30 WINCHESTER FÜR EL DIABLO - Gianfranco Baldanello

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
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nerofranco
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30 WINCHESTER FÜR EL DIABLO - Gianfranco Baldanello

Beitrag von nerofranco »

30 Winchester für El Diablo (30 Winchester per El Diablo; ITA 1965)
R: Gianfranco Baldanello


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Der grausame El Diablo schikaniert mit seiner Bande von brutalen Schakalen die ganze Gegend rund um das kleine Städtchen Canyon City. Abgesehen hat er es vor allen Dingen auf die zahlreichen Viehherden, die durch die Prärie getrieben werden. El Diablo hat leichtes Spiel mit den verängstigten Stadtbewohnern und der aufrechte Sheriff Webb allein kann nicht allzu viel ausrichteten. Als ein Fremder namens Jeff Benson in der Stadt auftaucht ändert sich die Situation aber schlagartig.
"Mehr schlecht als recht aus altbekannten Klischees gefertigter Italo-Western" (Kabel 1 – Filmlexikon (1))
Gianfranco Baldanellos 30 Winchester per El Diablo (30 Winchester für El Diablo) genießt innerhalb der Fangemeinde einen nicht gerade guten Ruf weswegen meine Erwartungshaltung an den Film recht gering ausgefallen war. Deshalb war ich doch ein wenig überrascht wie gut mich dieser frühe Genrevertreter unterhalten hat. Sicherlich, mit einem großen Meisterwerk haben wir es hier nicht zu tun aber Baldanello schafft es immerhin einen feinen Film abzuliefern, der über die gesamte Laufzeit hindurch angenehme Unterhaltung bieten kann. Für Gianfranco Baldanello stellte der 1965 entstandene Western 30 Winchester per El Diablo sein Regiedebüt dar auf dass noch so einige Beiträge in unterschiedlichen Genres folgen sollten. Sein mit Abstand bester Western ist mit sicherer Bestimmtheit der knüppelharte Black Jack (Auf die Knie, Django), in dem Robert Woods mal so richtig auf den Putz hauen darf. Zuvor war Baldanello ein vielbeschäftigter Regieassistent, neben dem Western Buffalo Bill, l'eroe del far west (Das war Buffalo Bill) von Mario Costa fallen da so manche Abenteuer- und Peplum- Streifen darunter.


30 Winchester per El Diablo erzählt eine ziemlich konventionelle Geschichte, in der ein gewalttätiger mexikanischer Banditenboss mit seinen Leuten brutale Raubüberfälle sowie Viehdiebstähle im großen Stil begeht. Irgendwann taucht ein geheimnisvoller Fremder in der Stadt auf, der nicht nur mit der skrupellosen Bande aufräumt sondern zudem noch den hintertückischen Hintermann entlarvt und zu guter Letzt auch noch das Herz der schönsten Dame des Ortes erobert. Wie gesagt, nichts besonderes aber immerhin wird das ganze Treiben einigermaßen flott in Szene gesetzt. Den strahlenden Helden Jeff Benson spielt der Österreicher Carl Möhner, der seine Sache recht ordentlich erledigt im Vergleich zu Genregrößen wie Garko, Nero, Hilton, Hill, Eastwood u.a. aber natürlich ziemlich blass aussieht. Etwas nervig ist sein ständig lachender Begleiter Jerry, der einem recht schnell auf den Senkel geht. Es ist kein Wunder dass die Banditen ihm ständig eine verpassen, das würd ich nämlich auch machen. Noch furchtbarer fand ich allerdings die Darstellerin der durchtriebenen Tänzerin Rosario, die mit El Diablo sowie dem undurchschaubaren Francesco unter einer Decke steckt. Ich für meinen Teil fand sie ganz grausam, außerdem hat sie einen Gesichtsausdruck auf Lager als wär sie ständig richtig geil oder auf Drogen oder irgend so was in die Richtung.
"Erstmals auf DVD: Der `vergessene` Genreklassiker von 1965" (DVD-Cover Werbung)
Umso besser sind dafür die Schurkendarsteller José Torres und Ivano Staccioli. Torres, der wie meist eine großartige Figur macht, mimt den gnadenlosen Banditenboss El Diablo, der bei seinen Raubüberfällen nicht gerade zimperlich vorgeht. Den undurchsichtigen und schleimigen Sohn des Sheriffs spielt Ivano Staccioli, der diesmal blondiert herumläuft und gemeinsam mit Rosario ein unglaublich melodramatisches Ende nimmt. Sheriff Webb wird dargestellt von Attilio Dottesio, der im Genre häufig in Kurzauftritten zu sehen ist und dieses Mal sogar überlebt. Der Sheriff ist hier ausnahmsweise mal kein armes, korruptes Schwein sondern ein gut situierter Gesetzeshüter, der aus gutem und reichem Hause zu sein scheint und der meistens mit dem alten Rinderbaron Randall herumhängt. Sein hübsches Töchterlein Barbara darf am Ende des Films mit dem siegreichen Helden in den Sonnenuntergang reiten. Guglielmo Spoletini spielt die treue rechte Hand von Francesco und trägt dabei eine richtig tolle schwarze Kluft. Seine Treue soll ihm im Verlauf der Geschichte aber noch teuer zu stehen kommen. Ein gesundes Maß an Misstrauen kann niemals schaden, vor allem wenn die Luft derart bleihaltig wie in Canyon City ist.


