EIN MANN FÜR ALLE FÄLLE

Der Tummelplatz für alle Serienjunkies und Binge-Watcher!
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Percy Lister
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EIN MANN FÜR ALLE FÄLLE

Beitrag von Percy Lister »

"Ein Mann für alle Fälle" (Deutschland 1978) - FOLGE 1
mit: Harald Juhnke, Johanna von Koczian, Gerlinde Locker, Chariklia Baxevanos, Barbara Schöne, Elisabeth Wiedemann, Hanne Wieder, Anita Kupsch, Walter Jokisch, Henning Gissel, Arnold Marquis, Klaus Jepsen u.a. | Drehbuch: Curth Flatow | Regie: Wolfgang Liebeneiner

Die Agentur "Ein Mann für alle Fälle" beschäftigt über 2100 Mitarbeiter und hat Niederlassungen in ganz Europa. Eine Reporterin stattet dem Chef Frank Engelmann in der Berliner Firmenzentrale einen Besuch ab, um hinter das Geheimnis seiner Geschäftsidee zu blicken. Er erzählt von den Anfängen seiner Karriere, als die Firma noch ein Ein-Mann-Betrieb war und er Aufträge als Begleiter verwöhnter, exzentrischer oder verzweifelter Klienten annahm. So führte ihn sein Beruf nicht nur auf die Trabrennbahn und den Trimm-dich-Pfad, sondern erforderte es auch, sich als arabischer Herrscher zu verkleiden, um einem Gartenzwergproduzenten den lukrativen Auftrag für das orientalische Modell "Wüstenzwerg" zu sichern. Doch eines Tages bestellt ihn eine Dame zu sich ins Penthouse, um ihren Ehemann zu spielen, da sie eine Schulfreundin zum Essen erwartet. Wird Engelmann sich auch auf diesem Parkett sicher bewegen?

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Harald Juhnke, der in seinen ersten Spielfilmen in den Fünfziger Jahren meist den pfiffigen Kumpel spielte, der sich mit einem flotten Spruch auf den Lippen durchs Leben schlug, setzte ab 1977 verstärkt auf sein Talent als Entertainer, zunächst in zahlreichen Auftritten mit Grit Boettcher als "Ein verrücktes Paar", dann als Nachfolger von Peter Frankenfeld mit der Show "Musik ist Trumpf". Der Aufstieg vom Wedding in den Grunewald brachte es mit sich, dass Juhnke in der Nachbarschaft von Kollegen wie Harry Meyen und Hardy Krüger wohnte, wie Dorothee Fleischmann in "Berlin - Eine Stadt in Biographien" (MERIAN porträts) schrieb: "Er lernte bei Erik Ode, kickte mit Götz George im Garten der Familie George am Wannsee, trank mit Bubi Scholz, flirtete mit Romy Schneider und wurde von Hans Albers in Sachen Frauen unterrichtet." Die vielseitige Rolle als Frank Engelmann schüttelt er lässig aus dem Ärmel: mit augenzwinkerndem Humor und der Fähigkeit, über seine Schwächen zu lachen, gelingt es ihm, das Publikum im Handumdrehen auf seine Seite zu bringen. Das Schaulaufen attraktiver Damen, die sich in seinem Büro die Klinke in die Hand geben, führt zu amüsanten Episoden, bei denen es Engelmann oftmals nur knapp gelingt, seine Contenance zu bewahren, doch die Zufriedenheit der Kunden geht vor. In der Rahmenhandlung staunt Chariklia Baxevanos über die zahlreichen herausfordernden Aufträge, die seinen Ruhm begründeten und nicht nur sie unterhalten, sondern auch das Publikum. Die flockig leichten Episoden innerhalb der sechzig Minuten umfassenden Folge setzen auf Gaststars wie die überschäumend fröhliche Elisabeth Wiedemann, deren Lachen das Prickeln des Champagners übertrifft; eine kraftvoll maskuline Hanne Wieder, deren Kondition und Selbstbewusstsein dem sportlich untauglichen "Mann für alle Fälle" seine Grenzen aufzeigen und eine zunächst spröde Johanna von Koczian, deren Kalkulationen aus ihrem erfolgreichen Berufsalltag bei der Herausforderung mit dem erfundenen Ehemann ins Wanken geraten. Die Figuren werden zwar mit ihren Schwächen und Schrullen entlarvt, bewahren jedoch ihre Würde und man lacht mit ihnen und nicht über sie.

