DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3769
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von Prisma »




Bild


● LE PISTOLE NON DISCUTONO / DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO / LAS PISTOLAS NO DISCUTEN (I|D|E|1964)
mit Rod Cameron, Ángel Aranda, Horst Frank, Hans Nielsen, Vivi Bach, Kai Fischer, Andrea Aureli,
Tito Garcia, Luis Durán, Giulia Rubini, José Manuel Martín, Julio Pérez Tabernero und Mimmo Palmara
eine Produktion der Jolly Film | Constantin Film | Trío Films | im Constantin Filmverleih
ein Film von Mario Caiano

Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(2).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(3).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(4).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(6).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(8).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(9).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(10).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(11).jpg
Die-letzten-zwei-vom-Rio-Bravo(12).jpg

»Ich erledige zwei von euch, bevor ihr mich umlegt!«


Bei einem Banküberfall erschießen die Brüder George (Ángel Aranda) und Billy Clayton (Horst Frank) zwei der Mitarbeiter, da sie zuvor von ihnen erkannt wurden. Parallel zu den brutalen Geschehen findet die Hochzeit des Sheriffs der Stadt, Pat Garrett (Rod Cameron), statt, der sie Hochzeitsgesellschaft kurzerhand stehen lässt, um die Verfolgung aufzunehmen. Bereits wenig später kann Garrett die beiden Flüchtigen stellen und begibt sich auf den Weg zurück, der allerdings alles andere als einfach werden wird, da insbesondere Billy ein Vabanque-Spiel daraus macht. Außerdem erfährt der berüchtigte mexikanische Bandit Santero (Mimmo Palmara) von der Beute in Höhe von $ 30.000, die er mit seiner Gefolgschaft an sich bringen will. Werden die drei Männer ihren Zielort jemals wieder erreichen..?

Geschichten aus dem wilden Westen müssen nicht immer traditionell mit Pistolenkugeln eingeleitet werden, sondern können wie hier auch ganz andere Töne einschlagen. Zunächst nimmt man Hochzeitsgeläut und die feierlichen Ehegelübde des Protagonisten und Sheriffs des kleinen Nestes wahr, welches jedoch schon wenig später von gefährlichen und skrupellosen Banditen heimgesucht wird - so scheint es jedenfalls. Die Feierlaune der Hochzeitsgesellschaft läuft nach diesen tödlichen Schüssen in der ansässigen Bank gegen null, und die Regie legt den Grundstein für eine mit tödlichen Gefahren gespickte Geschichte, die klassisch von Gut gegen Böse dominiert wird, wenngleich beide Seiten versuchen, den Dritten im Bunde zur jeweiligen Gegenseite zu verführen, bis das größere Übel auftaucht. Ein Banküberfall, eine Flucht und eine Verfolgungsjagd - fertig ist der Stoff aus dem die staubigen gemacht Alpträume sind. Dass der Protagonist seine Hochzeitsnacht gegen eine gefährliche Verfolgungsjagd eintauschen muss, macht die Gangster noch verabscheuungswürdiger, außerdem geht von Rod Cameron eine beinahe väterliche Aura aus, die im Idealfall für Recht und Ordnung sorgen soll. "Die letzten Zwei vom Rio Bravo" wird trotz merklichem europäischen Flair dem Italowestern zugeschrieben, da die meisten Charakteristika hier augenscheinlich vorhanden sind. Produktionen eines solchen Strickmusters verfügen meistens über genau so viele Seelen, wie es Produktionspartner gibt, da jeder seine Wünsche, Vorstellungen und das persönliche Gusto des heimischen Marktes durchsetzen, beziehungsweise etablieren möchte, wobei Regisseur Mario Caiano nachgesagt wird, hier ein groß angelegtes Kopierwerk in Gang gesetzt zu haben, welches sich reichlich an den Tugenden aber auch Fehlern der Konkurrenz orientiert haben soll.

