KRISTA KELLER

Leinwandsternchen und verkannte Stars im Blickpunkt
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Prisma
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KRISTA KELLER

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KRISTA KELLER

[*16. April.1931 | † 08. Oktober 1988]

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Wikipedia hat geschrieben:
Trotz einiger Engagements bei Fernsehen und Film, wurde Krista Keller vor allem durch ihre Bühnenarbeit bekannt, die sich von den Münchner Kammerspielen über das Deutsche Schauspielhaus Hamburg bis hin zu m Deutschen Theater in München erstreckte, um nur wenige prominente Stationen zu nennen. Als gefeierter Bühnenstar bevorzugte sie auch das geschützte Setting der Fernsehproduktionen und stand für das Kino ihrer Zeit kaum zur Verfügung. In bekannten Vorabend- und Kriminalserien konnte sie mitunter ein Millionenpublikum mit nicht alltäglichen Rollen erreichen, begeistern bis provozieren, sodass eine Interpretin in Erinnerung bleibt, die das Zeug zum Polarisieren hatte, wenn man sie gewähren ließ. Durch ihre Heirat mit einem italienischen Fürsten Ende der 50er Jahre, führte sie den Titel Principessa. Im Alter von nur 42 Produktionen und 57 Jahren verstarb die begabte und temperamentvolle Interpretin, die auch als Theater-Regisseurin aktiv war, und wurde in Taormina im Familiengrab beigesetzt.


An ihren Rollen werdet ihr sie erkennen! Sicherlich gibt es viele Interpretinnen, auf die dieser Satz en detail zutreffen möchte, doch bei der Auseinandersetzung mit Kristina Rosso Keller Principessa di Cerami - die im Jahr 1959 einen sizilianischen Fürsten heiratete - scheint es beinahe so, als wäre er für sie persönlich erschaffen worden. Hauptsächlich bekannt unter ihrem Namen Krista Keller (-Di Cerami), blickt man retrospektiv auf eine klassische, für spezielle Rollen gerne gebuchte TV-Darstellerin und einen großen Star der Bühne. Ihre 42 Produktionen umfassende Karriere beinhaltet lediglich zwei Kinofilme, in denen sie in jüngeren Jahren zu sehen war, bis sich mit Theater und Fernsehen ihre Domäne eröffnete. Keller gilt auch heute noch als kühne Dramatikerin und Virtuosin der Emotionen, die immer bereit war, noch ein bedeutendes Stück mehr als The Edge anzubieten. Ein teils irritierendes Schauspiel zwischen (Alp-)Traum und Realität, Eruption und Erdung, Verkettung und Befreiung machte die im Jahr 1931 in Hindenburg geborene Darstellerin zu einer berüchtigten Erscheinung, die einen jederzeit unerwartet packen und kassieren konnte. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie die großen Figuren der Weltliteratur interpretiert und den Brettern, die die Welt bedeuten, zu einer neuen Dimension verhilft, oder ob sich Keller in bekannten deutschen Krimi-Serien einen Namen macht, welchen man so schnell nicht wieder vergessen wird. Krista Keller ist ein seltenes Exemplar, ein Phänomen, das man nicht oft in der Branche antreffen sollte, oder bis heute antrifft. Ihre Art der Interpretation wirkt wie ein Rundumschlag und eine Misportionierung dessen, was nicht gefordert ist. Immer ein bedeutendes Stück mehr offerieren - was viele lediglich als Overacting abtun würden - verschreckt und schüchtert ein, insbesondere, wenn man als Zuschauer auf eher konventionelle Eindrücke aus ist. Unter diesen Umständen entfaltet sich ein teilweise nervenaufreibendes und absolut forderndes Spektakel, das manchmal nicht zum Ambiente, zu der Geschichte oder vor allem den eigenen Erwartungen passen möchte. Dies stimmt allerdings nur scheinbar, denn Krista Keller wird stets alles wieder in Einklang bringen, indem sie einfache Lösungen anbietet.

