DIE GEJAGTEN DER SIERRA NEVADA - Alfonso Balcázar

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3768
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

DIE GEJAGTEN DER SIERRA NEVADA - Alfonso Balcázar

Beitrag von Prisma »



DIE GEJAGTEN DER SIERRA NEVADA


● PISTOLEROS DE ARIZONA / EL RANCH DE LOS IMPLACABLES / DIE GEJAGTEN DER SIERRA NEVADA / 5000 DOLLARI SILL'ASSO (E|D|I|1964)
mit Robert Woods, Maria Sebaldt, Helmut Schmid, Richard Häussler, Hans Nielsen, Antonio Molino Rojo, Miguel de la Riva und Fernando Sancho
eine Produktion der Balcázar Producciones Cinematográficas | International Germania Film | Fida Cinematografica | im Constantin Filmverleih
ein Film von Alfonso Balcázar

Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada01.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada02.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada03.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada04.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada05.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada07.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada08.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada10.jpg
Die-Gejagten-der-Sierra-Nevada11.jpg

»An den nächsten Baum mit ihm!«


Jeff Clyton (Robert Woods) gewinnt eine Ranch mit Landbesitz beim Pokerspiel. Allerdings muss er beim Besuch auf seinem neuen Anwesen feststellen, dass dem Vorbesitzer nur die Hälfte des Anwesens gehörte. Die andere besitzen die Geschwister Helen (Maria Sebaldt) und David Greenwood (Frank Stewart), die den Fremden als neuen Miteigentümer nicht gerade freundlich empfangen. Obwohl das Verhältnis von Misstrauen geprägt ist, rücken die Besitzer der sogenannten G&G-Ranch notgedrungen näher zusammen, da es offensichtlich noch andere Interessenten für den wertvollen Grundbesitz gibt. Schon bald stellt sich heraus, dass die Banditen vor keinen noch so drastischen Mitteln zurückschrecken...

Bei "Die Gejagten der Sierra Nevada" handelt es sich um einen international produzierten, frühen Italowestern, der im Gegensatz zu Italien und Spanien keine größere Beachtung in der Bundesrepublik fand. Bestückt mit Stars der jeweiligen Produktionsländer, erzählt Alfonso Balcázar eine insgesamt spannende Geschichte, die ihre Erfüllung oft in zynischen Amplituden und Darbietungen der Härte findet, was natürlich nicht genreuntypisch ist. Das Schicksal dieses Verlaufs entscheidet sich am Spieltisch und unterliegt den Gesetzen des Pokerspiels. Während einer alles und noch mehr verliert, gibt es einen Profiteur, der für die Story noch entscheidend sein wird. In persona des US-Amerikaners Robet Woods - der hier sein eigentliches Filmdebüt in der Hauptrolle gibt - darf man sich auf eine solide Angelegenheit gefasst machen, die von Woods einen merklichen und vielmehr überzeugenden Drive bekommt. Bei einem sporadischen Blick auf die Interpreten stellt sich aufgrund der sich anbietenden Unterschiede gleich die Frage, ob das Ensemble überhaupt miteinander harmonieren kann und nicht gegeneinander arbeiten wird, denn manche Namen wollen dem ersten Empfinden kaum zusammenpassen, was sich in erster Linie auf die einschlägig bekannte deutsche Krimi-Prominenz bezieht. Es lassen sich beim genauen Betrachten jedoch keine negativen Ausweichmanöver beobachten und die gebuchte Riege kann auf jeder von ihr gewählten Seite überzeugen. Der erste Akt setzt auf hohe gegenseitige Widerstände, die sich zwischen den Protagonisten und den ausgewiesenen Aggressoren und Gangster-Visagen abspielen. Doch bevor es zu einer gemeinsamen Strategie kommen kann, den Verlust der Ranch abzuwenden, müssen sich die unfreiwilligen Besitzer erst einmal finden und das gegenseitige Vertrauen am besten gleich dazu.

