DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Schwarze Handschuhe, undurchsichtige Typen, verführerische Damen und stylische Kills.
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Richie Pistilli
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DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Beitrag von Richie Pistilli »

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Die heiße Nacht der Killer (D)
Le calde labbra del carnefice (IT)
The Killer Wore Gloves (US)
Hot Lips of the Killer (UK?)
Satans last Supper (US ?)
La muerte llama a las diaz (ES)

ES / IT 1974

R: Juan Bosch
D: Gillian Hills, Ángel del Pozo, Silvia Solar, Bruno Corazzari, Stelio Candelli, Orchidea de Santis, Carlos Otero, Raf Baldassarre u.a.



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TV Erstausstrahlung: 29.6.1985 (RTL Plus)

Score: Marcello Giombini

Italo-Cinema.de

OFDb




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Nach einer eigentlich illusorischen Beobachtung im dichten Straßenverkehr Londons, kehrt die junge und aufstrebende Autorin Peggy Foster (Gillian Hills) völlig aufgelöst und verunsichert in ihr trautes Heim zurück: Peggy ist fest davon überzeugt, eine halbe Stunde zuvor ihren Lebenspartner Michael gesehen zu haben, was aber wiederum ein Ding der Unmöglichkeit darstellt, denn ihre bessere Hälfte hält sich bereits seit mehreren Monaten als Kriegsberichterstatter in Vietnam auf, wo er der glaubhaften Aussage ihrer Freundin Jackie Polianski (Silvia Solar) nach auch weiterhin zugegen sei. Somit scheint die arme Peggy einer optischen Halluzination zum Opfer gefallen zu sein, was die in ihrer Wahrnehmung völlig verfahrene Situation aber auch nicht besser macht. Obendrein hat die nervlich angeschlagene Autorin auch noch an einem weiteren, weitaus schwerwiegenderen Problem zu knabbern, denn aufgrund der längeren Abwesenheitsperiode ihres Partners ist sie zwischenzeitlich in größere finanzielle Nöte geraten. Damit wenigstens ein klein wenig Geld in die Haushaltskasse fließt, vermietet Peggy notgedrungen ein Zimmer ihres recht üppigen Appartements an einen ihr unbekannten Geologen aus Liverpool unter, der bereits am darauffolgenden Tag mit nur einem schwarzen Koffer bewaffnet zum vorzeitigen Einzug auf der Matte steht. Doch nachdem Peggy ihrem neuen Untermieter John Kirk Lawford (Bruno Corazzari) seine neuen Wohnräume zeigte, überschlagen sich plötzlich die Ereignisse:


Alles beginnt mit einem ominösen Anruf ihres händeringend gesuchten Partners Michael, worin er der erstaunten Autorin offenbart, dass er sich entgegen aller Informationen zur Zeit tatsächlich in London aufhält und sie nun schnellstmöglich an einem abgelegenen Flugplatz treffen müsse. Kaum am vereinbarten Treffpunkt angekommen, erwartet Peggy anstatt ihres erhofften Michaels zur Begrüßung lediglich eine von unbekannter Hand abgefeuerte Revolverkugel, die aber glücklicherweise ihr anvisiertes Ziel verfehlt. Als unsere Schriftstellerin daraufhin völlig aufgelöst nach Hause zurückkehrt, erwartet sie gleich vor der Haustüre bereits der nächste Schicksalsschlag, denn ihr neuer Untermieter suizidierte sich bereits wenige Stunden nach seinem Einzug mit einem beherzten Sprung aus dem vierten Stock. Kurz darauf stößt Peggy in ihrer Wohnung auf den Nachlass des verblichenen Kamikazespringers, der sich als ein bis zum Rand mit Geldbündeln gefüllter Koffer herausstellt. Doch viel Zeit zum Überlegen bleibt der paranoiden Peggy nicht, da es bereits im nächsten Moment schon wieder an ihrer Haustüre klingelt, wo sich nach dem Öffnen der Tür erneut ein gewisser John Kirk Lawford (Ángel del Pozo) als ihr neuer Untermieter vorstellt. Ab diesen Moment weiß Peggy überhaupt nicht mehr wie ihr geschieht: Welcher der beiden unbekannten Gäste ist jetzt der wahrhaftige John Kirk Lawford? Woher stammt der schwarze Geldkoffer? Warum möchte ihr der erfolgreiche Londoner Verleger Ronald James (Stelio Candelli) ständig an die Wäsche? Was weiß seine nymphomanisch veranlagte Sekretärin Shirley (Orchidea de Santis) tatsächlich über den aktuellen Aufenthalt ihres Partners Michael? Was hat ihr unheimlicher Nachbar, der kontrabassspielende Katzennarr Mr. Lewis (Carlos Otero) eigentlich mit der ganzen Sache zu tun? Warum müssen plötzlich so viele unschuldige Menschen aus ihrem sozialen Umfeld ihr Leben lassen? Wer steckt bloß hinter den Morden? Und wo steckt jetzt überhaupt Michael?



