WALDHAUS

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Prisma
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WALDHAUS

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WALDHAUS





● WALDHAUS - GESCHICHTEN AUS EINEM LANDHOTEL (D|1987-88)
mit Loni von Friedl, Judith Edel, Maria Singer, Heinz Moog, Hans Kraus, Udo Thomer, Fritz Muliar, Kurt Weinzierl, u.a.
eine Gemeinschaftsproduktion von ZDF und ORF
eine Serie von Uli Edel, Reinhard Donga, Peter Patzak, Sigi Rothemund, u.a.



Das kleine aber noble Landhotel "Waldhaus" ist der Familienbetrieb der Kurawskis, bei dem jeder mit anpacken muss. Zur Familie gehören das Ehepaar Eduard und Kläre (Heinz Moog & Maria Singer), deren Tochter Ilse (Loni von Friedl), die am intensivsten in das laufende Geschäft eingebunden ist, außerdem die Söhne Dieter (Hans Kraus) und Franz (Udo Thomer), sowie Ilses mittlerweile erwachsene Kinder Werner (Martin Halm) und Angelika (Judith Edel). Durch das Zusammenleben der unterschiedlichen Generationen unter einem Dach kommt es hin und wieder zu Konflikten und der hohe Durchlauf der Hotelgäste tut sein Übriges dazu...

Die Ende der 80er Jahre entstandene Familienserie "Waldhaus" war seinerzeit zur Primetime beim ZDF zu sehen und es wurden 17 in sich abgeschlossene Episoden ausgestrahlt. Da ursprünglich beinahe 40 Folgen geplant waren, ist anzunehmen, dass die Serie keine besonders hohen Einschaltquoten einfahren konnte, außerdem soll es sich um eine Low-Budget-Produktion ohne großen Aufwand gehandelt haben. Ein bekannter Stab vor und hinter der Kamera kann dem interessierten Zuschauer schließlich einen guten Unterhaltungswert bieten, doch insgesamt präsentiert das Format vielleicht zu wenig Neuerungen, um sich von ähnlichen Angeboten abheben zu können. Wie dem auch sei, anschauen kann man sich die einzelnen Episoden bei vorhandener Affinität für derartige Serien allemal, vor allem wenn es ein nettes Wiedersehen mit bekannten deutschen TV-Stars gibt. Die Unterhaltungsserie ist seit ihrer Erstausstrahlung allerdings weitgehend in Vergessenheit geraten.

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Prisma
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● WALDHAUS | FOLGE 04 | NUR DAS BESTE FÜR ANGELIKA (D|1987)
mit Judith Edel, Loni von Friedl, Maria Singer, Heinz Moog, Hans Kraus, Udo Thomer, Fritz Muliar, Kurt Weinzierl
als Gäste: Eva Renzi, Otto Grünmandl, Martin Falk, Elena Rublack, Holger Petzold, Manuela Denz, Rainer Müller
eine Gemeinschaftsproduktion von ZDF | ORF
Regie: Reinhard Donga



Angelika Kurawski (Judith Edel) sorgt für einigen Wirbel im sonst so idyllisch wirkenden Kurhotel "Waldhaus". Zum Leidwesen ihrer Mutter Ilse (Loni von Friedl) hat sie eigenmächtig beschlossen, im Familienbetrieb anpacken zu wollen und damit die Schule endgültig zu schmeißen. Da die Zensuren schon seit geraumer Zeit eine eindeutige Sprache sprechen und insbesondere im Fach Mathematik nicht mehr ausreichen sind, bittet Ilse ihre alte Freundin namens Irmgard Reisch (Eva Renzi) um Hilfe. Die besorgte Mutter spekuliert darauf, dass die Frau mit dem unkonventionellen Lebensstil an ihre bislang widerspenstige Tochter herankommt. Es stellen sich schnelle Erfolge ein, doch Frau Kurawski hat auch die Unberechenbarkeit von Irmgard nicht mit einkalkuliert...

