ILSA - DIE TIGERIN - Jean LaFleur

Grindhouse- und andere B-Filmfreuden aus den US of A
Antworten
Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3769
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

ILSA - DIE TIGERIN - Jean LaFleur

Beitrag von Prisma »




Dyanne Thorne

ILSA - DIE TIGERIN


● ILSA THE TIGRESS OF SIBERIA / ILSA, LA TIGRESSE DU GOULAG / ILSA - DIE TIGERIN (CA|1977)
mit Michel-René Labelle, Gilbert Beaumont, Jean-Guy Latour, Ray Landry, Terry Haig, Jacques Morin, u.a.
eine Produktion der Mount Everest Enterprises Ltd. | im Avis Filmverleih
ein Film von Jean LaFleur

IlsaTigerin1.JPG
IlsaTigerin2.JPG
IlsaTigerin3.JPG
IlsaTigerin4.JPG
IlsaTigerin5.JPG
IlsaTigerin6.JPG
IlsaTigerin7.JPG
IlsaTigerin8.JPG
IlsaTigerin9.jpg

»Das war eine von Stalins Huren!«


In einem sibirischen Gulag regiert die für ihre Brutalität und sexuellen Ausschweifungen bekannte Lagerkommandantin Ilsa (Dyanne Thorne) mit eiserner Hand und betreibt ein Regime der Willkür. Strafgefangene werden gedemütigt und gefoltert, bei dem kleinsten Vergehen werden sadistische Todesurteile vollstreckt. Spuren werden dabei keine hinterlassen, da die hauseigene sibirische Tigerin Sascha hauptsächlich mit dem anfallenden Menschenfleisch gefüttert wird. Als Stalin gestürzt wird, verlassen Genossin Oberst und ihre Gefolgschaft das Lager Hals über Kopf und tauchen unter. Fast 25 Jahre später findet sich Ilsas Spur in Montréal wieder, wo sich die Dame einen Namen als Betreiberin einer Bordellkette machen konnte. Da noch viele offene Rechnungen ausstehen und Rache keine Verjährungsfrist kennt, wollen ihr gleich mehrere Leute gleichzeitig an den Kragen...

Die "Ilsa"-Trilogie zeigte von Beginn an die unterschiedlichsten Schauplätze der Schreckensherrschaft auf, und in Beitrag Nummer 3 findet sich der Zuschauer in einem sibirischen Arbeitslager wieder. Obwohl es sich dem Namen nach immer um die gleiche Person handelt, schlüpfte Dyanne Thorne im Verlauf der Reihe in sehr unterschiedliche Rollen. Allerdings weist die Marschrichtung dabei einen hohen Wiedererkennungswert auf und auch hier kommt es teilweise zu sehr drastischen Veranschaulichungen. Der "Tigerin" wird im Allgemeinen bescheinigt, dass es nicht zu der Intensität im Rahmen beunruhigender Darstellungen kommt, und die ersten beiden Teile mehr zu bieten haben. Tatsächlich bestätigt sich dieser Eindruck im Verlauf, allerdings ist Jean LaFleurs Arbeit in zwei Teile aufzusplitten. Das Szenario im Arbeitslager ist geprägt von Folter, Sadismus, barbarischer Handhabe und Mord, doch fünfundzwanzig Jahre später scheint der dominanten Genossin Oberst tatsächlich ein bisschen die Luft ausgegangen zu sein, ausgenommen im Rahmen ihrer sexuellen Ausschweifungen. Eigentlich ist die Verknüpfung nur bedingt geglückt, da die Erzählstruktur etwas zu holprig ausgefallen ist. Wie dem auch sei, in Sibirien bekommt das an Spektakel interessierte Publikum auf seine zweifelhaften Kosten und nach persönlichem Ermessen handelt es sich um die brutalste Bebilderung aller drei Teile, vielleicht auch, weil sich die erste Hälfte dieses Films ziemlich ernst nimmt und nicht so sehr ein Hintertürchen in die Märchenwelt offen lässt. Der Einstieg wird mit der Flucht eines Gefangenen und dessen brutalem Ende geebnet. Von nun an geht es Schlag auf Schlag, denn "Ilsa" gibt den offensichtlich üblichen Befehl, die sterblichen Überreste des Mannes für die Tigerin Sascha bereitzustellen. Diese Demonstration soll dabei nur sekundär als Abschreckung für die anderen Gefangenen dienen, denn es scheint so, als brauche die Aufseherin dieses Vorgehen für sich selbst. Es geilt sie auf und bei Anbruch der Dunkelheit geht sie ihren bizarren Sexualpraktiken nach Art des Hauses nach.

