THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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Prisma
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THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

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Bild


● JOHN CARPENTER'S THE FOG / THE FOG - NEBEL DES GRAUENS (US|1980)
mit Adrienne Barbeau, Jamie Lee Curtis, Tom Atkins, John Houseman, Hal Holbrook und Janet Leigh
eine Produktion der AVCO Embassy Pictures | Debra Hill Productions | im Verleih der Tobis Filmkunst
ein Film von John Carpenter

»Wie kann Jemand ertrinken, ohne mit Wasser in Berührung zu kommen?«

Dem kalifornischen Antonio Bay steht der 100. Jahrestag bevor. Doch das Städtchen hütet ein genauso altes Geheimnis, denn man baute Antonio Bay mit der Hilfe von gestohlenem Gold, das sechs Verschwörer von einem Schiff erbeuteten, welches sie im dichten Nebel anlockten, und auf das Riff auflaufen ließen. Der Tag der Rache ist gekommen, und die vor Hundert Jahren verunglückten Seeleute fordern nicht nur ihr Gold zurück, sondern sie dürsten vor allem nach blutiger Vergeltung. Ab Mitternacht kommt eine dichte Nebelbank auf Antonio Bay zu, und es geschehen merkwürdige Dinge. Auch ein Fischerboot wird vom Nebel umschlossen, aus welchem plötzlich ein unheimliches Geisterschiff auftaucht, bis die Besatzung die entsetzliche Bekanntschaft mit den damals ertrunkenen Seeleuten machen muss. Am nächsten Tag breitet sich der leuchtende Nebel in der Stadt aus und fordert weitere Opfer. Die Radiomoderatorin Stevie Wayne (Adrienne Barbeau), die ihr Studio in einem Leuchtturm betreibt, von dort aus das schnelle Ausbreiten des Nebels beobachten kann, warnt die Bewohner in ihrer Sendung, sodass eine Gruppe von Leuten sich in die Kirche von Pater Malone (Hal Holbrook) retten kann. Doch die blutrünstigen Rächer machen auch vor einem Gotteshaus nicht Halt...

Bei John Carpenters "Nebel des Grauens" handelt es sich in der Tat um ein Meisterwerk des Horrorfilms, welches sich in nahezu allen Bereichen auf höchstem Niveau präsentiert. In der Horror-Welt haben Angst und Entsetzen ja buchstäblich unzählige Gesichter und Fratzen, und hier sollten es im Sinne der Abwechslung ertrunkene Rächer sein, was im Endeffekt gar keine so neue Erfindung darstellt. Aber es ist nicht die Geschichte an sich, die hier überdurchschnittlich wäre, sondern die außerordentliche, handwerklich perfekte Umsetzung, die den Film zum Leben erweckt. Carpenter selbst merkte an: »Botschaften haben in meinen Filmen keinen Platz. Meine Vorstellung vom Kino ist einzig dessen Unterhaltungswert.« Ein einfach klingendes Konzept, an dem allerdings auch schon unzählige seiner Kollegen gescheitert sind. In diesem Film wird man keine gravierenden Patzer finden, und trotz einer offensichtlichen Einreihung in den Mainstream-Bereich kann sich der Film deutlich von Konkurrenz absetzen, sie sogar selbstbewusst in die Schranken zu weisen. Sich dem Mainstream hinzugeben wirkt in der heutigen Zeit beinahe schon etwas exotisch und erfrischend, da letztlich beinahe jeder versucht, das Rad neu zu erfinden. Der Film ist visuell beeindruckend, aber vor allem darf er im akustischen Bereich wirklich nach seinesgleichen suchen, denn es ist Hochspannung und Nervenkitzel angesagt. Der große Vorzug bleibt, dass das Grauen über lange Strecken spekulativ bleibt und die Fantasie konstant sehr ungemütlich anspricht und fordert.

