DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE - Mario Bianchi

Staubige Dörfer, schweigsame Pistoleros und glühende Colts.
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Sid Vicious
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DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE - Mario Bianchi

Beitrag von Sid Vicious »

Regisseur: Mario Bianchi
Kamera: Mario Parapetti
Musik: Nando De Luca
Drehbuch: Francesco Vietri
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Amen ist ein emsiger Kopfgeldjäger, dessen Beute so hoch ist, dass der Sheriff kein ausreichendes Budget besitzt, um den Bounty Hunter entsprechend zu entlohnen. Da Amen viel Freude an seinem Job empfindet, verzichtet er jedoch zuweilen auf ein paar tausend Taler und ist gar bereit für 50 Dollar in den Dienst von drei Nonnen, denen von Catapult und seinen Lumpenhunden eine hohe Geldsumme, die zur Errichtung gemeinnütziger Einrichtungen angedacht war, gestohlen wurde, zu treten, um die Desperados zu stellen und das Geld zurückzuerobern.

Als es einst mit dem Privatfernsehen losging, durfte ich via Zimmerantenne die zahlreichen Filme, die bis dato von den Öffentlich Rechtlichen ignoriert wurden, wie beispielshalber die Vehikel mit Teri Tordai als Frau Wirtin von der Lahn, schauen. Einer dieser Beiträge, der dem selten erotischen, da zumeist schmuddeligen wie bleihaltigen Programmschema von RTL verpflichtet war - und sich von mächtig viel Bildschnee begleitet in meinem zentnerschweren Röhrenfernseher sowie in meinem Gedächtnis einnistete - bezeichnete die Programmzeitschrift, dem Beispiel des bundesrepublikanische Alemannia-Filmverleih folgend, als „Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle“. Dessen Eröffnungscredits einen gewissen Frank Bronston als Regisseur vor stellen, was mir zugleich die Enkodierung dieses Pseudonyms deutlich erleichterte, denn hinter dem Namen (Frank Bronston) verschanzt sich, die Inspektionen der italienischen Western „In nome del padre, del figlio e della Colt“, „Hai sbagliato... dovevi uccidermi subito!“ wie „Sing mir das Lied der Rache“ bekräftigen es, der für diversen Sleaze wie „Das Sex Taxi - Taxifahrer Report“ und „La Bimba di Satana“ verantwortlich zeichnende Mario Bianchi. Warum die OFDb, den großenteils als Regieassistent aktiven, Renzo Girolami (die italienischen Credits verweisen übrigens auf Renzo Spaziani, wohinter sich ein weiteres Pseudonym von Mario Bianchi versteckt) als Regisseur benennt, kann ich nicht beantworten, was uns auch nicht weiter interessieren sollte, denn die drei Nonnen tragen reichlich Bockmist wie flankierende Eulenspiegelei in ihren Koffern, worüber es sich schon eher zu plaudern lohnt.

„Weiß du Amigo, er ist ein guter Killer, aber leider etwas sensibel, er hat ein schlechtes Elternhaus.“ (Catapult)

Um es auch gleich klipp und klar zum Ausdruck zu bringen, hinter dem Terminus „Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle“ versteckt sich ein Film, der unabänderlich dem Bodensatz der italienischen Lichtspiele zuzuordnen ist. Aber: Angesichts der deutschen Bearbeitung von Schier-Film bekommt dieser Kappes eine deutliche Aufwertung spendiert, denn die saudummen Dialoge, die Michael Eder bastelte, spielten der erwarteten Zeitvergeudung einen Streich, sodass mir aus heiteren Himmel unterhaltsame 70 Minuten ins Haus standen.

