DEEP END
● DEEP END / DEEP END (GB|D|1970)
mit Jane Asher, John Moulder-Brown, Karl Michael Vogler, Erica Beer, Christopher Sandford, Louise Martini, Dieter Eppler, Anita Lochner,
Anne-Marie Kuster, Burt Kwouk, Uli Steigberg, Helga Marlo, Flavia Keyt, Ursula Wackernagel, Eduard Linkers, Uschi Mellin und Diana Dors
eine Produktion der Kettledrum | Maran Film | im Jugendfilm Verleih
ein Film von Jerzy Skolimowski
»Es gibt keine frigiden Frauen!«
Mike (John Moulder-Brown) ist gerade frühzeitig von der Schule abgegangen und beginnt in einem Schwimmbad zu arbeiten. Dort wird er von der attraktiven Susan (Jane Asher) mit den Arbeitsabläufen vertraut gemacht und beide verbindet zunächst nur Freundschaft. Mike entdeckt schnell die Liebe zu ihr, doch sie ist mit einem jungen Mann aus besseren Kreisen verlobt, hat außerdem ein Verhältnis mit dem ehemaligen Sportlehrer (Karl Michael Vogler). Eifersucht, Besessenheit und ein gewisser Kontrollzwang nehmen für den jungen Mann unerträgliche Züge an, sodass er sich allerlei Tricks ausdenkt, um die Liebschaften von Susan zu unterwandern. Mit seiner jugendlichen Fantasie schafft er es, Susan für eine erste erotische Liaison zu gewinnen, die sich einerseits abweisend verhält, sich andererseits aber auch imponiert zeigt, bis die umständlich entstandene Zweisamkeit ein unberechenbares Ende nimmt...
"Deep End" wurde vom polnischen Regisseur und Schauspieler Jerzy Skolimowski inszeniert. Damals leider nicht mit dem erhofften wirtschaftlichen Erfolg gesegnet, gilt dieser Beitrag heute als Kultfilm. Die Einschätzung des Anthology Film Archives, dass es sich um einen der besten Filme der Siebzigerjahre handle, hat bestimmt etwas für sich, denn diese Produktion vermittelt so viel Exotik, Leichtfüßigkeit, Leidenschaft und einen ungeheuren Charme, dass man gar nicht genug bekommen kann. Die Geschichte um das pubertäre Gefühlschaos eines Fünfzehnjährigen ist sehr geistreich, überzeugend und dem Empfinden nach relativ authentisch dargestellt, sodass es wirklich Freude bereitet, diesem Hin und Her zu folgen. Der Film ist voll Fantasie und Gespür, aber auch Verrücktheit. Die teils verzerrten Charaktere bringen viel Amüsement in die bunte Angelegenheit, außerdem bahnt sie unter Umständen eine direkte Vergleichsmöglichkeit, sozusagen einen Transfer, zur eigenen Erfahrung. Auffällig ist die hochwertige Umsetzung, die in den Bereichen Kamera, Bildgestaltung, Schauplätzen und progressiven Einfällen der Regie große Akzente setzen kann. Hinzu kommen die atemberaubenden Musikstücke von Cat Stevens und der Kölner Band The Can, die das hervorragende Gesamtbild unterstreichen. Die Besetzung ist ein Gütesiegel und besonders von deutscher Seite sind ungewöhnliche Ausbrüche aus Schubladen zu beobachten, die rein gar nichts mit den üblichen Darbietungen zu tun haben, die man über die Jahre serviert bekam.
