SIGNE SEIDEL

Leinwandsternchen und verkannte Stars im Blickpunkt
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Prisma
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SIGNE SEIDEL

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SIGNE SEIDEL

* 18. April 1940

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Prisma hat geschrieben:
Signe Seidel, die gebürtige Tirolerin mit dem für hiesige Verhältnisse ungewöhnlichen skandinavischen Vornamen, erhielt eine klassische Ausbildung am renommierten Wiener Max Reinhardt Seminar; eine gute Visitenkarte für die bevorstehende Karriere, die zunächst am Theater beginnen sollte. Zu sehen war die Anfang 20jährige unter Anderem am Theater in der Josefstadt und auf Theatertourneen und sogenannten Gastspielreisen. Bis Anfang der 70er Jahre kontinuierlich in mitunter sehr bekannten TV-Produktionen und vor allem Kriminalserien mit hoher Reichweite besetzt, die nicht selten von ihrem damaligen Ehemann, dem Regisseur Dietrich Haugk inszeniert wurden, kam es gegen Ende der doch sehr kurzen Karriere noch zu zwei Einsätzen in Kinofilmen, bis bereits im Jahr 1976 das Ende dieses Schaffens eingeläutet wurde. Möglicherweise spielte Seidel noch Theater oder sie zog sich ins Privatleben zurück, denn über weitere Aktivitäten der Dame mit der kühlen Aura ist nichts weiter bekannt.


Für die meisten Filmkonsumenten dürfte der Name Signe Seidel kein Begriff mehr sein, wenn er denn überhaupt jemals einer gewesen ist, denn dafür war die Österreicherin nur zu sporadisch in Fernsehfilmen und Kriminalserien zu sehen. Einem bestimmten Muster entsprechend, war auch Seidel schnell auf einen bestimmten Typ Frau festgelegt, den sie stets überzeugend performen sollte. Ihre Stärken entwickeln sich jeweils in der Modifikation ähnlicher oder gleicher Anlegungen, sodass Signe Seidel zu den erfrischend unberechenbaren Frauenfiguren innerhalb ihrer kurzen Schaffensperiode zählt, welche leider nur 15 Auftritte in TV und Kino umfasst. Schaut man sich die verschiedenen Einsatzgebiete der Interpretin an, scheint es so zu sein, dass es nicht sehr variable Angebote gegeben hat, denn sie verkörperte häufig den gleichen Frauentyp, und zwar den der gehörnten und hörnenden Ehefrau, Sekretärin oder Einzelgängerin, die nicht selten über charakterliche Abgründe verfügt. Bemängelt man die Variabilität, so bezieht es sich nicht auf Signe Seidels erfrischendes Repertoire, denn es lag stets innerhalb ihrer Möglichkeiten, ihre jeweiligen Personen mit frischem und vor allem unterschiedlichen Blut und Temperament zu versorgen, sodass man immer wieder ein neues Gesicht oder eine Maske von ihr kennenlernen durfte. Hauptsächlich prädestiniert für Darbietungen aus dem Hinterhof der Sympathien, transportiert sie ihre teils schwer zu durchschauenden Charaktere sehr glaubhaft, stichhaltig und trotz vieler Zweifel und Skepsis greifbar, gehört jedoch naturgemäß nicht oft zu den strahlenden Heldinnen des Business, sondern den unbequemen, unsentimentalen, teils unbeteiligten Personen, denen man mit einem gesunden Sicherheitsabstand begegnet, sie jedoch ebenso anziehend und interessant findet. Faszination wie diese geht oft von Schauspielerinnen aus, die in ihrer TV-Präsenz unterrepräsentiert waren, aber viele Rollen glaubhaft hätten vermitteln können.