Unbequeme, nicht sonderlich sympathische und hysterische bis neurotische Personen sollten zu ihrer beispiellosen TV-Domäne avancieren, sodass man bei Interesse und Bewunderung für diese hoch interessante Frau beinahe enttäuscht zurückbleibt, wenn sie zu normal oder angepasst wirkt. In der Regel lässt sie sich nicht durch entsprechende Dramaturgien, Regisseure oder beteiligte Personen unterwerfen, schon gar nicht durch den Zufall. Es entwickelt sich eine beeindruckende Dominanz und Vereinnahmung von Kontrahenten und Spielpartnern, die dem Empfinden nach permanent damit beschäftigt sind, die Keller zu fassen zu kriegen oder zu verstehen, zu bändigen und zu maßregeln. Vielleicht ist der tatsächliche Verlauf ihrer Karriere nur ein Spiegelbild dessen, was man eben nicht mit ihr veranstalten konnte, sodass der Eindruck bestehen bleibt, es hätte sich vielleicht noch mehr daraus machen lassen. Allerdings bleibt die aufregende Gewissheit, dass sich Krista Keller für keinen noch so waghalsigen Ritt auf der Rasierklinge, Spagat auf dem Drahtseil oder das buchstäbliche Erbrechen nicht salonfähiger oder verkapselter Emotionen und Geheimnisse zu schade war. Die kollidierende Aufwertung zahlreicher Episoden in deutschen TV-Serien mag sich vielleicht die Waage mit einer empfundenen Abwertung der Geschichten halten, da sicherlich nicht jeder auf so viel Drive vorbereitet ist. Im Nebeneffekt ausgestattet mit einer von Gefahren umwitterten Attraktivität und Intelligenz, bleiben Filmfiguren in Erinnerung, die vielleicht niemand sonst so hätte formen können. Als Gesprächspartnerin oft patzig, schnoddrig, völlig blasiert, sich naiv stellend oder betont unbeeindruckt agierend, ergeben sich bedeutende Unterschiede als Wortführerin; eine Position, in der sie andere verstummen lässt. Es gibt wahrscheinlich keine andere TV-Schauspielerin, die nach persönlichem Ermessen eine solche Pionierarbeit geleistet hat, wie Krista Keller-Di Cerami, da sie sich in künstlerisch-komplexe Sphären begibt und einfühlt, die von anderen gemieden oder erst gar nicht angeboten wurden, was auch sicherlich mit der bloßen Nachfrage zu tun hatte. Außerdem scheint es, als habe Keller manche dieser benannten Sphären erst eigens für sich erfunden. Eine Ausnahme-Interpretin!

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Arronax
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Re: KRISTA KELLER

Beitrag von Arronax »

Ja, sie war eine interessante Künstlerin. Mir ist sie zweimal aufgefallen, einmal in der KOMMISSAR-Folge EIN AMOKLAUF, wo Götz George ihr vorwirft, eine Nymphomanin zu sein und vor anderen Leuten nackt herumzulaufen, dann in einer frühen DERRICK-Folge, wo sie die Mutter eines Sohnes mit einem großen Problem spielt und ihm ein Alibi geben will. Wirklich schade, dass sie so wenig gefilmt hat und auch noch so früh verstorben ist.

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Prisma
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Re: KRISTA KELLER

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Arronax hat geschrieben:
Fr., 30.09.2022 05:45
in der KOMMISSAR-Folge EIN AMOKLAUF, wo Götz George ihr vorwirft, eine Nymphomanin zu sein und vor anderen Leuten nackt herumzulaufen, dann in einer frühen DERRICK-Folge

"Ein Amoklauf" habe ich die Tage auch nochmal gesehen und fand insbesondere das Zusammenspiel von Krista Keller und Götz George hervorragend. Eine starke Folge, die viel an zwischenmenschlicher Eigendynamik zulässt und es drauf anlegt, dass die Episoden-Gäste ihre schmutzige Wäsche waschen. Beide fangen ja auch an zu trinken und bei dieser Gelegenheit kam mit der Gedanke, dass Krista Keller ideal für die Titelrolle in einer möglichen deutschen Verfilmung von "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" gewesen wäre. Als Partner könnte ich mir sogar Götz George vorstellen. Hätte sicherlich eine Explosion nach der anderen gegeben. :mrgreen:

Arronax hat geschrieben:
Fr., 30.09.2022 05:45
in einer frühen DERRICK-Folge, wo sie die Mutter eines Sohnes mit einem großen Problem spielt und ihm ein Alibi geben will.