In der großen weiten Welt des Films gab und gibt es unzählige schöne Frauen, immer und immer wieder. Doch spätestens wenn man hier zum ersten Mal mit der Hauptdarstellerin Jane Asher konfrontiert wird, ist eine besondere Art der Faszination und Vereinnahmung vorprogrammiert, genau wie es bei dem jungen Protagonisten der Fall ist. Susan besitzt eine Aura, wie man sie selten findet, und dabei muss sie gar nicht erst viel tun, geschweige denn einen Kraftakt hinlegen, damit ihr der uneingeschränkte Fokus sicher ist. Sie gibt der Wendung "Liebe auf den ersten Blick" einen phänomenalen, greifbaren, aber vor allem glaubhaften Sinn und ihr Erscheinungsbild hat etwas unausgesprochen Aufforderndes. Es steht außer Frage, dass es wohl kaum einen (jungen) Mann geben dürfte, der wegen ihr nicht den Kopf verlieren oder sich Hals über Kopf in sie verknallen würde. John Moulder-Brown gehört zu den wenigen Schauspielern, die innerhalb ihres Rollen-Abonnements uneingeschränkt beeindrucken können. Bei dieser Darbietung geht der damals 18jährige über die Grenzen konventioneller Interpretationen hinaus und man bekommt eine Mischung aus Talent, Intuition und bemerkenswerter Dynamik und Spontanität geboten. Es ist herrlich, Mike dabei zu verfolgen, wie er Pläne schmiedet und Tricks ausheckt, um die amourösen Tätigkeiten seiner Herzdame zu unterbinden. Heute würde man vielleicht sagen, dass er stalkt, allerdings nicht im klassisch-negativen Sinn.
Er zeigt Facetten einer schier unendlichen Fantasie, wie sie nur junge Leute haben können, und er präsentiert etliche Flausen aus einem völlig getriggerten Kopf, die eine Melange aus Unbeholfenheit, Gefühl und Impulsivität darstellen. Von deutscher Seite gibt es wie erwähnt eigenartige aber vollkommen überraschende Leistungen. Karl Michael Vogler, ehemaliger Lehrer von Mike, und nun Liebhaber von Sue, begegnet man zuerst in der Badeanstalt. Er zieht seine blutjungen Schülerinnen mit seinen lüsternen Blicken förmlich aus. Dabei fühlt er sich dabei wie ein Gott, gafft sie an und betatscht sie bei jeder Gelegenheit, außerdem wird er noch einige tolle Szenen mit Jane Asher haben, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Die Brisanz der Darstellungen wird durch die hochwertigen, teils saftigen Dialoge forciert. Wer hat bislang Dieter Eppler beispielsweise schon einmal Derartiges sagen hören? »Irgendwann ist es soweit. Dann kriegt die von mir einen rein geschoben!«. Des Weiteren ist Louise Martini als laszive Prostituierte innerhalb einer bizarren Routine zu sehen, die nur mit halber Kraft anschaffen kann, ihre Dienste also dementsprechend auch zu Schleuderpreisen anbietet, da sie ein Gipsbein hat. Erica Beer als Jünglinge verschlingende, alternde und mit konstitutionellen Problemen kämpfende, völlig frustrierte Frau, mit der die Zeit offensichtlich nicht gerade freundlich umgegangen ist und die immer wieder zickige Kämpfe mit der schönen Hauptdarstellerin veranstaltet.
Für einen spektakulären Gast-Auftritt sorgt Diana Dors als Kundin des Schwimmbades. Sie liefert mit John Moulder-Brown eine Vorstellung ab, die man garantiert nie wieder vergessen wird. Es ist immer schön, wenn man tatsächlich ohne jegliche Abstriche sagen kann, dass ein Film durch und durch überzeuge, beziehungsweise verzaubern konnte. Das einzig verwirrende Element an diesem traumwandlerischen Spektakel ist, dass man dem Zuschauer eine seltsame Tragik und einen harten Schock nicht erspart hat, sich somit noch deutlicher zeigt, dass man an deutlich mehr als nur unverbindlicher Unterhaltung interessiert war. Ansonsten inszeniert Jerzy Skolimowski vollkommen unkonventionell und mutig, sodass es zu einem überaus nachhaltigen Gesamteindruck kommt. Alle Komponenten dieses Films wirken symbiotisch und völlig frei von irgendwelchen Zwängen, die man vielerorts und leider viel zu häufig irrtümlich in Filme hinein zwängte. "Deep End" transportiert nicht nur Temperament und knisternde Erotik als Kunstform, sondern besticht in vielerlei Hinsicht als Kind seiner Zeit. Selten durfte man beispielsweise eine so anspruchsvolle und aufregende Erotik-Szene miterleben wie im Finale, das zeitgenössische London-Flair wirkt berauschend und die schauspielerischen Leistungen sind einprägsam und berauschend, sodass es unterm Strich einfach nur riesigen Spaß macht, in diesem Film mitzulachen, mitzuträumen, mitzurätseln, den Kopf zu schütteln und Déjà-vu-Gefühle zu ordnen. Nicht zu Unrecht gilt dieser Beitrag als »Meilenstein des erotischen Arthouse-Films«, den man nicht auslassen sollte, wenn sich die Gelegenheit bietet.
