DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER - Massimo Dallamano

Harte Kerle, grobe Keilereien, heiße Feger und unbarmherzige Gangster.
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Retro
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DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER - Massimo Dallamano

Beitrag von Retro »

DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER

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Ein 15-jähriges Mädchen wird erhängt aufgefunden- alles deutet zunächst auf Selbstmord hin.
Inspector Silvestri findet jedoch heraus, dass der Tod schon vor dem erhängen eingetreten sein muss.
Bei weiteren Ermittlungen kommt man einer Organisation auf die Spur, welche ihr Geld mit Kinderprostitution macht-
und deren Kunden auch hochrangige Persönlichkeiten sind.
Schon bald taucht auch noch ein komplett in schwarzer Motorradbekleidung steckender Killer auf,
der auf alle Jagd macht, die mit diesem Fall zu tun haben...

Wenn man von einigen Logikfehlern in der Handlung absieht, und vom heiklen Thema nicht abgeschreckt ist, wird man hier sehr gut unterhalten.
Regisseur Massimo Dallamano (Bildnis des Dorian Grey, Kaliber 38) ist zwar kein Meisterregisseur, macht aber seine Sache durchaus ordentlich.
Auch die Besetzung ist in Ordnung, Mario Adorf hat aber nur eine etwas größere Nebenrolle.
Erstaunlich ist allerdings, dass Claudio Cassinelli, welcher später größtenteils nur noch in ganz schlechten Trashfilmen zu sehen war,
hier durchaus ernsthaft und passend als Inspector rüberkommt.
Der Soundtrack von Stelvio Cipriani geht sofort ins Ohr und bleibt dort hängen.
Zuletzt hatte ich den Film in den 80'ern auf VHS (cut) gesehen, aber den Score erkannte ich sofort wieder...
Die Freigabe ab 18 geht auch heute noch in Ordnung, es gibt hier erstaunlich harte Szenen zu sehen, die man nicht unbedingt erwartet.
Tricktechnisch ist das zwar alles sehr leicht zu durchschauen, verfehlt aber seine Wirkung nicht.
Die DVD ist, im Gegensatz zur VHS, ungekürzt. Sehenswert!

8/10

Percy Lister
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Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

Re: DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER - Massimo Dallamano

Beitrag von Percy Lister »

"Der Tod trägt schwarzes Leder" (La polizia chiede aiuto) (Italien 1974)
mit: Giovanna Ralli, Claudio Cassinelli, Mario Adorf, Marina Berti, Franco Fabrizi, Farley Granger, Paolo Turco, Corrado Gaipa, Micaela Pignatelli, Ferdinando Murolo, Salvatore Puntillo u.a. | Drehbuch: Ettore Sanzò und Massimo Dallamano | Regie: Massimo Dallamano

Der Selbstmord einer Fünfzehnjährigen entpuppt sich rasch als Mord und führt die Polizei zu einem weite Kreise ziehenden Fall von Zwangsprostitution Minderjähriger. Staatsanwältin Vittoria Stori und Inspektor Silvestri bearbeiten den Fall und stechen dabei in ein Wespennest. Brutale Morde mit einem Fleischerbeil bedrohen dabei ebenso den Erfolg ihrer Ermittlungen wie die oberen Dienststellen, die einige illustre Mitglieder der Regierung vor Strafverfolgung schützen....

