ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE - Chang Cheh

Klirrende Klingen, fliegende Krieger und harte Handkantenkracher.
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DJANGOdzilla
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ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE - Chang Cheh

Beitrag von DJANGOdzilla »

ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE
[E KE][HK][1971]

Bild

Regie: Chang Cheh
Darsteller: Ti Lung, David Chiang, Chen Sing, Yasuaki Kurata, Ching Li, Chang Cheh, Bolo Yeung


Inhalt:

Die schlagkräftigen Brüder Fan Ke [David Chiang] und Wen Lieh [Ti Lung] brachten einst den gefährlichen Verbrecher Chiang Ren [Chen Sing] hinter Gitter. Dieser ist jedoch gar nicht so dumm, wie er aussieht, und kann mithilfe einer unfassbar billigen List aus dem Gefängnis entkommen. Aus Rache tötet er zunächst Wens Familie und entführt im Auftrage der japanischen Unterweltgröße Yamaguchi [Chang Cheh] dann auch noch dessen Freundin Yu Lan [Ching Li]. Fan und Weh reisen nach Tokio, um Yu buchstäblich wieder rauszuhauen. Zwar geht die Aktion erfolgreich über die Bühne, doch Yamaguchi gibt nicht auf: Er schickt seinen besten Kämpfer Katsu [Yasuaki Kurata] mit seinem Team [unter anderen: Bolo Yeung] nach China, um dort mit den Brüdern abzurechnen. Doch die lassen sich nicht so ohne weiteres die Wurst vom Brot ziehen.

Kritik:

Zehn gelbe Fäuste, das macht rein rechnerisch fünf gelbe Menschen. Wie genau der deutsche Anbieter auf diese Zahl kam, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben. Hauptfiguren existieren nämlich im Prinzip lediglich zwei, Grund zur Rache hingegen hätte so ziemlich jeder der Beteiligten. Allerdings ist es müßig, sich mit schnöder Mathematik zu beschäftigen, wenn so wunderbar konsequent feindliche Scheitel geradegerückt werden wie bei ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE. Der kompromisslose Kino-Klopper fährt nämlich das volle Programm 70er-Jahre-Hongkong-Action auf und erfüllt dabei so ziemlich alle Erwartungen, die man in solch einen Beitrag setzen könnte. Um ihren seriösen Ruf besorgte Kritiker rümpfen anbetrachts dünner Story, dummer Dialoge und überzogener Brutalitäten natürlich pflichtschuldig die Nase, und in der Tat sind diverse Defizite nicht von der Hand zu weisen. Wirklich inspiriert oder von großer Vision beseelt ging man hier wahrlich nicht zu Werke, und es ist offensichtlich, dass man einige Mühe hatte, die überschaubare Handlung auf die obligatorischen 90 Minuten zu zerren. So muss man sich manche Gangster-Erläuterungen gleich mehrfach anhören und wird auch immer wieder Zeuge inhaltlich sinnfreier Autofahrten durch das wahlweise nächtliche oder tägliche Tokio, die aber schon allein deswegen von Nutzen sind, weil sie, mit groovigem Score unterlegt, ein wunderbar mondänes Großstadt-Flair verbreiten und damit essentieller Bestandteil des immens wichtigen Wohlfühl-Faktors sind.

Faktisch hat man es zwar mit der Fortsetzung von FAN CHU – TÖDLICHE RACHE zu tun, der im Vorjahr mit fast identischer Besetzung vor und hinter der Kamera entstand. Tatsächlich aber ist dessen Kenntniss abdinglich – ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE funktioniert, nicht zuletzt aufgrund der sehr simplen Story, auch ohne Vorwissen als eigenständiger Kung-Fu-Snack für zwischendurch. Das von Ni Kuang [→ DIE TÖDLICHEN ZWEI] verfasste Skript sät die Action vergleichsweise sogar eher spärlich; dafür geht es bei Stattfinden alles andere als zimperlich zur Sache: Bei der ausschließlich aus Prügeleien bestehenden Konfliktbewältigung suppt das Blut stets in anständiger Dosis, und immer wieder hagelt es neben Faust und Fuß manch fiese kleine Gemeinheit. Die Choreographie besorgte das bewährte Duo Liu Chia-Liang und Tong Kai, das unter anderem bereits dem Klassiker DAS GOLDENE SCHWERT DES KÖNIGSTIGERS kinetisches Leben einhauchte. Mit dessen eleganten Duellen hat das hier vorliegende Hieb- und Stichfest allerdings herzhaft wenig am Hut. Die Ästhetik entspricht dem rauen Straßenkampf; statt taktischem Belauern und effizientem Zuschlagen geht es hier ohne Federlesens schnurstraks zur Sache. Das ist eine willkommene Abwechslung zum gewöhnlichen Oeuvre der produzierenden Shaw-Brothers-Studios, die ihre Darsteller überwiegend in kaiserzeitliche Kostüme steckten, um sie mit Lanze und Schwert aufeinander losgehen zu lassen. Beiträge, die in der Moderne spielen, genießen daher automatisch sympathischen Exotenbonus.

