DER LETZTE KAMPF - Luc Besson

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Prisma
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DER LETZTE KAMPF - Luc Besson

Beitrag von Prisma »



DER LETZTE KAMPF


● LE DERNIER COMBAT / DER LETZTE KAMPF (F|1983)
mit Pierre Jolivet, Jean Bouise, Fritz Wepper, Jean Reno, Maurice Lamy, Michel Doset und als Gast Christiane Krüger
eine Produktion der Les Films du Loup
ein Film von Luc Besson

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»Bon...jour!«


Endzeit. Durch eine schreckliche Katastrophe wurde das Leben auf der Erde fast komplett ausgelöscht und es gibt nur wenige Überlebende, bei denen es sich fast ausschließlich um Männer handelt. Der Kampf ums Überleben und um Territorien ist an der Tagesordnung. Jede Minute verstreicht wie eine halbe Ewigkeit, die Isolation des Einzelnen bekommt durch den Verlust der Sprache unerträgliche Züge. Ein Einzelgänger (Pierre Jolivet) muss mit seinem selbstgebauten Flieger vor Feinden Fliehen und verunglückt im Nirgendwo. Dort wird er von dem Brutalen (Jean Reno) fast getötet, doch der Arzt (Jean Bouise), dessen Klinik wie eine Festung wirkt, nimmt sich dem Schwerverletzten an und es entwickelt sich eine Art Freundschaft. Als sich genügend Vertrauen entwickelt hat, weiht ihn der Arzt in sein größtes Geheimnis ein. Doch Zerstörung, Gefahr und Gier lauern überall...

Der damals erst Mitte 20-jährige Regisseur Luc Besson kreierte mit seinem in Schwarzweiß gedrehten und vollständig ohne Dialoge auskommenden Film "Der letzte Kampf" einen außergewöhnlichen und sehr destruktiv wirkenden, kritischen Beitrag. Die dargestellte Horror-Vision der sogenannten Endzeit bekommt hier eines von Tausenden möglichen Gesichtern, was beängstigend wirkt und überaus nachdenklich stimmt. Das Szenario zeigt Hoffnungslosigkeit, die trostlosen Schauplätze sehen aus wie nach einem zerstörerischen Krieg. Dabei bekommt man allerdings nicht den Eindruck, dass sich dies alles im Bereich außerhalb des Möglichen abspielt, da keine hoch gegriffenen oder völlig abwegig erscheinenden Elemente veranschaulicht werden. Die Ausstattung passt in die damalige und auch heutige Zeit, beispielsweise die Fahrzeuge auf dem Auto-Friedhof, viele technische Geräte oder diverse Details, sind Modelle der 80er Jahre, oder die Utensilien in der Klinik und die ärztliche Versorgung waren zeitgemäß. Ein Film der ohne Dialoge auszukommen hat, muss im akustischen Bereich Überzeugendes bieten, was hier definitiv der Fall ist. Die Geräusche und die Musik erscheinen sehr exponiert und sind stets auf die Situationen abgestimmt, die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird dadurch forciert. Die einzigen Worte kommen übrigens zu Stande, als der Arzt und der Einzelgänger in der Klinik ein Gas einatmen und danach kurz und flüsternd die Silben »Bon...jour« zu Stande bringen.

Im darstellerischen Bereich sind daher besonders stichhaltige Leistungen in Sachen Körpersprache, Gestik und Mimik notwendig, und man bekommt hier Überzeugendes bis Beeindruckendes geboten. Pierre Jolivet stellt hier die Gabe unter Beweis, ausschließlich über seine Erscheinung zu funktionieren, und das wirklich sehr gut. Seine erste Szene gestaltet sich schon als sehr bezeichnend und denkwürdig zugleich, als man ihn beim hoffnungslosen Liebesspiel mit seiner Gummipuppe beobachten muss. Um aus den Trümmern seiner Umgebung zu entkommen, bastelt er an einem Flieger herum, für dessen Funktionstüchtigkeit er sogar dazu bereit ist, jemanden wegen einer simplen Auto-Batterie zu töten. Jean Bouise als Doktor ist einer der wenigen Beteiligten, der vor allem menschliche Attribute aufzeigt. Er hat sich in seiner Klinik verschanzt, die einer Festung gleicht. Er pflegt den schwer Verletzten wieder gesund und man profitiert gegenseitig von den jeweiligen Fähigkeiten. Zwischen den beiden Männern entsteht ein sehr vertrautes Verhältnis und es zeigen die wenigen Hoffnungsschimmer in dieser Geschichte. Vom brutalen und Angst einflößenden Jean Reno fast tot geschlagen, bedroht dieser auch die Sicherheit des Arztes, denn er schmiedet zahlreiche Pläne, um in die Klinik hineinzugelangen. Fritz Wepper zeichnet den Anführer einer Ansammlung von Gestalten rund um einen Auto-Friedhof, und dabei hat er ungewöhnlich gute Szenen, die ihn einmal von einer anderen darstellerischen Seite zeigen. Die Damen-Riege ist spärlich besetzt, von Petra Müller sieht man lediglich die Hände und für wenige Sekunden ihr Gesicht, und in einer kurzen Einstellung ihren zerschundenen Körper.

