● JOHN CARPENTER'S THE FOG / THE FOG - NEBEL DES GRAUENS (US|1980)
mit Adrienne Barbeau, Jamie Lee Curtis, Tom Atkins, John Houseman, Hal Holbrook und Janet Leigh
eine Produktion der AVCO Embassy Pictures | Debra Hill Productions | im Verleih der Tobis Filmkunst
ein Film von John Carpenter
Bei John Carpenters "Nebel des Grauens" handelt es sich in der Tat um ein Meisterwerk des Horrorfilms, welches sich in nahezu allen Bereichen auf höchstem Niveau präsentiert. In der Horror-Welt haben Angst und Entsetzen ja buchstäblich unzählige Gesichter und Fratzen, und hier sollten es im Sinne der Abwechslung ertrunkene Rächer sein, was im Endeffekt gar keine so neue Erfindung darstellt. Aber es ist nicht die Geschichte an sich, die hier überdurchschnittlich wäre, sondern die außerordentliche, handwerklich perfekte Umsetzung, die den Film zum Leben erweckt. Carpenter selbst merkte an: »Botschaften haben in meinen Filmen keinen Platz. Meine Vorstellung vom Kino ist einzig dessen Unterhaltungswert.« Ein einfach klingendes Konzept, an dem allerdings auch schon unzählige seiner Kollegen gescheitert sind. In diesem Film wird man keine gravierenden Patzer finden, und trotz einer offensichtlichen Einreihung in den Mainstream-Bereich kann sich der Film deutlich von Konkurrenz absetzen, sie sogar selbstbewusst in die Schranken zu weisen. Sich dem Mainstream hinzugeben wirkt in der heutigen Zeit beinahe schon etwas exotisch und erfrischend, da letztlich beinahe jeder versucht, das Rad neu zu erfinden. Der Film ist visuell beeindruckend, aber vor allem darf er im akustischen Bereich wirklich nach seinesgleichen suchen, denn es ist Hochspannung und Nervenkitzel angesagt. Der große Vorzug bleibt, dass das Grauen über lange Strecken spekulativ bleibt und die Fantasie konstant sehr ungemütlich anspricht und fordert.
Die Besetzung ist zwar blendend, bleibt dem Thema allerdings strikt untergeordnet. Die Charaktere wirken daher recht einheitlich, lenken beispielsweise auch nicht durch unnötige Selbstinszenierungen vom eigentlichen Thema ab. Adrienne Barbeau, damals mit John Carpenter verheiratet, ist die sympathische Stimme der Nacht, die Antonio Bay allabendlich begleitet. Über ihre sympathische Stevie Wayne wird ein Großteil der Spannung aufgebaut, da sie über das Radio vor dem unheimlichen Nebel warnt, bis sie selbst attackiert wird. Jamie Lee Curtis wird von Tom Atkins als Anhalterin aufgelesen und es kommt wie es kommen muss. "Psycho"-Ikone Janet Leigh bleibt außer einigen netten Dialogen recht unscheinbar, jedoch sind die verschiedenen Personen hervorragend in die Geschichte integriert und werden sich aus unterschiedlichsten Gründen zum packenden Showdown treffen. Carpenter legt insgesamt beinahe keinen Wert auf charakterliche Differenzierungen oder Tiefe der Protagonisten, was schließlich dem Film sehr zu Gute kommt und die Konzentration angesichts des Gesamtbildes deutlich forciert. So bekommt man auch den Eindruck, dass es die Nachkömmlinge der Schuldigen von einst jederzeit erwischen könnte, oder sogar müsste, da sie ihre Schuld zu bezahlen haben. Raffinierte an der Geschichte bleibt, dass über die nicht gerade mit Feuer erfüllten Personen ein Zwiespalt für den Zuschauer aufgebaut wird, da die Frage über Recht und Schuld im Raum steht. Die blutrünstigen Wesen aus dem Nebel haben eigentlich das Recht auf Rache, aber wer sympathisiert schon mit einer Reihe von Untoten, die darüber hinaus nicht mehr ganz frisch aussehen? Charakterlich wurde kein Gegengewicht aufgebaut, keine höhere Instanz wird wirklich angesprochen, und man darf es sagen wie es ist: Entstanden ist Horror pur!
Inszenatorisch hat man es also mit eineinhalb Sternstunden zu tun. Der Plot ist von Anfang bis Ende logisch und nachvollziehbar aufgebaut, obwohl man es im Endeffekt nur mit einem beunruhigenden Märchen zu tun hat. Schon der Einstieg mit dem alten Seemann, der einer Gruppe gespannter Kinder die Geschichte wie Seemannsgarn erzählt, transportiert ein unheimliches Flair. Langsam aber sicher merkt der Zuschauer, dass die Angst überall lauern kann und schon bald auftauchen wird. Die Hauptrolle im Film spielt der leuchtende Nebel, der sich langsam aber zielstrebig in der Ortschaft verteilt. Elektrische Geräte spielen verrückt, Autos fangen an zu hupen, Lichter gehen aus, Erschütterungen sind zu spüren, Zifferblätter zerspringen, man hört unheimliches Klopfen an Türen, etc. Hierbei ist es hauptsächlich die Akustik, die dem Zuschauer die Nerven zerreißt. Stereotype, sich permanent wiederholende Aneinanderreihungen von metallisch wirkenden Tönen, machen die Hetzjagd beinahe unerträglich. Nichts im Bild wirkt jedoch hektisch, sondern genau wie der "Nebel des Grauens" fließend, und doch weiß man, dass die Klabautermänner ihr Ziel erreichen werden. Übliche Effekte runden das Gesamtbild schließlich erstaunlich gut ab, und es ist daher nicht anders zu beschreiben, dass man es mit einem Meilenstein des Horror-Kinos zu tun hat, der Spannungszustände schürt und die Ängste des Publikums hemmungslos anspricht. Bei "The Fog - Nebel des Grauens" hat man es also mit Horror im klassischsten Sinne zu tun, der sich auf wesentliche Komponenten konzentriert, und keine Ablenkungsmanöver in Form von überspitzten Ekel-Effekten nötig hat. Auch wenn man schon zahlreiche oder möglicherweise unzählige Filme im Bereich Horror gesehen hat, kann Carpenters Beitrag zu einem nervenaufreibenden Erlebnis werden. Ein Klassiker.