PETRA SCHÜRMANN

Leinwandsternchen und verkannte Stars im Blickpunkt
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Prisma
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PETRA SCHÜRMANN

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PETRA SCHÜRMANN

[* 15. September 1933 | † 14. Januar 2010]


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Prisma hat geschrieben:
»Wenn du durchs Leben kommen willst, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder du schlägst eine ruhige Beamtenlaufbahn ein, oder du stellst dich bewusst Angst machenden Situationen!« Dies soll einst Petra Schürmanns Mutter gesagt haben. Schürmann entschied sich für die turbulentere Variante, als sie sich 1956 in einer Art Mutprobe für eine Misswahl aufstellen ließ, wurde prompt Miss Köln. Nach einigen Zwischenstationen erhielt sie im November des gleichen Jahres eine Einladung zur "Miss World"-Wahl in London, wo es bei den meisten Buchmachern hieß: »Die Deutsche hat keine Chance«. Wider Erwarten zeichnete man die Deutsche mit dem Titel der schönsten Frau der Welt aus. Ihr unterbrochenes Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte nahm sie anschließend wieder auf, ohne jedoch einen Abschluss zu machen. Mitte der Sechziger Jahre fasste Schürmann Fuß beim Bayrischen Rundfunk, und sie wurde zu einer beliebten und viel beschäftigten Ansagerin und Fernseh-Moderatorin. Alleine für die ARD und das ZDF präsentierte sie beispielsweise über 600 Sendungen. Sporadisch sah man Petra Schürmann auch als Schauspielerin, sie modelte, versuchte sich als Künstlerin und als Autorin. 1967 kam Tochter Alexandra zur Welt, was später für Schlagzeilen sorgte, da der Vater des Kindes der Arzt Gerhard Freund war, der damalige Ehemann der Schauspielerin Marianne Koch. Nach der Scheidung von Koch heirateten die beiden im Jahr 1973. 2001 kam die gemeinsame Tochter bei einem Verkehrsunfall ums Leben, der durch einen Geisterfahrer verursacht wurde. Seit dieser Zeit litt Petra Schürmann an schweren Depressionen und einer psychoreaktiven Sprechstörung. Diesen schweren Schicksalsschlag verarbeitete sie in ihrem Buch »Und eine Nacht vergeht wie ein Jahr«.


Petra Schürmann war leider eher sporadisch als Schauspielerin zu sehen, wobei ihre bekanntesten Arbeiten fürs Kino tatsächlich innerhalb der Edgar-Wallace-Reihe zu finden sein dürften, zumindest was das Erreichen eines großen Publikums angeht. Ihr Schauspiel zeichnet sich durch eine besondere Art der Bodenständigkeit aus, quasi als Kopplung aus Sachlichkeit und einem modernen Frauenbild inmitten einer auffälligen Fähigkeit sich und ihre zu interpretierenden Charaktere zu strukturieren. Ihre Überzeugungskraft schöpft sie aus ihrem überaus faszinierenden Wesen und der klassischen Schönheit, in Verbindung mit Intelligenz, Eleganz und eher kühlem, unaufdringlichem Temperament, wobei sie auch anders konnte, vor allem wenn es die jeweilige Rolle erforderte. Dies erschließt sich beispielsweise in dem sehr sehenswerten TV-Zweiteiler "Gestrickte Spuren" aus dem Jahr 1971. Petra Schürmann war schlussendlich keine Darstellerin für die Hauptrolle, denn diese Möglichkeit nahm sie vor allem als Moderatorin wahr, und so manche Anlegung ihrer Rollen und auch die Auftrittsdauer verbannen sie auf den ersten Blick sogar eher in die Kategorie des vermeintlich schmückenden Beiwerks, was sich dem Empfinden nach vor allem im Zusammenhang mit ihrem Werdegang als Schönheitskönigin ergibt. Kompetenz und Präzision sind jedoch beinahe überall gefragt, was sie auch immer sicher anbieten und herausarbeiten konnte. Dass sie unterm Strich keine größere Schauspiel-Karriere vorzuweisen hat, liegt vermutlich daran, dass sie ihre persönlichen Prioritäten setzte und dadurch nicht minder erfolgreich war, immerhin gewann das Rampenlicht durch ihre eigene Strahlkraft bedeutend hinzu. Auch als Autorin zeigte sich Petra Schürmann mehr als beachtlich, da ihr Buch »Und eine Nacht vergeht wie ein Jahr« sich mit einer erdrückenden Thematik innerhalb einer persönlichen Auseinandersetzung beschäftigt, die nicht von außen zu durchbrechen ist.

