BESCHWÖRUNG - Paul Harrison

Slasher, Backwood, Grusel oder auch herber Splatter: der Platz für die dunkle Seite des amerikanischen Films
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Prisma
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BESCHWÖRUNG - Paul Harrison

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Faith Domergue   John Ireland   John Carradine

BESCHWÖRUNG


● THE HOUSE OF SEVEN CORPSES / BESCHWÖRUNG (US|1974)
mit Carole Wells, Charles Macaulay, Jerry Strickler, Ron Foreman, Dennis Record, Marty Hornstein, u. a.
eine Produktion der Television Corporation of America | im Verleih der International Amusements
ein Film von Paul Harrison

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»Scheiße! Cut! Cut!«


Der alt-ehrwürdige Landsitz der Beals ist berüchtigt für seine düstere Geschichte, denn dort kam es einst zu sieben entsetzlichen Todesfällen, bei denen sich die Gerüchte um Selbstmord und Mord bis in die Gegenwart aufrecht erhalten konnten. Eines Tages nimmt sich eine Filmcrew der mysteriösen Sage an und dreht einen Horror-Film im gleichen Haus, welcher sich der Ereignisse von damals annimmt. Die Dreharbeiten verlaufen nach Ansicht des Regisseurs Eric Hartman (John Carradine) im Endeffekt zufriedenstellend, wenngleich besonders bei Nacht immer merkwürdige Dinge Geschehen. Am letzten Drehtag soll die Hauptdarstellerin Gayle Dorian (Faith Domergue) eine entscheidende Szene interpretieren, bei dem sie einen lateinischen Spruch aus einem Beschwörungsbuch vorlesen soll, der angeblich die Toten zum Leben erwecken kann. Ab sofort wird alles anders und die Filmcrew findet sich in einem schrecklichen Alptraum wieder...

Betrachtet man sich den deutschen Titel dieser nicht uninteressanten Produktion, so er den Charakter dieser von Geheimnissen und Rampenlicht geprägten Veranstaltung ziemlich deutlich auf den Punkt. In diesem Film wird das Böse unbeabsichtigt herauf beschworen, welches offensichtlich nur wieder einmal geduldig darauf gewartet hatte, endlich dienstbare Jünger zu finden, um endlich wieder loslegen zu können. Die Film-in-Film-Thematik nimmt das geneigte Publikum sehr wohlwollend auf, und gerade hier kommt ein sehr brauchbarer Effekt zu Stande, denn man kann oftmals nicht unterscheiden, ob es sich um eine Filmszene handelt oder um die vermeintliche Realität. Der Einstieg in die Geschichte ist zunächst verwirrend. Nach dem Vorspann, der etliche Szenen des Todes und Verderbens in grellen Farben zeigt, ist wenig später Faith Domergue zu sehen, die ungefähr so zurecht gemacht ist, dass man ihr sehr genau ansieht, dass die goldenen Zeiten längst vorbei sind. Es handelt sich also um gedrehte Szenen in dem alten Herrenhaus. Verheißungsvoll murmelt sie die beschwörenden Sätze herunter und alles wirkt wie in einem billigen Horrorfilm der C-Kategorie. Alleine diese Tatsache ist schon einmal bemerkenswert, da die Crew offensichtlich einen schlechten Film dreht, was sich im tatsächlichen Beitrag von Paul Harrison allerdings nicht widerspiegelt. Sicherlich sieht das Ganze aufgrund dieser Sequenzen am Set häufig wie eine schlampige TV-Produktion oder Ähnliches aus, aber dadurch entsteht auch ein besonderes, überaus gegensätzliches Profil. Wenn überhaupt, hat der Film insgesamt Probleme mit seinem Tempo, denn es dauert sehr lange, bis übernatürliche Dinge in Gang kommen. Oder sind es nur Film-Szenen? Oder treibt tatsächlich ein wahnsinniger Mörder sein Unwesen? Diese Fragen werden bis kurz vor Ende unter Verschluss gehalten, was zwar einen betulichen Verlauf zur Folge hat, aber auch für eine unterschwellige Spannung sorgen wird. Im Rahmen der Besetzung hatte Regisseur Paul Harrison mit Faith Domergue, John Carradine und John Ireland tatkräftige Zugpferde an Bord, die genau wie der Rest der Entourage sehr überzeugend wirken. Die ehemalige Hollywood-Schönheit Faith Domergue ist hier leider bereits in ihrem vorletzten Film zu sehen, denn sie setzte sich 1976 zur Ruhe.

Gerade zum Ende ihrer Karriere partizipierte sie noch einmal in recht interessanten Produktionen, wie beispielsweise "Nackt über Leichen" von Lucio Fulci. Als US-Amerikanerin bedient sie hier beinahe jegliches auffindbare Klischee, und das nahezu in Perfektion. Man nimmt ihr die abgesattelte Ex-Diva zu jedem Zeitpunkt ab, sie wirkt offensichtlich frustriert und eigentlich schon komplett ausgelaugt. Die Resignation darüber, dass sie genau weiß, in was für einem Schundfilm sie gelandet ist, ist ihr in den leeren Augen deutlich anzusehen. Permanent gerät sie mit ihrem Regisseur aneinander, der ungeduldig delegiert und ihr gerne ihre mangelnde Tatkraft und vor allem ihr fortgeschrittenes Alter unter die Nase reibt, indem er die jüngere Kollegin lobt wo er nur kann. Auch mit ihren Anbiederungs- und Annäherungsversuchen kommt sie nicht mehr weit. Im Umgang mit ihr hinterlässt John Ireland einen hervorragenden Eindruck. Insbesondere im Rahmen der Dialoge werden nette Akzente gesetzt, die den eigentlich zutiefst ordinären Charakter der Beteiligten sicher heraus arbeiten. Sticheleien, Beleidigungen und niedere Wortwahl polieren den bislang schleppenden Verlauf deutlich auf, denn die Geschichte verliert sich für sehr lange Zeit nur in vagen Andeutungen, indem beispielsweise Friedhof im Park häufiger gezeigt werden, oder rätselhafte Personen umher schleichen, man beobachtende Augen sieht, oder Ähnliches. Den ersten Effekt bekommt man erst nach langer Zeit geboten, indem die zerfetzte Katze der Hauptdarstellerin im Park aufgefunden wird. Diese langsam auf Touren kommende Strategie begünstigt den Verlauf in eigenartiger Weise aber sehr gut, sodass das Finale in einem hastigen Spektakel explodieren darf und einen ordentlichen Überraschungseffekt bereit hält. Insbesondere die immer wieder verwendete Chormusik kreiert unbehagliche und nachhaltig beklemmende Zustände, und insgesamt bleibt ein Film zurück, der schließlich eine angenehme Spukhaus-Überraschung darstellt. Wer möglicherweise ein Splatter-Festival der wahnsinnig gewordenen Mörder oder Leichen erwartet, könnte womöglich enttäuscht werden. Ansonsten wurden Klassik, Grusel, Horror, Übersinnliches und das kleine ABC der Billigproduktionen sehr geschickt miteinander verbunden. Insgesamt ist "Beschwörung" ein kurzweiliges und recht sehenswertes Spektakel geworden.

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