Die Personifikation von Sex und Sadismus stellt erneut eine unbändige Dyanne Thorne dar, die sich nach Herzenslust austoben darf. Erneut spart sie nicht an körperlichen Einblicken und scheint stets auf der Suche nach einem neuen Kick zu sein. In ihrem Lager wird sie daher von ihrer kompletten Gefolgschaft gedeckt, und das sogar im doppelten Sinn. Nach der harten Arbeit zieht sich "Ilsa" gerne mit gleich mit zwei Herren zurück, die im Wettstreit um sie zuvor den Zuschlag erhalten hatten. Garniert mit zahlreichen Sexszenen und brutalen Machenschaften, entsteht erneut ein eindeutiges Profil, und die Amerikanerin macht einen sehr guten Eindruck und wirkt noch nicht einmal unbegabt bei dem, was sie tut. Szenen außerhalb des Schlafgemachs provozieren mit expliziten Bildern wie beispielsweise jenen aus dem Tigerkäfig, oder die des Armdrückens, als der Verlierer nicht nur den Arm durch eine Kettensäge verliert, sondern gleichzeitig im Off in Stücke zerlegt wird, um der hungrigen Sascha verehrt zu werden. Nebenbei sieht der Zuschauer Szenen von der kommunistischen Folter, in der der schwache Protagonist Yakurin viele Federn lassen muss. Der Fantasie werden einige üble Streiche gespielt. Plötzlich ist Stalin gestürzt und man verlässt das Camp fluchtartig. Baracken samt Insassen werden einfach angezündet, unwichtige Personen abgeknallt, bis die Kamera zu einem Eishockeyspiel in Montréal des Jahres 1977 schwenkt. Yakurin besucht mit den Spielern seiner sowjetischen Mannschaft ein Bordell in dem, wie es der Zufall will, "Ilsa" hinter den Überwachungskameras sitzt. Das gleiche Spiel nimmt also eine weitere Etappe, wenn auch in modernerem Setting. Die Themen Folter, Unmenschlichkeit und Sex werden wieder aufgegriffen, allerdings nicht verfeinert, und die zweite Etappe des dritten Teils kann lediglich durch einige Szenen des bestialischen Mordes für Aufsehen und Unbehagen sorgen. Insgesamt gesehen fällt "Die Tigerin" im direkten Vergleich mit seinen gleichnamigen Artgenossen trotz guter Effekte ab, stellt aus persönlicher Sicht dennoch den zumindest halben Lieblingsfilm der Reihe dar.

Benutzeravatar
Prisma
Beiträge: 3769
Registriert: Sa., 31.10.2020 18:11

Re: ILSA - DIE TIGERIN - Jean LaFleur

Beitrag von Prisma »



DyanneThorneTigerin (1).jpg
DyanneThorneTigerin (2).jpg
DyanneThorneTigerin (3).jpg

● DYANNE THORNE als ILSA in
ILSA - DIE TIGERIN (CA|1977)



