DAS BIEST - Crane Wilbur

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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Percy Lister
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Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

DAS BIEST - Crane Wilbur

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"Das Biest" (Original: The Bat) (USA 1959)
mit: Vincent Price, Agnes Moorehead, Gavin Gordon, Lenita Lane, John Sutton, Elaine Edwards, Darla Hood, John Bryant, Harvey Stephens, Mike Steele, Riza Royce, Robert B. Williams, William Janssen, Virginia Linden u.a. | Drehbuch: Crane Wilbur nach einem Stück von Mary Roberts Rinehart und Avery Hopwood | Regie: Crane Wilbur

Die erfolgreiche Kriminalschriftstellerin Cornelia van Gorder mietet für die Sommermonate das abgelegene Landhaus "Eichengrund", um in Ruhe an ihrem neuen Roman arbeiten zu können. In der Umgebung wurden bereits mehrere mysteriöse Morde verübt, bei denen dem Opfer die Kehle durchtrennt wurde. Der stellvertretende Bankdirektor Bailey wird unterdessen beschuldigt, Wertpapiere seiner Kunden veräußert und den Erlös von einer Million Dollar beiseite geschafft zu haben. Der Direktor der Bank, Mr. Fleming wird nach einem Waldbrand tot aufgefunden, doch die Polizei hält es für möglich, dass er für die Unterschlagungen verantwortlich ist und das Geld im Haus "Eichengrund" versteckt hat. Eines Nachts dringt ein maskierter Mann in das Anwesen ein und bald darauf findet man wieder eine Leiche mit aufgeschlitzter Halsschlagader....

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Der Name Vincent Price ist wie kein anderer mit Horror und Grusel verbunden, er bildet mit Peter Cushing und Christopher Lee das "Triumvirat des Grauens" (siehe "Scream and scream again - Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse") und bürgt für trockenen schwarzen Humor, wenn auch nicht immer für Filme in A-Klasse-Qualität. "Das Biest" kann man guten Gewissens unter seine B-Filme einordnen, doch trotz dieser Nischenexistenz handelt es sich um einen äußerst charmanten Whodunit von hohem Unterhaltungswert. Wirkte der vielseitig interessierte Mime später meist in schauerlichen Spektakeln mit, die gern auf billige Effekte setzten, so kommen hier jene Zuschauer auf die Kosten, die ihn als feinsinnigen Intriganten und undurchsichtigen Charmeur schätzen, wie in seinen Rollen in "Laura", "Weißer Oleander" oder "Schock!". Obwohl Price die Riege der Schauspieler anführt, stiehlt ihm die resolute Agnes Moorehead die Schau. Ihre Spezialität sind Frauen, in deren Gesicht sich all ihre Lebenserfahrung spiegelt; Jahre, die sie gelehrt haben, dass nur diejenigen bestehen können, die dem Gegenwind standhalten. Und Agnes Moorehead macht den Eindruck, dass sie schon vielen Stürmen getrotzt hat. Sie hält die Festung mit ihrer Frauen-Phalanx und lässt sich, wie es sich für eine Kriminalschriftstellerin gehört, nicht beirren. Der Beruf des weiblichen Romanciers wird in Filmen gern mit einem exzentrischen Nimbus umgeben. Selbstredend handelt es sich dabei um alleinstehende Frauen mittleren Alters, die nicht mehr in der Liga der begehrenswerten Tischgäste spielen, doch als anregende Gesellschafterinnen gern eingeladen werden, wegen ihres intellektuellen Hintergrundes und ihrer freien Meinungsäußerung ohne Rücksicht auf Verluste aber auch gefürchtet werden - ein gutes Beispiel bildet Auriol Lee in "Suspicion - Verdacht" (1941) als Isobel Sedbusk.

Crane Wilbur war ein rühriger Mann, der nicht nur als Filmregisseur tätig war, sondern auch als Drehbuchautor und Schauspieler arbeitete. Seine Werke mischten mehrfach bei den angesehenen "Oscar"-Verleihungen mit, zweimal erhielt er sogar die Trophäe in der Kategorie "Bester Kurzfilm". Wilbur versteht es gut, seine Schauspieler punktgenau einzusetzen. So hält sich die Hysterie über den anscheinend wahllos tötenden Mörder mit den Krallenhänden in Grenzen und die handelnden Personen agieren vernünftig und mit bedachtem Aktionismus. Der Verlauf ist nach klassischem Muster strukturiert und zeichnet Verdachtsmomente gegen mehrere Personen der Geschichte, wobei der Täter von einer Aura der Arglist umgeben ist. Das elegante Spiel von Licht und Schatten wird durch unheimliche Kameraprojektionen auf die Spitze getrieben und umgibt den gesichtslosen Mörder mit Unnahbarkeit und Gefahr. Als Element des Schreckens fungiert eine Fledermaus, die als Ablenkungsmanöver zu Beginn ihre Runden zieht und nach welcher der Film im Original benannt ist. Bedenkt man aber das Tatmotiv, kann man das nachtaktive Tier getrost als roten Hering bezeichnen. Die Fledermaus als Überbringerin der Tollwut legt die falsche Spur, doch selbst nach einem halben Dutzend Todesfällen kann man konstatieren, dass der Mörder im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Trotz aller finsteren Momente bleibt das Tatmotiv klar erkennbar und rückt die Produktion somit näher an den Kriminalfilm als an die Vertreter des Horrorgenres. Regisseur Wilbur sorgt auch stetig für Augenblicke der Auflockerung, indem er seine Damen mit Ironie wappnet, um gegen den Feind von außen die richtigen Argumente zu haben. Atmosphärisch dichter Thriller mit stimmigen Gruselmomenten und überzeugenden Darstellerleistungen von Moorehead, Gordon und Price, der für ein Publikum konzipiert worden ist, das den klassischen Krimigenuss und das gediegene Spiel der Stars aus Hollywoods Glanzzeiten schätzt.

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