So ist es überaus schade, dass der deutsche oder internationale Kinofilm die Möglichkeiten etwaiger Verpflichtungen nicht wahrgenommen hat, wobei auch immer die Frage besteht, inwieweit jeweilige Interpreten einfach ihren eigenen Präferenzen oder bestehenden Verpflichtungen nachgegangen sind, wie beispielsweise Theater oder Fernsehen. Im Fall Signe Seidel hat man es trotz einer zwölfjährigen Spanne nur mit sporadischen Saisonauftritten zu tun, sodass sich beim ungezielten Blick kaum ein hoher Wiedererkennungswert etablieren kann. Obwohl Auftritte insbesondere bei "Der Kommissar", "Das Kriminalmuseum" oder "Hamburg Transit" ein breites Publikum erreichen konnten, fehlen die die erinnerungswürdigen Rollen, an denen Schauspielerinnen genau wie an der Quantität ihres Schaffens gemessen werden. Signe Seidel bietet einen hoch interessanten Typ Frau an, der nur schwer zu durchschauen ist. Umgeben von kühler Zurückhaltung, kommt es nur selten zu emotionalen Regungen oder Ausbrüchen, die selbst dann überaus beherrscht wirken. Zwar lässt sie sich oft schlecht von Männern behandeln, aber nicht alles mit sich machen, doch auch sie ist mitunter verantwortlich für das Leid und Unbehagen anderer Personen ihres Umfeldes. Frauen, an deren natürlicher Widerstandskraft sich ihre jeweiligen Gegenüber die Zähne ausbeißen sollten, wurden gerne in Serien platziert, deren Episoden nur über eine begrenzte Spielzeit verfügen. So kann sich ein Image zur halben Miete entwickeln, ohne dass das Rad neu erfunden werden muss. Ihre bekanntesten Rollen bleiben unterm Strich Nebenrollen, deren fehlende Wichtigkeit oft durch beeindruckendes Schauspiel in Sphären wahrnehmbarer Kapriolen kompensiert wird. Zwar ist Signe Seidels Filmografie schnell abgehandelt, aber es bieten sich immer nette Überraschungen und Stilelemente, die durch ihre beherrschte Art so ungewöhnlich gut platziert und prominent inszeniert wirken, bis sie sich wieder das Reich der vagen Erinnerungen verabschiedet.

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● SIGNE SEIDEL als FRAU DES PROFESSORS in
PARAPSYCHO - SPEKTRUM DER ANGST (D|1974)



Für Signe Seidel markiert "Parapsycho - Spektrum der Angst" ihren ersten Kino-Einsatz, wenngleich es sich um keine tragende Rolle handelt. Allerdings ist zu betonen, dass das Szenario durch eben diesen kurzen Auftritt maßgeblich beeinflusst wird, und das in einer radikalen Art und Weise. Peter Patzaks Film ist durchzogen mit Schauspielern der Österreich-Connection und es ist wahrscheinlich, dass der Regisseur die Geschichten gezielt mit Landsleuten ausstaffiert hat, was sie unterm Strich einen zusätzlich spürbaren Reiz verleiht. Signe Seidel eröffnet die zweite Episode namens "Metempsychose" und tut alles dafür, die angekündigte Seelenwanderung zu aktivieren. Der Verlauf lässt es zwar offen, ob dies in ihren Absichten lag, aber die unmittelbaren Beteiligten wie ihre Familie, die Nebenbuhlerin und sie selbst werden die Konsequenzen hautnah zu spüren bekommen und damit leben müssen - oder eben nicht. Signe Seidels erste Szene zeigt sie vor der Universität, im Auto mit ihrer Tochter wartend. Auffällig ist ihre völlig nervöse, resignierte aber gleichzeitig entschlossenen wirkende Körpersprache. Sie wartet auf den richtigen Moment und hält nichts mehr von weiteren Kompromissen. Erstaunt nimmt man Seidels Äußeres wahr, denn sie ist aus ihren TV-Auftritten als anderer Typ Frau in Erinnerung geblieben. Auch optische Veränderungen lenken die Aufmerksamkeit auf eine reifer gewordene Frau, deren unverkennbare und eindeutig angelegte Gesichtszüge in dieser Geschichte nichts Gutes verheißen. Verzweifelt legt sie ihren Kopf auf das Lenkrad der schönen Déesse, ihre Tochter blickt erwartungsvoll zum Eingang der Universität, vor dem ihr Vater anschließend mit seiner Freundin zu sehen ist, und von der er Verständnis für seine Situation erwartet. Im Wagen bekommt seine Frau direkt die Frage gestellt, was sie denn habe, da er mit keiner Silbe begrüßt wird. Was folgt, ist eine ignorante Rede eines zweigleisig fahrenden Mannes, der die Realität nicht richtig deuten will.