Zitate wie „Lass´ dir vorm Einschlafen noch einen runterfummeln“, „Hilfe! Ich versinke in der Scheiße meiner Leute“ oder „Der schlägt wie Old Shatterhand“ reichen Personenbeschreibungen wie „anarchistische Schlampe“, „Reserve-Christus“, „alte Sau“ und „Hinterlader“ partnerschaftlich die Hände und provozieren den TV-Lautsprecher dazu, sich im Fremdschämmodus zu verschanzen. Genau dort nistete er sich ein, der Speaker, genervt von einem offensiven Krawallgeschnodder und einer hauchdünnen Story, die sich sukzessive im Irrsinn verliert und einhergehend einen Kopfgeldjäger gegen eine Bande von hirnamputierten Strauchdieben und deren Anführer, Catapult (dessen Optik an Frank Zappa erinnert), zu Felde ziehen lässt.

Währenddessen gibt Amen, warum soll ein Kopfgeldjäger nicht auf einen solchen Namen hören (?), andere heißen schließlich auch Hallelujah, nicht den Typ Antiheld, der per Maschinengewehr eine gegnerische Übermacht ins Jenseits transportiert. Amen lässt die Phantasie spielen und nutzt die Rezeptur, ein Abführmittel, eines fahrenden wie stets alkoholisierten Quacksalbers, um die Lumpenschar in den kollektiven Durchfall zu befördern. Was dann abgeht ist nahezu unfassbar, dass Plumpsklo wird gestürmt, Darmgeräusche und Kalauer, deren Patentierung jedem noch so untalentierten Hofnarren keine 2 Cent wert wären, wechseln sich ab und erzeugen ein Primatenspektakel, dass dem Aufruhr im Affenhaus kinderleicht zur Ehre gereicht. Der anbei gelieferte Soundtrack, das von den Eldorado Stones interpretierte Leitmotiv “Catapult” ist merklich an den Kompositionen von Oliver Onions angelehnt. Jenes Gute-Laune-Geträller, das auf Dauer gewaltig nerven und einen gegenteiligen Gemütszustand evozieren kann.

Die finale Überraschung, dass Aufdecken der Karten - die Identitätsdemaskierung - wird mit einem Halali begrüßt, das dem per Axt transportierten finalen Clou aus „Tenebrae“ nun wirklich - na was wohl? - keine Konkurrenz - sagen Sie bloß, Sie hätten etwas Gegenteiliges erwartet? - bereiten kann. Die Dechiffrierung ist demgemäß ebenso absehbar wie die Tatsache, dass dieser Film ein Tänzchen aufführt, welches total neben der Spur stattfindet. Ab und an kann sich jedoch eine ebensolche Debilitäts-Polka als eine willkommene Abwechslung vor- wie darstellen, denn Indianer kennen bekanntlich keinen Schmerz! Jetzt würde mich nur noch interessieren, welchem Stamm Schier und Eder angehören. Ei(eiei)ner geht noch:

Desperado 1 behauptet: „Er ersäuft ja!“
Desperado 2 antwortet: „Na und, das kann er ja wieder auspissen.“
https://italo-cinema.de/italo-cinema/it ... zur-hoelle
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Il nero
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Re: DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE - Mario Bianchi

Beitrag von Il nero »

Die Synchro ist wirklich gemeingefährlich, aber das macht die ganze Sause zu einem ungeheuren Spaß :mrgreen:
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nerofranco
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Registriert: Mi., 11.11.2020 09:56

Re: DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE - Mario Bianchi

Beitrag von nerofranco »

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"Was Renzo Girolami hier serviert, ist das unkomischste, was man jemals im Gewand einer Westernkomödie gesehen hat" (Christian Kessler).