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"Wo ist Michael?"


So lautet die meistgestellte Frage in diesem italienisch-spanisch co-produzierten Giallo, der 1974 unter der Regie des gerade erst kürzlich von uns gegangenen Juan Bosch (THE KILLER WITH THOUSAND EYES, RANCHEROS, FÄUSTE WIE DYNAMIT) entstand. Die Inszenierung fällt im vorliegenden Fall zwar recht unspektakulär aus, wobei ich dieses unscheinbare Genre-Kleinod trotzdem sehr mag, denn es gelingt dem Film nicht nur eine ordentliche Prise des damals vorherrschenden Zeitgeists auf die Leinwand zu transportieren, sondern auch einfach nur gut auszusehen. Handwerklich ist der Film recht einfach gehalten, aber dem spanischen Regisseur ist es nichtsdestotrotz gelungen, im Großen und Ganzen eine sehr ansprechende Optik zu hinterlassen, wobei als einziges Manko die spärlich dekorierten Innenräume ins Auge stechen. Die Auflösung des Plots kann wiederum überzeugen und entpuppt sich sogar als eine kleine Überraschung (Achtung Spoilerwarnung: Wer diesen Film noch nicht gesehen hat, der sollte dringlichst das Anschauen des deutschen VHS Covers vermeiden, da auf diesem völlig schmerzfrei der unvermummte Killer abgebildet wurde). Zudem hält das Finale auch noch eine motorisierte Verfolgungsjagd parat, die dem Film einen passenden Ausklang verpasst. Außerdem enthält der Film einige recht verworrene Handlungsstränge, wobei die einzelnen Charaktere recht oberflächlich gehalten werden und bis zum Ende hin völlig undurchschaubar bleiben. Viel Hintergrundwissen über die jeweiligen Protagonisten erhält man während des gesamten Handlungsverlaufs aber nicht. Der Film beginnt zunächst mit einer vom weiteren Handlungsverlauf losgelösten Pre-Title-Sequenz, bei der zwei mit schwarzen Koffern bewaffnete Herren an einem unbekannten Flughafen ankommen, bevor kurz darauf bereits der erste Mord in den sanitären Räumlichkeiten des Airports vonstattengeht. Die Geschichte beginnt zwar zunächst etwas verworren, wobei der weitere Verlauf recht spannend erzählt wird. Weiterhin wurde der Film mit fast allen genrenotwendigen Ingredienzen wie beispielsweise einem unbekannten Handschuhträger, einem mehrteiligen Schneide- und Schlitzwerkzeugset, mehreren blutigen Mordtaten oder einer hübsch anzusehenden Hauptdarstellerin ausgestattet.


Somit wären wir auch schon bei der 1944 in Kairo geborenen Gillian Hills (BLOW UP, HEIß AUF NACKTEN STEINEN, DÄMONEN DER SEELE) angelangt, die in der Rolle der leicht paranoiden Peggy Forster eine äußerst gute Figur abgibt. Am meisten Freude bereitete mir aber der Auftritt der allseits beliebten Hackfresse Bruno Corazzari (TOTE ZEUGEN SINGEN NICHT, DAS RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDS, EISKALTE TYPEN AUF HEIßEN ÖFEN), dessen Darbietung zweifelsfrei zu den Highlights dieser Inszenierung zählt. Corazzari verkörpert den vermeintlich neuen Mitbewohner John Kirk Lawford, der seine Vermietrein Peggy schon gleich während seines Einzugs auf eine recht unangenehme Weise anmacht und somit bereits auf Anhieb einen sehr zwielichtigen Eindruck hinterlässt. Ein weiterer bekannter Gesichtsmime hört auf den Namen Carlos Otero (DIE CHANCE IST GLEICH NULL, DIE GANZE MEUTE GEGEN MICH, DER LANGE TAG DER RACHE), der in der vorliegenden Story den katzenvernarrten Nachbarn Mr. Lewis verkörpern darf. Otero spielt dabei die Rolle des unheimlichen Kauzes sehr überzeugend und zupft zudem täglich 'einen flotten Darm' auf seinem heißgeliebten Kontrabass.


