● ECOLOGIA DEL DELITTO / REAZIONE A CATENA / IM BLUTRAUSCH DES SATANS / BAY OF BLOOD (I|1971)
mit Claudine Auger, Luigi Pistilli, Brigitte Skay, Anna Maria Rosati, Chris Avram, Laura Betti sowie Isa Miranda und Claudio Camaso
eine Produktion der Nuova Linea Cinematografica | im Verleih der Apollo Film
ein Film von Mario Bava
»Doch manchmal gibt es ein böses Erwachen - Oder auch gar keins!« Wenn ein Trailer im Vorfeld eines Films bereits eine derartig schmackhafte Ankündigung leistet, steigert sich die Vorfreude ins Unermessliche, zumal auch die dazu passenden Bilder ihr Übriges anrichten. Vielleicht ist es immer ein wenig riskant, wenn Vorfreude und Erwartungshaltung eine derartig ungeduldige Allianz eingehen, da die Wahrscheinlichkeit proportional mitsteigt, dem Film seinen Nimbus zu nehmen, falls man nicht genau das bekommt, was der Zusammenschnitt der besten Szenen des Trailers und die eigene Fantasie suggeriert haben. "Im Blutrausch des Satans" bietet eigentlich nicht sehr viele Möglichkeiten an, dass er komplett durchfallen oder enttäuschen könnte, denn dafür bekommt man zu viel des Spektakels geboten. Mario Bava bietet ein Gesamtpaket an, das zwischen bloßem Gemetzel und phantomartiger Hintergründigkeit erstaunlicherweise sehr viel abdeckt; man muss nur für sich selbst entscheiden, was man am Ende hauptsächlich sehen möchte. Vielleicht fährt man mit dieser Angelegenheit am besten, wenn man sie einfach laufen lässt und sich nicht mit zu vielen ungestellten Fragen rund um die idyllische Blutbucht und deren Personen befasst, denn eine Auflösung der besonderen Art liefert die Regie ja immerhin selbst. Oder doch nicht? Viele Effekte und blutrünstige Bilder beherrschen den düsteren Verlauf nachhaltig, und es erweist sich als besonders gute Idee, hier ungefähr keinen klassische Sympathieträger anzubieten. Somit fällt es einem auch leichter, wenn man sich plötzlich von gewissen Herrschaften verabschieden muss, auch wenn es einem völlig unklar ist, warum gerade diese oder jene Person aufgeschlitzt, zerhackt oder erdrosselt wurde.
Die Wahllosigkeit des Mörders bringt einen bizarren Nervenkitzel in den rastlos wirkenden Verlauf, der sich den puren Luxus erlaubt, die Motivationen mancher Charaktere im Dunkeln sehen zu lassen. So ist "Im Blutrausch des Satans" wohl mehr Slasher als Horror, mehr Horror als Giallo, und mehr Giallo als erwartet, aber es bleibt selbst ohne genaue Klassifikation wirklich etwas rundum und merkwürdig Besonderes, sodass dieser Film heute zurecht einen gewissen Kultstatus genießt. Die Besetzung sieht auf den ersten Blick zwar besonders hochkarätig und in Teilen sogar überaus spektakulär aus, spielt jedoch ihre äußerst ungleichen Strategien im Handumdrehen aus. Vieles davon bleibt geheimnisvoll, schwer nachvollziehbar und wegen plötzlicher Todesfälle ungeklärt. Da anscheinend wirklich keiner der Parts als ausgewiesene Hauptrolle angelegt ist, kommt es zu einer unterhaltsamen Roulette-Funktion, die das Geschehen unerbittlich am Laufen hält. Am Ende werden es ohnehin die persönlichen Präferenzen sein, die besondere Akzente markieren werden. Claudine Auger wurde seinerzeit besonders gerne, aber auch oft verschwenderisch besetzt, und hier weiß man als Zuschauer vermeintlich schnell, mit wem man es zu tun hat. Hin und wieder gelangweilt wirkend, funkeln ihre Augen jedoch, wenn Geldgeruch in der Luft liegt. Luigi Pistilli und Chris Avram - Garanten für relativ kantige Darstellungen - schließen sich der Fraktion der undurchsichtigeren Zeitgenossen an und spielen sich wie eigentlich jeder andere auch in den Kreis der Verdächtigen, zumindest solange, bis der jeweilige Kopf rollt. Claudio Camaso ist stets ein erfreulicher Gast in unterschiedlichen Filmen, und darf hier für ein bisschen Skepsis und Verwirrung sorgen, wie andere Kollegen auch.
Merkwürdig erscheint zunächst die Mitwirkung von Brigitte Skay, die es im italienischen Film aber sogar auf ein paar größere Einsätze brachte. Erwähnenswert bleibt vor allem der Einsatz von Isa Miranda als Gräfin Donati, deren Ende gleich zu Beginn für einen großen Schockmoment sorgt. Inszenatorisch gesehen hat Mario Bava sicherlich stilvollere Arbeiten anzubieten. Was hier daher auffällt, ist das weitgehende Fehlen von Farbenpracht, da viele Einstellungen der Seele des Films entsprechend eher dunkel gehalten werden. Dabei heraus kommt allerdings eine spürbare Atmosphäre der Anspannung und Angst, da das Phantom jederzeit wieder zuschlagen könnte, und dies auch tun wird. Diese Szenen gestalten sich als erbarmungslos, blutrünstig und brutal, was sich allerdings gut als Aushängeschild der Produktion eignet. Falls man sich im Klaren darüber ist, was man hier schließlich zu sehen bekommt und was man eigentlich sehen will, ist das relativ einfache Konzept des Films beinahe wieder sensationell. Stelvio Ciprianis Musik sorgt für unterschiedliche Spannungen und Atempausen und untermalt das Geschehen stets markant und sicher, auch die schnellen Schnittfolgen tragen zu einer spannenden Atemlosigkeit bei, wenn sich auch immer mal wieder ein paar blutleere Sequenzen einschleichen. Aber die Story muss schließlich auch ein wenig aufgerollt werden. Das Finale des Films ist eine Ausgeburt des Zynismus und markiert die schwarze Seele mit noch schwärzeren Bildern, kommt dabei als abwechslungsreiches Alternativangebot bestimmt überwiegend gut an. Insgesamt bleibt zu sagen, dass sich diese passive aber nicht minder aufstachelnde Berieselung durch Brutalität, Gewalt, Sadismus, Mord und Totschlag für Anhänger der jeweiligen Genre-Fragmente auf jeden Fall lohnt, als uneindeutige Melange aber auch etwas enttäuschen kann.