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Das Schockierende an den Taten sind weniger die in rascher Präzision ablaufenden Morde, sondern die Hintergründe der Verbrechen, deren Motivation nicht aus pekuniärer Notwendigkeit, sondern aus der Dekadenz triebgesteuerter Herren der sogenannten besseren Gesellschaft resultiert. Obwohl sich die Blutspur des Rächers durch die ganze Stadt und somit die gesamte Laufzeit des Films zieht, sind es die nach und nach erfolgenden Geständnisse der Mädchen, die Unbehagen erzeugen. Die Ware Mensch erweist sich dabei als besonders inflationär, weil der Markt nach laufend neuem und frischem Material verlangt, was einen Strudel an nicht enden wollender Infamie nach sich zieht. Die Profiteure dieses regen Handels bleiben unentdeckt und unbelangt, was "Der Tod trägt schwarzes Leder" besonders deutlich veranschaulicht. Ispettore Silvestri erweist sich dabei als verlängerter Arm der Gerechtigkeit. Er ist betroffen von der Ignoranz der Medien, die nur eine billige Sensation wittern und ärgert sich über das Schweigen der Betroffenen ebenso, wie er die schützende Hand über das Establishment verachtet. Die Unantastbarkeit der Mächtigen thematisiert Dallamano ebenso wie das Engagement der Idealisten, welche in Giovanna Ralli und Claudio Cassinelli empathische Vertreter des Rechts finden. Ihr Einsatz zeigt die Grenzen auf, die jedem wohlmeinenden Kämpfer gegen die weitverzweigten Missstände eines Landes gesetzt sind. Solange es solche Menschen gibt, so das Credo des Regisseurs, ist nicht alle Hoffnung verloren. Umso erfreulicher, dass die Staatsanwältin und der Kriminalinspektor jeweils als intelligent, belastbar, konsequent und ehrenwert dargestellt werden, ohne das Heldenklischee des massentauglichen Kriminalfilms bedienen zu müssen.

Claudio Cassinelli überzeugt als Inspektor ohne Allüren, dem sein Beruf über alles geht, der vollen Einsatz gibt und ihn auch von anderen erwartet. Hindernisse sind für ihn da, sie zu überwinden und er fügt sich ungern in Befehle, wenn er den Sinn dahinter nicht erkennt. Sein Charisma rührt aus dem hohen Grad an Identifikation, nicht aus gefälligen Aktionen, die danach schielen, Eindruck zu machen. Sein sachliches Vorgehen, die Beharrlichkeit und Zuverlässigkeit seiner Taten finden ihren Widerhall in Giovanna Ralli, die inmitten von eingeschüchterten Mädchen und verstörten Frauen ein Leuchtturm der Emanzipation ist. Ihre Analysen und Verhöre zeigen ein gesundes Maß an Mitgefühl, wahren aber immer die Distanz, die nötig ist, um ein klares Urteil zu fällen. Umso spannender gestalten sich jene Szenen, in denen sie ruhigen Mut bewahren muss, um der tödlichen Bedrohung ihres Lebens entgehen zu können. Mario Adorf darf sich mehr Emotionen erlauben, was ihn bereits zu Beginn aus dem engen Kreis der Ermittler ausscheiden lässt, weil er zu befangen ist. Seine Wut und Verzweiflung über Dinge, die er niemals mit seiner eigenen Tochter in Verbindung gebracht hätte, stehen stellvertretend für die Hinterbliebenen von Gewaltopfern, die zumeist schnell beiseite geschoben und ihrem Schmerz überlassen werden. Die Person des Täters erzeugt naturgemäß großes Interesse, nicht nur wegen ihrer Vermummung, sondern der radikalen Art und Weise, wie sie ein zunächst unbekanntes Ziel erreichen will. Die temporeichen Szenen mit dem Motorradfahrer bilden das grelle und um Aufmerksamkeit heischende Element des Filmes und vermengen sich mit den dezenten, aber aussagekräftigen Sequenzen sexuellen Missbrauchs. Bild- und Musikkomposition wahren hier die Grenzen des guten Geschmacks und vertrauen auf die Imaginationskraft des Zusehers. Stilsicherer Giallo mit einem beeindruckenden Ermittlergespann, der die Verflechtung von Politik und Verbrechen in geradezu semidokumentarischer Art inszeniert. Großartige Leistungen von Ralli und Cassinelli, feine Akzente von Adorf und eine überaus gelungene deutsche Synchronisation machen den Film zu einem spannungsreichen Erlebnis.

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alan_cunningham
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Re: DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER - Massimo Dallamano

Beitrag von alan_cunningham »

Einer meiner Top 20-Filme aller Zeiten! :)

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Richie Pistilli
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Re: DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER - Massimo Dallamano

Beitrag von Richie Pistilli »

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Der Tod trägt schwarzes Leder (D)
La polizia chiede aiuto (IT)
La lame infernale (F)
Corrupción de menores (ES)
SOS special force (SWE)
What Have They Done to Your Daughters?