Die Besetzung ist zwar blendend, bleibt dem Thema allerdings strikt untergeordnet. Die Charaktere wirken daher recht einheitlich, lenken beispielsweise auch nicht durch unnötige Selbstinszenierungen vom eigentlichen Thema ab. Adrienne Barbeau, damals mit John Carpenter verheiratet, ist die sympathische Stimme der Nacht, die Antonio Bay allabendlich begleitet. Über ihre sympathische Stevie Wayne wird ein Großteil der Spannung aufgebaut, da sie über das Radio vor dem unheimlichen Nebel warnt, bis sie selbst attackiert wird. Jamie Lee Curtis wird von Tom Atkins als Anhalterin aufgelesen und es kommt wie es kommen muss. "Psycho"-Ikone Janet Leigh bleibt außer einigen netten Dialogen recht unscheinbar, jedoch sind die verschiedenen Personen hervorragend in die Geschichte integriert und werden sich aus unterschiedlichsten Gründen zum packenden Showdown treffen. Carpenter legt insgesamt beinahe keinen Wert auf charakterliche Differenzierungen oder Tiefe der Protagonisten, was schließlich dem Film sehr zu Gute kommt und die Konzentration angesichts des Gesamtbildes deutlich forciert. So bekommt man auch den Eindruck, dass es die Nachkömmlinge der Schuldigen von einst jederzeit erwischen könnte, oder sogar müsste, da sie ihre Schuld zu bezahlen haben. Raffinierte an der Geschichte bleibt, dass über die nicht gerade mit Feuer erfüllten Personen ein Zwiespalt für den Zuschauer aufgebaut wird, da die Frage über Recht und Schuld im Raum steht. Die blutrünstigen Wesen aus dem Nebel haben eigentlich das Recht auf Rache, aber wer sympathisiert schon mit einer Reihe von Untoten, die darüber hinaus nicht mehr ganz frisch aussehen? Charakterlich wurde kein Gegengewicht aufgebaut, keine höhere Instanz wird wirklich angesprochen, und man darf es sagen wie es ist: Entstanden ist Horror pur!

Inszenatorisch hat man es also mit eineinhalb Sternstunden zu tun. Der Plot ist von Anfang bis Ende logisch und nachvollziehbar aufgebaut, obwohl man es im Endeffekt nur mit einem beunruhigenden Märchen zu tun hat. Schon der Einstieg mit dem alten Seemann, der einer Gruppe gespannter Kinder die Geschichte wie Seemannsgarn erzählt, transportiert ein unheimliches Flair. Langsam aber sicher merkt der Zuschauer, dass die Angst überall lauern kann und schon bald auftauchen wird. Die Hauptrolle im Film spielt der leuchtende Nebel, der sich langsam aber zielstrebig in der Ortschaft verteilt. Elektrische Geräte spielen verrückt, Autos fangen an zu hupen, Lichter gehen aus, Erschütterungen sind zu spüren, Zifferblätter zerspringen, man hört unheimliches Klopfen an Türen, etc. Hierbei ist es hauptsächlich die Akustik, die dem Zuschauer die Nerven zerreißt. Stereotype, sich permanent wiederholende Aneinanderreihungen von metallisch wirkenden Tönen, machen die Hetzjagd beinahe unerträglich. Nichts im Bild wirkt jedoch hektisch, sondern genau wie der "Nebel des Grauens" fließend, und doch weiß man, dass die Klabautermänner ihr Ziel erreichen werden. Übliche Effekte runden das Gesamtbild schließlich erstaunlich gut ab, und es ist daher nicht anders zu beschreiben, dass man es mit einem Meilenstein des Horror-Kinos zu tun hat, der Spannungszustände schürt und die Ängste des Publikums hemmungslos anspricht. Bei "The Fog - Nebel des Grauens" hat man es also mit Horror im klassischsten Sinne zu tun, der sich auf wesentliche Komponenten konzentriert, und keine Ablenkungsmanöver in Form von überspitzten Ekel-Effekten nötig hat. Auch wenn man schon zahlreiche oder möglicherweise unzählige Filme im Bereich Horror gesehen hat, kann Carpenters Beitrag zu einem nervenaufreibenden Erlebnis werden. Ein Klassiker.