Die Geschichte rund um die sich entfachende Jagd nach der Gerechtigkeit bäumt sich quasi diametral zur eigenen Erwartungshaltung auf, da die Gauner schnell vom Sheriff gestellt werden können, wobei noch längst kein Ende der Angelegenheit in Sicht ist. Hier entwickelt sich eine interessante Eigendynamik - die man auch einfach Sprengstoff nennen könnte - denn das Ungleichgewicht, dass sich aus einem Mann gegen zwei andere ergibt, liefert klassisches Konfliktpotenzial und bringt die Gefahren zutage, die ein solcher Ritt dringend benötigt. Auch die gejagten Verbrecher sind völlig unterschiedlichen Naturells, einer von ihnen ist durch einen Schusswechsel verletzt aber im Kern human, der andere eine provokante Spielernatur ohne Gewissen und Moral, die es mit einkalkuliert, sich unter Umständen auch selbst schaden zu müssen, solange der Profit am Ende stimmt. Rod Cameron, Ángel Aranda und Horst Frank fabrizieren einen soliden Spannungsbogen, wenngleich sich diese Strategie durch eine zu sehr an der Peripherie interessierten Regie abnutzt, sodass es zu spürbaren Längen kommt, die sich aber glücklicherweise zu keiner Endlosschleife entwickeln. Die Tatsache der latenten Gefahr wird durch Horst Franks unübersehbaren Sadismus angeheizt, der sich ganz offensichtlich in den Kopf gesetzt hat, die frische Braut des Sheriffs schnellstmöglich zur Witwe zu machen. Der intervallartige Verlauf setzt auf be- und entschleunigende Phasen, die Schwankungen bei der Intensität aufweisen, vor allem, wenn nervenkitzelnde Personen über die Klinge springen. Rod Cameron wirkt hier vor allem verlässlich und unbestechlich, außerdem moralisch unantastbar, sodass trotz Action-Einlagen ein leicht starrer Gesamteindruck entsteht, aber letztlich kein Zweifel daran, dass er der Gerechtigkeit final zum Sieg verhelfen wird.

Gerade aus diesen genannten Gründen wirkt der Verlauf wie auf Schienen gesetzt, den insbesondere sein Kontrahent Horst Frank zum entgleisen bringen versucht. Angelegt als Musterbeispiel der Ungerechtigkeit und Skrupellosigkeit, reklamiert der Deutsche die spannendsten Phasen kurzerhand für sich, was vor allem aufgeht, weil er in omnipotenten Momenten als gerissener Zocker für Aufregung sorgen kann. Als seinen ungleichen Bruder sieht man den Spanier Ángel Aranda, der eine hin- und hergerissene Person zwischen Gut und Böse sowie Standhaftigkeit und Verführung stichhaltig darstellt. Der Verlauf ist in den Händen dieses ergiebigen Trios recht gut aufgehoben, und auch die restlichen Darsteller erfreuen nicht zuletzt wegen ihrer Bekanntheit, beziehungsweise Überzeugungskraft oder weiblicher Anmut. Die Dänin Vivi Bach wirkt wie so oft noch strahlender als die brennende Sonne des Szenarios - sorgt daher für Optimismus - Kai Fischer, nicht feuerrot, aber fast noch begehrenswerter als üblich, oder Hans Nielsen vielleicht noch präsenter als sonst, obwohl sein Part kurz ausgefallen ist. Auch Mimmo Palmara als schießwütiger Gangster mit großem Appetit Leichen zu sehen macht eine imposante Erscheinung und bringt dem Verlauf den Drive zurück, der ab einem gewissen Zeitpunkt verloren ging. Wenn sich die Geschichte dem wohlverdienten und unausweichlichen Showdown nähert, bleibt es unbestritten, dass Regisseur Caiano etwas Potenzial ungenutzt gelassen und sich allzu häufig auf selbstläuferische Stellschrauben des Genres verlassen hat, was erstaunlicherweise gut funktioniert. Für einen frühen Vertreter des Italowesterns lassen sich zahlreiche Weichenstellungen oder Modellcharaktere ausfindig machen, sodass "Die letzten Zwei vom Rio Bravo" hauptsächlich über sehr sehenswerte und unterhaltsame Komponenten verfügt.



ephedrino
Beiträge: 105
Registriert: Mo., 02.11.2020 14:59

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von ephedrino »

Dies ist ja der Legende nach die Zwillingsproduktion zu FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR. Gleichzeitig an denselben Drehorten gedreht und mit dem viel höheren Budget versehen, weil man bei Jolly Films und der Constantin in Leones Projekt weniger Potential sah.

Horst Frank beschreibt in seiner Autobiografie, dass er beim Dreh einer Schießerei immer weiter zurück in Deckung rückte bis plötzlich alles schrie, weil er in eine Szene des Leone-Films geraten war. So zumindest meine Erinnerung der Geschichte. Weiter schreibt er, dass die Darsteller von HANDVOLL eine so geringe Gage bezogen, dass sie abends stets von den Kollegen aus Caianos Film eingeladen wurden.

