Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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Percy Lister
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Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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"Das Triumvirat" (Kriminalhörspiel von Gisbert Haefs, WDR 1984)
mit: Hans Korte (Oberst Albrecht a. D.), Peter Pasetti (Pfarrer Bargmann) und Heinz Trixner (Dr. Korff) | Regie: Heinz Dieter Köhler | Folge 1 - Dauer: 52 Minuten

Jeden Dienstagabend treffen sich ein pensionierter Oberst, der Dorfpfarrer und ein Arzt zum Skatspielen. Dabei diskutieren sie über die Dinge des Lebens und vor allem über ungelöste Rätsel. Sie überlegen, welchen Menschen in der Gemeinde sie töten würden, wenn sie einen Mord planten. Schnell einigt man sich auf den Apotheker, der aufgrund mehrerer Verfehlungen in der Vergangenheit das ideale Opfer darstellt. Als dieser am nächsten Tag tatsächlich getötet wird, kommen die drei Freunde im Haus des Obersten zusammen und zerpflücken die Alibis der in Frage kommenden Personen. Anscheinend hatte niemand in der Nachbarschaft des Apothekers ein Motiv, diesen zu ermorden. Akribisch beleuchten die Männer alle Möglichkeiten, bis einer von ihnen eine überraschende Lösung präsentiert....

Der Autor, Übersetzer und Herausgeber bedeutender literarischer Werkausgaben Gisbert Haefs schrieb auch Hörspiele für den Rundfunk. Zweimal kam dabei das Trio Hans Korte, Peter Pasetti und Heinz Trixner zum Einsatz; nach Pasettis Tod wurde dieser mit Harald Leipnitz ersetzt. Ein weiteres Mal wurde das Triumvirat von Peter Fricke, Gert Haucke und Dietmar Mues gesprochen. Ihre Stellung im Leben ermöglicht es den drei Personen, Ereignisse zu reflektieren und sich mit Fällen zu befassen, die ihnen einen angenehmen Zeitvertreib bescheren. Jeder bringt dabei Voraussetzungen mit, die der Aufklärung dienlich sind. Als Geistlicher weiß Pasetti um die 'miserable Qualität' des Menschen, im Beichtstuhl wurde er des öfteren Mitwisser dunkler Geheimnisse und Zuhörer bei Schilderungen sündhaften Verhaltens. Er kennt also die Abweichungen vom Pfad der Tugend und des Rechts und hat genügend eigene Phantasie, um sich Verbrechen auszumalen und sie in Gedanken zu begehen. Der Oberst im Ruhestand Hans Korte dominiert die Tischrunde und leitet das Gespräch. Seine Einfälle sorgen für einen kontinuierlichen Gedankenfluss, wobei auch er die menschliche Natur abseits ihres offiziellen Aushängeschilds kennt. Heinz Trixner spricht den Arzt und übt dabei vornehme Zurückhaltung, was für die beiden Füchse Korte und Pasetti eine willkommene Ergänzung ist. Im ersten Hörspiel der Reihe philosophieren die drei Männer über einen noch zu verübenden Mord. Sie überlegen, wen man umbringen könnte und wie sie die Tat ausführen würden. Dabei erweisen sich ihre Gedankenspiele als Vorwegnahme der Zukunft; so charmant ihre Theorien auch sein mögen, sie bergen doch einen wahren Kern in sich, da jeder von ihnen Argumente ins Feld führen kann, die den Apotheker eines Vergehens, einer Unterlassung oder einer unrechtmäßigen Bereicherung überführen.

Die Beschreibung der Tatortumgebung erinnert an "Das Fenster zum Hof" und zählt auf die Vorstellungskraft des Hörers, der nur die drei Herren vernehmen kann, ihr Lachen, ihr Glucksen und das Gurgeln im Halse, wenn ein ausgesucht edler Tropfen durch ihre Kehle rinnt. Alle Varianten werden durchgespielt, wobei jeder seine Karten offen auf den Tisch legt. Man ist unter sich, eine loyale Männerrunde, die ihre Schwächen kennt und sie mit einem Augenzwinkern gegeneinander ausspielt. So tituliert Hochwürden Pasetti den Obersten Korte als 'finsteren Heiden', während er 'als Diener Gottes' jeden Verdacht empört zurückweist. Heinz Trixner bildet die angenehm besonnene Ergänzung zu Korte und Pasetti, deren starke Persönlichkeit beide um das Wort streiten lässt. In Ermangelung eines Polizeiermittlers, der sich nach gewissenhaften Recherchen ein Urteil bildet und den Täter überführt, sind es die drei Freunde, die eine Erklärung für den Mord finden und denjenigen entlarven, der ihn begangen hat. Allerdings bleibt es ihnen benommen, mit ihrer Kombination an die Öffentlichkeit zu treten, da sie erstens keinen Beweis und zweitens nicht die Autorität der Staatsgewalt haben. Die Kombinationen, die Freude am Nachdenken und der Nervenkitzel, Geheimnisse im kleinen Kreis aufzudecken, sind Lohn genug für die Skatrunde. Der Mord am Apotheker wird in seinen Ursachen und Auswirkungen von allen Seiten beleuchtet, wobei das tatsächliche Motiv für die Kombination aus Würgen, Stechen und Erschlagen in der Zukunft liegt und sich somit nur dem erschließt, der alle Möglichkeiten in Betracht zieht. Die bildreichen Schilderungen aller Umstände durch die lebenserfahrenen Stimmen von Korte und Pasetti, deren Präsenz vergnüglich und beruhigend zugleich wirkt, macht das Hörspiel zu einem beglückenden Krimigenuss für gehobene Mußestunden.

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Richie Pistilli »

Keine Ahnung, ob auch Hinweise zu Mediathekenangebote erwünscht sind, denn in der ARD-Audiothek stehen momentan auch ein paar Krimi-Klassiker zur Verfügung (aufgrund chronischen Zeitmangels bin ich aber noch nicht zum Anhören gekommen).


