Scarletto - Schloß des Blutes
(Il boia scarlatto)
IT, 1965
Regie: Massimo Pupillo
Musik: Gino Peguri
Darsteller: Mickey Hargitay, Walter Brandi, Luisa Baratto, Mario Pupillo, Alfredo Rizzo, Femi Benussi, Rita Klein, Barbara Nelli, Moa Tahi, Nando Angelini, Albert Gordon, u.v.m.
Inhalt: Im Mittelalter wird der scharlachrote Henker wegen seiner grausamen Umtriebe selbst hingerichtet. Vorher kann er jedoch noch Rache schwören. Diese scheint sich auch zu vollziehen, als in der heutigen Zeit eine Gruppe von Schauspielern just in der Burg eine Fotosession abhält, in dessen Folterkammer der Henker sein Grab hat. Der erste Mord geschieht... [Quelle: OFDb]
Kurzkritik: "Max Hunter ... who the hell is Max Hunter?" dachte ich mir die ganze Zeit, während ich das deutsche Plakat zu Scarletto - Schloß des Blutes im Kinofoyer* betrachtete. "Ja, Massimo Pupillo!", schallt es da aus dem Hintergrund. Klaro, der Kerl, der im Jahre 1965 auf dem italienischen Gothic-Horrorsektor recht fleißig war und gleich drei Beiträge dazu abkurbelte. Danach kam nur noch ein Italowestern im Django-Korsett, zu dem jegliche Erinnerungen daran bei mir leider schon vaporisiert wurden, und eine Sexual-Doku, die allerdings nicht so einfach greifbar sein dürfte. Dann war wohl auch schon Schluß mit der Spielfilmerei.
Scarletto, der mittlere Baustein seiner zusammenhangslosen Gruseltrilogie, war hin und wieder schon Gast in der heimischen Flimmerstube, aber so richtig begeistern und sein komplettes Potential, kann er (in der deutschen Fassung wohlgemerkt) vermutlich nur auf dem Silver Screen entfachen, zumindest teilte mir mal ein guter Kollege -welcher schon seit etlichen Jahren Stammbesucher einer berühmt-berüchtigten Gelsenkirchener Kultveranstaltung ist, die jeden dritten Samstag im Monat da tagt- mit, dass dieser Film im Kino wie einer Treibladung gleichkommt, die ununterbrochen böllert. Und so kam es letztendlich auch...
Unfassbar, was man da sah. Unfassbar, wie die deutsche Vertonung gnadenlos über die gesamte Spielzeit einen wegtrümmert. Unfassbar, wie Mickey Hargitay als maskierter Henker unter Adrenalin-Dauerschub durch die Gegend hoppst, dabei seinen muskulösen Körperbau immer adrett ins Licht rückt, und wie bessessen seine Opfer malträtiert. What a performance! Das Ganze ergibt in Verbindung mit der Wahnsinns-Synchronisation eine Dynamik, wie ich sie selten zuvor im Kino erlebt habe. Die Lachmuskeln waren vom Vortag noch ziemlich lädiert, aber Scarletto gönnte ihnen keine Schonung und glücklicherweise war der ganze Saal durchweg am Poltern.
Man kann diesen gezeigten Irrsinn auch schlecht beschreiben, man muss es tatsächlich gesehen und erst recht gehört haben. Sicher, Pupillos Folterkeller-Präsentation riecht an allen Ecken und Enden nach Billigkeit, das kann nicht verleugnet werden - aber in höchsten Werten charmant ist das allemal. Heimlicher Star, neben dem Akteurenensemble, ist natürlich auch das Castello Piccolomini in Balsorano, welches in der italienischen Filmgeschichte schon öfters als Schauplatz des Grauens auserkoren wurde und mit seiner imposanten Außenarchitektur immer wieder aufs Neue begeistert.
Scarletto - Schloß des Blutes ist demnach kein echter Grusler, aber dafür ein Festmahl an amüsanten Unglaubhaftigkeiten, das auch nach über 50 Jahren noch in tollen Farben von Zelluloid erstrahlen und einen großen Teil des Publikums für sich gewinnen konnte.
* diese Besprechung wurde nach der analogen Sichtung beim Terrore a Norimberga-Festival in Nürnberg im Oktober 2019 verfasst