"Waldhaus" verläuft ganz nach dem Schema gängiger deutscher Serienformate und konzentriert sich dabei auf die bestehenden zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten, aber auch der in jeder Episode auftretenden Gäste, die den manchmal ohnehin schief hängenden Haussegen noch mehr ins Ungleichgewicht bringen. Für die vierte Episode engagierte man zu diesem Zweck keine Geringere als Eva Renzi für die Episoden-Hauptrolle, doch wider erwarten soll sie es richten. Wer jedoch die üblichen Einsatzgebiete der immer noch temperamentvollen Berlinerin kennt, weiß, dass man sich mit ihr in eine diffuse Unberechenbarkeit begeben wird. Szenen aus dem Schulalltag der Titelrolle zeigen, weshalb man Renzi präsentiert bekommt, doch es soll natürlich alles andere als Glatt verlaufen. Die anfänglichen Sequenzen aus der Schule zeigen eine absolut desinteressierte Angelika, die verträumt Löcher in die Luft starrt und ganz ihrem Alter entsprechend verkündet, dass sie selbst wisse, was gut für sie sei. Im Klartext bedeutet dies, dass sie keine Lust mehr hat, ihre kostbare Zeit in der Schule zu verschwenden. Hinzu kommt, dass sie in einer frischen Beziehung ist, die diesen Entschluss nur noch anfeuern wird. Im Hotel "Waldhaus" herrscht daher Verzweiflung und Kollisionskurs. Die Diskussionen und Streitereien nehmen überhand, die Nerven liegen blank, insbesondere bei Angelikas Mutter Ilse, die nur noch eine Chance sieht: Irmgard Reisch anzufordern, eine alte Freundin.

In ihrer Aussichtslosen Lage hat die Hotelfachfrau offenbar komplett vergessen, dass sie versucht, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, denn Irmgard führt ein Leben, dass ihre junge Tochter aller Wahrscheinlichkeit nach zum Vorbild nehmen wird, denn die Dame mit dem Motorrad pfeift ebenfalls all auf das, wie es Angelika momentan auch zu pflegen tut. Reinhard Donga wird nicht müde, zahlreiche Verstrickungen zu zeichnen und das sehr nachhaltig. Eingefangen in einer trügerischen Idylle, kann die Konfrontation herrlich unter seiner aufmerksamen Regie gedeihen, allerdings ist das Gelingen ebenso stark den Darstellern zuzuschreiben. Zwischenzeitlich beruhigt sich die angespannte Lage, denn Irmgard findet einen Zugang zu der abtrünnigen Tochter, bis die Streitgespräche wieder das Regiment führen werden. Ob zwischen Tochter und Mutter, oder Gast und allen anderen; der Eindruck, dass die Folge zu einem guten Ende kommen könnte, schwindet minütlich, zumal sich Irmgard obendrein noch auf eine Liaison mit Angelikas Freund eingelassen hat. Alles was hier präsentiert wird, ist sicherlich schon dutzendfach in anderen, beziehungsweise ähnlich aufgebauten Serien dagewesen, von daher also nichts wirklich Neues, doch die Inszenierung ist recht angenehm anzuschauen und bietet Verlässliches. Zum wohlgemerkt abrupten Ende hin baut sich eine kleine Spannung auf, da ein möglicherweise folgenschwerer Entschluss einige Personen dazu zwingen wird, sich ernsthafte Gedanken über sich selbst und ihren Lebensstil zu machen.

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Prisma
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● EVA RENZI als IRMGARD REISCH in
WALDHAUS - NUR DAS BESTE FÜR ANGELIKA (D|1987)



Im Rahmen der sporadischen Auftritte der 80er Jahre kann diese Episoden-Hauptrolle Eva Renzis als Startschuss für ein erfolgreiches TV-Comeback angesehen werden, insbesondere was gut frequentierte deutsche Serien betrifft. In diesem Zusammenhang zeigt sich erneut die erstaunliche Wandlungsfähigkeit der Interpretin, die in der vierten Folge der Serie "Waldhaus" für Furore innerhalb der eigentlich bestehenden Idylle sorgt. Engagiert als Nachhilfelehrerin für die Titelrolle der Episode, sieht man Eva Renzi wieder einmal von ihrer oppositionellen Seite, hier eindeutig entgegengesetzt zu bestehenden gesellschaftlichen Konventionen und dem vielleicht immer noch amtierenden Frauenbild. Ihre erste Szene kann bezeichnend für den weiteren Verlauf angesehen werden, denn sie beherrscht das Szenario nach Belieben durch ihre immer noch vereinnahmende Präsenz. Vor dem Hotel fährt sie auf einem Motorrad vor, kleidet und verhält sich kaum damenhaft, doch es stellt sich schnell heraus, dass die durchaus gebildete Frau eine Freundin des Hauses, beziehungsweise der Besitzerin ist. Ihr Leben gestaltet sich von der Hand in den Mund, lediglich wenn Ebbe im Portemonnaie herrscht, ist solide Arbeit angesagt. Ihre Abschürfungen, Prellungen und der Gips an der Hand charakterisieren ihre Risikofreudigkeit. Hinzu kommt eine ihrem Wesen entsprechende Freizügigkeit und ein vollkommen unkomplizierter Umgang mit Menschen ihres Umfeldes, dem sie sich sofort als gute Vertraute und verlässliche Zuhörerin anbietet, bei Männern mitunter sogar als Affäre.

