SWEETWATER - Logan Miller, Noah Miller

Schweigsame Männer, sprechende Colts und galopierende Gäule - Der traditionelle Western made in USA
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Maulwurf
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SWEETWATER - Logan Miller, Noah Miller

Beitrag von Maulwurf »

Sweetwater – Rache ist süß (Logan Miller & Noah Miller, 2013) 7/10

Sweetwater - Rache ist süß.jpg

Sarah und ihr Mann Miguel haben eine kleine Farm, irgendwo im Nichts von New Mexico. Rechts ist der Ort, mit einem Nichtsnutz von Sheriff und einer Bank, die ihnen auf ihre Ersparnisse von 14 Dollar Kontoführungsgebühren in Höhe von 7 Dollar berechnet. Und links ist der Prophet Josiah, der den Menschen Gottes Wort am ehesten mit dem Messer oder mit seinem eigenen Schwanz einführt. Als Josiah Miguel tötet, hat Sarah nichts, aber auch rein gar nichts mehr zu verlieren. Sie will nur noch eines: Rache! Allerdings gibt es da noch den neuen Sheriff Cornelius Jackson, der die Buchstaben des Gesetzes sehr sehr ernst nimmt. Und der Josiah gewaltig auf dem Kieker hat. Allerdings ist auch die Liebe zwischen ihm und Sarah nicht sonderlich groß, denn Sarahs Mutter ist eine bekannte Hure, und der Vater wurde von Jackson höchstpersönlich gehängt.

OK, die Geschichte ist schon sehr rudimentär. Ich meine, bei Western ist so etwas nun normalerweise kein Hinderungsgrund, und da können komplexe Stories auch durchaus mal ein Stimmungstöter sein. Aber diese Erzählung hier ist schon verdammt simpel gestrickt: Mann A tötet Mann von Frau B, Sheriff C geht A deswegen an, und B nimmt ihre Knarre und metztelt alles nieder. Aber SWEETWATER punktet mit anderen Dingen ganz gewaltig: Da sind einmal die grandiosen Schauspieler. Ed Harris, der grundsolide und manchmal fast etwas bieder wirkende Ed Harris, gibt in einer unglaublichen Performance den freiheits- und gesetzliebenden Cornelius Jackson, der sich in gigantischen DMAX-Naturaufnahmen die Liebe zum Leben und den Respekt vor der Schöpfung aus dem Leibe singt und prügelt. Allein seine Show, wenn er Josiah beim Essen demonstriert, wie er auf die Spur der vermissten Brüder gekommen ist, das ist ganz ganz großes Kino. Tja, und Josiah, das ist Jason Isaacs, den man sonst eher als böse-intriganten Lucius Malfoy aus den HARRY POTTER-Verfilmungen kennt. Diese Rolle hier ist ähnlich angelegt, und Isaacs schafft es glatt, noch mal eine Schippe draufzulegen. Der Mann ist eine eisige Mischung aus Rührseligkeit und Mordlust, aus hemmungslosem Sexualtrieb und unbeschreiblicher Arroganz. So wie Josiah seine Gefolgschaft beherrscht, so beherrscht Isaacs in seinen Szenen den Film. Diese Augen, diese ganze Erscheinung, diese Ausstrahlung – ein Satan in Menschengestalt, dessen Anziehungskraft schwer zu widerstehen ist.
Zwischen den beiden Männern hat January Jones es nicht leicht, weswegen ihr Spiel auch stark zurückgenommen ist. Sie schaut, sie leidet, sie zeigt unaufdringliche Stärke, und kann sich genau damit behaupten. Wenn sie den Dreckschweinen in der Stadt zeigt was eine Hure alles kann, dann lacht das Herz des Rape and Revenge-Fans. Allein das bleigefüllte Arschloch ist bereits die halbe Miete.

Nun ja, die grandiosen Naturaufnahmen erwähnte ich bereits, und dazu kommt dann noch ein ruhiger und sehr manipulativer Soundtrack, der sich mitnichten aus dem Western-Fundus bedient, sondern eher aus dem (Gothic-) Horror-Genre kommt und die Stimmung des Films ganz wesentlich beeinflusst. Genauso wie der Wind, der im Hintergrund heult und stöhnt und atmet, und damit eine fast permanente Unbehaglichkeit etabliert. Nur bei den glücklicheren Bildern des Ehepaars Ramírez ist kein Wind zu spüren, da beherrschen Gemütlichkeit und Heimeligkeit die Welt, und bei aller Armut merkt man wie zufrieden die beiden wären. So man sie liesse …

Sprich, der Film spielt sehr gekonnt mit den Gefühlen des Zuschauers. Und wenn die Geschichte ein klein wenig intelligenter wäre, dann hätte ich mit einer höheren Wertung auch keine Probleme gehabt. Aber schon alleine Jason Isaacs und Ed Harris sind es wert, sich SWEETWATER anzuschauen. Ich hätte ganz ehrlich nicht gedacht, dass heutzutage noch so gute Western gedreht werden. So ganz ohne Kitsch und Larmoyanz, sondern reduziert auf das Wesentliche: Staub, Blut und Blei.

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