Christiane Krüger ist im Vollbild zu bewundern, deren Auftritt allerdings keine zehn Sekunden dauert. Über die gesamte Spieldauer zeigen sich hochwertige Bilder und Szenen, und man bekommt eine Interpretation einer eigentlich latent vorhandenen Vision geboten, die auf ihre Weise fesselt und zum Nachdenken anregt, da sie mit eindringlichen Bildern und einer schockierenden Grundstimmung versehen ist. Es wird nicht erläutert, was eigentlich geschehen ist, warum diese Welt so geworden ist wie sie präsentiert wird. Auch Wertungen werden eigentlich kaum getätigt und somit fast alleine dem Zuschauer überlassen. Indirekt wird allerdings schon die Spezies Mann zur Verantwortung gezogen, da es in diesen kriegsähnlichen Umfeld einmal wieder die wenigen Frauen sind, die die Misere in aller Konsequenz ausbaden müssen. Sie sind die wertvollsten Objekte in dieser Hölle geworden, sie werden wie Tiere gefangen gehalten und ein paar mal am Tag gefüttert, um letztlich ihren Dienst und ihre Pflichten am Mann tun zu können. Was tut man also sonst, wenn die Zeit still steht, wenn man keine Aufgaben mehr hat, wenn man prophylaktisch töten muss, um selbst nicht umzukommen, und in latenter Angst leben muss? Dieses Dahinvegetieren wird hier sehr beachtlich dargestellt. Vielleicht handelt es sich bei Luc Bessons Endzeit-Interpretation um eine der besten dieser Sorte, welche durch ihre sterile und nüchterne Grundstimmung - einhergehend mit dieser exzellenten Bildgestaltung - abstoßend und beeindruckend zugleich wirkt. Ein aufwändig inszeniertes Spektakel, welches schließlich als lauter und zugleich wortloser Appell gedacht ist, bei dem das Prädikat hervorragend vielleicht eine Untertreibung ist.

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alex_wintermute
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Re: DER LETZTE KAMPF - Luc Besson

Beitrag von alex_wintermute »

Also den Luc Besson Film fand ich entsetzlich, für einen Endzeitfilm alles viel zu sauber und geleckt in Szene gesetzt, immer irgendwo die perfekte Kameraeinstellung, alles irgendwie auf eine Art Hochglanzprodukt getrimmt. Mir hat der Film überhaupt nicht zugesagt, die DVD ist auch aus meiner Sammlung geflogen.

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Prisma
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Re: DER LETZTE KAMPF - Luc Besson

Beitrag von Prisma »

alex_wintermute hat geschrieben:
Mi., 30.12.2020 21:47
für einen Endzeitfilm alles viel zu sauber und geleckt in Szene gesetzt, immer irgendwo die perfekte Kameraeinstellung, alles irgendwie auf eine Art Hochglanzprodukt getrimmt.

Genau das finde ich so faszinierend an dem Film, zeigt er doch genau mit dieser Strategie den Verfall, die Zerstörung und Destruktivität. Durch den Hochglanz kann man jedes Staubkorn erkennen oder jeden Stein zum Anfassen nah haben. In einem Film, der ohne etwas Wichtiges wie die Sprache und Dialoge auskommen muss, kann man gar nicht anders, als im visuellen Bereich derartige Akzente zu setzen, denn sonst hat man nur einen von vielen Filmen mit Endzeit-Thematik zu tun. Ich fand und finde den Film bemerkenswert, auch wenn ich mir ihn seinerzeit nur wegen nicht einmal 10 Sekunden Christiane Krüger zugelegt hatte. :mrgreen:

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