ANGELOCKT - Douglas Sirk

Grindhouse- und andere B-Filmfreuden aus den US of A
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Percy Lister
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Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

ANGELOCKT - Douglas Sirk

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"Angelockt" (Lured) (USA 1947)
mit: Lucille Ball, George Sanders, Charles Coburn, Cedric Hardwicke, Boris Karloff, George Zucco, Alan Mowbray, Joseph Calleia, Alan Napier, Robert Coote, Tanis Chandler, John Alban, Ann Codee, Colin Campbell, Jimmy Aubrey, Charles Coleman, Mary Jane French, Gerald Hamer u.a. | Drehbuch: Leo Rosten nach einer Geschichte von Jacques Companéez, Ernst Neubach und Simon Gantillon | Regie: Douglas Sirk

Jeden Abend finden sich Sandra Carpenter und ihre Freundin Lucy Barnard in einem Nachtclub ein, wo sie als Taxi-Tänzerinnen beschäftigt sind. Während Sandra sich verbessern möchte und auf einen Job in einem von Robert Flemings exklusiven Clubs wartet, sucht Lucy ihr Glück in der Liebe und verabredet sich mit einem Mann, den sie über eine Zeitungsannonce kennengelernt hat. Als sie nach einem Treffen nicht wieder zurückkommt, sorgt sich Sandra um sie und erfährt bei der Kriminalpolizei, dass in den letzten Monaten mehrere junge Mädchen spurlos verschwunden sind, nachdem sie Kontakt mit einem mysteriösen Mann, der seine Auserwählten mit morbiden Gedichten umwirbt, aufgenommen hatten. Inspektor Harley Temple bittet Sandra, als weibliche Polizistin und Lockvogel für Scotland Yard tätig zu werden, um den Täter aus der Reserve zu locken....

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Die Geschichte beginnt nach klassischem Repertoire mit feinen Andeutungen der offensichtlichen Parallelen zum historischen Fall "Jack the Ripper". Ein Mädchenmörder, der Botschaften an die Polizei schickt und sich seiner Verbrechen rühmt, ergänzt in diesem Fall um poetische Anleihen, die bei Charles Baudelaire genommen werden. Der Tod und die Wollust ziehen sich durch die meisten seiner Gedichte, die vielseitige Interpretationen zulassen. Inspector Temple und der Zuschauer können sich dem morbiden Zauber des Mörderpoeten nicht entziehen, obwohl dem geschulten Auge klar sein muss, was der Beamte von Scotland Yard in einer glänzend gespielten und durch die Position der Kamera perfekt angedeuteten Szene kombiniert: Ein sinnesfroher, mitten im Leben stehender Mann wie Robert Fleming sucht seine Befriedigung nicht in den Lyrikbänden verbotener Dichter, sondern im Lächeln einer Frau. Julian Wilde wird von Sir Cedric Hardwicke gespielt, der durch seine vornehme Zurückhaltung gerade in den Schlussszenen an Eindringlichkeit gewinnt. Douglas Sirk gelingt es vorzüglich, durch sein ausgewogenes Ensemble - die komödiantische Ball, der charmante Sanders, der joviale Coburn - verschiedene Stimmungen unter einen Hut zu bringen.

Der Wechsel von einem süffisanten Wortgefecht zu einer bedrohlichen Szene ist nahezu gleitend. Interessant ist auch, dass dieser glänzende Film Noir dem deutschen Publikum bis zum Jahr 1975 vorenthalten wurde (Erstausstrahlung im Fernsehen). Er wurde ursprünglich als B-Film geplant, doch Sirk zieht alle Register, um weder Glamour, noch Pracht missen zu lassen, Kostüme und Ausstattung sind bemerkenswert. Lucille Ball gelingt es, den Zuseher sofort für sich einzunehmen. Durch Witz, Schlagfertigkeit und ihre irdische Schönheit (im Gegensatz zur Göttinnen-Aura mancher Kolleginnen, ist sie trotz ihrer eleganten Ausstrahlung ein Typ zum Pferdestehlen) stellt sie kein Opferlamm, sondern eine mutige Gegnerin des unbekannten Mörders dar. George Sanders gibt ihren Sparringspartner, der sowohl als werbender Liebhaber, als auch als Justizopfer glaubhaft ist. Boris Karloff zeigt seine dämonische Seite, die ihn so berühmt gemacht hat und sein prägnanter Auftritt darf als Reminiszenz an den Horrorfilm der Dreißiger Jahre verstanden werden. Der spannende Kriminalfilm macht Spaß und fesselt zugleich. Faszinierend düster, stimmig synchronisiert und in atmosphärischen Bildern auf Zelluloid gebannt, ist die Produktion eine klare Empfehlung für Anhänger des eleganten Hollywood-Films.

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