Also ich für meinen Teil hab schon weitaus unkomischeres gesehen als den hier und wer seine Ansprüche nicht all zu hoch ansetzt kann sich hier durchaus amüsieren. Più forte sorelle ist, sowie es aussieht, der einzige Film den Renzo Girolami, aus der berühmten Girolami Familie, je als hauptverantwortlicher Regisseur gedreht hat. Es gibt allerdings auch Quellen (u.a. imdb), die Mario Bianchi den Film zuschreiben, allerdings geben die glaubwürdigeren Quellen Girolami an (ofdb, spaghettiwestern database, Kessler). Auch das Pseudonym Renzo Spaziani, obwohl in der deutschen Fassung Frank Bronston Regie geführt hat, weist wohl eher auf Girolami hin als auf Bianchi. Naja, ist ja auch egal, Hauptsache der Film macht Spaß.

Die Story des Films ist denkbar simpel. Ein Kopfgeldjäger namens Amen wird von drei Nonnen angeheuert um gestohlenes Geld, das für den Bau einer Kirche verwendet werden soll, zurückzuholen. Gestohlen haben das Geld die Leute des stadtbekannten Banditen Katapult. Seine eigene Frömmigkeit hat Amen aber nicht davon überzeugt den Auftrag anzunehmen, dafür aber die hübsche Schwester Angela ("Für die Kirchschleicher und Frömmler bestimmt nicht, wenn dann nur für sie"). Der redselige Kopfgeldjäger Amen hat mit seiner Kundschaft immer so seine Probleme, den die sind nicht besonders scharf darauf sich mit ihm zu unterhalten und machen stattdessen lieber den Schritt ins Jenseits ("Ach, das sind alles Selbstmörder. Warum kann man mit diesen Burschen nie ein Gespräch führen. Die ganze Konversation ist immer nur mein Amen"). Gespielt wird Amen von Lincoln Tate, der in den 70’ern des Öfteren mal im italienischen Genrekino vorbeigeschaut hat und das zumeist im Western. Sein bekanntester und mit Sicherheit auch bester Film ist die Revolutionskomödie Il West ti va stretto, amico... è arrivato Alleluja (Beichtet Freunde, Halleluja kommt) von Giuliano Carnimeo, in dem er einen Schotten im Schottenrock spielt und sich mit Halleluja um eine heilige Statue matcht .

Die drei Nonnen, von denen eine ein ziemlich heißer Feger ist, sind unterwegs in die Stadt um dort eine Kirche zu bauen. Chauffiert werden sie von dem netten alten Saufkopf Timothy, dessen bester Freund mit Sicherheit Whisky heißt. Timothy wird dargestellt von Luigi Bonos, der beispielsweise auch den Barkeeper in ...continuavano a chiamarlo Trinità (Vier Fäuste für ein Halleluja) spielt, der von Bambi ständig dazu gezwungen wird die Sperrstunde um eine Stunde zurückzuverlegen, weil der noch auf Trinità warten muss. Recht nett ausgefallen ist der Spruch einer Nonne beim Überfall. (Wir haben keinen Cent. Die Kirche gibt nichts, sie nimmt nur). Da eine der Nonnen elendige Zahnschmerzen plagen müssen sie einen Zahnarzt aufsuchen und geraten dabei an den grenzdebilen Denti, der so ziemlich alles behandelt, vor allem aber Pferde. Zudem ist er momentan auch noch ordentlich damit beschäftigt Särge zu basteln, da ihm Amen ständig neue Kunden beschert. Ob die Zahnbehandlung da gelingt? Tja…

Der böse mexikanische Bube Katapult, der so heißt weil er seine Feinde mit einem Katapult aus seiner Festung katapultiert, ist wohl ein einstiger Mitstreiter von Porfirio Díaz oder ähnlichem Gesocks, zumindest hält er viel auf seine Uniform ("Sie hat die Uniform beleidigt, der Stolz der mexikanischen Armee. Wirft sie in Ketten, sie hat keinen Respekt vor der Uniform. Fort mit dieser Anarchistenbagage"). Katapults rechte Hand ist Gilberto Galimberti, alias Geiergesicht (O-Ton Amen), der unter seinen Leuten der Einäugige unter den Blinden zu sein scheint. Als Amen sich in Katapults Bande einschleicht, macht der ihm gleich seine Stellung streitig, was Geiergesicht natürlich nicht auf sich sitzen lässt und Amen möglichst schnell wieder los werden will ("So einen Typen wie dir reiß ich von unten bis oben den Arsch auf, schreib‘s dir hinter die Löffel"). Katapult ist sich der vollkommenen Blödheit seiner Bande durchaus bewusst, seiner allerdings nicht ("Ich bin nur von Deppen umgeben. Ich bin der einzige Lichtblick hier"). Für Frauen hat er auch nur einen Nutzen vorgesehen ("Entweder wir machen jetzt das Spielchen Beinchen spreiz dich oder ich kill dich").