Doch kann sie den Problemfall Angelika mit ihrer Art einfach so knacken? Für die Beobachter erscheint es zumindest sehr fraglich, denn schließlich gleicht ihr Laissez-faire-Stil dem der Schülerin, die absolut keine Lust mehr auf Schule verspürt und sich dementsprechend renitent präsentiert. Die Nachhilfelehrerin für Mathematik, Irmgard Reisch, kann sich nur allzu gut in diese Lage versetzen, denn schließlich muss sie einst selbst Aussteigerin gewesen sein. Im Umgang mit Angelika und ihrer Mutter versucht sie zweigleisig zu fahren und jeder der Frauen zu entsprechen. Doch wie das Leben so spielt kann sie es nicht jedem recht machen. Eva Renzi umweht eine naturgemäße Cleverness, stellt dabei aber nicht das dar, was man landläufig als kultiviert identifizieren würde. Bereits nach einem Tag beschweren sich einige Hotelgäste über das Auftreten der unkonventionellen Dame, da sie es vorzieht, nackt am Badestrand in Erscheinung zu treten. Auch bei Tisch benutzt sie vorzugsweise die Hände als natürlich gegebenes Besteck und trinkt ihr Bier dabei genüsslich aus der Flasche. Als Gesprächspartnerin zeigt sie sich von ihrer unbändigen Seite und wird dabei nicht müde, Seitenhiebe in alle Himmelsrichtungen zu verteilen. Irmgard ist bis in die letzte Faser überzeugt von sich und teilt es ihrem jeweiligen Umfeld unverblümt, manchmal ungefragt mit, auch wenn als Ergebnis schon einmal Tränen fließen. Vor allem ihre Freundin Ilse, die mit der Führung des Hotels und ihrer schwierigen Tochter schon genug zu tun hat, bekommt ihre wenig diplomatische Gesprächsführung zu spüren.

Die mittlerweile völlig frustrierte Hotelchefin ist jedoch in der Lage zurückzufeuern und das in bissiger Art und Weise, falls sich Ventile öffnen: »...glaubst auf mich herab schauen zu können, weil du dich für frei und emanzipiert hältst?« Dabei handelt es sich um eine Aussage, die Eva Renzi möglicherweise auch persönlich getroffen hätte, schließlich wird ein vorgehaltener Spiegel mit Sprung präsentiert und Worte richten sich aggressiv gegen tiefste Überzeugungen, Lebenseinstellungen und spielen auf eine gewisse Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Lebenseinstellungen an. Aufs Tableau kommen selbstverständlich noch weitere Vorwürfe bezüglich des losen Umgangs mit Männern und ihrer allgemeinen Aufmachung, sodass die Stimmung beinahe den Gefrierpunkt erreicht. Eva Renzi agiert hier erneut so, wie man sie hinlänglich kennt. Sie schlüpft in eine beliebige Rolle und lacht über die gesellschaftlichen Korsetts der anderen, dem Empfinden nach nicht ohne ihre ganz persönliche Einstellung kundzutun. Dementsprechend kann wieder einmal von einer dankbaren Rolle für die Berlinerin gesprochen werden, allerdings nicht in dem Sinn, dass es auf den präzisen Zuschnitt ankommt, sondern eher das Vereinen von Darstellerin und Person. Betrachtet man das letzte Drittel von Eva Renzis Karriere, bleibt nur zu betonen, dass sie eine ungemeine Bereicherungen für das Fernsehen darstellt, da sie ihre Rollen mit einer ganz selten vorkommenden Tatkraft ausstatten konnte, die über jedes Skript hinausgeht. Auch hier präsentiert sie sich als waschechte Querdenkerin und es ist eine Freude sie begleiten zu dürfen, da sie den frischen Wind repräsentiert, der viel häufiger in deutschen TV-Serien hätte wehen müssen.


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