PIA DEGERMARK

Leinwandsternchen und verkannte Stars im Blickpunkt
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Prisma
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PIA DEGERMARK

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PIA DEGERMARK

[ * 24. August 1949 ]

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Prisma hat geschrieben:
Pia Degermark wurde im Alter von 17 Jahren von dem bekannten Regisseur Bo Widerberg für den Film entdeckt, der ihr die Hauptrolle in seinem international mit exzellenten Kritiken ausgezeichneten Film "Das Ende einer großen Liebe" anvertraute. Ihre Rolle brachte ihr Nominierungen für den Golden Globe und den Britischen Filmpreis ein, sodass sie durch ihr fulminantes Debüt gleich zu einem der heißesten Eisen der Filmbranche avancierte. Die in Schweden und der Schweiz aufgewachsene Degermark wurde als Nachfolgerin von Ingrid Bergman gehandelt, sodass es zu weiteren Rollen in internationalen Produktionen kam. In der 1971 gedrehten Horror-Komödie "Gebissen wird nur nachts" lernte die Schauspielerin den Siemens-Erben und Produzenten Pier A. Caminneci kennen, den sie wenig später heiratete. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor. Nach der nur wenige Jahre später vollzogenen Scheidung hatte Pia Degermark bereits ihren letzten Auftritt und beendete ihre Laufbahn leider nach nur fünf Produktionen. Trotz dieser überaus kurzen Karriere ist Degermark bis heute in Erinnerung geblieben, nicht zuletzt wegen ihres doch prosaischen Schicksals im Privatleben und der schillernden Figur, die keine Unbekannte in der Regenbogenpresse war. Es bleibt eine besondere Faszination um eine Schauspielerin, deren Charaktere im Film wie ein einmaliges Erlebnis im Gedächtnis bleiben.


Bei Pia Degermark und dem zeitgenössischen Film muss es buchstäblich wie Liebe auf den ersten Blick gewesen sein, die ja bekanntlich die Zeit verkürzt. Entdeckt und gefördert von Star-Regisseur Bo Widerberg, der sie gemeinsam tanzend mit dem damaligen schwedischen Kronprinzen Karl Gustav auf einem Zeitungsfoto gesehen haben soll, gab ihr die Hauptrolle in seinem international beachteten und leider etwas in Vergessenheit geratenen Film "Das Ende einer großen Liebe", und das internationale Kino hatte seine nächste Sensation. Pia Degermark ist nicht wenigen Leuten auch heute noch ein Begriff, allerdings nicht explizit als Filmschauspielerin, sondern als irisierende Figur der Öffentlichkeit, die repräsentativ für die Wünsche, Sehnsüchte und Träume junger Frauen stand und diese auf einen Nenner bringen konnte. Betrachtet man Degerarks Einstieg in die Filmbranche, so erscheint dies ein überaus logischer Schachzug gewesen zu sein, immerhin ist der unersättliche Film stets auf der Suche nach derartig schönen und vor allem unverbrauchten Gesichtern, die zahlreiche Produktionen herausputzen dürfen. Bei der Schwedin sollte es trotz des nachweislich fulminanten Einstiegs in die Traumfabrik schneller wieder vorbei sein, als erwartet, wofür es viele Gründe gegeben haben dürfte, die vor allem im privaten Bereich auszumachen sind. Als Konsument ist man unter diesen Umständen gerne versucht, eine Art Trauer zu empfinden, da der Film bestimmt noch viele lohnenswerte Aufgaben bereit gehalten hätte, wobei sich die Frage stellt, für wen es am Ende vor allem lohnenswert gewesen wäre. Pia Degermark bleibt dem Empfinden nach als ausgewiesener Star in Erinnerung, obwohl ihre Filmografie lediglich fünf Produktionen umfasst, die heute so gut wie alle in Vergessenheit geraten sind. Dennoch bleibt ebenso eine Art Lichtgestalt mit kaum zu erklärender Aura zurück, die ihre Rollen mit einer auffälligen Struktur ausstatten konnte, die jedoch von verspielter, beinahe unbekümmerter Leichtigkeit geprägt waren, auch wenn die Geschichten unter Umständen eine andere Sprache am sprechen waren.