"Deep End" wurde vom polnischen Regisseur und Schauspieler Jerzy Skolimowski inszeniert. Damals leider nicht mit dem erhofften wirtschaftlichen Erfolg gesegnet, gilt dieser Beitrag heute als Kultfilm. Die Einschätzung des Anthology Film Archives, dass es sich um einen der besten Filme der Siebzigerjahre handle, hat bestimmt etwas für sich, denn diese Produktion vermittelt so viel Exotik, Leichtfüßigkeit, Leidenschaft und einen ungeheuren Charme, dass man gar nicht genug bekommen kann. Die Geschichte um das pubertäre Gefühlschaos eines Fünfzehnjährigen ist sehr geistreich, überzeugend und dem Empfinden nach relativ authentisch dargestellt, sodass es wirklich Freude bereitet, diesem Hin und Her zu folgen. Der Film ist voll Fantasie und Gespür, aber auch Verrücktheit. Die teils verzerrten Charaktere bringen viel Amüsement in die bunte Angelegenheit, außerdem bahnt sie unter Umständen eine direkte Vergleichsmöglichkeit, sozusagen einen Transfer, zur eigenen Erfahrung. Auffällig ist die hochwertige Umsetzung, die in den Bereichen Kamera, Bildgestaltung, Schauplätzen und progressiven Einfällen der Regie große Akzente setzen kann. Hinzu kommen die atemberaubenden Musikstücke von Cat Stevens und der Kölner Band The Can, die das hervorragende Gesamtbild unterstreichen. Die Besetzung ist ein Gütesiegel und besonders von deutscher Seite sind ungewöhnliche Ausbrüche aus Schubladen zu beobachten, die rein gar nichts mit den üblichen Darbietungen zu tun haben, die man über die Jahre serviert bekam.
In der großen weiten Welt des Films gab und gibt es unzählige schöne Frauen, immer und immer wieder. Doch spätestens wenn man hier zum ersten Mal mit der Hauptdarstellerin Jane Asher konfrontiert wird, ist eine besondere Art der Faszination und Vereinnahmung vorprogrammiert, genau wie es bei dem jungen Protagonisten der Fall ist. Susan besitzt eine Aura, wie man sie selten findet, und dabei muss sie gar nicht erst viel tun, geschweige denn einen Kraftakt hinlegen, damit ihr der uneingeschränkte Fokus sicher ist. Sie gibt der Wendung "Liebe auf den ersten Blick" einen phänomenalen, greifbaren, aber vor allem glaubhaften Sinn und ihr Erscheinungsbild hat etwas unausgesprochen Aufforderndes. Es steht außer Frage, dass es wohl kaum einen (jungen) Mann geben dürfte, der wegen ihr nicht den Kopf verlieren oder sich Hals über Kopf in sie verknallen würde. John Moulder-Brown gehört zu den wenigen Schauspielern, die innerhalb ihres Rollen-Abonnements uneingeschränkt beeindrucken können. Bei dieser Darbietung geht der damals 18jährige über die Grenzen konventioneller Interpretationen hinaus und man bekommt eine Mischung aus Talent, Intuition und bemerkenswerter Dynamik und Spontanität geboten. Es ist herrlich, Mike dabei zu verfolgen, wie er Pläne schmiedet und Tricks ausheckt, um die amourösen Tätigkeiten seiner Herzdame zu unterbinden. Heute würde man vielleicht sagen, dass er stalkt, allerdings nicht im klassisch-negativen Sinn.
