MURDER OBSESSION - Riccardo Freda

Schwarze Handschuhe, undurchsichtige Typen, verführerische Damen und stylische Kills.
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Maulwurf
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MURDER OBSESSION - Riccardo Freda

Beitrag von Maulwurf »

Murder obsession (Riccardo Freda, 1981) 8/10

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Nach vielen Jahren der Trennung fährt der Schauspieler Michael zusammen mit seiner Freundin Deborah zu seiner Mutter, die in einem unzugänglichen und großen alten Haus lebt. Um genauer zu sein: In der Villa aus UN BIANCO VESTITO PER MARIALÉ (zumindest in Teilen davon). Es stoßen noch ein paar Freunde aus der Filmbranche dazu, und eigentlich könnte alles eitel Sonnenschein sein. Aber wer die genannte Villa kennt weiß natürlich, dass dort der Wahnsinn haust. Auf die Schauspielerin Beryl wird ein Mordversuch verübt, Deborah hat einen alptraumhaften Alptraum, in dem sie durch unterirdische Gänge hetzt, von Fledermäusen attackiert wird, und zum Schluss fast nackt und an ein Andreaskreuz gefesselt der Mittelpunkt einer schwarzen Messe ist. Michaels Kommentar zu diesem Traum: "Ich fahre ein wenig mit dem Auto herum." Und tschüß …
Michaels Mutter Glenda hat ein sonderbares Interesse an schwarzer Magie, der Regisseur Hans fotografiert alles was ihm in den Sucher gerät (was dann auch mal zu viel sein könnte), und Oliver, der Butler, vermisst beim Abendessen seine Motorsäge …

Ich habe die (italienische Raro-) DVD eingelegt, nach 3 Minuten ob der Qualität (mäßiges und auf allen Seiten beschnittenes Bild, dumpfer englischer Ton ohne Subs), wieder aufgehört, eine andere DVD eingelegt, und mir dann gedacht, dass ich MURDER OBSESSION doch eine Chance geben sollte. Bin ich froh über diese Entscheidung! Einer der Höhepunkte meiner kleinen Gothic-Giallo-Sammlung ist das, nicht mehr und nicht weniger. Der Film ist so herrlich altmodisch, als ob er in den 60ern als Gothic-Grusler gedreht worden wäre, ist dabei aber tatsächlich ein reinrassiger Giallo mit Slasher-Anleihen sowie übernatürlichen Einlagen, der in einem stilsicheren Gotik-Ambiente gedreht wurde und mit einigen nicht wirklich beeindruckenden blutigen Effekten glänzt. Mmh, bei den Effekten ist Freda irgendwie nie der wahre Jakob gewesen, und spätestens die Axt im Kopf toppt den Verkehrsunfall aus DAS GESICHT IM DUNKELN locker und reizt eher zum heftigen Kopfschütteln.
Macht aber gar nichts, denn hier ist nicht die, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt relativ vorhersehbare, Geschichte der Dreh- und Angelpunkt, sondern die Stimmung im Schloss. Wenn des Nächtens bei Gewitter eine Gestalt mit Kettensäge im Anschlag herumschleicht, wenn Silvia Dionisio in Slip und aufgerissenem Nachthemd an ein Kreuz gefesselt ist, und wenn Stefano Patrizi erzählt wie er seinen eigenen Vater ermordet hat, dann ist feingruselige Wohlfühlstimmung par Excellence angesagt. Und immerhin schafft Freda das Kunststück, in einem 10 kleine Negerlein-Thema mit 7 Personen Spannung bezüglich des Mörders zu erzeugen. Dabei wirkt MURDER OBSESSION gleichzeitig oft wie ein Streifzug durch das italienische Genrekino: SATAN OHNE GESICHT ist natürlich dabei, UN BIANCO VESTITO PER MARIALÉ habe ich bereits erwähnt, und der schimmert auch immer etwas durch, DIE MÖRDERKLINIK bietet sich in ihrem konventionellen Gothik-Ambiente als Vergleich geradezu an, und da dürfte es noch einiges geben was ich nicht erkannt habe.

Die Frauen sind durch die Bank hocherotisch, und John Richardson als Butler Oliver wirkt wie die böse Version von Lurch, dem Butler der Addams Family. Zudem erlaubt sich Freda den Luxus eines langsamen Einstiegs, was es ihm ermöglicht die Schraube peu à peu anzudrehen, und beim Showdown dann so richtig Gas zu geben. Und ich darf sagen, dass mich der Schluss eiskalt erwischt hat – Der war das Tüpfelchen auf dem I, so überraschend kam der. Absolute Empfehlung für alle, die Scardamaglias DIE MÖRDERKLINIK mochten, für alle die kammerspielartige Gialli mögen, und die mit MARIALÉ etwas anfangen konnten.

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