Aktuell verfügbar:


Edgar Allen Poe: Der Mord in der Rue Morgue
https://www.ardaudiothek.de/hoerspiel-p ... y/86670496

Georges Simenon: Maigret und die Unbekannte
https://www.ardaudiothek.de/maigret-kri ... e/87183832

Georges Simenon: Maigret und der gelbe Hund
https://www.ardaudiothek.de/maigret-kri ... d/87183848

Georges Simenon: Maigret und die Bohnenstange
https://www.ardaudiothek.de/maigret-kri ... e/87183860

Mord im Negligé - fatale Leidenschaften in der Theaterszene
https://www.ardaudiothek.de/hoerspiel/m ... i/87333514


Gesamtübersicht: https://www.ardaudiothek.de/nur-fuer-st ... 81650/alle

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Percy Lister »

Vielen Dank, Richie! :verbeugung: Jeder Hinweis ist willkommen, gerade der Bereich der Hörbücher und Hörspiele verdient ein wenig mehr Aufmerksamkeit, weil hier wahre Schätze zu finden sind, die sich für einen verregneten Nachmittag oder einfach eine augenschonende Stunde im Ohrensessel eignen. Ein großer Pluspunkt neben den oftmals mit vielen originellen Geräuschen angereicherten Plots bilden die Stimmen bekannter Schauspieler, die dem Kopf-Kino mehrfach den Wunsch übermitteln, die jeweilige Geschichte auch im Bild umgesetzt erleben zu können. Ich denke hier spontan an Sprecher wie Hansjörg Felmy, Hans Caninenberg, Claus Biederstaedt, Erik Schumann, Günther Ungeheuer, Peer Augustinski oder Cordula Trantow, Margot Leonard, Dagmar von Thomas, Gudrun Landgreve, Karin Hübner und Regina Lemnitz.

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Richie Pistilli »

Würde mir gerne häufiger Hörspiele zu Gemüte führen, aber leider fehlt mir dazu meistens die Zeit. Unterwegs höre ich zumeist informative Podcasts oder versuche mit dem gerade aktuellen Buch im Rahmen meiner täglichen Zugfahrt weiterzukommen. Nach Feierabend steht dann meist Film, Forum, Musik und das immer komplexer werdende Tagesgeschehen auf der Agenda. Und wenn ich es dann am Abend doch mal schaffe, ein Hörspiel zu starten, schlafe ich meistens inmitten der Geschichte ein.

Soweit mein (luxusproblematisches) Leid. :)





Weitere Kriminalhörspiele aus den Mediatheken:


Paul Temple und der Fall Conrad

Kultkrimi von Francis Durbridge: Der englische Kriminalschriftsteller und Hobbydetektiv Paul Temple ist mit seiner Frau Steve nach Garmisch gefahren, um Scotland Yard und die Bayerische Kriminalpolizei bei ihrer Suche nach Betty Conrad zu unterstützen; der vermissten Tochter eines bekannten Londoner Neurologen. Mr. und Mrs. Temple müssen ihre Ermittlungen beinahe mit dem Leben bezahlen. Von Willy Purucker inszeniertes Hörspiel in sechs Teilen aus dem Jahr 1959, u.a. mit Karl John, Rosemarie Fendel und Horst Tappert.

https://www.ardaudiothek.de/paul-temple ... l/77728882




Raymond Chandler: Gefahr ist mein Geschäft
https://www.ardaudiothek.de/krimi/raymo ... i/83903256

Georges Simenon: Maigret und seine Skrupel
https://www.br.de/mediathek/podcast/mai ... el/1820403

Georges Simenon: Maigret und sein Revolver
https://www.br.de/mediathek/podcast/mai ... er/1820379

Georges Simenon: Maigret und die Groschenschenke
https://www.br.de/mediathek/podcast/mai ... ke/1820380

'Rebecca' von Daphne du Maurier - Hörspiel des von Hitchcock verfilmten Erfolgsromans
#1 https://www.br.de/mediathek/podcast/hoe ... ns/1796049
#2 https://www.br.de/mediathek/podcast/hoe ... ns/1796096

The Alfred Hitchcock Show - Die einzige Hörspielarbeit des "Masters of Suspense"
https://www.br.de/mediathek/podcast/hoe ... -1/1797293

Das Djatlow-Massaker
https://www.swr.de/swr2/hoerspiel/djatl ... r-100.html

Das Ding im Nebel - Mordserie im Berlin der Kaiserzeit
https://www.ardaudiothek.de/krimi/das-d ... i/69403496

Hangmen also die - Nach dem Anti-Nazi-Film von Bertolt Brecht und Fritz Lang
https://www.ardaudiothek.de/hoerspiel-p ... g/86699936

Sartana - Noch warm und schon Sand drauf (von Rainer Brandt - mit Bela B. & Oliver Rohrbeck)
https://www1.wdr.de/radio/1live/on-air/ ... l-100.html






https://www.ardaudiothek.de/krimi/33514844/alle
https://www1.wdr.de/radio/hoerspiel/hoe ... i-100.html
https://www.br.de/mediathek/podcast/kategorie/hoerspiel
https://www.swr.de/swr2/hoerspiel/swr2- ... t-100.html
https://www.ndr.de/kultur/sendungen/kri ... index.html

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Jokerfive
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Jokerfive »

In der ARD-Audiothek findet sich auch eine Podcast-Reihe von Bastian Pastewka, Titel: „Kein Mucks!“. In jeder Folge wird ein Krimi-Hörspiel aus dem Archivfundus von Radio Bremen vorgestellt und präsentiert. Die Hörspiele stammen aus den 50er, 60er, 70er Jahren.

Link: https://www.ardaudiothek.de/kein-mucks- ... 21218/alle

Auch in der Audiothek verfügbar ist ein deutscher Krimiklassiker aus dem 50er Jahren: „Gestatten, mein Name ist Cox“ (Erstausstrahlung 1952, Hörspiel in 4 Teilen). In der Radio-Ausstrahlung mit Karl-Heinz Schroth in der Titelrolle, später im Fernsehen übernahm Günther Pfitzmann die Rolle.

Links:
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Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Percy Lister »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Mi., 24.03.2021 18:25
Würde mir gerne häufiger Hörspiele zu Gemüte führen, aber leider fehlt mir dazu meistens die Zeit. (...) Und wenn ich es dann am Abend doch mal schaffe, ein Hörspiel zu starten, schlafe ich meistens inmitten der Geschichte ein.
Ja, auf ein Hörspiel muss man sich konzentrieren, weil man sonst schnell den Faden verliert oder eine Pointe verpasst. Ich habe mir jahrelang immer wieder mal eine CD gekauft, aber gehört habe ich von meiner kleinen Sammlung relativ wenig, mit Ausnahme der Sherlock-Holmes-Serie vom Bayerischen Rundfunk mit Peter Pasetti in der Rolle des eigenwilligen Detektivs.