In "Der Tag nach dem Mord" spielt sie auch großartig als Mutter, die nur auf dem Papier existiert. Wahrscheinlich wäre der Schlagabtausch zwischen ihr und Alexander Kerst auch noch schmutziger ausgefallen, wenn die beiden nicht wegen der fatalen Situation hätten zusammenhalten müssen. Das waren genau die richtigen Rollen für die angriffslustige Interpretin. Einer meiner Favoriten ist und bleibt "Verena & Annabelle" aus "Der Alte" mit Christa Keller in zweifacher Potenz.

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Prisma
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● KRISTA KELLER-DI CERAMI als VERENA MOLDAU in
DER ALTE - VERENA UND ANNABELLE (D|1977)



Eine Doppel- oder Zwillingsrolle als Epizentrum der Verwirrung hat schon so manche Geschichte vorhersehbar, überladen und unglaubwürdig aussehen lassen, konnte bei origineller Bearbeitung und guter narrativer Voraussetzungen aber auch zum Volltreffer werden. In dieser neunten Folge aus der Serie "Der Alte" kommt es vielleicht zunächst einmal sehr stark darauf an, wie man zu Krista Keller-Di Cerami in dieser doppelten Potenz steht, da sie wie kaum eine andere Serien-Darstellerin zu polarisieren pflegt. Überprüft man diesen nebulösen Fall, der von hysterischer Anspannung befallen ist, kann man dessen Strategie ein gutes Gelingen bescheinigen, da Regisseur Alfred Vohrer die Kätzchen nicht zu schnell aus dem Sack lässt und aktiv auf Täuschung und Verwirrung setzt. Dies geschieht praktischerweise im Auge derjenigen, die mit Verena Moldau und ihrer Schwester konfrontiert werden, die beide durch unüberbrückbare Unterschiede auffallen. Die ersten Szenen gehören Verena Moldau, einer offensichtlich gut situierten, alleinstehenden Literaturkritikerin, die - ohne sie überhaupt kennengelernt zu haben - durch ihre auffällige Nervosität auffällt. Die Zusammenhänge ergeben sich wenig später, doch zunächst erlebt man Schreckensmomente, da sie einem Giftanschlag zum Opfer fällt. Krista Keller-Di Cerami verausgabt sich in einer beinahe erschreckenden Art und Weise in diesen völlig bizarr wirkenden Einstellungen und beweist Mut zum restlosen Derangement, da ihr beispielsweise Erbrochenes aus dem Mund rinnt, sie sich vor Schmerz krümmt, aber noch genügend Zeit für eine sagenhafte Selbstinszenierung findet. Im Rahmen der zu diesem Zeitpunkt noch jungen Serie hat man bis dato bestimmt noch nichts Vergleichbares gesehen und danach sicherlich auch nicht alle Tage. Es stellt keine Indiskretion dar, zu verraten, dass Verena Moldau diesen ersten Mordanschlag überlebt und anschließend direkt von einem immer wieder ratlosen Kommissar Köster befragt wird.

Dann äußert sie einen ungeheuerlichen Verdacht, denn sie beschuldigt ihre zuletzt untergetauchte Zwillingsschwester Annabelle, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Man will kaum glauben, was man von dem sichtlich gezeichneten und apathisch aussehenden Opfer zu hören bekommt, doch sie wirkt glaubwürdig, zumal ihre Anschuldigung wie aus der Pistole geschossen kommt und Zweifel im Keim erstickt. Der Zuschauer und die Polizei müssen dabei zunächst Vorlieb mit Verenas Version und deren Täterbeschreibung nehmen, sodass sich eine angeheizte Spannung aufbauen kann, die in einem zweiten Anschlag gipfelt. Dabei ist es eigenartig, dass man als Zuschauer überhaupt nicht davon ausgeht, die ominöse Schwester jemals kennenzulernen, da auch Befragungen von Zeugen ergeben, dass man es eher mit einem Phantom zu tun hat, bis ein simpler Mechanismus in Gang gesetzt wird, und man die nächste unsicher wirkende Instanz verdächtigt, beziehungsweise deren Aussagen bezweifelt: Verena Moldau. Es kristallisiert sich heraus, dass es um Rache gehen könnte, die den positiven Nebeneffekt einer üppigen Erbschaft des in die Jahre gekommenen Onkels mit sich bringen soll, doch die zahllosen Kehrtwendungen der Geschichte lassen keine eindeutigen Gewissheiten zu. Angst und Sorge machen sich breit in Alfred Vohrers unter psychologischer Hochspannung stehender Folge, die quasi in jeder Einstellung von den Titelrollen dominiert wird, und dies in absolut rücksichtsloser Art und Weise. Krista Keller-Di Cerami darf sich dem seltenen Luxus hingeben, sich innerhalb der bestehenden Vorgaben vollkommen zu verausgaben und sich nach ihrem Willen entfalten zu dürfen. So entsteht ein sicherlich nicht ungeplantes Vakuum, das diese Geschichte prägt, allerdings wirkt das Schauspiel der Serien-Hauptrolle derartig unberechenbar, dass man sich auf alles oder vielleicht nichts gefasst machen sollte, was auf Dauer spannend-strapaziös wirkt.