30 Winchester per El Diablo scheint um einiges höher budgetiert gewesen zu sein wie Baldanellos Folgeproduktionen, denn der Film ist sehr gut fotografiert und sieht optisch dementsprechend blendend aus geizt aber mit inszenatorischen Leckerbissen und diversen Spielereien, die das Genre ja unter anderem so interessant machen. Es gibt hier jede Menge Pferde, einen ganzen Haufen Banditen, eine riesige Viehherde und am Ende sogar einen richtigen Zug, geladen mit massenweise Soldaten, zu sehen. Die Drehorte sind ebenfalls wunderbar ausgewählt und werten den Film erheblich auf. Gedreht wurde in der wunderschönen Felsen- und Hügellandschaft Sardiniens (2), was dem Film eine gewisse Eigenständigkeit verleiht gegenüber den haufenweise in Spanien entstandenen Western. Den Action-Höhepunkt liefert mit Sicherheit die bleihaltige Schlussballerei rund um den goldbeladenen Zug, bei der eine ganze Menge böser Buben ins Gras beißen müssen. Unnötige Brutalitäten sucht man hier leider vergebens ebenso wie nackte Tatsachen was aber bei dem Entstehungsjahr des Films nicht überrascht. Einen Pluspunkt gibt’s aber noch für den sehr schön animierten Vorspann, der von Biamonte und Crisanti gestaltet wurde. Auch die Kostüme und die Dekors haben mir sehr gut gefallen, was bei dem farbenprächtigen Bild der DVD auch sehr gut zur Geltung kommt. Die SAD-DVD ist übrigens sehr zu empfehlen da sie für kleines Geld erhältlich ist und eine hervorragende Bild- und Tonqualität bietet. Die Musik eines gewissen Ghant ist relativ unauffällig aber immerhin zweckdienlich dafür kann man aber die deutsche Synchro als durchweg überzeugend betrachten. Deswegen kann man auch das Fehlen der italienischen Tonspur auf der DVD einigermaßen verschmerzen.

Gianfranco Baldanellos 30 Winchester per El Diablo ist ein ordentlicher früher Vertreter des Genres, der zwar konventionell aber durchweg unterhaltsam ausgefallen ist. Die Inszenierung ist solide, die Ausstattung recht ordentlich, der Held zwar etwas blass dafür die beiden Obergauner umso ausdrucksstärker. Manche mögen ihn vielleicht als uninspiriert bezeichnen aber der Film bietet das was er bieten möchte: gute Unterhaltung für Westernliebhaber denen Django und Co. zu brutal sind und es eher ein wenig entspannter mögen. Wer mit italienischen Western aus der Frühphase des Genres etwas anfangen kann sollte diesen so oft gescholtenen Film nicht verschmähen und ihm eine Chance geben. Unterhaltsam ist er allemal auch wenn man ihn vielleicht sogar am Sonntagnachmittag im Fernsehen zeigen könnte, was jetzt nicht unbedingt als Kritik zu verstehen ist.


(1) http://www.kabeleins.at/filmlexikon/yy/ ... lmnr/23556
(2) Giusti, Marco: Dizionario del Western All'Italiana. Milano, Arnold Mondadori Editore S.p.A. S

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