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Percy Lister »

Jokerfive hat geschrieben:
Do., 25.03.2021 00:01
Auch in der Audiothek verfügbar ist ein deutscher Krimiklassiker aus dem 50er Jahren: „Gestatten, mein Name ist Cox“ (Erstausstrahlung 1952, Hörspiel in 4 Teilen). In der Radio-Ausstrahlung mit Karl-Heinz Schroth in der Titelrolle, später im Fernsehen übernahm Günther Pfitzmann die Rolle.
Als ergänzende Empfehlung werfe ich noch "Gestatten, mein Name ist Cox - Heißen Dank fürs kalte Büffet" in die Runde. Die hochkarätig besetzte Produktion (u.a. Günther Ungeheuer, Peter Pasetti, Karin Hübner, Paul Verhoeven, Herbert Fleischmann, Paul Dahlke, Reinhard Glemnitz) entstand 1969 unter der Regie von Heinz-Günter Stamm für den Bayerischen Rundfunk.

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Percy Lister »

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Nick Knatterton: "Die Erbschaft in der Krawatte" (Kriminalhörspiel nach Manfred Schmidt, DAV 2007)
mit: Rolf Becker (Erzähler), Bernd Stephan (Nick Knatterton), Steffi Kindermann (Linda Knips), Heiko Herwald (Toni Knatter), Wolf Frass (James Buddler) Sylvia Nogler (Rita Heuwurz), Achim Schülke (Klemm), Frank Felicetti (Beppo) u.a. | Regie: Hans-Joachim Herwald | Dauer: 77 Minuten

Nick Knatterton ist ein echter deutscher Comic-Klassiker aus den Fünfzigerjahren, der von Manfred Schmidt für die Zeitschrift "Quick" gezeichnet wurde. Er vereint optisch alle Klischee-Vorstellungen des englischen Meisterdetektivs: karierter Knickerbocker-Anzug, Pfeife im Mund, Mütze und schnelle Kombinationen. Der Audioverlag hat einige der Abenteuer, die beim Lappan-Verlag als Gesamtausgabe vorliegen, akustisch umgesetzt. Die Hüllen sind stilecht gestaltet, enthalten ein Booklet mit Informationen zum Zeichner der Figur, den einzelnen Charakteren und den wichtigsten Sprechern. Das vorliegende Hörspiel setzt eine der spannendsten Geschichten um - die erste Begegnung mit seiner künftigen Ehefrau Linda Knips, die von einem entfernten Verwandten in den Vereinigten Staaten ein Millionenvermögen geerbt hat, hinter dem natürlich auch finstere Gestalten aus der Unterwelt her sind. Da der verstorbene William S. Knips sein Geld nicht auf der Bank aufbewahren wollte, hat er es in Venedig versteckt. Den Weg zum Gold weisen mehrere bunte Krawatten, auf denen Hinweise in Form von Plänen zu finden sind. Die Schatzsuche führt Nick, seinen Lehrling Toni und Linda bis nach Paris, wo das Vermögen endlich gefunden und anschließend geheiratet wird.

Nick Knatterton muss seiner Gattin versprechen, nie wieder auf Verbrecherjagd zu gehen. Zum besseren Verständnis der Handlung wird dazu geraten, die Comic-Vorlage zur Hand zu nehmen und mitzulesen. Sollte dies nicht möglich sein, empfiehlt es sich, die Geschichte wenigstens vorher einmal gelesen zu haben. Die Handlung lebt nämlich vor allem von den wunderbaren Zeichnungen, die nicht nur viele Details enthalten, sondern auf ironische Weise den ausgeprägten Charakter des Meisterdetektivs darstellen. Rolf Becker trägt mit seiner Stimme das gesamte Hörspiel und ist als Erzähler unverzichtbar. Bernd Stephan als Nick Knatterton und Steffi Kindermann als Linda passen ebenfalls sehr gut in das Konzept. Abstriche muss man allerdings bei den Schurkenstimmen machen: Wolf Frass als James Buddler und vor allem Sylvia Nogler als Rita Heuwurz wirken überzeichnet und strapazieren das Hörer-Ohr. Immerhin handelt es sich um einen Comic für Erwachsene und die beiden Sprecher verkörpern so gar nicht das Flair der Fünfzigerjahre - von einem cleveren Gangsterpaar gar nicht zu reden. Leider verderben sie dadurch die Klassiker-Atmosphäre in beträchtlicher Weise. Dunklere, melodischere Stimmen wären angebrachter gewesen, hier kann die Produktion ihren aktuellen Entstehungszeitrahmen nicht verbergen.

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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"Die Weinprobe" (Original: 'A Hard-drinking Question of Good Taste') (Kriminalhörspiel nach Dorothy L. Sayers, MDR 2003)
mit: Dagmar von Thomas (Erzählerin), Peter Fricke (Lord Peter Wimsey), Horst Lebinski (Peter I), Matthias Hummitzsch (Peter II), Walter Niklaus (Comte du Rueil), Klaus Manchen (Zugführer), Wolfgang Jakob (Alter Diener) sowie Philipp Heitmann, Julia Maria Köhler, Jörg Malchow, Nicola Ruf und Sascha Schorn | Regie: Klaus Zippel | Dauer: 50 Minuten

Die englische Regierung beauftragt Lord Peter, dem man diskretes und kluges Handeln zutraut, bei dem Comte du Rueil vorstellig zu werden. Dieser möchte die Formel für ein höchst wirksames Giftgas verkaufen, die er kürzlich entwickelt hat. Lord Peter staunt nicht schlecht, als er sich im Schloss des alten Herrn mit zwei Doppelgängern konfrontiert sieht, die ebenfalls in den Besitz der Formel gelangen möchten ...