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alan_cunningham
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von alan_cunningham »

Zusammen mit "Das Ding aus einer anderen Welt" mein Lieblingsfilm von Carpenter (plus "Fürsten der Dunkelheit") :) Interessant, dass Carpenter nach den eigentlichen Dreharbeiten
praktisch gezwungen wurde, die eine oder andere "Slasher"-Szene zu inszenieren, weil diese damals bekanntlich die Kassen klingeln liessen (was ich einfach nicht so ganz nachvollziehen kann).
Ich lese jedenfalls immer wieder gerne davon, was bei Filmen so hinter den Kulissen abging, und komme zum Ergebnis, dass es wirklich verdammt anstrengend sein muss, ein Regiesseur zu sein ... :shock:

nyby
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von nyby »

In späteren Interviews hat Carpenter gerne erzählt, dass er rund ein Drittel des Films neu gedreht hat, nachdem die erste Fassung aus seiner Sicht einfach nicht spannend war. Entzückt war das Studio/Produktionsfirma Avco-Embassy damals nicht, aber es hat sich letztlich ja gelohnt.

Ich hatte das Glück, den Film im letzten Jahr nochmal im Kino zu sehen, im Saarbrücker Kino Achteinhalb (die Studiocanal-Restaurierung von Festplatte) - das war ein großer Spaß. Vorher war der Film bei mir einer der eher mittelprächtig geschätzten Carpenter, danach deutlich mehr.

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Prisma
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Prisma »

alan_cunningham hat geschrieben:
Fr., 27.11.2020 00:10
Ich lese jedenfalls immer wieder gerne davon, was bei Filmen so hinter den Kulissen abging, und komme zum Ergebnis, dass es wirklich verdammt anstrengend sein muss, ein Regiesseur zu sein

Ich finde solche Hintergrundgeschichten auch immer spannend, vor allem von Regisseuren selbst oder auch von Schauspieler_innen. Oft fragt man sich dann, wie Filme mitunter unter widrigsten Umständen überhaupt abgedreht werden konnten. Auch gegensätzliche Sichtweisen (vor vs. hinter der Kamera) finde ich immer spannend. Es ist daher sicherlich nicht leicht, alles unter einen Hut zu bekommen.

nyby hat geschrieben:
Fr., 27.11.2020 03:09
Ich hatte das Glück, den Film im letzten Jahr nochmal im Kino zu sehen

Würde ich auch sofort wahrnehmen, wenn sich die Gelegenheit bietet, da kommt der Film sicherlich nochmal ganz anders zur Geltung.
Ich hatte den Film seinerzeit erstmals gesehen, als es draußen tatsächlich neblig war. War zumindest atmosphärisch gesehen auch nicht so schlecht. :mrgreen:

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Mater_Videorum
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Mater_Videorum »

foofv.jpg

The Fog - Nebel des Grauens gehört(e) schon seit zig Jahren zu meiner Liste von ca. 50 Filmen, die ich irgendwann einmal im Kino gesehen haben muss. Zwar hatte ich vor der Sichtung* ein wenig Bange, das die Kopie ähnlich wie Carpenters Halloween - Die Nacht des Grauens vom Rotstichsyndrom befallen sein könnte -ein farbraubendes Übel, welches den analogen Sehgenuss etwas schmälert- aber dem war glücklicherweise nicht so und während Mr. Machen den Kindern gleich zu Beginn seine mitternächtliche Schauermär am Lagerfeuer kredenzt, war klar, dass der Print bis auf ein paar grindhousige Abnutzungserscheinungen, sowie minimalen Braunstich (dennoch um einiges sexier als der gräßliche rote), immer noch good in shape war.

Die Gänsehaut, die schon bei John Housemans Prolog auf dem Hügel einsetzte, zog sich natürlich bis zum Kameraschwenk auf die nächtliche Bucht hin - ein Traumgemälde während des Titelcredits, da hat Dean Cundey nichts von seinem Gespür am Objektiv verloren. In Verbindung mit dem bassbetonten Synthiescore, erinnerte das an den Jahre später entstandenen Phenomena von Dario Argento, wo anfangs auch die Handlung bei einer Personengruppe beginnt und die Kamera sich darauffolgend über die Wälder absetzt, um den Ort des Unheils in Verbindung mit den Stabangaben anzukündigen, eben nur am Tag und nicht wie hier zur späten Stunde.