Petra Schürmanns Karriere eignet sich wegen ihrer wenigen Kino- und TV-Auftritte ebenfalls besonders gut für die Kategorie derjenigen Schauspielerinnen, von denen man gerne mehr in dieser Richtung gesehen hätte. Natürlich klingt diese Aussage nahezu vermessen, da sie als Ansagerin, Moderatorin und allseits geschätzte Gastgeberin auf roten Teppichen über Jahrzehnte sehr gefragt und anerkannt war, sich mit diesen Aktivitäten sogar einen viel größeren Namen machen konnte, als mit allem, was sich innerhalb ihrer Schauspielkarriere oder im Beauty-Bereich abspielte. Dennoch bleibt in Anbetracht ihrer Kapazitäten oft der Wunsch zurück, dass sie gerne noch breiter aufgestellt hätte sein können. Der Ruhm einer "Miss World" und vielleicht auch der eigene Ehrgeiz ebneten den logischen Einstieg in das damalige Premium-Segment des bundesdeutschen Films, sodass sie im Jahr 1960 neben Schauspielgrößen wie O.W. Fischer und Marianne Koch in der Produktion "Mit Himbeergeist geht alles besser" zu sehen war. Da die nächste Filmrolle Jahre auf sich warten ließ, ist anzunehmen, dass Petra Schürmann eine komplett auf die Schauspielerei reduzierte Rolle wohl nie ernsthaft fokussiert und in Betracht gezogen hat. Umso schöner ist es, dass es Ende der 60er bis in die frühe 70er Jahre zu einigen Auftritten kam, die eine reifer gewordene Petra Schürmann auf dem Höhepunkt ihrer Attraktivität präsentieren, nicht ohne ein breit aufgestelltes Repertoire zu zeigen. In Erinnerung bleiben somit beherrschte Verhaltensweisen einer Frau, die sich nicht gerne in die Karten schauen lässt, dabei aber deutlich zu verstehen gibt, dass sie ihren eigenen Kopf durchsetzen wird. In diesem Zusammenhang wirken die Auftritte mit einer zusätzlichen Anpassungsfähigkeit ausgestattet, die beeindrucken kann. Am Ende bleibt der distanzierte Blick auf ein Multitalent des Rampenlichts, dessen schillernde Karriere mit einem privaten Schicksal versehen wurde, das selbst der einschlägige Film nicht ausgehalten hätte.

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Prisma
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● PETRA SCHÜRMANN als CONCETTA DE ROSA in
DAS RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDS (D|I|1971)



