EXORZIST II - DER KETZER - John Boorman

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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Prisma
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Re: EXORZIST II - DER KETZER - John Boorman

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● LINDA BLAIR als REGAN MACNEIL in
EXORZIST II - DER KETZER (US|1977)



Die damals 17-jährige Linda Blair wurde seinerzeit »aus Gründen der Kontinuität« zum absoluten Muss für diese überaus ambitionierte Produktion, in die man sehr große Hoffnungen gesetzt hatte, immerhin zeigt sich ein globaler Mut bei der Sache, der alles andere als alltäglich ist. Regisseur John Boorman ließ über seine Hauptdarstellerin verlauten, die ja bereits in dem überdimensional erfolgreichen ersten Teil mitgewirkt hatte, dass sie durchaus eine filmische Präsenz bewiesen haben soll, ihre Performance es aber weitgehend an Seele fehlen ließ. Wer könnte es also im Endeffekt besser einschätzen als der Verantwortliche selbst? Für Fans und Bewunderer ihrer Darbietung, auerdem des Films, eine Leichtigkeit. Insgesamt soll es dem Vernehmen nach etliche Querelen mit den Hauptdarstellern gegeben haben, sodass es als Grundvoraussetzung zu einer von vorne herein sich ungünstig auswirkenden Unzufriedenheit gekommen sein muss. Boorman bekam nicht die Schauspieler nach Wunsch und von Seiten der Produktion wurde offensichtlich unnachgiebig diktiert. Betrachtet man Linda Blairs Kreation, so handelt es sich offenkundig weniger um einen Kompromiss, als definitiv ein Muss - dies nicht nur der Kontinuität wegen. Sowohl im ersten, als auch im zweiten Teil, kann sie durchaus als eine Art Quintessenz der kompletten Angelegenheit angesehen werden. Regan hat den assyrischen Dämon besiegt, doch "Der Ketzer" zeigt sehr interessant auf, dass dieser für immer ein Teil von ihr bleiben wird. Darauf ist die hochkomplexe Geschichte letztlich auch aufgebaut, die ihre Hauptdarstellerin clever instrumentalisiert. Vielleicht muss man sogar sagen, dass Linda Blair im Endeffekt vielleicht keine besondere Mystik ausstrahlt, allerdings kann ihr bescheinigt werden, dass sie in vielen Szenen mit verantwortlich für das Konstruieren einer Aura und atmosphärischer dichte ist.

Übrigens weigerte sich Linda Blair dem Vernehmen nach in dieser Fortsetzung, sich die Maske der besessenen Regan erneut auferlegen zu lassen, sodass ihre Szenen gedoubelt wurden. Nur im Finale trägt sie dämonische Kontaktlinsen und fällt mit verheißungsvollen Dialogen auf. Auch ohne diese Tatsache stellt sie mit Leichtigkeit eine gedankliche Brücke zu ihrer bereits vier Jahre zuvor interpretierten Figur der Regan her und wirkt auf andere Art und Weise überzeugend, vor allem aber beunruhigend, da es so aussieht, dass die ihr verliehene Macht alle anderen Figuren ausschalten kann. Linda Blair funktioniert auch hier erneut als Identifikationsfigur, die vergleichsweise sogar wesentlich dominanter als ihre Schauspiel-Kollegen wirkt und dementsprechend auftrumpfen kann. In diesem Zusammenhang werden gewisse Zustände und optische Metamorphosen glaubhaft geformt und für das bestenfalls geschockte Publikum transportiert. Regisseur John Boorman gelingt es am Ende des Tages schließlich blendend, die Charaktere der Geschichte gewinnbringend zu funktionalisieren, um sie nicht greifbar erscheinen zu lassen. Regan, die als vollkommen sympathische Figur integriert wurde, um verwirrende Metamorphosen anzudrohen, überlagert das Szenario als Schlüsselfigur sehr bestimmend, um vor allem von der tatsächlichen Schlüsselfigur der gesamten Geschichte abzulenken, sodass eine große Überraschung auf das Publikum zukommt, welches in intelligenter inszenatorischer Manier durch Mark und Bein geht. Im Endeffekt bleibt zu sagen, dass Linda Blair ihre Rolle erneut sehr ansprechend darstellt und ihre natürlichen Stärken regelrecht ausspielt, wenngleich ihre darstellerischen Kapazitäten hier und da etwas limitiert wirken. Da sie ihre Überzeugungskraft aus ganz einfachen Mitteln schöpfen kann, bleibt diese sicherlich nicht einfache Rolle als besonders stichhaltig in Erinnerung.

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