Auch ist es die Musik, die diesen Carpenter von der Soundgewalt gegenüber all seinen anderen Werken überlegen erscheinen läßt. Auch wenn die Stücke wie so oft minimalistisch wirken, so treffen sie den Kern dieser Geistergeschichte haargenau, sei es das unheimliche Piano, das marschierende Synthiegepeitsche beim Finale oder die düsteren Variationen des Main Themes im gesamten Filmverlauf - dieses Klangarrangement sucht mit Carpenters Gespür für Storytelling seinesgleichen, das wurde mir bei der Sichtung vor dem großen Screen erneut klar. Auch wenn Halloween und das Remake vom Ding aus einer anderen Welt wohl auf ewig mein internes JC-Ranking anführen, so dürfte es The Fog womöglich am ehesten gelingen, diese ungehemmte Dominanz der beiden Filme vielleicht irgendwann zu durchbrechen, selbst wenn er ihnen ablauftechnisch aus meiner Sicht etwas unterlegen ist.

Von den Darstellern mag das Hauptakteurtrio sicher überzeugen, aber es sind drei andere Rollen aus der Nebenriege, die mein Herz bei der Kinosichtung endgültig für sich gewinnen konnten. Zum einen natürlich Nancy Loomis (ja, die mag jetzt anders heißen), die hier eine angenervte Assistentin der Bürgermeisterin mimt und immer 'nen ironischen Spruch ablassen muß, einfach göttlich. Es gibt 'ne Szene, da sind sie und ihre Chefin beim Stadtgeistlichen, um sich den Segen für die Celebration abzuholen, während Pater Malone das damalige Unheil aus dem Tagebuch zitiert. Anscheinend betroffen, aber gleichzeitig massiv unter Zeitdruck, deutet sie lethargisch auf ihre Armbanduhr, während der Pater ihnen weiter brabbelnd den Rücken zukehrt - einfach nur hinreißend. Zum anderen natürlich Andy, der Sohn der Radioredakteurin, der mich mit seiner liebenswürdigen Trotzigkeit vor möglichen Gefahren irgendwie an meine eigene Kindheit erinnern und darüberhinaus noch mit einigen Dialogen gut beim Saalpublikum landen konnte. Hätte glatt drauf gewettet, dass der Kleene auch den frechen Lausbub Richie aus Halloween gespielt hätte ... nunja, war er wohl doch nicht. Und das schon erwähnte Urgestein Hal Holbrook als innerlich zerfressener Geistlicher mit Hang zu hochprozentigen Rachenputzern ist sowieso 'ne Wonne.

Ich mach's jetzt lieber kurz, sonst nehmen die Lobhudeleien ja doch kein Ende: The Fog - Nebel des Grauens ist einer meiner liebsten Gruselfilme (nicht Horror, gelle), da mich der ständig vibrierende Strudel aus Spannung, Klangkulisse, Bildästethik und bedachter Schockeinstreuung mit jeder Folgesichtung mehr in Verzückung versetzt, darum nach 20 Jahren endlich auch die verdiente Höchstnote!


* diese Besprechung wurde nach einer analogen Kinosichtung im Sommer 2019 verfasst



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Prisma
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Prisma »

Mater_Videorum hat geschrieben:
So., 29.11.2020 11:50
The Fog - Nebel des Grauens ist einer meiner liebsten Gruselfilme (nicht Horror, gelle)

Interessant, dass Du ihn eher als Gruselfilm empfindest und ihn nicht in die Horror-Schublade steckst. Das ist bei mir genau genommen anders herum, da ich Grusel vielleicht unterschiedlich definiere und mir hier die dafür üblichen Assoziationen fehlen. Horror sieht für mich nämlich genau aus wie in "Nebel des Grauens", der eben nicht nur angenehm gruselt, sondern eine teils äußerst beunruhigende Atmosphäre aufbaut. Ist aber auch nicht so wichtig, denn die Hauptsache ist, dass der Film einen so oder so packen kann.

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Mater_Videorum
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Mater_Videorum »

Prisma hat geschrieben:
So., 29.11.2020 17:44
Interessant, dass Du ihn eher als Gruselfilm empfindest und ihn nicht in die Horror-Schublade steckst. Das ist bei mir genau genommen anders herum, da ich Grusel vielleicht unterschiedlich definiere und mir hier die dafür üblichen Assoziationen fehlen. Horror sieht für mich nämlich genau aus wie in "Nebel des Grauens", der eben nicht nur angenehm gruselt, sondern eine teils äußerst beunruhigende Atmosphäre aufbaut. Ist aber auch nicht so wichtig, denn die Hauptsache ist, dass der Film einen so oder so packen kann.