Wie viel Wahrheit auch immer in diesen Geschichten liegen mag, stehen die beiden parallel entstandenen Filme doch exemplarisch für den europäischen Western bis Leone und dann eben mit bzw. nach Leone. Der Bruch ist deutlich und filmhistorisch gar nicht hoch genug zu bewerten.

Das soll allerdings nicht heißen, dass ich nicht ab und zu auch mal größere Lust verspüre, einen Western nach dem klassischen Schnittmuster zu schauen. Beide Varianten haben ihre Berechtigung, ihre Stärken und Schwächen. Alles zu seiner Zeit.

Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3769
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von Prisma »

Danke für die Infos! Also ich höre solche Geschichten immer sehr gerne und im Endeffekt spielt es keine so große Rolle, wie viel im Endeffekt oder aus der Jahrzehnte langen oder subjektiven Erinnerung noch davon stimmt oder jemals gestimmt hat. Dass die Constantin Film sich bei diesem Film so verzettelt hat, finde ich schon bemerkenswert, aber derartige deutsche Beiträge ohne spanische oder italienische Beteiligung - also diese Teutonen-Western - wirken in nicht wenigen Fällen und ohne es zu wollen häufig sehr isoliert und nicht konkurrenzfähig. Ich habe mir in der letzten Zeit etliche Filme mit deutscher Produktionsbeteiligung angesehen und auch wenn einige recht ambitionslos gewirkt haben, lassen sich viele Geschichte doch gut konsumieren.

Manchmal glaube ich sowieso, dass ich irgendwie ein Herz für diejenigen gefunden habe, die definitiv keine Renner sind. :mrgreen:

Benutzeravatar
Sid Vicious
Beiträge: 1931
Registriert: So., 01.11.2020 12:30
Wohnort: King´s Road 430

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von Sid Vicious »

Der fehlt mir leider in der Reihe und wird zurzeit für einen betrag angeboten, den ich niemals zahlen werde. Sehr ärgerlich, denn dereinst wurde die DVD noch nachgechmissen, sodass die Meinung regierte: Ja ja, hat ja alles Zeit... :cry:
BildBildBildBildBild

djabartana
Beiträge: 11
Registriert: So., 04.07.2021 13:18

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von djabartana »

Mir gehts genauso wie Sid. Warte auch ständig drauf dass der mal billiger wird. Das gleiche gilt für Nebraska Jim :shock: :|

Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3769
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von Prisma »



Oh ja, das sind ja wirklich Apothekenpreise und ich habe mich auch schon oft geärgert, nicht zur richtigen Zeit zugeschlagen zu haben. Bei diesem Film gabs bei mir damals allerdings überhaupt kein Zögern, immerhin besetzt mit Horst Frank, Hans Nielsen, Vivi Bach und Kai Fischer - hatte ich mir dann aber erst sehr spät angeschaut. Wie kommen die hohen Preisunterschiede in dieser DVD-Reihe eigentlich zustande, ist es weil sich entsprechende Titel gut, oder eben nicht gut verkauft haben? Manche Filme bekommt man ja auch heute noch zum kleinen Preis und andere sind dann plötzlich unbezahlbar.

djabartana
Beiträge: 11
Registriert: So., 04.07.2021 13:18

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von djabartana »

Ich denke beliebte Filme die sonst nicht in einer besseren Fassung veröffentlicht wurden sind davon betroffen. Zb die beiden erwähnten oder auch Knie nieder und friss Staub. Damals war es genauso mit Töte Amigo und Gehetzte der Sierra Madre aber die gibt es ja mittlerweile auf Blu-ray und kosten daher nicht mehr so viel… Komischerweise kostet allerdings Yankee fast garnix…. Schon etwas sonderbar

Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3769
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO - Mario Caiano

Beitrag von Prisma »

djabartana hat geschrieben:
Fr., 16.09.2022 23:31
Ich denke beliebte Filme die sonst nicht in einer besseren Fassung veröffentlicht wurden sind davon betroffen.

Ja, das ist natürlich eine plausible Erklärung, daran habe ich gar nicht gedacht, dass es ganz einfach daran liegen kann. Das heißt dann wohl auch, dass "Die letzten Zwei vom Rio Bravo" sonst keine andere Veröffentlichung bekommen hat.

Antworten