Für unumstößliche Gewissheiten wird seine eigene Ehefrau sorgen, denn sie ist nicht mehr bereit, die Lügen und Heimlichkeiten mitzutragen und auszuhalten, aber vor allem das Vorspielen einer Normalsituation, die längst nicht mehr existiert. Im Grunde genommen beschleunigt William Berger die Situation mit seiner wenig feinfühligen Konversation. Er stellt beruhigende klassische Musik im Radio ein, spricht über den bevorstehenden Urlaub der Unbeschwertheit, bis er seine Frau maßregelt, doch nicht so schnell zu fahren. Mit jeder Anweisung wird ihr Fuß immer bleierner und auch der Verweis auf die Sicherheit der gemeinsamen Tochter hält sie nicht davon ab, den Wagen mit voller Geschwindigkeit gegen einen Baum zu setzen. Signe Seidels Paramezzo dauert etwa drei Minuten Brutto-Spielzeit und kann trotz des schnellen Endes für großes Aufsehen sorgen, da man ihre Figur zunächst als Wurzel allen Übels identifiziert. Anteilnahme an ihrer Situation hätte man ohne die drastische Herangehensweise vermutlich gehabt, denn ihr Mann ist das, was man nicht gerade als sympathisch identifizieren möchte. Der Plan des erweiterten Suizids stößt allerdings auf Verachtung beim Publikum, denn unter anderen Umständen hätte man alles Verständnis für die geprellte Frau aufbringen können. Signe Seidels Auftritt ist für Fans natürlich eine erfreuliche Angelegenheit, allerdings lässt sich aus dieser Rolle nicht so viel Kapital wie üblich schlagen, zumal sie ohne Text vonstatten geht. In ihrem Gesicht ist allerdings der Hass und die Verachtung abzulesen, und man weiß gleich zu Beginn, dass sie zum Äußersten bereit sein würde. Die folgenden Szenen werden staccato von Regisseur Patzak delegiert, das Ende einer Beziehung wird gleichzeitig zur kleinen Herausforderung für Requisite und Maske, und es bleibt der Eindruck, dass sich auch aus kleineren Rollen ohne vielleicht große Gewichtung viel herausschlagen lässt. Signe Seidel bleibt überdies schon alleine thematisch gesehen in der gesamten Episode präsent.

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Re: SIGNE SEIDEL

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● SIGNE SEIDEL als HELGA VOLLMER in
DER KOMMISSAR - DAS UNGEHEUER (D|1969)



Kriminalserien oder laufende Formate, die immer wieder auf variierende Gastdarsteller zurückgreifen konnten, bringen es mitunter zu Auftritten, die schon alleine wegen ihrer Seltenheit hochinteressant sind. Die Serie "Der Kommissar" kann sicherlich von sich behaupten, dass sie eine Art Vorreiterrolle inne hatte, rekrutierte sie doch immerhin Mitwirkende aller möglichen Bekannheitsgrade. In der 14. Folge kommen Kenner in den Genuss eines der seltenen Auftritte der österreichischen Schauspielerin Signe Seidel, die seinerzeit mit dem verantwortlichen Regisseur Dietrich Haugk verheiratet war, und in der Serie ihren ersten von zwei Auftritten absolviert. In "Das Ungeheuer" hinterlässt sie einen absolut bleibenden Eindruck, da sie sich weder leichtfertig als Sympathieträgerin noch als Verdächtige anbietet, sondern sozusagen in ihrer Komfortzone bleibt, die eher zu einer Grauzone wird. Als Frau Vollmer die Szenerie zum ersten Mal betritt, weiß man relativ schnell, was die Stunde geschlagen hat, beziehungsweise mit wem man es zu tun hat. Zumindest glaubt man es zu wissen, da sie sich in unmissverständlicher Art und Weise als Anklägerin präsentiert. Bei dem designierten Angeklagten handelt es sich um keinen Geringeren als ihren eigenen Ehemann, den sie verantwortlich für eine Ehe zwischen Langeweile und Farce macht und sich nicht von der Idee abbringen lässt, ihren Mann als Mörder auzuliefern - egal ob es letztlich stimmt oder nicht. Dass sie einen Liebhaber aus ihrer Siedlung hat, ist ein offenes Geheimnis, und als ihr Mann ihr das Stichwort gibt, ihm doch ein wasserdichtes Alibi zu verschaffen, stellt sie sich demonstrativ dagegen. Hier sieht man eine besondere Lust in ihren Augen und es wird schnell klar, dass sie bereit ist abzurechnen. »Meine Frau hat mich gesehen. Warum sagst du nicht, dass du mich gesehen hast? Ja du hast mich doch gesehen, vom Küchenfenster aus!« Schulterzucken.