Dorothy L. Sayers schuf ihre berühmte Detektivfigur - den reichen, gebildeten und kriminalistisch versierten Lord Peter Wimsey - aus pekuniären Gründen, da sie nach ihrer Heirat ihren Ehemann unterstützen musste, dem die Folgen des Krieges die Ausübung seines Berufs (er war Journalist) erschwert hatten. Lord Peter Wimsey lebte auf seinem Familiensitz Denver in Fenland und hatte in Oxford studiert, da die Autorin die Universitätsstadt und ihre Umgebung sehr schätzte und dort oft mit dem Motorrad unterwegs war. Sayers gepflegte Sprache verleiht den Hörspielen auch in ihrer deutschen Übersetzung Tiefe. Die detailverliebte Schilderung der Bahnfahrt, des Anwesens von Comte du Rueil und der Speisefolge beim Abendessen, machen "Die Weinprobe" zu einem 'olympischen Genuss' wie Peter Fricke in seiner Rolle bemerkt. Er zeichnet seinen Lord Peter als Mann gewählter und vor allem überlegter Worte, der seine Widersacher in Ruhe beobachtet, seine Kombinationen still und leise verfolgt und gerade dann zuschlägt, wenn er eine Schwachstelle bei seinem Gegenüber entdeckt. Dann ist er süffisant, nonchalant und weise; schöpft aus dem Wissensschatz seiner Erfahrungen, statt sich auf seine adelige Herkunft zu berufen.

Ein gutes Beispiel dafür ist sein Besuch in Frankreich, wo verstaubte Flaschen im Weinkeller zur Klärung seiner Identität beitragen. Seine Fähigkeiten weisen ihn als Lord Peter Wimsey aus, nicht ein offizielles Dokument. Papiere lassen sich fälschen, nicht aber 'ein Gaumen für Weine, wie er in Europa unerreicht ist.' Sein Auftreten und sein Charakter bürgen für wahre Noblesse und lassen ihn zum Sympathieträger werden, weil er dem Leben zugewandt und aufgeschlossen ist und damit verhindert, dass er dem Verfall entgegensehen muss, wie das Schloss Monsouci des Comte du Rueil. Walter Niklaus, dessen Stimme Basil Rathbone zu dem Pfeife schmauchenden Sherlock Holmes werden ließ, gibt dem Gastgeber einen Kern und verhindert, dass wir in dem Erfinder einen verschrobenen, auf schnellen Gewinn fokussierten Mann sehen. Insofern hält das Hörspiel sogar eine Überraschung im Finale bereit. Die gehobene, bildreiche Sprache bereitet gerade dem heutigen Hörer erlesene Stunden. Wie Balsam schmeicheln sich die Schilderungen über verwahrloste Kiefernalleen und gebeugte, steinerne Nymphen oder knarrende Holzfuhren, die über schlecht gepflegte Waldschneisen gezogen werden, ins Ohr. Wer nimmt sich heute noch Zeit, Dinge, die dem eilenden Passanten ins Auge fallen, so anschaulich zu beschreiben? Ein Hochgenuss.

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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"Sherlock Holmes: Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs" - Folge 2 "Spuk im Pfarrhaus" (Kriminalhörspiel)
mit: Joachim Tennstedt (Sherlock Holmes), Detlef Bierstedt (Dr. John H. Watson), Regina Lemnitz (Mrs. Hudson), Lutz Riedel (Reverend Henry Dawson Bull), Marianne Gross (Caroline Bull), Tobias Nath (Harry Bull), Tanya Kahana ("Dodie" Bull), Julia Stoepel (Ethel May "Kitty" Bull), Sarah Riedel (Winifred "Freda" Bull), Maria Koschny (Mabel Bull), Eva Michaelis (Mary, Hausmädchen), Schaukje Könning (Katie Boreham, Hausmädchen) | Buch: Marc Gruppe | Regie: Stephan Bosenius & Marc Gruppe | Dauer: 76 Minuten

Sherlock Holmes leidet unter dem heißen Sommer in London und klagt über Antriebslosigkeit und Langeweile. Da kommt ihm der Brief des Pfarrers Rev. Henry Dawson Bull aus Borley/Essex gerade recht. Er beobachte schon seit geraumer Zeit seltsame Spukphänomene in seinem Haus und sei nun der Empfehlung von Thaddeus Sholto gefolgt, sich an den Detektiv zu wenden. Es wäre für seine Reputation eine Katastrophe, wenn der Spuk publik würde, eine Privatuntersuchung sei deshalb willkommen. Die Aussicht auf eine erfrischende Landpartie lässt Holmes sogleich die Koffer packen und mit seinem treuen Freund Watson die Fahrt in die entlegene Gemeinde im Osten auf sich zu nehmen. Holmes und Watson werden von Harry Bull, dem ältesten von zwölf Geschwistern, in Sudbury von der Bahn abgeholt. Bei ihrer Ankunft im Pfarrhaus werden sie vom Läuten der Dienstbotenglocken und die Treppe hinunterfallenden Steinen empfangen. Zudem ist das Haus sehr still und eiskalt. Nachdem sie vom Reverend herzlich empfangen worden sind, erläutert er ihnen kurz die Geschichte des Hauses, bevor sich die beiden Gäste zum Dinner umziehen. Die folgende Nacht wird zeigen, was es mit dem Spuk auf sich hat.....

Das Hörspiel der Titania Medien orientiert sich an historischen Begebenheiten; des weiteren wurde innerhalb der Sherlock-Holmes-Reihe u.a. bereits der Fall "Jack the Ripper" aufgearbeitet. Angesprochen durch die sehr einnehmende optische Gestaltung des Titelblatts, fällt der Kauf für den genreinteressierten Hörer nicht schwer. Die Geschichte behandelt die Vorfälle in Borley Rectory, ein Haus, dessen Geschichte mich schon seit vielen Jahren beschäftigt, weswegen ich mehrere Bücher darüber gelesen habe. Offenbar haben dies auch die Macher dieser Edition; die Bemühungen, nah an den in der Chronik des Hauses dokumentierten Ereignissen festzuhalten, ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Reihe auch jüngere, der Materie unkundige Hörer ansprechen soll, recht gut gelungen. Die Sprecher Tennstedt und Bierstedt überzeugen und verfügen über distinguierte, edle Stimmen. Sie brauchen einen Vergleich mit bewährten anderen Klassiker-Sprechern, die in die Rolle des bekannten Gespanns aus der Baker Street geschlüpft waren, nicht zu scheuen. Nur die Gefühlsausbrüche der jüngeren Mitglieder der Familie Bull sind ab und an ein wenig übertrieben.

