JÜRGEN DRAEGER

Leinwandsternchen und verkannte Stars im Blickpunkt
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Percy Lister
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JÜRGEN DRAEGER

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Jürgen Draeger wurde am 2. August 1940 im Sternzeichen des Löwen in Berlin geboren und starb am 4. Dezember 2020 in der deutschen Hauptstadt. Sein vielseitiges Talent konnte er neben der Schauspielerei vor allem in der Malerei beweisen, die ihn seit frühester Kindheit begleitet hatte und deren Feinheiten er neben dem Zeichnen und Fotografieren immer weiter perfektionierte, was zu zahlreichen Ausstellungen und Auszeichnungen führte. In den folgenden Porträts soll auf seine Leistung als Darsteller in Film und Fernsehen eingegangen werden, wobei betont werden muss, dass er bereits 1964 den Bundesfilmpreis und die Goldene Leinwand für seine Rolle in "Polizeirevier Davidswache" erhielt und zum Idol der Jugend wurde, wie mehrfache Titelbilder der Zeitschrift "BRAVO" unterstreichen und Schlagzeilen wie "Der deutsche Alain Delon" belegen.

Percy Lister
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Re: JÜRGEN DRAEGER

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Jürgen Draeger in "Scotland Yard jagt Dr. Mabuse" (1963)

Die Dreharbeiten zum fünften Dr.-Mabuse-Film der CCC von Artur Brauner fanden während der Sommermonate Juni bis August 1963 statt und sollten der Geschichte um den bundesdeutschen Verbrecher neue Impulse geben, indem die Handlung nach England - der Heimat der traditionellen Kriminalliteratur - verlegt wurde. Die Vorlage bildete der Roman "The Device" von Bryan Edgar Wallace, dem Sohn des berühmten Schriftstellers. Mithilfe eines Hypnotisiergeräts, das anderen Menschen den eigenen Willen aufzwingen sollte, plante die Verbrecherorganisation um Professor Pohland, die Macht an sich zu reißen. Willige Helfer sollten Befehle ausführen, indem sie ihre Position dazu nutzen, die Öffentlichkeit von der Legitimität ihrer Entscheidungen zu überzeugen. Jürgen Draeger übernahm die Rolle von James, dem Fahrer von Inspektor Joe Rank, der von Klaus Kinski gespielt wurde. In seiner dunklen Uniform wirkt er entschlossen, diszipliniert und düster. Wolfgang Lukschy als Ernest Hyliard tritt an ihn heran, fragt nach dem Weg zum Marble Arch und bannt seinen Willen mithilfe des manipulativen Geräts. James spurt sofort und fährt seinen Vorgesetzten und dessen Gast Inspektor Vulpius nicht zum Flughafen, sondern zur Zentrale von Dr. Pohland.

Sein finsterer Blick bleibt auf das Lenkrad gerichtet, während sein Daumen fest am Abzug einer Handgranate ruht, um diese zu betätigen, sobald man ihn überwältigen sollte. Jürgen Draeger wird zwar in den Credits nicht namentlich angeführt, kann in seiner kleinen Rolle jedoch insofern Eindruck hinterlassen, als man ihm hundertprozentig zutraut, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Sein entschlossener Gesichtsausdruck, der von der unbedingten Richtigkeit seines Handelns zeugt, verheißt Gefahr für jene, die sich nicht fügen und ihm Steine in den Weg legen wollen. Mit knappen, aber deutlichen Worten weist er seinen Vorgesetzten in die Schranken und mahnt ihn, sich ihm nicht zu widersetzen. Er wird vom Befehlsempfänger zum Anführer und macht klar, dass er nicht mit sich spaßen lässt. Neben dem gutaussehenden jungen Mann auf dem Fahrersitz wirken die beiden Polizeibeamten im Fond plump und machtlos. Gegen Mabuses willigen Helfer versagen ihre Waffen. Ihre Coolness wirkt aufgesetzt, während sie Jürgen Draeger mühelos und ohne vieler Worte transportiert. Bald sollte er seine morbide Faszination in einem ambitionierten Projekt des Hamburger Regisseurs Jürgen Roland unter Beweis stellen können, in "Polizeirevier Davidswache".
Zuletzt geändert von Percy Lister am So., 13.06.2021 12:56, insgesamt 1-mal geändert.

