VENOM - Ruben Fleischer

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Maulwurf
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VENOM - Ruben Fleischer

Beitrag von Maulwurf »

Venom
Venom
USA 2018
Regie: Ruben Fleischer
Tom Hardy, Michelle Williams, Riz Ahmed, Scott Haze, Reid Scot, Jenny Slate, Peggy Lu, Melora Walters, Woody Harrelson, Malcom C. Murray, Sope Aluko, Wayne Pére


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OFDB

Ich kann mich noch erinnern, wie Venom in den SPINNE-Comics auftauchte, in Deutschland war das irgendwann in den 90er-Jahren. Bis dahin war die Spidey-Welt eine Welt der zweiwöchentlichen Prügeleien, der lockeren Sprüche, und auch wenn Peter Parker oft Pech hatte, so war ein Happy-End eigentlich immer vorprogrammiert. Zwischen Charakteren wie Doc Octopus und Jonah J. Jameson entspann sich eine Soap-Opera, die, rückblickend gesehen, ernsthafte Ausschläge in die Welt des richtig Bösen immer aussparte. Bis Venom kam. Der außerirdische Symbiont, der zuerst den Körper Peter Parkers, und später dann den des erfolglosen Reporters Eddie Brock übernahm, war böse. Also so richtig böse. BÖSE. In Großbuchstaben. Nicht böse wie der Skinhead an der Bushaltestelle, sondern böse wie, sagen wir, Saint-Just, dessen Freude im Leben darin bestand, seine Landsleute zu Hunderttausenden unter die Guillotine zu schicken. Finsternis kam in das bis dahin so übersichtliche Spiderversum, und sie verschwand auch nie wieder. Dank Todd MacFarlane wurden die Geschichten abwechslungsreicher, vor allem aber wurden sie düsterer. Um nicht zu sagen grabesschwarz.

Aber das Universum wurde auch um einige Ecken interessanter. Vielschichtiger. Venom war, bei aller bösen Eindimensionalität, ein Garant für Spannung und Nervenkitzel. Für Grusel. Ein eiskalter Wind, der durch die warme Stube zog und Schaudern verursachte. Etwas, was nicht beeinflussbar oder veränderlich war, sondern von Grund auf stark und eben - böse.

Was heute nach all den Jahren von der Leidenschaft für die SPINNE übrigblieb ist eine große und schwere Kiste mit allen SPINNE-Comics der Verlage Williams und Condor, sowie eine kleine schwarze Venom-Figur aus Plastik, die auf einem Regal steht und nicht weiter auffällt. Aber dieser Film, der hat mich dann doch wieder interessiert. Venom als „Held“ eines massenkompatiblen Films, kann das gutgehen?

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Nein, kann es nicht. VENOM ist genau das geworden, was man dem modernen US-amerikanischen Kino vorwirft, und er erfüllt diesen Vorwurf in jeder Sekunde. Hier werden fast ausschließlich computergenerierte Effekte aneinandergereiht, und diese Effekte ersetzen somit die gute, altmodische Geschichte. Erstklassige Schauspieler wie Riz Ahmed wirken wie Statisten, wie farblose Kopien von Bond-Bösewichtern, die nichts aus ihrem Können und ihrer Ausstrahlung rausholen dürfen. Tom Hardy hat als Hauptdarsteller naturgemäß mehr Möglichkeiten, aber letzten Endes wird auch er darauf beschränkt, der nette Kumpel von nebenan zu sein und markige Oneliner abzusondern. Sein freches Grinsen erinnert immer noch an BRONSON, und gerade BRONSON ist ein gutes Gegenbeispiel dafür, wie man mit starken Schauspielern, einer interessanten Story und viel Gewalt einen erstklassigen Film rund um das Thema Boshaftigkeit auf die Beine stellt. Das, was VENOM als Geschichte ausgibt, ist Füllmaterial zwischen den Actionszenen, um den Eindruck zu erwecken dass Charaktere gezeigt werden würden. Die Nebenhandlung rund um Brocks Freundin Anne ist jedenfalls ziemlich überflüssig, und ihr einziger Zweck ist es, die Freundinnen der Actionfans ebenfalls ins Kino zu locken. Spannender sind die Figuren der Ärztin Dr. Skirth und der Obdachlosen Maria, die beide mit wenigen Dialogzeilen mehr Tiefe bekommen als die Hauptfiguren während der gesamten Laufzeit. Aber beide teilen das Schicksal der meisten Nebenfiguren in solchen Filmen, sie enden als Fischfutter. Was dann auch noch, wie die Schicksale überhaupt aller Figuren im Film, ziemlich vorhersehbar und damit langweilig ist.

VENOM ist seelenlose Effekthascherei. Getöse um des Getöse willens. Explosionen und Kämpfe die Lebenszeit rauben ohne einen Mehrwert zu generieren, denn sie sind nicht einmal spannend inszeniert. Wie auch, wenn zwei CGI-Monster in affenartiger Geschwindigkeit gegeneinander kämpfen? Vielleicht bin ich zu alt, aber bei absolut allen Kämpfen des Films habe ich binnen Sekunden Überblick und Interesse verloren, und eigentlich nur darauf gewartet, dass dieser Quatsch vorbeigeht und wenigstens die rudimentäre Handlung wieder weitergeht. Für einen Superheldenfilm, dessen Hauptaugenmerk auf rasant und interessant dargestellten CGI-Kämpfen besteht, muss ich leider ein Thema verfehlt konstatieren. Selbst die schlechteren Actionfilme von Leuten wie Chuck Norris oder Michael Dudikoff haben immer genau definierte Höhepunkte, nämlich die Kampfszenen. Aber was, bitte schön, gibt mir ein Actionfilm, der die Kampfszenen in den Sand setzt …?

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Aber es geht ja noch ein wenig schlimmer: Venom darf die Erde retten, und läuft damit gewissermaßen als Held. Er darf zeigen, dass er ein gutes Herz hat. Ist das nicht schön? Die ursprüngliche Figur aus den Comics wird zwar somit konterkariert, aber ohne positiv konnotierten Helden scheint es halt nicht zu gehen. Auch dann nicht, wenn der „Held“ ein böses Wesen im Körper eines Loosers ist. Donald Trump anyone?
Und somit ist es letzten Endes doch schön zu sehen, dass auch das vormals ultimative Böse sozialisiert werden kann, und sich mit Eddie Brock auf eine friedliche Koexistenz einigt: „Nein, heute essen wir keine Polizisten.“ Darauf möchte ich mit einem Zitat aus DAS RASTHAUS DER GRAUSAMEN PUPPEN aus dem Jahr 1967(sic!) antworten: „Einen Polizisten frisst man nicht, da bekommt man einen verdorbenen Magen.“ Von solchen Filmen auch …

4/10

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