In den weiteren Rollen können dann auch noch Ángel del Pozo (VON ANGESICHT ZU ANGESICHT, CRYSANTHEMEN-BANDE, DRACULA JAGT FRANKENSTEIN) als ein weiterer John Kirk Lawford, Stelio Candelli (INFERNO UNTER HEIßER SONNE, COP HUNTER, YETI – DER SCHNEEMENSCH KOMMT) in der Rolle des schmierigen und dauerbereiten Verlegers Ronald James, Orchidea de Santis (SOLO-KONZERT FÜR EINE PISTOLE, LIEBE UND TOD IM GARTEN DER GÖTTER, DER TEUFEL KOMMT NACHTS) als seine bereitwillige Sekretärin Shirley und Silvia Solar (MIKE MORRIS JAGT AGENTEN IN DIE HÖLLE, MAN STIRBT NUR EINMAL, DAS LABYRINTH DES SCHRECKENS) als dubiose Lebensberaterin bestaunt werden.


Die wundersame Filmmusik von Marcello Giombini klingt nicht nur nett, sondern wartet auch mit recht kuriosen Soundkonstrukten auf, deren Ursprung einer Bontempi Orgel des Modells 'Psychedelica 500' entstammen müsste. Neben dem feierlichen Auftakt werden auch zahlreiche Kompositionen mit leichten Funk- oder Jazzanleihen dargeboten, denen zudem der unnachahmliche 'Wah Wah-Effekt' auferlegt wurde. Bei der deutschen Synchro handelt es sich zwar um eine eigens für die VHS-Premiere erstellte, die aber letzten Endes nicht nur ordentlich klingt, sondern stellenweise auch noch für gute Laune sorgt.



Fazit: Ein äußerst charmantes Genre-Kleinod, das sich trotz einer mittelmäßigen Inszenierung immer noch gut anschauen lässt.



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(Überarbeiteter Beitrag aus dem alten Forum: 11.06.2014)



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Prisma
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Re: DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Beitrag von Prisma »



Juan Boschs kleiner aber feiner Giallo konnte trotz des recht unspektakulären Plots einen guten Eindruck hinterlassen, denn eines findet man hier immer wieder, nämlich Spannung. Gerade die Ermordungsszenen wirken sehr atmosphärisch und es gibt viele Etappen, die ganz typisch für das Genre ausgefallen sind. "Die heiße Nacht der Killer" ist zwar insgesamt konventionell ausgefallen und natürlich ist Vieles dem Empfinden nach auch schon dutzendfach da gewesen, doch dabei kommt aber höchstens ein ordentlicher Wiedererkennungswert dabei auf, aber keine Langeweile. Ein paar krude Einfälle bekommt man auch noch spendiert, die man mögen kann oder nicht. Besonders in Erinnerung bleibt hier die attraktive Hauptdarstellerin Gillian Hills, die eine erstaunlich sichere Performance abliefert und den Film dadurch prägen kann. Alles in allem eine recht kurzweilige Angelegenheit, die zu gefallen weiß.

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Richie Pistilli
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Re: DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Beitrag von Richie Pistilli »

Dem Fazit kann ich mich uneingeschränkt einschränken. DIE HEIßE NACHT DER KILLER ist wahrlich kein Überflieger, aber solide Genrekost allemal, die obendrein einen hohen Unterhaltungswert mit sich bringt. Schaue mir diesen Genrebeitrag auch immer mal wieder gerne an. Schade, dass dieser Film weltweit noch auf keinem digitalen Medium veröffentlicht wurde. Könnte mir gut vorstellen, dass der Film in einer guten Qualität noch um einiges mehr rockt...

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Prisma
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Re: DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Mi., 12.01.2022 21:59
Dem Fazit kann ich mich uneingeschränkt einschränken.

Also wegen mir brauchst du dich nicht uneingeschränkt einzuschränken! :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:


Richie Pistilli hat geschrieben:
Mi., 12.01.2022 21:59
Könnte mir gut vorstellen, dass der Film in einer guten Qualität noch um einiges mehr rockt...

Das denke ich allerdings auch. Überhaupt gibt es da ja noch zahlreiche Gialli oder Hybride, die zwar nicht unbedingt repräsentativ fürs Genre stehen, aber vielleicht auf Veröffentlichungen und Abnehmer warten.

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Richie Pistilli
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Re: DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
Do., 13.01.2022 01:26
Richie Pistilli hat geschrieben:
Mi., 12.01.2022 21:59
Dem Fazit kann ich mich uneingeschränkt einschränken.

Also wegen mir brauchst du dich nicht uneingeschränkt einzuschränken! :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

:oops: :oops: :oops: Ich brauche dringend Urlaub! Das sollte natürlich 'anschließen' heißen.... :P

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Prisma
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Re: DIE HEIßE NACHT DER KILLER - Juan Bosch

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Do., 13.01.2022 05:54
Das sollte natürlich 'anschließen' heißen.... :P

Um dich zu beruhigen: Das dachte ich mir schon. :D

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