"Verena und Annabelle" gilt als umstrittener Drahtseilakt, den man mögen muss, um sich restlos überzeugend unterhalten zu fühlen. Krista Keller-Di Ceramis Ausdauer und Selbstbestimmung entwickeln sich hier zu den nicht gerade unumstrittenen Themen, mit denen die Episode steht oder fällt. Selbst der Kriminalfall rückt spürbar ins Hintertreffen und ist nicht die prominente Instanz, der er naturgemäß sein sollte, da die Exaltiertheit und Eruptionen einer Schauspielerin alles beherrschen werden, auch den oftmals sichtlich genervten und ratlosen Kommissar Köster, der ja immerhin noch einen potenziellen Mordfall zu klären oder zu vereiteln hat. Die Principessa setzt alle möglichen Hebel in Bewegung, um in die Serien-Geschichte einzugehen, und dabei erscheint es ihr völlig gleich zu sein, ob das Publikum einen positiven oder negativen Eindruck zurück behält. Es ist als großes Glück zu bezeichnen, dass deutsche Krimiserien der Interpretin immer wieder die große bis merkliche Bühne überließen, vorzugsweise um verschlüsselte Personen auszubuchstabieren. Das Handwerk der Krista Keller-Di Cerami greift dabei auf ein meistens ähnliches Repertoire zurück, denn ihre Personen legen es darauf an, andere abzuschrecken, zu schockieren, aber nie zu langweilen. Verena Moldau gerät über die Spielzeit der Episode verteilt nicht nur einmal in die Verlegenheit, dass man ihrer Version der Geschichte nicht Glauben schenken möchte, zumal es auch zu viele Ungereimtheiten zu geben scheint. Dennoch fiebert man spätestens nach Auftauchen der Wurzel des geschilderten Übels mit der verängstigten Dame mit, zumal sich die Anschläge häufen. Krista Keller-Di Ceramis Hysterie, Waghalsigkeit und Impulsivität formen diese Folge wie weichen Ton, der nur in ihre eigene Fasson gebracht werden kann, und am Ende bezweifelt sogar das Publikum, ob Köster diese Frau in irgend einer Weise gebändigt bekommt. Es bleibt eine hochklassige Expertise der quirligen und Unruhe stiftenden Interpretin.

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Prisma
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● KRISTA KELLER-DI CERAMI als ANNABELLE MOLDAU in
DER ALTE - VERENA UND ANNABELLE (D|1977)



Immer wieder kommt der Name Annabelle zur Sprache, der seit Jahren verschwundenen Zwillingsschwester der Literaturkritikerin Verena Moldau, und nach fortlaufender Zeit macht sich im Publikum die Befürchtung breit, dass sie überhaupt nicht mehr existiert. Verena erhebt schwere Anschuldigungen gegen ihre Zwillingsschwester, die angeblich schon mehrere Mordanschläge auf sie verübt haben soll. Der Zuschauer zweifelt nicht zuletzt wegen Krista Keller-di Ceramis unberechenbaren Performance, sondern auch wegen der Tatsache, dass etliche Zusammenhänge fehlen, oder erst gar nicht zusammenpassen wollen. Dann - nach weit über zwanzig Minuten - taucht Annabelle tatsächlich auf, und es wird nur zwei Fraktionen geben: Diejenigen die behaupten, sie haben es stets gewusst und die anderen die verschweigen, dass sie es nicht gewusst haben. Der erste Weg der lange vermissten Frau führt zu ihrem abgelegten Liebhaber, der offenbar mit beiden Schwestern liiert gewesen ist und sich dafür nicht einmal geniert. Mit ihrem Partner Heinz Drache entwickelt sich eine beinahe unangenehme Gesprächsdynamik, die eindeutig von Annabelle diktiert, aber durch Werner Preuss' Anzüglichkeiten immer wieder gestört wird. Man stellt sich die aufrichtige Frage, was diese Dame eigentlich genau will, die immer wieder davon spricht, ein Problem besprechen zu müssen, es aber noch etwas wegschieben wolle. Preuss scheint dabei taube Ohren zu haben, da er sich zu sehr von der extravaganten Optik seines Gegenübers gerne ablenken lässt. Vergleicht man die Schwestern miteinander, so kommt es zu einem himmelweiten Unterschied und das nicht nur im Rahmen der Erscheinung, sondern auch der charakterlichen Eigenschaften. Annabelle, wirkt auf den ersten Blick elegant, allerdings in einer merkwürdig verspielten Art und Weise, wegen der man denkt, dass sie sich mit allen Mitteln als Hingucker präsentieren muss, was offensiv auf Werner Preuss abgezielt ist.