IT 1974

R: Massimo Dallamano
D: Giovanna Ralli, Claudio Cassinelli, Mario Adorf, Franco Fabrizi, Farley Granger, Marina Berti, Paolo Turco, Corrado Gaipa, Sherry Buchanan, Adriana Falco u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 03.06.1977

Synchronkartei

Schnittbericht

Score: Stelvio Cipriani

OFDb



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"Zwei Kinder, die die Spiele der Erwachsenen gespielt haben."


Am letzten Wochenende war es mal wieder soweit, denn die BD von DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER landete nach vielen Jahren als Abendprogramm im Abspielgerät. Das letzte Mal, dass ich diesen beeindruckenden Film sehen durfte, war im November 2018 auf dem Il Mostro di Norimberga - Festival des italienischen Giallo-Films, wo er seine Wirkung auf der großen Leinwand erst so richtig entfaltete. Ein ultimatives Erlebnis, das unvergessen bleibt. Natürlich funktioniert der Film auch auf einer kleineren Bilddiagonalen, wie ich selbst vor einigen Tagen auch wieder feststellen musste, denn Massimo Dallamanos filmische Glanzleistung fesselt nicht nur von der ersten bis zur letzten Minute, sondern zählt auch weiterhin zu den unnachahmlichen Klassikern des (im vorliegenden Falls etwas gelblich eingefärbten) Poliziottesco, die jedem Genre-Neueinsteiger bedenkenlos zum Antesten empfohlen werden kann. Zudem hat DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER auch nach 48 Jahren weder etwas an Spannung eingebüßt, noch wirkt die Handlung antiquiert.


Neben der erstklassigen Kameraarbeit, die den Zuschauer ständig in ihren Bann zieht, ist es sowohl dem ausgezeichneten Drehbuch als auch der beteiligten Schauspielerriege zu verdanken, dass DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER schlussendlich zu dem wurde, was der Film auch heute noch ist: Ein zeitloses Glanzstück italienischer Polizeifilmkunst. Claudio Cassinelli, den ich übrigens gerne noch häufiger in Giallo- und Polizeifilmproduktionen gesehen hätte, brilliert nicht nur in der Rolle des unerbittlichen Inspektors Silvestri, sondern überzeugt auch im stetigen Zusammenspiel mit der nicht minder grandiosen Giovanna Ralli, die als leitende Staatsanwältin Vittoria Stori den eigensinnigen Ermittler unermüdlich im Saum zu halten versucht. Dabei legt sie ein dermaßen passendes Gespür an den Tag, dass es ihr bereits nach kürzester Zeit nicht nur gelingt, den starrköpfigen Inspektor handzahm zu machen, sondern ihm auch noch zwischenmenschlich näher zu kommen. Als Nebendarsteller:innen wurden obendrein Schauspiel-Garanten wie beispielsweise Mario Adorf, Farley Granger, Corrado Gaipa und Sherry Buchanan verpflichtet, die durch die Bank hinweg in ihren Rollen überzeugen. Die prägnanteste Nebenrolle wird aber von der italienischen Nachwuchsschauspielerin Adriana Falco ausgefüllt, denn Giuliana Bigi bekam ihre markante Stimme in der deutschen Synchronfassung nicht nur von Helga Anders verliehen, sondern hat auch noch die kernigsten Sprüche am Start. Weitere Highlights sind die dynamischen, mit einer Handkamera in Szene gesetzten Verfolgungen, die sowohl in der atmosphärischen Tiefgarage sowie in den klaustrophobisch wirkenden Gängen und Treppenhäuser des Krankenhauses vonstattengehen, sowie die fabelhafte Filmmusik von Stelvio Cipriani, wobei der knackigste und zugleich bekannteste Track dem UNERBITTLICHEN VOLLSTRECKER entliehen wurde.


Abschließend sei noch auf die hervorragende BD aus dem Hause Camera Obscura hingewiesen, die neben zwei fabelhaften Featurettes auch noch eine völlig obskure HC-Szene sowie einen mustergültigen Audiokommentar mit Marcus Stiglegger und Dominik Graf an Bord.


Anmerkung: Aufgrund eines fehlenden BD-Laufwerks am PC musste ich für die Screenshots auf die DVD von Koch Media zurückgreifen.


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Screenshots der Camera Obscura-BD:
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Italienischer Trailer & Titelvorspann:
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