Borley Rectory ersetzte den Wohnsitz des Vorgängers von Reverend Henry Dawson Bull, "The Herringham Rectory", welcher im Jahr 1862 abgerissen wurde. Die Arbeiten zum neuen Pfarrhaus, das unter dem Namen "Borley Rectory" berühmt werden sollte, waren 1863 abgeschlossen. Der Stil, in dem das weitläufige Gebäude aus rotem Backstein errichtet wurde, entsprach mehr den Industriestädten Manchester oder London als der beschaulichen Landgemeinde Borley. Die Baukosten von circa 3000 Pfund sagten einiges über den beträchtlichen Wohlstand der Familie aus. Um seiner rasch größer werdenden Familie gerecht zu werden, ließ Rev. Bull 1875 einen zusätzlichen Flügel errichten. Diese Tatsachen werden im Hörspiel genannt und auch auf besonders unheimliche Orte wie das "Blaue Zimmer" oder den "kalten Fleck" eingegangen. Weshalb allerdings das mit Spekulationen behaftete zugemauerte Fenster im Esszimmer nicht erwähnt wurde, obwohl es eine stimmige Abendbrotszene gibt, bleibt ein Geheimnis. Sherlock Holmes findet bald schon Erklärungen für die Vorkommnisse und weist auf die ungewöhnliche Stille des großen Gebäudes hin, die empfänglich für Geräusche mache.

Seinem Freund Watson wirft der Detektiv vor, sich von der Kälte und der Stimmung im Haus beeindrucken zu lassen. Was das Auftreten der Nonne im Garten betreffe, macht er Naturerscheinungen verantwortlich, obwohl sich später herausstellt, dass er damit nur eine provokante These in den Raum stellen wollte, die die älteste Tochter und ihren Bruder zum Sprechen bringen sollte. Ich war sehr gespannt, wie ein Mann der Deduktion den Fall Borley angehen würde und denke, er wurde im Rahmen der Möglichkeiten recht gut gelöst. Kenner der Geschichte des Pfarrhauses wissen allerdings, dass die Vorfälle mit dem Ende der Bull-Ära (1863-1927) nicht aufhörten, sondern auch die Nachbesitzer (Rev. Guy Eric Smith und seine Frau Mabel, Rev. Lionel Algernon Foyster und seine Frau Marianne sowie der Parapsychologe Harry Price) über Phänomene berichteten, bevor das Haus im Oktober 1938 in den Besitz von Capt. William Hart Gregson überging, der allerdings nicht lange Freude daran hatte: In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1939 brannte das Pfarrhaus und wurde schwer beschädigt, bevor es dann nach Jahren des Verfalls im Januar 1944 abgerissen wurde.

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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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"Dumb Witness" (Kriminalhörspiel nach Agatha Christie) BBC Radio 4, 2006
mit: John Moffatt (Hercule Poirot), Simon Williams (Arthur Hastings), Joanna David (Miss Lawson), Tracy Wiles (Theresa Arundell), Ifan Meredith (Charles Arundell), Elizabeth Proud (Ellen), Sam Dale (Dr Grainger) u.a. | Buch: Michael Bakewell | Regie: Enyd Williams | Dauer: 90 Minuten

Die alleinstehende Emily Arundell schreibt an den Detektiv Hercule Poirot, weil sie fürchtet, das Opfer eines Mordanschlags geworden zu sein. Eines Nachts fiel sie die Stufen der Treppe in ihrem Haus in der Grafschaft Berkshire hinunter, Schuld soll angeblich ein herumliegender Spielball ihres Hundes Bob sein. Als Poirot im Haus der Briefeschreiberin eintrifft, ist diese tot. Der behandelnde Arzt Dr. Grainger führt das Ableben von Emily Arundell auf chronische Leberprobleme zurück, doch einiges spricht dafür, dass weit mehr dahinter steckt, zumal es in der Erbschaftsangelegenheit bald Zwist gibt....

John Moffatt gibt einen ernsten und beherrschten Poirot, während Simon Williams einen aufgeregten Captain Hastings spricht, der leider nicht über eine so sympathische Stimme verfügt wie Hugh Fraser, sich aber alle Mühe gibt. Ein besonderes Vergnügen ist die Tatsache, dass man für den Fox-Terrier Bob nicht einfach auf Tonkonserven zurückgegriffen hat, sondern einen eigenen Sprecher engagiert hat. Richard Beadsmoore überzeugt so sehr, dass man glaubt, es handele sich um einen echten Hund. Joanna David zeigt, dass sie nicht nur eine gute Schauspielerin, sondern auch eine angenehme Sprecherin ist. Ihre Miss Lawson steht der Interpretation von Norma West in nichts nach. Besonders die ersten fünfzehn Tracks sind kurzweilig, was vor allem den Auftritten von Bob, der schönen Untermalung der Außenszenen (Vogelgezwitscher, Schritte auf dem Kies) und den präzisen Schilderungen der Geschehnisse zu verdanken ist. Wie in der Vorlage dehnen die Gespräche im Mittelteil (Dr. Grainger, Miss Peabody, sowie Theresa und Charles Arundell) die Geschichte ein wenig, was man durch Straffung und Streichung einiger Passagen im Film glänzend gelöst hat. Der Verlobte von Theresa Arundell fehlt dankenswerterweise sowohl im Film, als auch im Hörspiel. Durch das tragische Ende der Bella Tanios kommt im Schluss-Teil noch einmal Spannung auf, wobei einige Punkte geklärt werden, die in Film und Buch nicht so offen angesprochen wurden. Bob bleibt nach Abschluss des Falles bei Hastings und verabschiedet den Zuhörer aus einem erfrischenden Hörspiel, das Lust auf mehr macht.

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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NDR Hörspiel Box: James M. Cain: Wenn der Postmann zweimal klingelt

https://www.ardaudiothek.de/ndr-hoerspi ... i/88061600

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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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"Das Triumvirat denkt" (Kriminalhörspiel von Gisbert Haefs, WDR 1985)
mit: Hans Korte (Oberst Albrecht a. D.), Peter Pasetti (Pfarrer Bargmann) und Heinz Trixner (Dr. Korff) | Regie: Heinz Dieter Köhler | Folge 2 - Dauer: 43 Minuten

Der Bauunternehmer Hubert Morgental ist spurlos verschwunden. Mit ihm sein auffälliger, rosa lackierter Wagen. Nun zerbrechen sich die drei Skatfreunde in ihrer Stammkneipe den Kopf, welche Zusammenhänge es zwischen dem Abgang des frömmelnden Patriarchen und dem räudigen Kater des Wirts geben könnte, der ebenfalls seit Wochen unauffindbar ist. Spielen etwa die neuen Rhododendronbüsche eine Rolle, die Morgental kurz vor seinem Verschwinden bestellt hat?