Zusätzlich erscheint sie überaus mondän, und als sie berichtet, dass sie sich die letzten Jahre hauptsächlich in Fernost gelebt hat, ist auch ohne Erklärungen sicher, dass es sich um ein Lotterleben gehandelt haben dürfte. Dem Anschein nach lässt sie sich gerne von wohlhabenden Männern aushalten, auch ihren Ex-Liebhaber spricht sie ganz unverblümt auf dessen Vermögensverhältnisse an. Es scheint, dass derartige Sondierungsgespräche für sie üblich sind, bevor man sich schließlich näher kommt und einigt, was Annabelle stets selbst in der Hand zu haben scheint. Ihre Art wirkt bemerkenswert oberflächlich und kaltschnäuzig, aber ebenso bestimmend, resolut und gleichzeitig ausweichend. Ihr ehemaliger Freund bildet sich ein, alte Amouren wieder aufleben lassen zu können, doch merkt zu keinem Zeitpunkt, auf welchem falschen Dampfer er sitzt. Annabelle Moldau fragt ihn über ihre Schwester aus, was sie ein Stück weit rehabilitiert, denn wenn sie die Anschläge selbst verübt hätte, wüsste sie über die privaten Verhältnisse Bescheid - so meint man zumindest. Andererseits hat die auffällig zurecht gemachte Dame auch Kreide gefressen und verwirrt nicht nur den Zuschauer auf ganzer Linie. Man muss unweigerlich an Verena Moldau denken, die einem bedauernswert und völlig labil in Erinnerung geblieben ist. Hätte man ihre Warnungen vor dem Phantom Annabelle ernster nehmen sollen, mehr über die Hintergründe erfahren müssen? Die Schlüssel liegt in der Beziehung der beiden Zwillingsschwestern und ist von erfahrenen Krimi-Fans vielleicht sogar schnell dechiffriert. Im weiteren Gespräch findet sich somit eine ganz eindeutige Tendenz, denn die Besucherin lässt die Katze schließlich aus dem Sack: »Es geht dir gut, aber du bist nicht reich. Möchtest du reich sein?« Die Antwort und das weitere Gespräch finden schließlich in Off statt und zunächst ist es das mit der Kennenlern-Show der Annabelle Moldau gewesen, die sich in beinahe unverschämter Manier selbst vorgestellt hat.