Es ist davon auszugehen, dass Herr Vollmer - der übrigens hervorragend von Paul Edwin Roth dargestellt wird - sogar die Wahrheit sagen könnte, deren Bestätigung daher von seiner Frau verlangt, doch diese wittert ihre Chance, beziehungsweise einen Freifahrtschein für ihn direkt in den Knast, falls sie es nur geschickt genug anstellte. Möglicherweise möchte sie den ausgedienten Gatten auch nur quälen und ihm all das heimzahlen, was sie in den Jahren aushalten musste. Signe Seidel lässt ihre Figur vor allem verbal schwere Geschütze auffahren, was sie allerdings auch darstellerisch tut: Eine Frau mit eiskalter Körpersprache, die ihren Mann respektive Fehler mit verhasster Mimik aufs Schafott schicken will. Signe Seidel überrascht mit ungefilterter Direktheit und breiten Hilfsangeboten in Richtung der Polizei, die wie geplante Torpedos wirken und vor allem ungläubig zur Kenntnis genommen werden. Gehüllt in eine Silhouette, die nichts anderes demonstriert, als dass sie ihre Hände in Unschuld wäscht, sieht sie genüsslich dabei zu, wie sich die Schlinge um den Hals ihrer einst besseren Hälfte immer enger zuzieht. Als es die ersten Schläge setzt - die davon abgesehen keine Premieren darstellen dürften - kommen offene Drohungen retour, sodass man vor allem nur noch eine zu allem entschlossene Frau sieht, die nicht länger dazu bereit ist, Kompromisse einzugehen und sich demütigen zu lassen, womit sie sich eindeutig und vollkommen offensiv gegen das grassierende Kleinbürgertum stellt, welches die Siedlung charakterisiert. So sieht man in ausgewählten Momenten ein Funkeln in ihren Augen sowie eine wilde Angriffslust und abgrundtiefe Verachtung, die viel zu lange eingekapselt war und jetzt für drastische Verhaltensweisen sorgt. Die ohnehin hervorragend besetzte 14. Folge bietet letztlich viele Präzisionsauftritte, unter denen Signe Seidels Leistung vielleicht am überraschendsten wirkt.

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Re: SIGNE SEIDEL

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● SIGNE SEIDEL als BRIGITTE MARGRAF in
DER KOMMISSAR - BESUCH BEI ALBERTI (D|1971)



