● GLI ASSASSINI SONO NOSTRI OSPITI / KILLER SIND UNSERE GÄSTE (I|1974)
mit Anthony Steffen, Margaret Lee, Luigi Pistilli, Gianni Dei, Sandro Pizzochero, Giuiseppe Castellano und Livia Cerini
eine Produktion der Lombarda Films | Produzione Palumbo
ein Film von Vincenzo Rigo
Bei eher in Vergessenheit geratenen Filmen stellt sich oft bereits im Vorfeld die Frage, ob die jeweiligen Produktionen zurecht in der Versenkung verschwunden sind, oder nicht. Bei "Killer sind unsere Gäste" hat man es mit einem hoch interessanten Beitrag des italienischen Regisseurs und Drehbuchautors Vincenzo Rigo zu tun, dessen Schaffensperiode lediglich drei Beträge umfasst. Als Debüt kann sich dieser rasante Polizeifilm durchaus sehen lassen und er braucht sich nicht vor übermächtig thronenden Klassikern zu verstecken, wenngleich er in vielerlei Hinsicht nicht an deren Intensität heran kommt. Dennoch überrascht das agile Konzept der Geschichte, da sie die womöglich niedriger angelegten Erwartungshaltungen bei Weitem übertreffen kann. Vom groben Handlungsgerüst her wirkt "Killer sind unsere Gäste" beinahe etwas unscheinbar und vielleicht sogar wenig originell, da immerhin eine Geschichte abgehandelt wird, die es bereits in zahllosen Varianten gegeben hat, jedoch kann die Inszenierung durchgehend überzeugen, die trotz der räumlichen Gebundenheit sehr abwechslungsreiche Intervalle annimmt. Rigo inszenierte einen grundsoliden Film, der mit schubartiger Spannung, unwirschen Tempowechseln, rasanten Schnittfolgen und eindringlichen Bildern für besondere Momente sorgen kann. Hinzu kommt, dass sich das Geschehen nur langsam erschließt, daher lange nicht preisgibt, wo dieser Alptraum noch hinführen wird. Die Schauspieler liefern verhältnismäßig überzeugende Studien und beeindrucken mit aufgeweckten Interpretationen.
Margaret Lee, unlängst Expertin für erotische oder vorzugsweise lesbische Einlagen, liefert hier vielleicht eine der besten Darstellungen ihrer sich dem ende zuneigenden Karriere. Ihre Elisa ist einfach nicht zu entschlüsseln und sie stellt eine eiskalte Fassade zur Schau, der man gebannt zuschauen möchte. Die Kamera schmeichelt ihr permanent mit umwerfenden Großaufnahmen und dokumentiert ein in jeder Situation beinahe unbeeindrucktes Gesicht. Ihre wachen Augen observieren alles und jeden, dabei verliert sie keinerlei unnötige Worte. Ihre Manipulation geschieht beinahe ausschließlich auf non-verbaler Ebene, sie arbeitet sich sicher als der kühle, berechnende Kopf der Bande heraus. Als sie die Ehefrau des Doktors verführt, ist eine von Margaret Lees erotischsten Darbietungen überhaupt zu sehen. Eine weitere große Überraschung ist die Leistung von Livia Cerini, deren Karriere nur wenige Auftritte umfasst. Bei ihrem ersten Erscheinen im Szenario weiß man sofort, mit wem man es zu tun hat. Sie degradiert Elisa schnellstens mit vollkommen gleichgültigem Gehabe, gleichzeitig mit bitterem Zynismus, da sie pauschal als Flittchen ihres Mannes identifiziert wird, wobei an ihrem eigenen Bettpfosten wohl auch unzählige Kerben eingeritzt sein müssten. Als sich die ungebetenen Gäste schließlich selbst vorgestellt haben, lässt Fräulein Doktor erst richtig die Turbinen warm laufen. Vor versammelter Mannschaft stellt sie ihren Gatten als langweiligen Waschlappen hin, kritisiert ihn wo sie nur kann. Nicht nur im Bereich der teils köstlichen Dialoge sorgt die attraktive Livia Cerini für Aufsehen, sondern serviert eine sagenhafte, sozusagen multifunktionelle Vorstellung. So muss sie im Verlauf noch für wirklich alles oder jeden herhalten.