Bis es in einer zweifelhaften Bar und mit noch dubioseren Gestalten weitergehen kann, ist ihr unzuverlässiger Ex-Liebhaber längst zur Polizei gerannt, vermutlich wegen gekränkter Eitelkeit. Krista Keller-di Cerami macht ein regelrechtes Happening aus diesem Präzisions-, beziehungsweise Camouflage-Auftritt indem sie mit Hochtouren drauf los spielt, dies auch im vollen Umfang mit jedem Beteiligten und vor allem den Publikum tut. Es macht ihr sichtlichen Spaß, auch wenn sie gerade die gequälten Emotionen der Verena Moldau zu präsentieren hat, aber auch das Selbstverständnis und die Überheblichkeit der Annabelle. Dabei entsteht ein klassisches Wechselbad der Gefühle, weil es im Sinne der Dramaturgie entstehen muss. Die Interpretin bietet zahlreiche Pendants an, die wechselseitig darauf abzielen, die andere Figur zu diskreditieren. Dabei belastet nicht nur Verena ihre Schwester, sondern diese lenkt den Verdacht in kryptischen Bemerkungen kurzerhand auf sich selbst. Wie es scheint, sucht die Heimkehrerin einen potenziellen Mörder, der ihr Leben nach dem Tod der Nebenbuhlerin finanziell absichert und all die Vergeltung erhält, die ihr nach deren Ansicht auch zusteht. Keller-di Cerami zieht bei dieser eigens erfundenen und von ihr beherrschten Show alle erdenklichen Register ihres individuell gefärbten Expressionismus, der in seiner gnadenlosen Intensität verblüfft, begeistert, abstößt, aber nie langweilt. Wohin diese Reise geht, scheint Regisseur Alfred Vohrer nur noch lose vorzugeben, wenn sich die Keller selbstständig macht, dabei alle Kontrahenten aber auch Verbündete abschüttelt, um unangreifbar zu bleiben. Glücklicherweise hat man mit Köster einen bissigen Ermittler am Werk, der sich auch nicht durch Täuschungsmanöver der extremsten Sorte abschütteln lässt. Krista Keller-di Cerami prägt diese neunte Episode der Reihe wie keine Zweite, und es muss lange überlegt werden, ob Hauptkommissar Köster überhaupt jemals einer derartigen Konfrontation ausgesetzt war.

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Re: KRISTA KELLER

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● KRISTA KELLER als HANNELORE in
DER KOMMISSAR - EIN AMOKLAUF (D|1972)



»Die Frau hat ihn betrogen, jahrelang!« Mehr Informationen sind zunächst nicht über die Dame zu hören, die seinerzeit offenbar Auslöserin einer Familientragödie war, als ihr Mann versuchte sie zu ermorden. Ergebnis: die Kinder und der Schwiegervater sind tatsächlich tot, Hannelore Weissmann überlebte schwer verletzt. Der Alptraum nimmt wieder Gestalt an, als Erich Weissmann aus dem Gefängnis flieht, um vermutlich das vollenden zu wollen, was der gehörnte Ehemann damals nicht geschafft hat. Ohne sie zu sehen, schwebt Krista Keller in allerhöchster Lebensgefahr, und der Kenner weiß, dass man sich auf eine Performance gefasst machen kann, die erneut zum Staunen verleiten dürfte. In der Zwischenzeit ergeben die Befragungen von Bekannten, dass man es mit einem wohl eher schwierigen Charakter zu tun hat, manche werden sogar nicht müde erwähnen, dass es sich um ein Flittchen handelt. Regie, Beteiligte und Script bemühen sich erst gar nicht, aus dem Opfer eine Heilige zu machen, doch Krista Keller wird noch selbst die Bühne betreten, die für sie geebnet wird. Hannelore hat einen neuen Mann an ihrer Seite, was vor allem aus dem Grund verständlich ist, dass sie sich nicht nur für einen Mann alleine gemacht sieht. Paul, sozusagen ihr neuer Alter, wird von Götz George dargestellt, was eine besonders scharfzüngige Interaktion mit sich bringt, doch Keller wird es einmal mehr höchstpersönlich sein, die beinahe alle erdenklichen Register zieht. Eigenartigerweise hat man als Zuschauer wenig Mitgefühl mit dem Opfer, denn es strapaziert mit Verhaltensweisen, die irritieren und Nerven kosten. In der Zwischenzeit arbeitet sich der potenzielle Amokläufer immer weiter durch die Stadt, und man ahnt, welches Ziel er verfolgt. Als Krista Keller und Götz George die Manege betreten, geben beide zumindest rein optisch ein gutes Match ab, doch der Umgang miteinander zeichnet ganz andere Verhältnisse, bis man schnell mit den beiden die Nerven, oder eher Geduld verliert.