Eine Frau zeigt sich verwundert über die scheinbar belanglosen Fragen, die sich aus Heines' Rekonstruktion des Abends ergeben, an dem sich der Mordfall Alberti abspielte. Fräulein Margraf, die Sekretärin und gleichzeitig Vertrauensträgerin der Firma, wirkt unwissend, aber keinesfalls konsterniert, immerhin hat es ihren Chef erwischt, der von Carl Lange in kurzen Sequenzen als rücksichtsloser Befehlshaber gezeichnet wurde, seine Ermordung somit wie ein Magnet angezogen hat. Der Kreis der Verdächtigen ist klein in diesem Vakuum, doch gehört Brigitte Margraf auch zu dieser Gruppe von Personen, die zu einem Mord fähig wären? Die Crew um Kommissar Keller wird es in "Besuch bei Alberti" klären, doch zunächst geht es mit den Erhebungen weiter. Albertis Sekretärin wirkt angespannt und es ist genaustens wahrzunehmen, dass sie die scheinbar unwichtigen Fragen über sich ergehen lässt. Gleichzeitig lässt sich aufgrund der Art ihrer Antworten feststellen, dass diese choreografiert wirken, denn Vieles kommt, ohne groß darüber nachzudenken viel zu schnell aus ihr herausgeschossen. Der Ermordete habe keine Feinde gehabt, die Sekretärin wisse von nichts, außerdem habe niemand etwas gesehen. Signe Seidel formt ihren zweiten "Kommissar"-Auftritt völlig anders als den Vorgänger, da sie hier nicht sprechen will oder darf, obwohl sie sicherlich etwas zu sagen hätte. Sie bietet dem Publikum eine nervöse Anspannung und Form der bedingungslosen Loyalität einem Toten gegenüber an, die hellhörig werden lässt. Dass es kurz nach Eintreffen des neuen Geschäftsführers eine signifikante Gehaltserhöhung gegeben hat, damit nicht über geschäftliche Dinge geredet wird, spricht Bände. Die elegant wirkende Fräulein Margraf scheint aber auch ohne diese Finanzspritze recht gut situiert zu sein, immerhin muss man Geheimnisträger und Mitwisser gut bei Laune halten. Beinahe erleichtert nimmt sie zur Kenntnis, dass die Polizisten sie mit den Befragungen in Ruhe lassen und sich an anderen Gesprächspartnern festbeißen.

Es stellt sich allerdings die Frage, wer bei wem auf Granit beißt. Die Frau des Ermordeten ist ein wenig mitteilsamer Eisblock, der neue Geschäftsführer ein Schoßhund, und die Sekretärin stellt sich nach wie vor schwer von Kapee, obwohl sie alle Fragen bereitwillig beantwortet, wenngleich dies so vage wie möglich oder befohlen vonstattengeht. Signe Seidel - deren Filmografie zwar schmal wirkt, aber durch zahlreiche Gastspielreisen ausstaffiert wurde - wirkt in ihrer gespielten Unsicherheit überaus sicher und solide. Es ist angenehm zu sehen, wie sie mit ihrer wohlklingenden Stimme spielt, außerdem ihren Blicken, die sich in der Peripherie festhaken und ein natürliches Desinteresse während den Befragungen dokumentieren, weil sie Fragen und Antworten ohnehin zu kennen scheint. Am Ende wird sie nur wie eine Schachfigur hin- und hergeschoben, ohne dabei allerdings den Anspruch zu haben, mehr aus der Situation herausschlagen zu wollen. Vor der Frau ihres Chefs kommt es zu Rechtfertigungen, denn man habe sie abgeholt. Eigentlich wollte sie betonen, dass sie für die ganze Situation nichts kann und dass kein falscher Eindruck entstehen soll, doch Frau Alberti gibt ihr die schnelle Absolution, dass alles gut sei. Im Grunde genommen ist die Markgraf eine auf das Funktionieren programmierte Maschine, die Anweisungen braucht und sie ohne zu hinterfragen ausführt. So zeichnet Signe Seidel ein gängiges Klischee der Sekretärin, wie man sie sich vielleicht vorstellte. Da sie sich trotz ihrer Attraktivität außerhalb des Radius der Geliebten des Chefs bewegt - zumindest wurde dies nicht thematisiert - braucht es eine bedingungslose Handlangerin für Aufträge jeglicher Art. Da man ihr das Denken nicht abgewöhnen kann, muss sie stets gut behandelt werden und die gegenseitige Geschäftsbeziehung steht auf den tönernen Füßen ungeschriebener Gesetze. Signe Seidel löst diese Aufgabe innerhalb der begrenzten Auftrittsdauer beeindruckend bis präzise, eben so, wie man es von einer zuverlässigen Sekretärin erwarten würde.

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