DAS LETZTE GEWEHR - Sergio Bergonzelli

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
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Maulwurf
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DAS LETZTE GEWEHR - Sergio Bergonzelli

Beitrag von Maulwurf »

Das letzte Gewehr
Jim il primo
Italien 1964
Regie: Sergio Bergonzelli
Cameron Mitchell, Carl Möhner, Celina Cely, Kitty Carver, Livio Lorenzon, Marty Gordon


Das letzte Gewehr.jpg

OFDB
Italo-Cinema.de

Banditen reiten in das beschauliche Sanderson ein: Dort kommt demnächst ein Goldtransport durch, und den wollen sie überfallen. Bis dahin treten sie Tische um, tanzen mit den Barmädchen, lachen dreckig und prügeln sich mit Bill, dem örtlichen Krämer. Der somnambul durch die Gegend schlurchende Sheriff ist machtlos, sein Fuzzy-artiger Deputy noch viel mehr (dem seinen Tisch haben die Schufte nämlich als erstes umgetreten), und überhaupt zittern alle vor den Rabauken. Vor allem die Frauen. Das heißt eine, die wilde Dolores, Tochter der Saloonbesitzerin, die verliebt sich in den mysteriösen Gitarre, so genannt, weil er so schön singen und Gitarre spielen kann. Gitarre ist anders. Der geht auch mal dazwischen wenn es zu heftig wird und beschützt die braven Bürger. Vor allem zu Krämer Bill scheint er eine besondere Beziehung zu haben.
Und noch einer läuft rum und gibt Schutz: Ein maskierter Mann, der angeblich der gefürchtete Pistolen-Jim sein soll. Aber Jim hat doch eigentlich seine Waffen an den Nagel gehängt? Und während die Banditen immer nervöser werden weil Jim ihnen ständig in die Suppe spuckt, und die Frauen immer nervöser werden weil ihre Männer nichts gegen die Wüstlinge unternehmen, hat einer den Überblick: Gitarre! Der hat nämlich die schönste Frau und das breiteste Grinsen …

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Das Zorro-Prinzip, dass jeder Zuschauer weiß wer sich hinter der Maske verbirgt, nur die Freundin des Helden nicht, dieses Prinzip muss man hier schon ertragen können. Wenn man Zorro für altmodisch hält, dann ist man bei JIM IL PRIMO entschieden fehl am Platze. Tatsächlich aber habe ich mich keine Sekunde gelangweilt! Der Film treibt unaufhörlich nach vorne, und bietet selbst in seinen peinlicheren Momenten (“Lass sofort meine Mami los!“) genügend Schmackes um Spaß zu machen. Dazu kommen Synchronsprecher aus dem Hause Brunnemann, die jedem Nostalgieohr schmeicheln: Gert Günther Hoffmann auf Cameron Mitchell und Rainer Brandt auf Carl Möhner – das rockt jeden noch so traurigen Saloon …

Und so richtig bewerten kann man den Flick eigentlich sowieso nicht. Das bisschen Handlung ist selbst für diese Zeit lächerlich, Carl Möhner grimassiert sich eins, Célina Cély scheint den Film allein mit ihren Brüsten und ihrem Ausschnitt retten zu wollen, Livio Lorenzon ist als Antagonist richtiggehend erträglich, und Cameron Mitchell spielt die gleiche tragische Hauptrolle, die er in so vielen seiner Filme dieser Zeit hatte. Was auch verständlich ist, da DAS LETZTE GEWEHR mutmaßlich back to back mit Sergio Corbuccis MINNESOTA CLAY gedreht wurde. Aber wenn man genauer hinschaut, dann schimmert ab und an etwas anderes durch. Eigenartige und fast abgehobene Momente, die den Film dann doch zu etwas Besonderem machen. Etwa nachdem die Barmädchen die Treppe hinuntergestürmt sind um eine Prügelei zu verhindern, dann spielt das Pianola für einen Moment einen langsamen Boogie, und die Mädels machen die Banditen mit ihrem Tanz so richtig heftig an. Kein 08/15-Saloon-Can Can, sondern ein verführerischer und erotischer Tanz. Showgirls im Wilden Westen. Oder der Deputy auf seinem Esel, und beide Beine schleifen auf dem Boden: Kinderstunde für erwachsene Cowboys. Der Höhepunkt ist natürlich der Sheriff, der immer am Ende seines Textes in Schockstarre verfällt, und auf den Boden oder in die Luft starrt, bis er wieder an der Reihe ist etwas zu sagen. Wie der Mann sich ohne Stützräder von seinem Büro bis zum Saloon bewegen kann wird ein ewiges Rätsel der Filmgeschichte bleiben. Aber auch der Cowboy, der zum Vorspann mit der Gitarre im Arm durch eine steinige Landschaft reitet und sichtlich Mühe hat, das Instrument überhaupt auch nur festzuhalten, ist ein ernsthafter Schmunzler vor dem Herrn …

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Sicher kein Highlight in der Euro-Western-Sammlung, aber vergnüglich und unterhaltsam ist DAS LETZTE GEWEHR allemal. Und sei es nur wegen Célina Célys Busen und Carl Möhners Grinsen, welche beide in etwa den gleichen Umfang haben dürfte …

5/10

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