Oha, das hätte ich tatsächlich noch vorher editieren können. Da ging es zum genannten Zeitpunkt (2019) um 'ne Diskussion mit einem guten Freund über eine Genre-Klassifizierung vom NEBEL DES GRAUENS, da er ebenfalls mehr Horror als Grusel darin sieht. Darum der Wink mit dem Zaunpfahl.

Im Endeffekt bin ich mir nach zwei Sichtungen plus auch nicht mehr so richtig sicher, ob ich ihm da letztendlich nicht doch noch beipflichten könnte. Moderner Grusel triffts aus meiner Sicht am besten – das definiert schon der Eingangsprolog von John Houseman ganz gut, aber womöglich hat sich meine Horror-/Gruselwahrnehmung über die Jahre auch einfach nur verändert. Verglichen mit HALLOWEEN, THE THING oder FÜRSTEN DER DUNKELHEIT ist er dennoch etwas seichter geraten. Und atmosphärisch finde ich ihn ebenso grandios, nur nicht auf beunruhigende Weise, was aber womöglich darin liegt, dass ich ein totaler Küstenfan bin und mir bei derartigen Schauplätzen immerzu das Herz aufgeht.

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Prisma
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Prisma »

Achso, ich dachte, es wäre an mich gerichtet gewesen, da ich doch bestimmt irgendwas von Horror erwähnt hatte. :D

Vielleicht lässt sich ja einfach sagen, dass der Film sowohl mit der Horror-Brille, als auch mit der Grusel-Brille funktioniert, und so oder so einfach klasse ist. ;)

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Mater_Videorum
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Mater_Videorum »

Prisma hat geschrieben:
Di., 01.12.2020 21:53
Vielleicht lässt sich ja einfach sagen, dass der Film sowohl mit der Horror-Brille, als auch mit der Grusel-Brille funktioniert, und so oder so einfach klasse ist. ;)

Da gehe ich natürlich mit konform. :)

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Maulwurf
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Maulwurf »

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mir damit keine Freunde mache ...

The Fog - Nebel des Grauens
The fog
USA 1980
Regie: John Carpenter
Adrienne Barbeau, Jamie Lee Curtis, Janet Leigh, John Houseman, Tom Atkins, James Canning, Charles Cyphers, Nancy Kyes, Ty Mitchell, Hal Holbrook, John F. Goff, George 'Buck' Flower


The Fog.jpg

OFDB

Die Filmwelt hat John Carpenter einiges zu verdanken. Vor allem in seiner Frühphase, also etwa bis 1980, hat er mit Filmen wie ASSAULT – ANSCHLAG BEI NACHT, HALLOWEEN oder DIE KLAPPERSCHLANGE definitive Kinogeschichte geschrieben. Auch THE FOG ist in solchen Auflistungen zu finden, aber gehört er wirklich dorthin?

Die Geschichte um die Seeleute, die 100 Jahre, nachdem sie durch ein falsches Leuchtfeuer in den Tod gesegelt sind, wiederkommen um Rache zu nehmen an den Urenkeln der Missetäter, die Geschichte ist einfach genug um durch alle Zeiten zu fesseln. Aber trotz des vernünftigen Casts, trotz hoher Spannung und mitreißender visueller Einfälle, trotzdem wollte der Film bei der Sichtung 40 Jahre nach seiner Entstehung nur zum Teil zünden. Woran kann das liegen?

Ich würde den Großteil der Schuld auf ein Drehbuch schieben, das es nicht schafft, den Figuren Leben einzuhauchen. Darwin Joston als Napoleon Wilson in ASSAULT, Jamie Lee Curtis in HALLOWEEN, oder Kurt Russells Snake Plissken in DIE KLAPPERSCHLANGE (Ups, der ist ja erst nach THE FOG entstanden) sind Charaktere, die mit wenigen und einfachen Pinselstrichen zum Leben erweckt werden. Die Interesse wecken, und mit denen man mitfiebern kann. Die lebendig wirken. Aber was bietet THE FOG? Uninteressante Gestalten wie Nick Castle (Tom Atkins bleibt komplett blass, wie vom Nebel verschluckt …), Schema F-Figuren wie Father Malone oder Kathy Williams (die nur zum Leben erweckt wird, weil Janet Leigh so gnadenlos überagiert, dass an diesem Punkt aus jeder Figur Leben sprühen würde), oder gleich vollkommen überflüssige Langweiler wie Jamie Lee Curtis‘ Figur, deren Sinn innerhalb der Story sich mir in keiner Sekunde erschließt. Mag ja sein, dass nach all der Zeit solche Charaktere zu oft gesehen wurden, aber ich stelle jetzt trotzdem einfach mal die Behauptung in den Raum, dass in dieser Menage auch nicht eine einzige Person ist, zu welcher der Zuschauer eine Bindung aufbauen kann. Doch, eine: Adrienne Barbeau, die als Radio-DJane Stevie Wayne als einzige mehr macht als entweder dumpf vor sich hin zu starren, oder eben zu viel Darstellung zu bieten. Die nämlich einer Filmfigur eine Persönlichkeit, und damit dem Zuschauer eine Identifikationsfigur, gibt.

