MOTHER! (2017) - Darren Aronofsky

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Maulwurf
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MOTHER! (2017) - Darren Aronofsky

Beitrag von Maulwurf »

Mother! (Darren Aronofsky, 2017) 10/10

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Das glückliche Paar: Er ist Schriftsteller und leidet unter eine Schreibblockade, sie wünscht sich ein Kind und dass er sie überhaupt einmal wieder berührt. Ihre innere Einsamkeit kompensiert sie mit der Renovierung des alten Hauses, in dem sie gemeinsam leben. Quasi mit dessen Erschaffung, denn das Haus ist schon arg heruntergekommen. Eines Tages kommt ein älterer Mann und bleibt als Logiergast, auch wenn das Frau gar nicht so recht passt. Dann kommt die Frau des Gastes, eine impertinente Trinkerin, und als nächstes die beiden Söhne der Neuankömmlinge, wobei der eine, nennen wir ihn mal Abel, den anderen, der vielleicht Kain heißen könnte, in einem Streit tötet. Eine unüberschaubare Gruppe von Trauergästen kommt zu Besuch, und übrig bleibt ein fast zerstörtes Haus. Dies, und ein Streit, der dazu führt, dass Frau ein Kind bekommen wird. Und Mann seine Schreibblockade überwindet.
9 Monate später, kurz bevor das Kind auf die Welt kommt, ist das Haus des Paares ein viktorianischer Traum, und der Roman von Mann ist fertig. Er wird veröffentlicht, und die gesamte Auflage ist am ersten Tag ausverkauft. Ein gigantischer Erfolg! Menschen kommen von weit her um Mann zu sehen. Um Ihn zu berühren. Um IHM zu huldigen.

Javier Bardem bringt es auf den Punkt: Was ist, wenn das Haus die ganze Welt ist, und wir besetzen das Haus und zerstören es, alles im Namen der Liebe eines anderen. Aronofsky zeigt in einem monströsen Alptraum die Menschheitsgeschichte in 120 Minuten. Sex, Hass, Angst, Liebe, Terror, Schrecken, Freude, und absolut alles dazwischen. Sterben und Geburt, Entstehen und Vergehen, und dies in einem zunehmend überbevölkerten Mikrokosmos. Und die Frau (ausgerechnet) muss sogar in die Hölle hinabsteigen und ihr Herz hergeben, um den Zyklus von Zerstörung und Erschaffung von Neuem zu beginnen.

Bilder, die man nicht so schnell vergisst. Eindrücke zwischen Himmel und Hölle. Ein Sturm der Bilder. Unglaublich schöne Momente stehen neben grausamen Horrorszenarien. Der Verlust der Realität unter der Wahrung größtmöglichen Realismus. Fassungslosigkeit. Keine Worte. Die Unmöglichkeit etwas zu beschreiben, was sich tief in die Hirnrinde einbrennt.

Ich versuche es trotzdem, und ob ich mich dabei verlaufe kann ich einfach noch nicht sagen.

Auch, wenn gegen Ende die Ebene der reinen Realität wie wir sie kennen langsam verlassen wird, so wird doch letzten Endes nur eine andere Art der Realität gezeigt. Eine globalere und universellere Realität als nur das Leben von zwei Menschen(?) in einem Haus(?). Im Abspann sieht man, dass jede Sprechrolle eine Funktion hat: Der Zelot, die Ausruferin, die Heilerin, die Diebin, der Ordnungshüter, der Sklavenhändler, der Büssende, … Somit ist das filmische Vorgehen, welches zum Beispiel bei Filmen über Jugendliche so oft angewandt wird, dass nämlich jeder Typus Mensch in einer Rolle klassifiziert wird (sehr gut zum Beispiel bei Dennis Gansels DIE WELLE zu erkennen), hier in einem weitaus größeren Rahmen wiederzuerkennen. Nur dass Aronofsky nicht eine einzelne Gruppe von Menschen versucht zu beschreiben, sondern die gesamte Menschheit. Alles, was während des letzten Drittels passiert, wenn die Gläubigen in das Haus eindringen, kann mit dem Wort Leben belegt werden: Tanzen, lieben, kämpfen, feiern, sterben. Plus der Versuch, Besitztümer zu bekommen.

Ich glaube, ich habe mich doch verlaufen. Macht aber nichts, das passt sehr gut zum Film. Auf jeden Fall ist MOTHER! ein Film der Genregrenzen sprengt. Wer da in Begriffen wie Home Invasion oder Thriller oder Horror denkt, der denkt erheblich zu kurz. MOTHER! kann nicht in die Schranken schematischer Begriffe gesperrt werden, denn er sprengt jegliche Grenzen. Die Grenzen der Narration, der Vorstellungskraft, der empfangbaren Eindrücke. Definitiv nichts zum ein- oder zweimal schauen, dafür ist hier einfach zu viel enthalten.

Fazit: Ein sinnenbetäubender Rausch. Ein Pandämonium an Bildern, Eindrücken und Gedanken …
10 von 10 Apokalypsen ...

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