Am Ende versetzt Amen den Alkohol von Katapults Leuten mit Abführmittel, die sich danach alle so ziemlich in die Hosen scheißen und dabei herumrennen wie Hühner, denen man gerade den Kopf abgeschlagen hat ("Oh Mann, so viel Kacke und nur ein Scheißhaus"). Die Schlusskeilerei in Katapults Unterschlupf ist etwas zu lang geraten und wird deshalb etwas ermüdend aber dafür gibt’s dann als Entschädigung ein schönes Feuerwerk zu bestaunen. Als Amen Katapult das Geld wieder abgeluchst hat gibt er es allerdings nicht mehr den Schwestern zurück sondern behält es für sich, warum?, darüber wird man ganz zum Schluss aufgeklärt. Dann gibt’s da noch einen verzweifelten, und auch ziemlich faulen, Sheriff, der keine Kohle mehr hat um den fleißigen Amen für seine Arbeit zu bezahlen und ihm am Ende rät seine Tätigkeit doch bitte in eine andere Gegend zu verlegen ("Ich möchte sie bitten in Zukunft keine Banditen mehr für uns zu jagen. Ja weil, ähm, die Mittel in unserer Gemeinde restlos erschöpft sind. Sie haben ein Loch in die Gemeindekasse geschossen. Sie haben zu viele Banditen umgebracht, ja, ja.") Tja, und wo ist Katapult geblieben? Der endet dort wo er hingehört, nämlich in der Scheiße seiner Leute.

Girolamis Inszenierung ist jetzt nicht wirklich besonders aufregend oder gar innovativ ausgefallen und er verzichtet zudem fast gänzlich auf sämtliche genreüblichen Spielereien. Für eine Komödie gibt es auch relativ viele Brutalitäten. Zum Beispiel sprengt Amen ein paar Banditen mit Dynamit in die Luft. Der nette Soundtrack trällert fröhlich im Hintergrund vor sich hin ohne besonders aufzufallen. Ganz nett ist noch das Titellied Catapult, gesungen von den sogenannten Eldorado Stones, das den bösen Schurken Katapult besingt. Die Synchro ist nicht wirklich gut hat aber zumindest ein paar ganz witzige Sprüche auf Lager.

Più forte sorelle ist jetzt natürlich keine besonders intelligente Komödie, aber wer hier nichts erwartet wird zumindest ein wenig positiv überrascht. So schlecht wie er meist dargestellt wird ist er nun wahrlich nicht. Wer Carnimeos schräge Westernkomödien a lá Halleluja mag wird sich auch hier einigermaßen amüsieren können.

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Sid Vicious
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Wohnort: King´s Road 430

Re: DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE - Mario Bianchi

Beitrag von Sid Vicious »

Als man dereinst RTLüber die Zimmerantenne empfangen und Western im TV schauen konnte, von denen man bis dato nur träumen konnte, lief mir DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE erstmals über den Weg. Der Name Katapult (war auch Thema in dem Krankenhaus in dem ich meinen Zivildienst leistete) hat sich anschließend eingeprägt und auch das Wissen, dass dieser Western ganz besonders daneben ist. Wie Il nero schon treffend bemerkte, die Synchro ist wirklich wirklich gemeingefährlich.
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