In der sibirischen Steppe wird ein entflohener Sträfling von einer Lanze aufgespießt. Ilsa, oder Frau Genossin Oberst, wie sie ihre Sklaven nennen müssen, beobachtet ihr Werk hoch zu Ross und mit zufriedenen Blicken. Es ist offensichtlich, dass es sich bei dieser Vorgehensweise um keinen Einzelfall handeln dürfte. Mit eiserner Faust demonstriert die attraktive Kommandantin, wer in ihrem Arbeitslager die Herrin ist. Tag für Tag und Nacht für Nacht. Dyanne Thorne konnte als Ilsa bereits einige Erfahrungen sammeln und bei jedem weiteren Auftritt erfindet sie das Rad vielleicht nicht komplett neu, schafft es allerdings, diese Figur mit immer wieder neuen Finessen auszustatten, sodass die naturgemäß stereotype Anlegung der Rolle trotzdem stets zum Happening wird. Brutalität und Dominanz, Perversion und Lust - ja, diese Dame statuiert gleich mehrere Exempel in diesem Bereich und lehrt ihre Gegner das Fürchten, zumindest solange sie leben. Züchtigung und Folter wären in diesem schrecklichen und vollkommen unmenschlichen Ausmaß überhaupt nicht erforderlich, denn so gut wie alle Sträflinge haben bereits im Vorfeld kapituliert, aber Ilsa braucht den Kick und die Befriedigung, die sie aus derartigen Machtdemonstrationen ziehen kann. Blutgeruch muss in der Luft liegen, damit sie auf Touren kommt. Aus dieser Kombination ergibt sich nicht nur folgerichtig der Tod, sondern sie delegiert auch sexuelle Ausschweifungen nach Herzenslust. Schwächen findet man bei ihr so gut wie keine, doch wenn man von einem solchen überhaupt sprechen möchte, ist es wohl ihre Eitelkeit. Wenn ein Mann sie nicht begehrt, hat dieser groteskerweise recht gute Chancen, sein Leben etwas zu verlängern, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, bis er der schwarzen Witwe endlich ins Netz gegangen ist. Mit Dyanne Thorne dreht sich das russische Roulette der Unersättlichkeit hochtourig und sie dominiert das völlig einseitig gefärbte Szenario nach Belieben.

Dyanne Thorne bringt eine Art Wahn und die grenzenlose Überheblichkeit ihrer Figur sehr präzise auf den Punkt. Ein Blick in ihr Gesicht liefert den absoluten Beweis, dass sie hundertprozentig bei der Sache ist und noch mehr will. Überhaupt darf betont werden, dass die Amerikanerin vielleicht gar keine so schlechte Schauspielerin war, wenngleich sie nicht immer im selben Umfang gefordert war. Ihren "Ilsa"-Auftritten drückt sie jedenfalls einen unverkennbaren Stempel auf, hin und wieder wirkt die üppige Dame richtig beängstigend bei ihren Experimenten am noch lebenden Objekt. Ihre weit aufgerissenen Augen sprechen eine sehr eindeutige Sprache und sie spielt sich und den Zuschauer in einen Bann, dem man sich nur schwer entziehen kann, vor allem auch, weil sie in einer perfiden Art und Weise unberechenbar bleibt. Genossin Oberst fällt bei ihren unmenschlichen Methoden nicht nur durch eine unerbittliche Mechanik auf, sondern vor allem durch ihren schwarzen Zynismus. Oft hört es sich beinahe so an, als spreche sie mit einem geschätzten Liebhaber, um diesen im nächsten Moment zu Tode zu foltern. Mit Vorliebe spricht sie in doppeldeutigen Windungen und vermeidet es, den Kindern allzu hässliche Namen zu geben. Lediglich wenn ihr Gehorsam oder Unterwerfung verweigert werden, wirkt sie angreifbar und fährt umgehend schwerere Geschütze auf, die in ihren gefürchteten Demonstrationen gipfeln. Synchronisiert von Ursula Heyer, entstehen sehr vollendete Momente im Bereich der Dialoge. Die Verbindung aus Wort und Tat macht "Die Tigerin" zu einer der beeindruckenderen Figuren im Exploitation-Bereich, deren Intensität in zweifelhafter Erinnerung bleibt. Genau wie in den zwei vorher entstandenen Teilen zeigt Dyanne Thorne, dass es eben nur eine Ilsa geben kann und sie neben sich weder Götter, noch Fußvolk duldet. Trotz des hier offenen Endes, das prädestiniert für eine Fortsetzung gewesen ist, ist es bedauerlich, dass die Reihe ihr endgültiges Ende fand.



Antworten