Ob eine Elvira Madigan oder beispielsweise eine Betty Williams; die sehr unterschiedlichen Rollen der Pia Degermark besitzen etwas so zeitlos Schönes und Verblüffendes, das einen - bei allen Schwierigkeiten es in Worte zu fassen - zum Träumen einlädt und gebanntem Hinschauen zwingt. Über ihre überaus attraktive Erscheinung müssen erst gar nicht mehr viele Worte verloren werden, allerdings strahlt sie eine Schönheit aus, die empfundenermaßen über die äußere Hülle hinauszugehen scheint. Ihre Figuren wirken dementsprechend mitreißend, packend, sympathisch und teilweise bewundernswert, sodass es unterm Strich doch sehr verwunderlich bleibt, dass es nach ihrem letzten Auftritt in einer deutschen Fernsehserie zu keinen weiteren Engagements für das Fernsehen oder das Kino mehr kam. Die Interpretin verfügt wie erwähnt über die nicht alltägliche Leichtigkeit, ihre durchaus vorhandene Aura auch zu transportieren, greifbar, beziehungsweise unnahbar werden zu lassen, sodass ihr Wesen oft unergründlich zurückbleibt. Zu sehen ist ein sanftes Wesen, dessen Körpersprache nie Aufdringlichkeit zulassen würde. So bleibt der Zuschauer ein unbeteiligter Beteiligter, ein stiller Bewunderer oder sogar ein sanfter Kritiker, der sich durch die Interpretationsgabe, in Verbindung mit einer natürlichen Leichtigkeit und Heiterkeit, schnell in die Tasche stecken lässt. Um Pia Degermark als Interpretin kennenzulernen, empfiehlt sich ihr filmisches Debüt ebenso, wie jeder andere Auftritt, es sei denn, dass die Verfügbarkeit es zulässt. Gemacht für große Hauptrollen und die Konsequenzen des Rampenlichts, bleibt zunächst eine vage Erinnerung zurück, deren Konturen zwar mit den Jahren unklarer geworden sind, die sich jedoch mit einfachen Mitteln wieder rekonstruieren lassen, da beispielsweise ein Blick auf das schöne Gesicht der Schauspielerin genügt, um sie wieder aufblühen zu lassen. So gehört auch Degermark zu der Kategorie Schauspielerinnen, von denen man gerne mehr gesehen hätte, sich aber demütig mit dem Wenigen, was sie abgeliefert hat, zufrieden gibt, weil diese Eindrücke durch ihren Seltenheitscharakter etwas Einzigartiges verliehen bekommen.

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Prisma
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Re: PIA DEGERMARK

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● PIA DEGERMARK als BETTY WILLIAMS / ELISABETH VON RABENSTEIN / CLARIMONDE in
GEBISSEN WIRD NUR NACHTS - DAS HAPPENING DER VAMPIRE (D|1971)



Die Karriere von Pia Degermark ist mit ihren nur fünf Auftritten in Film und Fernsehen schnell zusammengefasst - zumindest im cineastischen Sinn. Da ihr Debüt als Elvira Madigan auch gleichzeitig ihren Karriere-Höhepunkt markiert, wirken die weiteren Arbeiten beinahe nur noch wie gehobene Formsache, wenn sich auch wirkliche Perlen darunter ausmachen lassen. Als Wendepunkt lässt sich im beruflichen wie im privaten Sinn "Gebissen wird nur nachts - das Happening der Vampire" bezeichnen, da die hohe Messlatte der drei vorhergegangenen Produktionen hier kaum noch eine signifikante Rolle gespielt haben dürfte, und man sich lediglich den in Windeseile zum Highlight avancierten Namen zunutze machen wollte. Dies gilt natürlich auch für ihre Ausnahmeerscheinung, denn die Rollen der Betty Williams & Co. erfordern nicht nur eine große Wandlungsfähigkeit der so makellos wirkenden Schauspielerin, sondern plötzlich auch Eigenschaften, die bislang noch nicht abgerufen werden mussten. So wirkt das Triple ihrer Bandbreite sehr originell, da jeweils freche, frivole oder auch blutdürstige Tendenzen erforderlich werden, die die Interpretin mit Leichtigkeit in einem weniger düsteren als von Humor und Klamauk geprägten Ambiente offerieren kann. So ist es vollkommen egal, in welche der Rollen Pia Degermark gerade zu schlüpfen hatte, denn sie wirkt stets begehrenswert, außergewöhnlich gut aufgelegt und vor allem fähig, jede noch so bizarre Anforderung zustande zu bringen. Der Erotik-Einschlag der Geschichte verlangt es außerdem, mehr von der schönen Schwedin zu zeigen, als bislang üblich war, sodass sie als eine der wohl heißblütigsten Vampirinnen in Erinnerung bleibt, die die Kinoleinwand je heimgesucht hat. Alles was hier geschieht, kommt nicht ohne ein breites und daher vollkommen auffälliges Augenzwinkern aus, was eine Seite von ihr zeigt, die bislang nicht wirklich gefragt war, beziehungsweise sogar nicht unbedingt in Betracht gezogen wurde.