In den Hauptrollen harmonieren Ti Lung [→ DAS BLUTIGE SCHWERT DER RACHE] und David Chiang [→ DIE EROBERER], die damaligen Aushängeschilder des Studios, abermals überaus prächtig als zuschlagendes Geschwistergespann, das die gegnerische Gangsterbande quasi im Alleingang aufreibt. Chang Cheh [→ DER MANN MIT DER TIGERPRANKE], der die ganze Chose extrem schmissig in Szene setzte, spielt höchstpersönlich die Rolle des schmierigen japanischen Obermuftis, der genussvoll seine Monsterzigarre schmaucht und die Sonnenbrille wohl nicht mal auf dem Donnerbalken zur Seite legt. Dass der Regie-Gigant sich auch mal vor die Kamera wagte, geschah tatsächlich so selten, dass man es an einer Hand abzählen kann. Ein weiterer Höhepunkt ist der Auftritt Chen Sings [→ TAG DER BLUTIGEN RACHE], der in der Rolle des Killers Chiang Ren auf fast schon rührende Art und Weise putzig wirkt: Als er sich nach einem vollkommen planlosen und deshalb auch grandios gescheiterten Attentatsversuch beim Boss seine wohlverdiente Schelte abholt und dabei aus der Wäsche guckt wie ein geprügelter Hund, möchte man ihm glatt das Ganovenhändchen halten. Nicht besser wird es dadurch, dass er zusätzlich noch die meiste Zeit hilflos auf Krücken herumhumpelt. Wenn er sich mitsamt seinen Gehhilfen unkoordiniert auf seine Gegner stürzt, überkommt einen aufrechte Sorge, er könne sich als nächstens versehentlich auch noch den Hals brechen. Interessanterweise ist sein Charakter später plötzlich auch gar kein Thema mehr, obwohl man anfangs noch den Eindruck gewinnt, er sei der Hauptgegner.

Eine weitere wichtige Rolle spielt in hiesigen Breitengraden die deutsche Sprachfassung aus dem bewährten Hause Karlheinz Brunnemanns. Der ungeniert zwischen geschmackloser Zote und zünftigem Klamauk pendelnde Kneipenjargon ist zwar nicht immer ganz stubenrein, passt zu der dreckigen Straßen-Attitüde aber wie die Faust aufs Auge.

„War hier ein Verkehrsunfall oder was ist?“ - „Ach was, im Gebüsch raucht einer.“

„Jetzt kommt der Onkel mit dem ganz langen... Gewand.“

„Je mehr sich die Damen wehren, desto heißer wird’s in der Hose.“

„Falls du ihn siehst, dann sag ihm, er soll nicht wagen, gegen uns zu schießen! Sonst schlagen wir ihm die Schnauze weg, und das halten die Vorderzähne nicht aus.“

ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE erreicht zwar niemals die Königsklasse, und selbst aus dem Hause Shaw kam im Bereich der Modern Times Action bereits wesentlich besseres Material. Freunde gepflegter Handkanten-Applikation werden sich dennoch auf Anhieb heimisch fühlen. Ti Lung und David Chiang beweisen erneut, dass sie ein großartiges Duo sind, das Tempo passt und die Action macht keine Gefangenen. Vor allem das finale Baustellen-Massaker heizt dem Betrachter noch mal tüchtig ein, wenn die Protagonisten per Schaufel, Brecheisen und Bagger aufeinander losgehen und das blutige Verwemsen beginnt. Bäume reißt das nicht aus. Aber es sorgt für 90 schöne Minuten für Fans gewalt(ät)iger Kloppe. Nicht mehr. Aber auch auf gar keinen Fall weniger.

s. auch: ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE

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