Percy Lister
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Re: EIN MANN FÜR ALLE FÄLLE

Beitrag von Percy Lister »

"Ein Mann für alle Fälle" (Deutschland 1979) - FOLGE 2
mit: Harald Juhnke, Barbara Schöne, Johanna von Koczian, Lisa Helwig, Gaby Gasser, Joseline Gassen, Nadja Tiller, Maria Sebaldt, Walter Richter, Kristina Nel, Hans Clarin, Horst Keitel, Rebecca Völz, Walter Hoor, Aurelio Malfa u.a. | Drehbuch: Curth Flatow | Regie: Wolfgang Liebeneiner

Frank Engelmann ärgert sich über den Zeitungsartikel, den die Reporterin seiner Meinung nach nicht akkurat verfasst hat. Er beschließt nun, den nächsten Bericht über seine Firmengründung selbst zu schreiben und spricht seine Erlebnisse zum Abtippen in ein Diktaphon. Erneut erlebt er einige Abenteuer, die ihn bis an den Rande seiner Kräfte bzw. eines Nervenzusammenbruchs bringen. Wenn eifersüchtige Ehemänner ihn mit dem Tod bedrohen, exaltierte Theaterregisseure den "Hamlet" ab absurdum führen oder ihn misstrauische Damen als Hüter ihres Erbes engagieren, so geht Engelmann bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Dabei behalten ihn seine Sekretärin Frl. Sommer und seine Bekannte Christa genau im Auge - jede darum bemüht, ihn für sich zu gewinnen. Da bleibt Engelmann nur die Flucht nach vorn - zum nächsten herausfordernden Auftrag....

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Die Aufträge, welche Engelmann diesmal übernehmen muss, reichen von einer reizenden Erbschleicher-Geschichte, bei der er von einer alten Dame beauftragt wird, ihren Familienschmuck in Sicherheit zu bringen und den Mandelkuchen probieren soll, den die ihr angeblich nach dem Leben trachtende junge Prokuristin gebacken hat (mit gewohnt renitentem Anstrich: Lisa Helwig) bis zur Modenschau, bei der er sich als Dressman verdingt und ihn eine verheiratete Frau im Publikum anschmachtet - sehr zum Missfallen ihres Ehemanns. So erhalten die Geschichten einen latent kriminalistischen Touch, obwohl der Humor und der Verwechslungsfaktor im Vordergrund stehen. Schlimm wird es, wenn Hans Clarin als überspannter Regisseur die Bretter betritt, welche angeblich die Welt bedeuten. Seine Schauspieler verehren ihn als geniales Genie, dabei ist er einfach nur ein Despot, der glaubt, er könne aus (dem) Stroh (in seinem Kopf) Gold spinnen. Die Klischees der Berufsgruppen werden bemüht, wo es nur geht und so tänzelt der Conférencier der Modenschau mit Toupet und femininen Rüschen durch den Saal, während hinter einer Fächerpalme der eifersüchtige Ehemann einer Zuschauerin lauert. Todesangst erleidet Engelmann zwischen den Messern, die Nadja Tiller energisch nach ihm wirft - aus beruflichen Gründen. Aufgelockert werden die Episoden durch Frank Engelmanns Bemühungen, Christa zurückzugewinnen, was schwieriger ist als gedacht, weil er immer wieder in kompromittierende Situationen gerät, die sein Umfeld falsch auffasst. Johanna von Koczian gibt sich kühl und bissig und obwohl man ihre offensichtliche Eifersucht wahrnimmt, täuscht sie vor, das Kapitel Frank Engelmann längst abgeschlossen zu haben. Harald Juhnke zieht alle Register seines Repertoires vom zu Unrecht Beschuldigten bis zum angeblich gleichgültigen Beobachter.

