HEBT DIE TITANIC - Jerry Jameson

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Prisma
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HEBT DIE TITANIC - Jerry Jameson

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HEBT DIE TITANIC


● RAISE THE TITANIC / HEBT DIE TITANIC / RETTET DIE TITANIC (US|GB|1980)
mit Jason Robards, Richard Jordan, David Selby, Anne Archer, Bo Brundin, M. Emmet Walsh und Alec Guinness
eine Produktion der ICT Film
ein Film von Jerry Jameson


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»Was war sie doch für ein herrliches Schiff!«


Die Karten bezüglich der Vormachtstellungen der Supermächte sollen neu gemischt werden. Als Energiequelle für ein völlig neuartiges Raketenabwehrsystem wird ein äußerst seltenes Mineral namens Byzanium benötigt, das angeblich tonnenweise an Bord der gesunkenen "Titanic" lagern soll. Die amerikanische Expedition soll in Zusammenarbeit mit einem Unterwasser-Expertenteam starten, doch es gab offenbar Probleme bei der Geheimhaltung. Bereits nach den ersten Tauchgängen zeigt ein alter Erzrivale plötzlich seine Präsenz auf hoher See. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt...

»Die kann nicht einmal Gott versenken, sagten die Leute.« Der Mythos der seinerzeit als unsinkbar geltenden "Titanic" wurde innerhalb mehrerer Jahrzehnte immer wieder filmisch thematisiert und mit vielen unterschiedlichen Subplots versehen, die die Geschichte über die schwerste Katastrophe der zivilen Schifffahrt verschnörkeln sollten. In Jerry Jamesons 1980 entstandenem Beitrag kommt es in diesem Zusammenhang gleich zu mehreren Variationen und wirkt auf den ersten Blick vielleicht wie eine abstruse Räuberpistole, in der beispielsweise physikalische Gesetzmäßigkeiten umgekehrt werden, doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Verlauf spannend und effektiv inszeniert wurde. Der 36 Millionen US-Dollar teuren Produktion ist ihr üppiges Produktionsbudget in vielen Bereichen deutlich anzusehen, denn insbesondere im Bereich der Tricktechnik und Unterwasseraufnahmen kommt es zu sehr beeindruckenden Momenten, die die kühne Geschichte rund um die Bergung des im Jahr 1912 auf der Jungfernfahrt gesunkenen Luxusdampfers teils aufsehenerregend dokumentieren. Der Wunsch, gesunkene Schiffe zu heben, ist wohl so alt wie die Schifffahrt selbst, nicht zuletzt wegen der einfachen Tatsache, wertvolle Gegenstände ans Tageslicht bringen zu wollen. Genau das stellt in Jamesons Beitrag den eigentlichen Motor des gesamten Vorhabens dar, schließlich soll seltenes Byzanium vom Meeresgrund geborgen werden. Dieser Rohstoff findet sich übrigens nur auf der Liste erfundener Elemente und Materialien wieder, welcher in der Romanvorlage von Clive Cussler für die Energiegewinnung eines Laserschutzschirms benötigt wird, sodass das Unmögliche plötzlich doch möglich gemacht werden kann. Eilig werden Vorhaben und die dazu passenden Interessengemeinschaften der verschiedenen Supermächte vorgestellt, und wieder entsteht der Eindruck, dass die Geschichte im ersten Drittel trotz ruhiger Phasen und recht hoher Dialogdichte durchgepeitscht wird.

Es folgen lange Studien und aufwändige Unterwasseraufnahmen, bis man das Wrack endlich gefunden hat. Die Bebilderung ist im Grunde genommen als sehr gelungen zu bezeichnen, auch wenn man sich im Klaren darüber sein muss, dass es sich im Endeffekt nur um Augenwischerei beziehungsweise gut gemeinte Tricks handelt. Auch wenn das Vorhaben immer konkretere Formen annimmt, bleibt der Zuschauer der wohl größte Skeptiker des Ganzen, schließlich denkt man an eigentlich unüberwindbare Gesetzmäßigkeiten und den Zahn der Zeit, also die vielen Jahre, die das Schiff bereits auf dem Meeresgrund gelegen hat. Derartige Zweifel werden im Film allerdings kaum thematisiert beziehungsweise mit teils abenteuerlichen Erläuterungen weggewischt, was bei der Gesamtbetrachtung aber nicht schwerwiegend ins Gewicht fällt, da der Verlauf über hoch spannende und erhabene Momente verfügt und im Endeffekt einfach nur faszinierend wirkt. Die Stars der Veranstaltung rücken zugunsten der abenteuerlichen Idee etwas in die zweite Reihe, doch Jason Robards, Richard Jordan, David Selby und Alec Guinness demonstrieren Präsenz und Routine. Highlight der Produktion ist und bleibt allerdings die Trick-"Titanic", die mit einem Kadaver zu vergleichen ist, dessen Geruch zahlreiche Geier anzieht, die ihren Teil des üppigen Festmahls abhaben möchten. Schließlich wird das ohnehin schwierige Unterfangen plötzlich mit massiven Bedrohungen gewürzt, die eigentlich eher unter Wasser zu vermuten waren. Im letzten Drittel der Produktion entfaltet sich eine schwelende Spannung, die einen fatalen Showdown suggeriert. So wird abzuwarten sein, welche der Fraktionen die kühlsten Köpfe bewahren können. "Hebt die Titanic" bleibt unterm Strich ein nicht uninteressanter Film, der mit Verschwörungstheorien und zeitgemäßer Brisanz gekreuzt wurde, um im Gewand der nachhaltig absurd wirkenden Story dennoch überzeugend zu wirken. Wenn das Finale eingeläutet wird, schließt Jerry Jameson das Thema mit beeindruckenden Bildern ab, die Träume und Realität miteinander verschmelzen lassen. Ein unkonventioneller und überraschender Beitrag.

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