Percy Lister
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Re: JÜRGEN DRAEGER

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Jürgen Draeger und das Rauschen im Blätterwald - Pressespiegel Folge 1

Der Berliner erfreute sich vor allem bei den Jugendlichen großer Beliebtheit, wie die regelmäßige Berichterstattung in der "BRAVO" zeigte:

"Jürgen Draeger hat es in sich: Jede Menge Talent" - Die Jugendzeitschrift schrieb 1969 über seine Begabungen abseits seines Schauspieltalents und teilte seine Leidenschaften in fünf Kategorien ein. Der MALER erlebte "ein großes Wunder im Jahr 1960", als er drei seiner Bilder bei der Berliner Kunstausstellung einreichte und sich der Senat zwei davon sicherte, während das dritte nach Amerika verkauft wurde. Der DICHTER fühlte sich durch "die netten Briefe seiner jüngsten Fans" inspiriert und verfasste nicht nur ein Hörspiel für den Kinderfunk der RIAS, sondern auch ein Kinderbuch mit lustigen Geschichten. Der SAMMLER stöberte gern auf Flohmärkten und in Trödelgeschäften, wo er immer fündig wurde. Der TÄNZER übte sich bereits früh im Ballett und konnte durch sein Engagement im modernen Tanz auch in Musicals auftreten. Der SÄNGER musste erst ermutigt werden, landete dann jedoch mit "Halt' dein Girl" und "Du kannst alles von mir haben" schöne Erfolge.

Percy Lister
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Re: JÜRGEN DRAEGER

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Jürgen Draeger in "Hafenpolizei: St. Pauli ohne Maske" (1964)

Hamburg und sein Hafen stehen im Mittelpunkt der 39-teiligen Vorabendserie "Hafenpolizei" unter der Regie von John Olden. Die Unterlagen der Wasserschutzpolizei sind die Basis der Geschichten, die in spannender und stimmiger Weise über verschiedene Delikte berichten. Es war die Zeit der semidokumentarischen Reihen, welche keine Schnurrpfeifereien in Szene setzten, sondern wahre Fälle in teilweise prominenter Besetzung für ein breites Publikum aufarbeiteten. "Hafenpolizei" entstand zwischen 1963 und 1966 und die Liste der Mitwirkenden versammelt klingende Namen der deutschen Fernsehunterhaltung. Jürgen Draeger stand am Anfang seiner Schauspielkarriere, arbeitete aber bereits mit dem namhaften Regisseur Jürgen Roland zusammen, der ihn nicht nur für seine Kinofilme, sondern auch für seine Fernsehreihe "Stahlnetz" in Anspruch nahm. Die finstere Ausstrahlung des Berliners punktete auch in Hamburg und verlieh ihm einen Hauch gefährliche Verwegenheit, die sich immer gut machte, wenn ein junger Mann gesucht wurde, der sich in der Unterwelt behaupten konnte. Seine Auftritte in den Kinoproduktionen "Polizeirevier Davidswache" und "4 Schlüssel" fokussierten sein Image auf jenes des wortgewandten und coolen Mitläufers.

"Hafenpolizei" zeigt Jürgen Draegers Fingerübungen als Waffenschmuggler, der die literarischen Enthüllungen eines Schriftstellers über die kriminellen Machenschaften in Hamburgs Hafen auf sich und seine Komplizen gemünzt sieht. Sein misstrauischer Blick drückt Verachtung und Wachsamkeit aus, als er den strahlenden Autor im Kreise seiner Leser fixiert, die ihn eines Autogramms wegen umringen. Er kann dem "Schmierer", wie er ihn nennt, nichts abgewinnen, doch als er ihn in die Enge treiben will, kommt ihm jemand zuvor. Im Katz- und Mausspiel mit der Polizei erweist sich Jürgen Draeger anschließend als weitaus geschickter. Er täuscht zusammen mit seinem Kumpel einen Wachtmeister, indem er zunächst einen trägen Schlendrian mimt und diesem dann unvermittelt ein Bein stellt, um fliehen zu können. Mit einem bereitgestellten Wagen rasen Draeger und sein Freund am Kai entlang und springen dann aus dem fahrenden Auto, als es gilt, die Verfolger abzuschütteln. Schnelles Reaktionsvermögen und Lässigkeit zeichnen die Rolle in der NDR-Serie aus und fügen den zahlreichen Gastauftritten des vielseitigen Künstlers ein weiteres Mosaiksteinchen hinzu. Er hat sich in der Nische des unauffälligen Kleinganoven eingerichtet und zieht seinen Kopf stets rechtzeitig aus der Schlinge. Mit dunklem Charme und süffisantem Fazit versteht sich.

