wohl nie zur Zückung der Höchstnote hinreißen lassen werde. Egal, denn ich glaube neben seiner Fortsetzung, sowie Fulcis Geisterstadt und Bava Seniors blutiger Bucht, dürfte ich keinen italienischen Schocker in den letzten zwanzig Jahren mehr als diesen hier gesehen haben.

Nun ist die Problematik mit der authentischen Farbgebung schon seit Ewigkeiten ein Thema, und vermutlich hat keiner, der ihn je von einer Technicolor-Kopie im Kino oder einer derartigen Abspielstätte erblicken konnte, überhaupt in der von Argento ursprünglich intendierten Version gesehen, wie ein guter Freund in seiner aufklärenden Einführung vor dem 35mm-Spektakel*** anmerkte, da bisher wohl niemand von allen weltweiten Restaurationen jemals einer dieser Kopien zum Vergleich, bzw. als Messlatte herangezogen hatte. Jeder, ausnahmslos jeder, der Suspiria analog im Kino sichten durfte, wird bestätigen, dass keine Heimkino-/Streaming-/whatever-VÖ diese transzendierende Farbauthenzität aufweisen konnte. Bedrohlicher habe ich einen roten Farbton auch noch nie vorher wahrgenommen, selbst Madame Blancs aufgetragener Lippenstift verursachte in Nahaufnahmen wahrhaftiges Unbehagen. Oder die Wände, die in dem eingetauchten neonblau fast zu Atmen vermochten. Kurzum, diese Positivkopie ist definitiv das Maß aller Dinge wenn es um den vollkommenen Sehgenuß von Argentos '77er Werk geht. Und dennoch offenbarte Suspiria auch hier seine kleinen Schwächen, die man eventuell gar nicht mehr großartig wahrnimmt, wenn man sich von der massiven technischen Raffinesse durchweg blenden läßt / lassen mag. Klar, dieser Film des gebürtigen Römers ist möglicherweise sogar der style over substance-Meilenstein der Filmgeschichte, der das menschliche Auge über seine Unzulänglichkeiten mit viel Psychadelik täuscht und bezirzt, aber eine gewisse Unterkühltheit in einigen Sequenzen, sowie das austauschbare Handlungs- und Figurenkorsett, läßt sich bei aller Liebe nicht leugnen, darum schrammt Suspiria aus meiner Sicht auch glatt an der allzu oft gepriesenen Perfektion vorbei.

Das nur kurz zur Kritik, denn die Offenbarungen triumphieren ja dennoch haushoch. Die Musik in Verbindung mit dem Gezeigten, erzeugt einen nie davor dagewesenen Rausch in dem man sinnesbetäubt umher wabert, die Hintergründe sind perfekt installiert (z.B. Klein-Albert, der sein diabolisches Grinsen genau in dem Moment auflegt, wo Suzy im Gang durch diese helle Macht geblendet wird, mit dem Abflauen dieser aber sofort wieder in den ausdruckslosen Modus schaltet), Fräulein Tanner, deren aufgerissen Gesichtszüge im Kieferbereich beinahe Mr. Sardonicus huldigen, natürlich "... diese Farben" (ein oller Insider), sowie der erste und der letzte Akt, die beide auf ihre Art Spannung & Suspense gottgleich definieren. Ich bin diesmal doch noch ein bisschen mehr vom Finale angetan, ab dem Moment, wo Suzy die Geheimtür ins Verderben öffnet, die Kobolde langsam und behutsam die Spannungsschraube mit jedem Schritt mehr, den die Hauptprotagonistin in Richtung Basis des Bösen schreitet, musikalisch anzieht. Auch wenn man den filmischen Ausgang schon zig mal gesehen hat, es presst einem dank diesem hypnotisch erzeugten Nervenkitzel immer wieder aufs Neue in den Sitz. I love it!


* es handelte sich hierbei um die Neuauflage von New Vision

** was sich im nachhinein natürlich als urban legend, bzw. großen Humbug herausstellte, aber irgendwie musste man die ahnungslosen Kids ja ködern

*** diese Besprechung wurde nach der analogen Sichtung beim Terrore a Norimberga-Festival in Nürnberg im Oktober 2019 verfasst




Markus
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Registriert: Mo., 15.03.2021 10:15

Re: SUSPIRIA - Dario Argento

Beitrag von Markus »

Ich liebe an diesem Film diese undurchblickbare Atmosphäre und die passende Musik.

Auch wie sich langsam herausstellt wer bzw. was die Lehrerin ist wird toll aufgebaut bis zum aller letzten Moment

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