In der zweiten Episode schwingt sich der listige Pasetti zu neuen Höhen auf. Er stattet seinen Pfarrer mit Schrullen aus, die diesem Verwegenheit verleihen und äußert sich kritisch über seine Gemeinde, deren Schwächen ihm bestens bekannt sind. Er schwebt nicht auf einer Wolke der Entrücktheit oder versteckt sich in seiner Bibliothek, um das Alte Testament zu studieren, sondern lästert mit dem Obersten und dem Arzt über die Irrwege seiner Schäfchen, unter denen sich mehr als ein schwarzes befindet. Man kommt nicht umhin, herzlich zu lachen, als er von der katholischen Diskothek berichtet, die einmal wöchentlich im Pfarrheim stattfindet und zu der sich die Dorfjugend zahlreich einfindet. Untereinander sind die drei Herren nicht gerade zimperlich; so wird der Arzt, der sich bescheidener als die anderen gibt, mehrmals vom Oberst und dem Pfarrer hochgenommen und ihm eine geringere Kombinationsgabe unterstellt. Der Fall wird von den Klängen einer Ouvertüre von Johann Sebastian Bach begleitet, der Wirt hört sie zum Zwecke der Traueruntermalung. Sein dicker Kater, der gewöhnlich träge durch den Schankraum streift, ist abwesend - das erste Rätsel für das Trio am Skattisch.

Peter Pasetti tut sich erneut in sarkastischer Weise hervor und präsentiert mehrere plausible Lösungsansätze. Er scheint nicht nur mit den Neigungen der menschlichen Natur, sondern auch mit den Trieben eines Vierbeiners vertraut zu sein. Die Verhältnisse im Hause Morgental werden anschaulich geschildert und jede Möglichkeit erwogen, wobei Dr. Korff die meisten Vorschläge zur Klärung des Geheimnisses einbringt. Langsam rollt vor dem geistigen Auge des Zuhörers ein (Kriminal-)Fall ab, der in seiner Nüchternheit für Schaudern sorgt, sowie eine klare und geradlinige Struktur aufweist. Einmal mehr bleibt die Lösung innerhalb des Skatkreises, da man übereinkommt, sich nicht in die Arbeit der Polizei zu mischen und man Verständnis für den Täter aufbringt. Nachdem das Triumvirat zunächst über das Verschwinden eines Katers philosophiert, gewinnt das Hörspiel mit der Erläuterung aller Umstände, die zum Verschwinden des Bauunternehmers führten, an Fahrt und wartet am Ende mit einem handfesten Mord auf. Die drei Sprecher bereiten dem Zuhörer ein diebisches Vergnügen, der unsichtbare Vierte an ihrem Stammtisch zu sein und betonen ihre Eigenheiten mit nachdrücklichem Timbre.

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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

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"Das Triumvirat spinnt" (Kriminalhörspiel von Gisbert Haefs, WDR 1996)
mit: Hans Korte (Oberst Albrecht a. D.), Harald Leipnitz (Pfarrer Bargmann) und Heinz Trixner (Dr. Korff) | Regie: Klaus-Dieter Pittrich | Folge 3 - Dauer: 54 Minuten

Oberst Albrecht wird zu den Honoratioren benannt, die dem heimatfernen Maler Pedro Schaumburg, der vor vielen Jahren nach Lanzarote gezogen ist, einen Empfang im hiesigen Volksmuseum bereiten sollen. Just in der Nacht vor der Ehrung des Künstlers, wird im Museum eingebrochen und alte Münzen und historische Kopfbedeckungen entwendet. Am Stammtisch untersuchen die drei Freunde Korff, Bargmann und Albrecht die Vergleichsfotos der Vitrinen und stellen fest, dass sich der Einbrecher auch an den ausgestellten Werkzeugen des Malers zu schaffen gemacht hat. Offensichtlich wurde ein Faustkeil vertauscht und die Skatrunde fragt sich, ob er mit einem alten Verbrechen in Zusammenhang gebracht werden kann, von dem niemand weiß....

Nach dem Tod von Peter Pasetti spricht Harald Leipnitz die Rolle des Pfarrers, kann sich aber zunächst nicht richtig einbringen. Zwischen den dominanten und gut zu unterscheidenden Stimmen von Hans Korte und Heinz Trixner geht Leipnitz ein wenig unter, da ihm das unverwechselbare Timbre des alten Fuchses Pasetti fehlt. Korte ist nach wie vor der Anführer der Gruppe und drückt ihr seinen unverwechselbaren Stempel auf. Heinz Trixner behauptet sich zunehmend und schafft es mit seinen klugen, ruhigen Kombinationen, Ordnung in die sich gegenseitig hochschaukelnde Runde zu bringen. Erneut ist er es, der dem stichelnden Kirchenmann den Wind aus den Segeln nimmt und die Fakten analytisch auswertet. Zeichnete Pasetti den Geistlichen als einen Mann, der seine Berufung im Dienst der Kurie mit gesundem Menschenverstand verfolgt und durch seine Weltgewandtheit gleichzeitig milde und sarkastisch ist, so legt Leipnitz sein Amt als Instanz an, aus deren Wissensschatz er gerne schöpft, um die beiden Freunde schachmatt zu setzen. Die Musikuntermalung ist sehr intensiv - argentinischer Tango erklingt in der Schenke, wo sich die Skatrunde wöchentlich einfindet.