Percy Lister
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Re: JÜRGEN DRAEGER

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Jürgen Draeger und das Rauschen im Blätterwald - Pressespiegel Folge 2

"Wen siehst du am liebsten auf der Leinwand, wenn du ins Kino gehst?" Diese Frage stellte die Jugendzeitschrift "ok" im Jahr 1967 fünftausend Mädchen und Burschen zwischen 14 und 21 Jahren. Aus 437 genannten Star-Namen errechnete die Redaktion der Zeitschrift innerhalb von drei Wochen sieben Schauspielerinnen und Schauspieler, die in der Gunst des Publikums ganz oben standen. Es sind dies: Jürgen Draeger, Julie Christie, Pierre Brice, Marie Versini, Omar Sharif, Uschi Glas und George Nader. Jedem dieser Stars wurde eine Doppelseite an Berichterstattung gewidmet, wobei den Fans die private Persönlichkeit ebenso wichtig erschien, wie die Filme, welche die bewunderten Stars drehten. Die "Leitbilder einer ganzen Generation" verwiesen die Lieblinge aus Papas Kintopp auf die Plätze. Jürgen Draeger wird als "Rebell vom Dienst" vorgestellt, wobei besonders sein damals aktueller Film "Tod eines Doppelgängers" in Wort und Bild erwähnt wird. Die Produktion wird als seine bisher größte Chance bezeichnet. Obwohl er lässig neben einem schweren Motorrad posiert, heißt es, er sei kein Fan dieser Maschinen gewesen, weil in Brüssel bei den Dreharbeiten plötzlich die Bremsen blockierten. Sein Traum wäre ein Jaguar, erzählte der Mime und seufzte, dass eine alte Frau dafür lange stricken müsste und deshalb fahre er vorläufig noch mit dem Omnibus. Seine Karriere verfolgte der Berliner mit Bedacht und auf die Frage, ob er befürchte, niemals ganz oben ankommen zu können, antwortete er: "Ich habe mein Handwerk gründlich gelernt. Ich bin, wie man so schön sagt, besessen von meinem Beruf. Und der Erfolg der letzten Jahre hat mir doch nur Recht gegeben." Aber tief in seinem Herzen hegt Jürgen noch eine andere Sehnsucht. Er möchte singen.

Jürgen gesteht etwas zögernd: "Das würde ich wirklich wahnsinnig gerne versuchen. Aber ich will keine Schnulzen singen und mich vielleicht blamieren." Um dieser Blamage vorzubeugen, setzte er sich schließlich selbst auf den Hosenboden und fing an zu komponieren und zu dichten. Das Ergebnis: Eine ganze Reihe von Liedern. Jürgen ist bescheiden: "Zwei davon gefallen mir wirklich. Und wenn alles gut geht, wird aus dem Traum bald Wirklichkeit. Mehr kann ich noch nicht sagen, weil ich mir selbst eben noch nicht ganz sicher bin."
Die Jugendzeitschrift "ok" ergänzt noch, dass sich bereits eine Schallplattenfirma um einen Vertrag mit dem Schauspieler bemühe und stellt das Fazit, dass er im Film oft einen finsteren Gesellen darstelle, privat aber ein freundlicher junger Mann wäre. Auf den vielen ansprechenden Fotografien, die Titelblätter wie jene der auflagenstarken "BRAVO" zieren, sieht man ihn stets lächeln und seine charismatische Ausstrahlung entspricht jener, die ihn in Rollen wie jener als Lars Alnor in "Das Kriminalmuseum - Gesucht: Reisebegleiter" so unwiderstehlich machen. Der Schalk blitzt aus seinen Augen, während er schlagfertig auf alle Fragen eine Antwort weiß und seine Intelligenz verwendet, um die Anschuldigungen der Kriminalpolizei elegant zu parieren, ohne unverschämt zu werden. Die Rubrik "DAS sind unsere Filmlieblinge" der Zeitschrift "ok" stellt die sieben Spitzenreiter der Leserwahl vor, wobei Jürgen Draeger den Auftakt macht. Obwohl er auf der Leinwand "finster unter seiner schwarzen Mähne hervorblickt und das Publikum in Angst und Schrecken versetzt", ist er, wenn die Scheinwerfer erlöschen, ein junger Mann wie tausend andere auch.

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