DAS PENDEL DES TODES - Roger Corman

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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Percy Lister
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DAS PENDEL DES TODES - Roger Corman

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"Das Pendel des Todes" ("Pit and the Pendulum") (USA 1961)
mit: Vincent Price, John Kerr, Luana Anders, Barbara Steele, Antony Carbone, Patrick Westwood, Lynne Bernay, Larry Turner, Mary Menzies, Charles Victor u.a. | Drehbuch: Richard Matheson nach einer Erzählung von Edgar Allan Poe | Regie: Roger Corman

Don Nicholas Medina trauert um seine vor kurzem verstorbene Frau Elizabeth. Als sein Schwager Francis ins Schloss kommt, um sich nach den genauen Umständen des Todes seiner Schwester zu erkundigen, geschehen merkwürdige Dinge. Elizabeth scheint noch in dem abgelegenen Gebäude anwesend zu sein. Als Don Medina den Sarg seiner Frau öffnet, erleidet er einen schweren Schock: Offensichtlich wurde Elizabeth lebendig begraben....

Zitat aus dem Buch "Bilder aus der Welt des Edgar Allan Poe" von Simon Marsden, Eulen Verlag: "Poes Erzählungen und Gedichte verfügen über eine zeitlose Qualität. Sie sind losgelöst von ihrer außerliterarischen Wirklichkeit, und so bewahren sie sich ihre Gültigkeit. Es war für ihn unerlässlich, eine Phantasiewelt zu erschaffen, eine Welt, die von noch grässlicheren und schrecklicheren Bildern heimgesucht wurde als sein eigenes schwieriges Leben."

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"Grube und Pendel" entstand zu einer Zeit, als Poes persönliche Tragödie bereits ihren Lauf genommen hatte. Während seine Frau Virginia mit dem Tode rang und Poe mehr und mehr dem Alkohol verfiel, schrieb er einige seiner bekanntesten Werke. Wie ein roter Faden durchzieht der Schmerz auch die filmische Umsetzung der Erzählung, in der Vincent Price von Seelenqualen gepeinigt wird. Die Unruhe und die Vorahnung einer furchterregenden Wahrheit sind seine ständigen Begleiter und isolieren ihn wie so oft von den lebenszugewandten Personen seines Umfelds. Er scheint eine schwere Schuld auf sich geladen zu haben und doch wittert man frühzeitig ein Unrecht und ein Komplott, das geschmiedet wurde, um ihn mattzusetzen und sich die Sünden der Väter zum Komplizen zu machen. Der frühkindliche Eindruck von rasender Eifersucht, die in unerbittliche Gewalt mündet, überschattet Don Nicholas' eigene Beziehung und das Schicksal seiner Mutter scheint sich in Elizabeth zu wiederholen. Die grelle Farbgestaltung des Vorspanns, der auf ein Fieber im Hirn hinzuweisen scheint, das alle Vernunft wie ein unendlicher Fluss wegspült, geht mit den Kostümen des spanischen Adels des 16. Jahrhunderts eine Symbiose ein, die dem Film die Frischluftzufuhr abdreht. Abgesehen von einigen Außenansichten des Schlosses spielt sich die gesamte Filmhandlung in den mit schweren Möbeln überladenen Räumen ab. Leider scheint gerade an Hauptdarsteller Price der Zahn der Zeit zu nagen; sein Spiel vermisst den Esprit früherer Produktionen und raubt ihm seine kühle Berechnung. Schwerfällig und in seiner Verzweiflung wie gelähmt wirkt er in manchen Szenen, bevor er als selbsternannter 'Inquisitor der Verfehlungen' grausame Rache üben darf und jene Vorgänge in Gang bringen kann, auf die das Publikum mit gespannter Vorahnung wartet. Insgesamt entbehrt der Film subtile Spannung, da Szenen, die für schaudernde Erregung sorgen könnten (z.B. nächtliches Cembalo-Spiel) zu hölzern inszeniert wurden. So muss am Ende der Holzhammer bzw. das Stahlpendel hervorgeholt werden, um die Todesangst zu untermalen, die von dem mit Spinnweben verhangenen Folterkeller ausgeht.

Eine passable Leistung gibt Luana Anders als Schwester von Nicholas ab. Ihr sanfter Pragmatismus und ihre Anständigkeit prädestinieren sie für die Repräsentantin der Zukunft: sie wird die Flamme der Medinas weiterreichen und mit der unrühmlichen Vergangenheit der Familie brechen. Barbara Steele, die sehr oft für Horrorfilme gebucht wurde, mimt die Verführung in Person. Sie ist der verbotene Apfel, von dem zu naschen, Adam im Paradies gewarnt wurde. Die Stilisierung zur tragischen Toten, zur vergötterten Ehefrau und zur unter beklemmenden Umständen Verblichenen, verleiht ihr Eigenschaften, die sie im Laufe der Handlung Lüge straft. Ihre Person wird zur Reizfigur, die Handlungen auslöst und deren Anwesenheit für eine Atmosphäre der Unruhe sorgt. Die beiden Frauenbilder - die Tugendhafte und die Verführerin - stehen für das Wunschbild des Mannes. Der innere Kampf, den der Patriarch mit sich ausficht, dreht sich um die Frage, welche von beiden ihm wichtiger ist. Durch die Wiederholung der Fehler seiner Vorfahren, gehen die weiblichen Figuren als moralische Sieger hervor und betonen die Sinnlosigkeit von Rache, Hass und Zerstörung, die wie "das Pendel des Todes" zu jenem zurückschwingen, der es angestoßen hat. Die Tore zur Hölle zu öffnen, ist eine Versuchung, der Vincent Price für das Publikum der Billigkinos nur allzu oft nachgegeben hat. Sein Gesicht erstarrte zur furchterregenden Fratze, während sein Umfeld in grotesken Launen der Natur verharrte und jene Plagen hervorbrachte, die Ekel, Abscheu und Entsetzen zur Folge haben. Price' Image verband der Zuschauer mehr und mehr mit Grusel der besonderen Art, während seine Kunst, subtil Akzente zu setzen, oftmals hinter sensationsträchtige Kulissen zurücktreten musste. Die Versatzstücke aus dem Werk Edgar Allan Poes sorgen in "Das Pendel des Todes" für plakativen Schrecken, den der Großmeister fast feierlich zelebriert und dem Zuschauer genüsslich vor Augen führt, was ihm blühen kann, wenn er seine Nase zu tief in fremde Angelegenheiten steckt. Für Genre-Fans empfehlenswert, wenn auch mit kleinen Abstrichen in puncto Tempo und Dynamik.

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