Wie schon in "Das Triumvirat denkt" dient die Gefühlsverfassung des Wirtes, dessen Gattin mit einem Südamerikaner auf und davon gegangen ist, als Schlüssel zu einem weitaus bedeutenderem Verbrechen als es der Vandalismus im Heimatmuseum darstellt. Bis sich die Hinweise in jene Richtung verdichten, wird der Hörer durch die Beschäftigung mit dem Inhalt der Glaskästen, deren Beschreibung die beeindruckende Spannweite der deutschen Sprache zeigt, auf die Folter gespannt. Der Unterhaltungswert der drei Denker steigt mit der Aufdeckung des Geheimnisses, von dem die zertrümmerten Vitrinen ablenken sollten. Die Kriminalhörspielreihe "Das Triumvirat" setzt trotz der Kürze der Fälle ein aufmerksames Ohr voraus, das Pointen, Bonmots und Einwürfe schnell erfasst und sich an listiger Wortklauberei erfreut. Durch die Schule des Lebens, das Amt oder die Profession für Konversation auf hohem Niveau gewappnet, werfen sich die drei Männer gegenseitig die Bälle zu und der Zuhörer muss aufpassen, dass er keine Nuance verpasst. Der dritte und letzte Fall mit Anführer Hans Korte ist langatmiger und ohne Pasetti weniger schalkhaft, jedoch formidabel in der Brillanz der Dialoge.

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Richie Pistilli »

Agatha Christie: Der Mord an Roger Ackroyd oder Alibi (Produktion: NDR 1956)
Mit: Charles Regnier, Joseph Offenbach, Hans Paetsch, Holger Hagen, Liselotte Willführ u. a. | Hörspielbearbeitung: Lotte Schickel | Regie: Wolfgang Schwade

https://www.ardaudiothek.de/krimi/agath ... t/89591904

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Percy Lister »

Herzlichen Dank für den Hinweis, Richie! :popcorn: Ich kannte die SWR-Reihe noch nicht und denke, sie wird dem Produktionsjahr und den erlesenen Namen nach zu schließen, mit nostalgischer Spannung aufwarten!


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"Der Frosch mit der Maske" (Krimiklassiker von Edgar Wallace)
Gelesen von Peer Augustinski - (2003) - Dauer: 64 Minuten

London wird von der Verbrecherbande der "Frösche" heimgesucht, deren Kopf mit der Aussicht auf schnell verdientes Geld immer mehr Mitglieder anwirbt. Nach einem Jahr hat es Inspektor Genter von Scotland Yard geschafft, in ihren Kreis aufgenommen zu werden, doch bevor er wichtige Informationen an seinen Vorgesetzten weitergeben kann, wird er beseitigt. Sergeant Elk heftet sich zusammen mit Hauptmann Richard Gordon von der Staatsanwaltschaft auf die Spuren des maskierten Verbrechers. In der Firma des alten Ezra Maitland laufen viele Fäden zusammen, undurchsichtig erscheinen auch die geheimen Aktivitäten des Naturfotografen John Bennett, dessen Tochter Ella das Interesse von Richard Gordon weckt. Ihr Bruder Ray gerät in die Fänge der Nachtclubsängerin Lola und sieht sich bald in einer ausweglosen Situation, die der Frosch für seine Zwecke ausnutzen kann....

Peer Augustinski, der seine Ausbildung an der Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel in Berlin erhielt, war ein gefragter Synchron- und Hörspielsprecher. Er schafft es, seine Stimme so zu variieren, dass er alle Rollen stemmen kann, ohne dass ein Gleichklang eintreten würde oder männliche und weibliche Nuancen als unnatürlich wahrgenommen werden würden. Dabei wird er von einer dezenten Geräuschkulisse umfangen, die der Geschichte authentische Facetten verleiht und die Umgebung mithilfe vertrauter akustischer Impulse lebendig werden lässt. Ob es sich nun um ein Gartentor handelt, dessen quietschende Angeln den Eintritt von Richard Gordon markieren oder ein grummelndes Gewitter mit dem beständigen Rauschen des Regens, der dem englischen Landleben Intensität verleiht - der Zuhörer fühlt sich gut unterhalten, wenn er der Aufarbeitung des 1925 erstmals in London publizierten Romans "The Fellowship of the Frog" folgt. Als kundiger Betrachter der Rialto-Wallace-Verfilmung unter Regisseur Harald Reinl, wird es ihm Spaß bereiten, die akustischen Eindrücke mit den Bildern vor seinem geistigen Auge zu vergleichen und die eine oder andere Abweichung in der Handlung zu registrieren. Die Szene am Tor des Gefängnisses, in dem der Verurteilte auf seine Hinrichtung wartet, zeugt von einer Steigerung der Spannung mit einfachen Mitteln, ebenso die Hintergründe im Leben der Lola Bassano. Am meisten Vergnügen an dem Hörbuch werden vermutlich jene haben, die sich bereits mit Edgar Wallace befasst haben und mit seinen Stoffen vertraut sind. Peer Augustinski wird sie mit seiner zurückhaltend-vornehmen Stimme auf eine gelungene Kopfkino-Reise mitnehmen.

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Richie Pistilli »

Beim BR steht aktuell eins der ersten Hörspiele von 1928 zur Verfügung:


Hallo! Hier Welle Erdball! - Das älteste erhaltene deutsche Hörspiel

(Von Friedrich W. Bischoff / Komposition: Edmund Nick / Regie: Victor Heinz Fuchs / Schlesische Funkstunde 1928)

https://www.br.de/mediathek/podcast/hoe ... el/1827452

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Richie Pistilli »

Francis Durbridge: La Boutique (Hörspiel-Reihe)

Mit Karl Michael Vogler, Heinz Schimmelpfennig und Ursula Langrock | Regie: Dieter Munck | Produktion: SWF / HR 1967

https://www.ardaudiothek.de/krimi/franc ... s/90765512 (1/5)
https://www.ardaudiothek.de/krimi/franc ... s/90765468 (2/5)
https://www.ardaudiothek.de/krimi/franc ... s/90765562 (3/5)
https://www.ardaudiothek.de/krimi/franc ... s/90765214 (4/5)
https://www.ardaudiothek.de/krimi/franc ... s/90765072 (5/5)

Percy Lister
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Percy Lister »