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Da die Figuren fade bleiben, fällt auch auf, wie schlicht die Story tatsächlich gestrickt ist. Bin ich ursprünglich noch von der 08/15-Handlung mit den Stadtoberen ausgegangen, die nicht wollen dass die Feier ins Wasser fällt (wie es beim WEISSEN HAI so hübsch vorgemacht und hundertmal kopiert wurde), so verlässt sich John Carpenter hier ausschließlich auf die Macht seiner visuellen Ideen. Die allerdings zugegeben wirklich gut sind! Die Toten im Nebel, und überhaupt der von innen heraus leuchtende Nebel, der mit einem Affenzahn das Land überflutet, das imponiert auch heute noch. Ich vermute mal ganz schwer, dass THE FOG auf der großen Leinwand erheblich intensiver wirkt als auf dem Fernsehbildschirm, und all die oben genannten Mängel im Kino einfach verpuffen. In der Macht des leuchtenden Nebels verschwinden, und von den eindrucksvollen Toten in Stücke zerhackt werden.

Auf dem Fernseher allerdings zeigt sich, dass THE FOG gealtert ist. Nicht mehr und nicht weniger, als vom Zug der Zeit ein wenig überrollt wurde, und außer von den letzten 20 Minuten, in denen Stimmung, Effekte und Musik zu einem überwältigenden Ganzen zusammenfinden, nur ein Gefühl übrigbleibt, welches zwar gefangennimmt, aber nicht lange vorhält. THE FOG ist kein Film mehr, der einem noch tagelang im Kopf herumspukt. Er ist spannend, er ist gut – aber ein Meisterwerk, wie so viele andere Filme aus dieser Schaffensphase Carpenters, ist er nicht. Mehr.

7/10

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Prisma
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Re: THE FOG - NEBEL DES GRAUENS - John Carpenter

Beitrag von Prisma »



Bei "The Fog - Nebel des Grauens" handelt es sich wohl um einen meiner ewigen Favoriten im Bereich des Horrorfilms, der auch nach dem xten Mal nichts von seiner unbehaglichen Intensität und Spannung einbüßt. Dem Empfinden nach sind es weniger die klassischen visuellen Effekte, die für Gänsehaut sorgen, sondern die akustische Seite der Medaille fabriziert eine kaum zu überbietende Zerreißprobe, die nachhaltig beängstigt, fesselt und knebelt und streng genommen auch in der Kategorie der Effekte verbucht werden muss. Vermutlich würden die bloßen Bilder nur die Hälfte der Intensität verbreiten. Auch wenn John Carpenters Verlauf hin und wieder etwas minimalistisch anmutet und sich Zeit lässt, ist die Herangehensweise nicht weniger als brillant. »Sechs müssen sterben!«, heißt die unheilvolle Ankündigung der nicht zur Ruhe kommenden Untoten, und in anderen Horrorfilmen hätte man nach kurzer Zeit vielleicht schon aufgehört die Leichen zu zählen. Interessant jedenfalls, dass die Killer auf Selbstzweck verzichten. Hier wird neben allen Details und wirkungsvollen Einfällen auf eine merkliche strapaziöse Strategie Wert gelegt, um den Zuschauer in den entscheidenden Momenten zu packen und in Atemlosigkeit zu versetzen. Mit Unterstützung einer guten Besetzung, mündet die Geschichte in ein packendes Finale, das noch Überraschungen bereit halten wird. Als einer der ewigen Klassiker im Bereich des Grauens immer und immer wieder gerne gesehen!

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