Percy Lister
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Re: EIN MANN FÜR ALLE FÄLLE

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"Ein Mann für alle Fälle" (Deutschland 1979) - FOLGE 3
mit: Harald Juhnke, Johanna von Koczian, Iris Berben, Edith Schollwer, Kristina Nel, Susanne Juhnke, Andrea Rau, Barbara Schöne, Helmut Förnbacher, Siegfried Rauch, Hans Brenner, Gerhard Riedmann, Roberto Blanco, Helo Gutschwager, Toni Sailer, Jean-Pierre Zola u.a. | Drehbuch: Curth Flatow | Regie: Wolfgang Liebeneiner

Frank Engelmanns Beruf bietet Abwechslung: Die verrückte Thea, eine tollkühne Pilotin aus der Altersklasse 80+ steigt mit ihm in die Luft; eine Erbin engagiert ihn als Begleiter für einen Aufenthalt an der französischen Riviera, um ihren ehemaligen Freund zurückzugewinnen und der Bremser der Skibob-Nationalmannschaft braucht ein Alibi für ein Stelldichein mit der Ehefrau seines Trainers. Engelmanns Sekretärin wirft ein Auge auf den neuen Kollegen und kündigt fristlos, während Christa anregt, aus der Firma endlich ein größeres Unternehmen zu machen, damit Frank sich nicht laufend selbst in Gefahr bringen muss....

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Die dritte und letzte Folge kehrt Berlin überwiegend den Rücken und führt Engelmann nicht nur aufs Glatteis, sondern auch in die Luft und ans Wasser. Die bekannten Gastdarsteller reihen sich wie Perlen in einer Kette, wobei nicht alles Gold ist, was glänzt. Charakterschauspielerin Iris Berben gehörte damals noch zur Fraktion der spindeldürren Interpretinnen, deren hohlwangiges Gesicht die Eifersucht zur Grimasse verzerrt, während sie hinter Siegfried Rauch herschleicht wie eine aggressive Katze. Weitaus angenehmer ist der Anblick von Susanne Hsiao Juhnke, die wissend lächelnd neben den beiden Männern die stille Beobachterin gibt und spürt, welche unruhigen Schwingungen von ihrer Konkurrentin ausgehen. Die Atmosphäre des Luxusressorts wird pittoresk eingefangen und bietet die eine und andere Ungewissheit bezüglich der Finanzierung dieses Aufenthalts, besonders, da Iris Berbens berechenbare Handlungen wie ein Rasenmäher über harmlose Grasstoppel hinwegfahren. In ganz anderen Gefilden bewegt sich Engelmann in den Alpen, wo ein ungehobelter Hans Brenner und ein nicht minder dialektal ausfallend werdender Gerhard Riedmann Engelmann zum stummen Beobachter degradieren. Andrea Rau, deren Anwesenheit signalisiert, dass es bald zum Kampf zwischen den Streithähnen kommen wird, vermittelt ihr Standardrepertoire mit den ihr typischen Blicken und Gesten. Nicht weniger selbstbewusst zeigt sich Edith Schollwer als draufgängerisches gesellschaftliches Unikum, deren Begleiter sich bald in einer ähnlichen Situation wiederfindet wie Hanns Lothar in "Flug in Gefahr". "Je oller, je doller" scheint das Lebensmotto der schrulligen Rothaarigen zu sein, neben der selbst ein Harald Juhnke handzahm wird. Um die treue Sekretärin Barbara Schöne endlich zu erlösen, baute das Drehbuch den neuen Mitarbeiter Helmut Förnbacher ein, dessen hinterlistiger Blick selten Gutes verheißt. Roberto Blanco im Pelzmantel und Toni Sailer beim Hüftschwung auf der Skipiste runden die sechzigminütige Episode ab, nach der sich Engelmann erleichtert in seinem Bürosessel zurücklehnen darf, weil er in dem Chaos den Überblick bewahren konnte. Etwas weniger Situationskomik und ein höherer Krimianteil hätten der Reihe vermutlich eine längere Lebensdauer verliehen. Insgesamt kann jedoch gesagt werden, dass es durchaus kurzweilig ist, den charmanten Harald Juhnke auf seinen Abenteuern zu begleiten. Die Rahmenhandlung mit Johanna von Koczian fängt die Episode immer wieder auf, wenn sie kurz ins Lächerliche abzurutschen droht. Ebenso sprechen die zahlreichen bekannten Gesichter für die Miniserie, obwohl ihre Figuren vereinzelt über eine Blaupause nicht hinauskommen.

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