Zwischen 1962 und 1968 entstanden 21 Hörspiele des Bayerischen Rundfunks, in denen Peter Pasetti die Rolle des Meisterdetektivs Sherlock Holmes übernahm. Zeitgleich produzierte der Saarländische Rundfunk mit Alexander Kerst vier Sherlock-Holmes-Hörspiele. Alle diese inzwischen beinahe historischen Zeitdokumente sind beim Audio-Verlag auf CD erschienen. Man hört neben Pasetti und Kerst u.a. so bekannte Schauspielerstimmen wie jene von Gisela Uhlen, Horst Tappert, Hans Clarin, Hilde Krahl, Gerd Baltus, Hans Caninenberg, Paul Dahlke, Friedrich Joloff, Wolfgang Lukschy, Hanns Ernst Jäger oder Benno Sterzenbach. Der Audioverlag hat eine 5-teilige Sherlock-Holmes-Hörspiel-Reihe herausgebracht, die jeweils 5 CDs beinhaltet. Peter Pasetti spricht den Sherlock Holmes - eine Rolle, die er sicher auch auf dem Bildschirm ausgefüllt hätte - mit Ironie und Leichtigkeit. Er verleiht dem Detektiv exzentrische Züge allein durch seine markante Stimme, die man sofort zuordnen kann. Die Rolle des Dr. Watson wird abwechselnd von vier verschiedenen Sprechern gespielt (Klaus Behrendt, Erik Schumann, Joachim Wichmann und Heinz Leo Fischer). Auf den Titelbildern der CDs sieht man Basil Rathbone in der Rolle des Meisterdetektivs.

Im Hörspiel "Das Musgrave-Ritual" aus der blauen Collection 1 "Sherlock Holmes & Dr. Watson - Die größten Fälle" hören wir neben Pasetti als Holmes, Gerd Baltus als Sir Reginald Musgrave und Günther Ungeheuer als Butler Brunton die angenehme Stimme von Erik Schumann als Dr. Watson. Die Produktion des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1968 lässt den verzwickten Fall aufleben, indem wir die Geschichte von Holmes bzw. Musgrave erzählt bekommen. Es gibt kaum Nebenhandlungen und selbst Brunton hat nur einen kurzen Auftritt, was für die hohe Qualität der Hörspiel-Reihe spricht, da sich Günther Ungeheuer sonst nicht mit einer so kleinen Rolle begnügt haben dürfte. Die Handlung hält sich eng an die literarische Vorlage und beginnt mit der Schilderung der unkonventionellen Atmosphäre des Arbeitszimmers in der Baker Street, in der Holmes inmitten einer Unordnung von unbeantworteten Briefen, alten Akten, Tabaksspuren und Chemikalien seine Schießübungen abhält. Um sich vor dem Aufräumen zu drücken und Watsons Neugierde zu befriedigen, erzählt er ihm die Geschichte des Rituals der Adelsfamilie Musgrave.

Das Anzünden eines Streichholzes, das Schmauchen der Pfeife, das Rascheln alten Dokumentenpapiers, das Zwitschern der Vögel und das Heben einer schweren Steinplatte werden akustisch umgesetzt, ohne auf Computereffekte zurückgreifen zu müssen. Der Zuhörer hat das Gefühl, mit Holmes im Arbeitszimmer zu rauchen, mit Sir Musgrave den Park auszumessen und mit den beiden in den Keller zu steigen, wobei man deutlich den Nachhall ihrer Stimmen hört. Die Texte werden lebendig umgesetzt und man sieht ein geistiges Bild vor sich, das den Eindruck vermittelt, als würden sich die Personen tatsächlich an verschiedene Schauplätze begeben. Räumliche Distanz wird angemessen dargestellt und erweckt die Illusion, ganz nah dabei zu sein. Auf die Umsetzung der hysterischen Anfälle des Zimmermädchens Rahel Howells hat man glücklicherweise verzichtet. Der Kriminalfall wird in rund 43 Minuten unter der Regie von Heinz-Günter Stamm einleuchtend geschildert und durch das Setzen von sieben Tracks in angenehme Abschnitte unterteilt. So kann man dem Geschehen in Ruhe folgen, unterbrochen von der stimmigen Komposition von Konrad Elfers.

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Richie Pistilli
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Re: Kriminalhörspiele - Ein akustischer Nervenkitzel

Beitrag von Richie Pistilli »

Umberto Eco: Der Name der Rose
https://www.ardaudiothek.de/episode/der ... /96017378/

Leo Malet: Ein Clochard mit schlechten Karten
https://www.ardaudiothek.de/episode/kri ... /95245662/

Arthur Conan Doyle: Ein Fall für Sherlock Holmes - die drei Garridebs
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr ... /95894230/

Arthur Conan Doyle: Ein Fall für Sherlock Holmes - Shoscombe Old Place
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr ... /95861014/

Arthur Conan Doyle: Sherlock Holmes - Die Brook-Street-Affäre
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr ... /95466104/

Arthur Conan Doyle: Sherlock Holmes - The Copper Beeches oder Das Haus bei den Blutbuchen
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr ... /95645182/

Arthur Conan Doyle: Sherlock Holmes - Charles Augustus Milverton oder Einbrecher im Frack
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr ... /95692196/

Edgar Allen Poe: Der Mord in der Rue Morgue
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /86670496/

Joseph Roth: Das Spinnennetz (01)
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /78743932/

Joseph Roth: Das Spinnennetz (02)
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /78743928/

1974 (01) - Lokalreporter auf der Suche nach Kindermörder
https://www.ardaudiothek.de/episode/kri ... /95827962/

1974 (02) - Wir sind die Toten
https://www.ardaudiothek.de/episode/kri ... /95828060/

Oscar Wilde: Das Bildnis des Dorian Gray (3-teiliges Hörspiel)
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /96003864/
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /96003844/
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /95972694/

George Orwell: 1984 (4-teiliges Hörspiel)
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /95488054/
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /95488074/
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /95488064/
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /95519438/






Und drei interessante Hörbeiträge, die weniger mit 'Kriminalität' zu tun haben:

Generation Kassette - die Stimmen unserer Kindheit
https://www.ardaudiothek.de/episode/das ... /95912304/

Die Kinski Bänder - Gottes letztes Interview | Selbstporträt eines Exzentrikers
https://www.ardaudiothek.de/episode/hoe ... /95045256/

Nie im Kino (Hörspielreihe)

Wir holen die Leichen aus dem Keller Hollywoods und sprechen über Filme, die es nie bis ins Kino geschafft haben. Es geht um verzweifelte Produzenten, tief enttäuschte Regisseure und größenwahnsinnige Filmprojekte
https://www.ardaudiothek.de/sendung/nie ... /61588658/

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