Der Zuschnitt in Freddie Francis' Film ist schlussendlich vollkommen offensichtlich und heißt zu jeder Zeit und in jeder Szene Pia Degermark, die ohne jeden Zweifel als Star der Produktion angesehen werden sollte und nach dieser überaus dynamischen Leistung auch als solche betrachtet werden muss. Ob als Filmstar Betty Williams, die ihre Star-Ruhm nicht nur genießt, sondern rote Teppiche und Kniefälle der Fans erwartet, als sexy Untote, die mit zweideutigen Offerten für Aufsehen sorgen kann, als Akt-Gemälde oder sonst wer - Degermark bleibt einer der vielleicht klassischsten Hingucker des damaligen Kinos, egal in welchem Licht sich die jeweilige Produktion präsentieren möchte. Die Hauptfigur wirkt schlicht und einfach anziehend, auffordernd und phänomenal, aber im Grunde genommen nur wenig bedrohlich, was hier sicherlich Teil einer Kalkulation ist. Die Regie verstrickt diese Eindrücke sehr geschickt in zahlreichen turbulenten Etappen, in denen die Hauptperson ihre originelle und amüsante Maskerade veranstalten darf. So ist eine positive Stimmung und Aura wahrzunehmen, sodass es zu dem Eindruck kommt, dass diese Rolle großen Spaß gemacht haben dürfte. Es ist überliefert, dass Pia Degermark ihren späteren Ehemann Pier A. Caminneci bei den Dreharbeiten zu Francis' Film kennenlernte, den Produzenten dieses Films, und dass ihre Karriere damit faktisch beendet war, auch wenn ein später Comeback-Versuch zu Buche steht, der allerdings nicht - wie man so schön sagt - an alte Erfolge anknüpfen konnte. Um Pia Degermark filmisch näher zu kommen, bieten sich alle ihre Arbeiten gleichermaßen an, da sie von sehr unterschiedlicher Färbung und Architektur sind. In "Gebissen wird nur nachts" kann man nicht zuletzt wegen ihrer Beteiligung von einem wahren Happening sprechen, das nicht zuletzt zu einem solchen wird, da es einfach zu selten dazu gekommen ist. Auch dass die Rolle sich deutlich von ihren übrigen abhebt, macht einen besonderen Reiz aus, zumal es hier deutlich offenherziger zugehen darf.

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Prisma
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Re: PIA DEGERMARK

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Der erste Beitrag der Reihe "Vergessene Künstler" befasst sich mit der schwedischen Schauspielerin Pia Degermark, einer besonders interessanten Person, die das Film-Business nur sporadisch bereichern konnte, aber mit ihrem Debüt "Elvira Madigan" einen zeitlosen Klassiker ablieferte. Mit einer Handvoll Filmen in Kino und TV erscheint es mehr als verständlich zu sein, dass sie in weitgehend in Vergessenheit geraten ist, wenngleich sich immer noch viele Leute an sie erinnern können - meistens aus diffusen Gründen, oder ohne es genau benennen zu können. Zuträglich hierbei ist sicherlich das bewegte Jetset-Leben der Schwedin gewesen, das von Tanja Stern in einer sehr angenehmen Erzählweise geschildert wird. Für die Recherche des kleinen Buches hatte die Autorin das beneidenswerte Privileg, Pia Degermark persönlich zu treffen und zu interviewen. Der filmisch interessierte Leser bekommt einerseits zahlreiche Einblicke in ihr Schaffen und die Filmwelt geboten, andererseits die Chronologie eines persönlichen Abstiegs geschildert, der teilweise nachdenklich stimmt. Ohne sentimental oder großartig wertend zu werden, stellt die Autorin Degermark mit viel Elan und Fanblut vor und erscheint dabei wie ein Äquivalent für viele Schauspielerinnen zu sein, die als designierte Weltstars gehandelt wurden und abgrundtief gefallen sind. Eine wirklich überaus empfehlenswerte Lektüre und sehr schön diese Pia Degermark - die übrigens eine hervorragende Darstellerin war - ein wenig näher kennenzulernen.

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