Es entwickelt sich eine eigenartige Dynamik, die sich aus Angst, Nervosität, Hysterie aber vor allem Schuldgefühlen zusammensetzt. Krista Keller zeichnet ab sofort ein zickiges Nervenbündel, die ihrem neuen Kerl offenbar in vielerlei Hinsicht zu Diensten ist. Auch er zuckt bei dem Gedanken zusammen, dass Erich in das Haus gelangen könnte, immerhin dachte jeder, dass er das Zuchthaus nie wieder verlassen würde. Es stellt sich heraus, dass die Affäre bereits uralt ist, man Weissmann gerne demütigte und vorführte, ihn in Situationen brachte, die den Begriff in flagranti ganz neu definieren. Hannelore soll bei diesen Gelegenheiten auf sexuelle Hochtouren gekommen sein, wenn sie genau wusste, dass sie überrascht werden würde, und somit verstärkt sich der Eindruck, dass es sich um einen Eisblock handelt. Dennoch denkt man als treuer K-Fan daran, auf welcher Seite sie im eigentlichen Sinn steht und hofft bis zum Schluss, dass es sie nicht erwischen möge. Ihr Neuer ist ein hoffnungsloser Schwätzer und Feigling, der die Hosen sichtlich voll hat. Götz George brilliert beim Ausbuchstabieren eines schwachen Charakters ohne Prinzipien, der obendrein primitiv ist; vielleicht nicht gerade primitiver als seine Partnerin, aber dennoch in diesen Sphären zu finden. Hannelore ist wie geschaffen für einen derartigen Typ Mann, der sie lenkt und deckelt, wo es nur geht. Mit Erich Weissmann muss es genau anders herum gewesen sein, was Hannelore schnell das Interesse vor allem an einem bürgerlichen Zusammenleben verlieren ließ. Wer in dieser Konstellation nach Schuld sucht, wird schnell fündig, die spannende Frage bleibt jedoch, wie die Sühne aussehen wird. Das Publikum staunt jedenfalls über eine derartig unverfrorene Frau, deren Schamlosigkeit langsam aber sicher von ihrem neuen Partner aufgedeckt wird, da er sich von jeglicher Schuld reinzuwaschen versucht. Das Szenario entwickelt sich schließlich zu einem Gerichtsverfahren im privaten Ambiente, in dem Hannelore auf der Anklagebank sitzt und die Solidarität entzogen bekommt.

Krista Keller gefällt sich erneut beim Ausloten extremer Verhaltensweisen, ob emotional oder gesellschaftlich. Man vermisst Reue, ebenso wie die Trauer über den Tod ihrer Kinder. Alles was zählt, scheint das Vergnügen zu sein, welches seine Erfüllung offensichtlich mit Paul erfahren hat. Es ist erstaunlich, dass man Krista Keller hier immer wieder dabei beobachten kann, wie sie in die Defensive gedrängt wird. Zwar kommt es zu beinahe inadäquaten Gefühlsausbrüchen, doch es verschlägt ihr auch immer wieder die Sprache, wenn Paul sie diskreditiert. Dass er sie vor versammelter Mannschaft als »verdammte Hure« bezeichnet, ist nur eine der Spitzen, die sich in der aufgeladenen Atmosphäre finden lassen. Hannelore ist an einen Typ Mann geraten, der sie zur Hörigkeit verdammt. Es scheint jedoch halb so schlimm für sie zu sein, da sie sich in gewohnter Manier austoben kann und eigentlich keine Abstriche machen muss. Am Ende wirkt Krista Kellers Darbietung vor allem aus dem Grund überraschend, da sie es dieses Mal nicht schafft, Oberhand zu gewinnen. Ihre emotionalen Kapriolen wirken vergleichsweise zahm und geregelt; Götz George werden die besseren Möglichkeiten dieser Konstellation zugedacht, was eine interessante Dynamik aufkommen lässt. Zurück bleibt eine Frau, die sich keiner Schuld bewusst sein wird, die es nicht gelernt hat, für ihre Fehler einzustehen und die emotional ein absoluter Schadensfall ist. Gerd Baltus als krasses Pendant zu Götz George und Verlierer einer unterdrückten Ehe und eines doppelten Spiels ist für den tickenden Sekundenzeiger zuständig, und bringt seine Frau Hannelore damit erstmals in die Verlegenheit, völlig hilflos zu wirken. Mit Keller ist die perfekte Interpretin für eine derartig schwer zu gestaltende Rolle definitiv gefunden, und es ist interessant, dass sie den Zuschauer überrascht zurücklässt, weil sie sich nicht obligatorischen Ausbrüchen hingibt. Auch, dass sie sich über einen Mann definieren wird, erscheint erstaunlich aber sehr glaubhaft ausgearbeitet. Wie immer perfekt besetzt.

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