Dieses fehlende Miteinander wird offensiv durch die Darbietung von Maria Sebaldt untermauert, und es scheint lange so zu sein, dass der Biss auf Granit den gesamten Film begleiten dürfte. Hinzu kommt eine Naivität den falschen Leuten gegenüber, die auch ihr Bruder zelebriert. Als Zuschauer ahnt man nur, dass man es mit Menschen zu tun hat, die bereits viel durchgemacht haben und lediglich ihr Hab und Gut sowie ihre Würde schützen wollen. Angriffe gibt es naturgemäß von allen Seiten und hier schafft es Regisseur Alfonso Balcázar sehr gut, diese Inhalte zu bündeln, um die nahende Katastrophe nicht nur anzudeuten, sondern sie auch gleich zu erfüllen. Betrachtet man sich die Seite der Kontrahenten, hat man es buchstäblich und eigentlich mit einem gut polierten Silbertablett zu tun, doch man darf sich aufgrund der vielen Gesichter, die sich vor allem im deutschen Kriminalfilm profilieren konnten, nicht in die Irre leiten lassen, dass man es mit einer anderen Art Genre zu tun hat, welches bei sorgfältiger Bearbeitung auch sehr gut ohne Whodunit auskommt. Vielmehr kommt Stimmung auf, wenn die in Hierarchien lebenden Gangster der jeweiligen Geschichten alle Register ziehen können, um für einen klassischen Spannungsaufbau, Action und Tempo zu sorgen. In diesem von Ungerechtigkeiten gezeichneten Szenario lassen sich genügend Personen finden, die dafür die volle Verantwortung übernehmen werden und dies in einer teils sehr rücksichtslosen und gemeinen Art und Weise. Auch wenn das Konstrukt unter Regisseur Alfonso Balcázar hier und da allzu konstruiert wirkt, uns man sich gewisse Pointen im Vorfeld gut ausmalen kann, wird man durch eine solide und technisch weitgehend einwandfreie Bearbeitung überzeugt, die sich im Gros an den gelungenen Vertretern, beziehungsweise Aushängeschildern des Genres orientiert.

Die aufkommenden zynischen Spitzen der Geschichte appellieren naturgemäß an das empfindlich herausgeforderte Gerechtigkeitsempfinden des Publikums und rücken die verschiedenen Charaktere auf die entsprechenden Seiten, auch wenn sie untereinander manchmal noch gar nicht genau wissen, mit wem sie es eigentlich zu tun haben und wem sie am besten nicht vertrauen sollten. Robert Woods spielt wie erwähnt überzeugend, genau wie seine Filmpartnerin Maria Sebaldt, die ihre meiste Zeit darauf verwendet, sich mit allen Mitteln dagegen zu wehren, seine Partnerin zu werden. Sebaldt liefert einen erfrischend authentischen Entwurf einer Frau, die das Schicksal hart gemacht hat und die letztlich versucht, sich vor potenziellen Enttäuschungen zu schützen. Als Advokat macht Richard Häussler eine sehr gute Figur, der leider noch im gleichen Jahr verstorben ist. Besondere Erwähnung sollte Helmut Schmid zuteil werden, der sich bei der Zeichnung seines verachtenswerten Bösewichts selbst übertrifft. Abgerundet wird das Ganze durch bekannte Gesichter wie Fernando Sancho und Hans Nielsen. Lobenswert ist die schöne Farbfotografie und die Panorama-Ansichten des Films, der sich bemüht, gleich jedem Interessenten etwas anzubieten. Wenn sich die Ereignisse überschlagen und die Geschichte auf ein packendes Finale zusteuert, sind zwar schon mehrere Katzen aus dem Sack gelassen worden, aber "Die Gejagten der Sierra Nevada" überzeugt letztlich als unaufdringliches Gesamtpaket, das nicht durch irgendwelche überambitionierte Experimente verwässert wurde und sein Ziel völlig linear erreichen möchte. Als früher Vertreter des Italowesterns kam schlussendlich jedoch kein Beitrag mit Modellcharakter dabei heraus, aber eine unterhaltsame und spannende Angelegenheit, die in den richtigen Momenten zuzupacken weiß.



Antworten