In der End-Phase der Edgar-Wallace-Verfilmungen sollte es zu ziemlich ausgeglichenen Kräfteverhältnissen zwischen Damen und Herren kommen, wenngleich sich dieser Eindruck kaum auf eine dramaturgische Basis bringen lässt, da die hübschen Köpfe der Interpretinnen immerhin reihenweise zu rollen hatten. In diesem Zusammenhang kommt Petra Schürmann ins Spiel, die bereits in Harald Philipps Reißer "Die Tote aus der Themse" zu sehen war. Im vorliegenden Fall ist die Rolle der Deutschen ungleich kleiner ausgefallen, denn es handelt sich um eine typische italienische Frauenrolle dieser Zeit, die abseits der Hauptrollen meistens wesentlich kürzer eingeplant war. Das bundesdeutsche Kinoplakat listet Petra Schürmann unmittelbar hinter den Stars des Films Antonio Sabato und Uschi Glas, und suggeriert somit einen weitaus zeitintensiveren Auftritt als den, der letztlich zu sehen ist. Er ist in drei kleine Intervalle aufgeteilt und beträgt höchstens zwei Minuten. Für die laufende Geschichte mag die Rolle der Concetta De Rosa vielleicht nicht besonders relevant erscheinen. Dennoch ist das Konstrukt nicht so unwichtig für den Film, wie auf ersten Blick vielleicht gedacht, da sich Schürmann im unmittelbaren Radius des Mörders befindet und die Tragik der Angelegenheit anfeuert. Die Lehrerin Concetta De Rosa verlässt das mit dem Arbeitstitel "Sieben Gesichter für eine Mörderin" versehene Szenario ebenso schnell, wie sie es betreten hat. Sie stellt neben einigen anderen Beteiligten eines der losen Gesichter und unschuldigen Opfer eines perfiden Spiels dar und ist trotz der Kürze ihres Auftritts ein wichtiges Puzzleteil für eine gut funktionierende und spannende Geschichte. Es bleibt dennoch nicht aus, dass sich auch Petra Schürmann gewissen Stereotypen der Rolle der Frau im Allgemeinen zu beugen hat, denn schließlich begibt sich die ahnungslose Lehrerin in tödliche Gefahr, obwohl Rom seit einiger Zeit äußerst beunruhigt über das diffuse Agieren des Frauenmörders ist. Wieso geht die junge Frau trotz der eindringlichen Warnungen der Polizei ein tödliches Risiko ein?

Wie man umgehend erfährt, fußt dieses Agieren auf der Tatsache der natürlichen Rehabilitation, denn Concetta verfügt über keine Verbindung zum Mörder und hat keine Schuld im Sinne der Anklage. Nur so lässt sich ihr Verhalten erklären, wobei sicherlich die Komponente der aufgeklärten Pragmatikerin hinzu kommt, die sich nicht in niedere Sphären der Gedankenwelt hinein versetzen kann und sich dementsprechend nicht von potentiellen Möglichkeiten einschüchtern lässt. Nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei den Zuschauern wird eine Art Bestürzung hervorgerufen, die stets auf der Seite der unschuldigen Leidtragenden sind. Vor allem das Setting Kirche und die perfide Art der Ermordung feuern diese Eindrücke empfindlich an, während die spannende Inszenierung ihr Übriges hinzu tut. Der Schutz der Kirche hat versagt; die Obhut der Polizei ohnehin - und das in eklatanter Art und Weise. Im Tauziehen um die Wahrheitsfindung ist Petra Schürmann in diesem mörderischen Schachspiel weder an einer Rochade beteiligt, noch zählt sie zum Kreis der erkennbaren Offiziere. Vielmehr erlebt der möglicherweise entsetzte Zuschauer ein klassisches Bauernopfer, welches einen tragischen Nachhall mit sich bringt. Im Rahmen der behandelten Thematik hat schließlich nicht jede beteiligte Frau eine Schlüsselfunktion inne. Petra Schürmann ist als Teil eines Ganzen anzusehen, dementsprechend erscheint sie nicht so unwichtig, wie man zunächst ausmachen mag. Ihre Funktionalisierung trägt in der Architektur und der Gesamtheit jedoch dazu bei, sie als wichtiges Zahnrad in dieser Maschinerie zu identifizieren. Concetta De Rosa bleibt in dieser Inszenierung also ein Sinnbild für die Macht des lautlosen Todes und gleichzeitig eine Gefahr für den noch unbehelligt agierenden Killer, da ihr Leben wie jenes ihrer Leidensgenossinnen mit der unausweichlichen Wahrheitsfindung aufgewogen wird. In der Nebensache bleibt Petra Schürmann auch eines der unzähligen Filmgesichter, die in diesem Genre für die Zerstörung von Schönheit stehen, und für die vage Andeutung, einen Strick um den Hals des Mannes zu legen, welcher in letzter Instanz allerdings durch andere fester zugezogen wird.

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