Mehrmals setzt sie ihrem Mann in aller Konsequenz Hörner auf, was ihr trotz aller spürbaren Abneigung in Richtung der beteiligten Personen eine perverse Freude bereitet. Anthony Steffen als Arzt und frustrierter Ehemann agiert ebenso sicher und mit der erforderlichen Gleichgültigkeit. Die hysterischen Anflüge seiner Frau hat er schon längst satt, und beide übertrumpfen sich nur noch gegenseitig im Abschießen von Torpedos unter die Gürtellinie. Hierbei scheinen sie hin und wieder zu vergessen, dass sie eigentlich gerade als Geiseln genommen wurden. Das Ehepaar hat keine Hemmungen sich vor ihren ungebetenen Gästen zu zerfleischen, schmutzige Wäsche zu waschen und mit wechselseitigen Demütigungen zu jonglieren. Doktor Malerva erscheint dabei allerdings genau so zu sein, wie er von seiner Frau charakterisiert wird. Seine inadäquate Ruhe und Teilnahmslosigkeit hat Methode und ist ganz offensichtlich Tribut eines langen Leidensweges. Als Ermittler fungiert Luigi Pistilli, der durch eine weniger Aufsehen erregende Darbietung in Erinnerung bleibt. Er hat den Juwelenraub und die Morde aufzuklären, und es erscheint insgesamt etwas hinterfragungswürdig zu sein, wie er diesen verzwickten Fall überhaupt lösen sollte. Gianni Dei als Mitglied des Gangster-Trios zeichnet einen gewaltbereiten, rücksichtslosen und abstoßenden Zeitgenossen, der dem Empfinden nach jederzeit die Contenance verlieren könnte. Um die Tiraden von Frau Doktor ertragen zu können, nimmt er einige Drinks zu sich und verkündet schließlich, dass er sie noch ausprobieren wird, bevor er sie endlich abknallt.
Diese Szene ist bemerkenswert innerhalb einer traumartigen Sequenz inszeniert worden, in der die Zweisamkeit zwischen Livia Cerini und Margaret Lee eingeblendet wird, die für äußerst prickelnde Momente sorgen kann. Insgesamt hat man es hier wirklich mit sehr guten und ambitionierten Leistungen zu tun, die sogar noch durch ein geistreiches Ausreizen von gängigen Klischees überrascht. Da dieser Fall auf den ersten, vielleicht sogar zweiten Blick ziemlich herkömmlich wirkt, werden in der Zwischenzeit einige Alternativen ausgespielt. So kann man die Hauptdarsteller dabei beobachten, wie sie viele Irrwege gehen müssen, die zunächst für das Gesamtgeschehen ziemlich irrelevant erscheinen. Glücklicherweise stellt sich insbesondere Gegen Ende der Handlung heraus, dass jeder Eindruck - auch wenn er noch so irrelevant gewirkt haben mag - Teil eines klassischen Mosaiks gewesen ist, welches sich im überaus gelungenen Finale entfaltet. Es kommt trotz der örtlichen Isolation kaum zu signifikanten Ausfällen, was als Aushängeschild dieser Produktion zurück bleiben wird. Szenen, wie beispielsweise die im Garten der Malervas, als es zu einer traumatisch inszenierten Hetzjagd kommt, beweisen ein besonderes Gespür für Atmosphäre im Rahmen von Licht- und Schattenspiel, in beinahe stahlblauem Schimmer. Wer Blut, derbe Effekte und haufenweise Brutalität erwartet, der wird mit "Killer sind unsere Gäste" vielleicht nicht vollkommen zufrieden gestellt werden, aber der Film setzt in begrüßenswerter Form auf andere Komponenten. Die Musik verfeinert das Geschehen in nahezu perfekter Manier, was die Schauspieler ohnehin tun, und abschließend ist diesem Vertreter ein großes Lob auszusprechen, denn er kann auf ganzer Linie überzeugen und mitreißen. Sehr unterhaltsam.