Er zeigt Facetten einer schier unendlichen Fantasie, wie sie nur junge Leute haben können, und er präsentiert etliche Flausen aus einem völlig getriggerten Kopf, die eine Melange aus Unbeholfenheit, Gefühl und Impulsivität darstellen. Von deutscher Seite gibt es wie erwähnt eigenartige aber vollkommen überraschende Leistungen. Karl Michael Vogler, ehemaliger Lehrer von Mike, und nun Liebhaber von Sue, begegnet man zuerst in der Badeanstalt. Er zieht seine blutjungen Schülerinnen mit seinen lüsternen Blicken förmlich aus. Dabei fühlt er sich dabei wie ein Gott, gafft sie an und betatscht sie bei jeder Gelegenheit, außerdem wird er noch einige tolle Szenen mit Jane Asher haben, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Die Brisanz der Darstellungen wird durch die hochwertigen, teils saftigen Dialoge forciert. Wer hat bislang Dieter Eppler beispielsweise schon einmal Derartiges sagen hören? »Irgendwann ist es soweit. Dann kriegt die von mir einen rein geschoben!«. Des Weiteren ist Louise Martini als laszive Prostituierte innerhalb einer bizarren Routine zu sehen, die nur mit halber Kraft anschaffen kann, ihre Dienste also dementsprechend auch zu Schleuderpreisen anbietet, da sie ein Gipsbein hat. Erica Beer als Jünglinge verschlingende, alternde und mit konstitutionellen Problemen kämpfende, völlig frustrierte Frau, mit der die Zeit offensichtlich nicht gerade freundlich umgegangen ist und die immer wieder zickige Kämpfe mit der schönen Hauptdarstellerin veranstaltet.
Für einen spektakulären Gast-Auftritt sorgt Diana Dors als Kundin des Schwimmbades. Sie liefert mit John Moulder-Brown eine Vorstellung ab, die man garantiert nie wieder vergessen wird. Es ist immer schön, wenn man tatsächlich ohne jegliche Abstriche sagen kann, dass ein Film durch und durch überzeuge, beziehungsweise verzaubern konnte. Das einzig verwirrende Element an diesem traumwandlerischen Spektakel ist, dass man dem Zuschauer eine seltsame Tragik und einen harten Schock nicht erspart hat, sich somit noch deutlicher zeigt, dass man an deutlich mehr als nur unverbindlicher Unterhaltung interessiert war. Ansonsten inszeniert Jerzy Skolimowski vollkommen unkonventionell und mutig, sodass es zu einem überaus nachhaltigen Gesamteindruck kommt. Alle Komponenten dieses Films wirken symbiotisch und völlig frei von irgendwelchen Zwängen, die man vielerorts und leider viel zu häufig irrtümlich in Filme hinein zwängte. "Deep End" transportiert nicht nur Temperament und knisternde Erotik als Kunstform, sondern besticht in vielerlei Hinsicht als Kind seiner Zeit. Selten durfte man beispielsweise eine so anspruchsvolle und aufregende Erotik-Szene miterleben wie im Finale, das zeitgenössische London-Flair wirkt berauschend und die schauspielerischen Leistungen sind einprägsam und berauschend, sodass es unterm Strich einfach nur riesigen Spaß macht, in diesem Film mitzulachen, mitzuträumen, mitzurätseln, den Kopf zu schütteln und Déjà-vu-Gefühle zu ordnen. Nicht zu Unrecht gilt dieser Beitrag als »Meilenstein des erotischen Arthouse-Films«, den man nicht auslassen sollte, wenn sich die Gelegenheit bietet.